Fast zehn Jahre lang waren BESEECH nach der Trennung von der Bildfläche verschwunden, bevor sie sich letztes Jahr mit einer Mischung aus alten und neuen Mitgliedern reformierten und mit den Aufnahmen für „My Darkness, Darkness“ begannen. Jetzt steht das Album in den Läden, die Bandgeschichte geht weiter. Herausgekommen ist ein sehr ruhiges, verträumt wirkendes und selbstredend melancholisches Werk, das den Fokus mehr auf die Gesamtstimmung als auf Einzelelemente setzt. Der Gesang ist stark zurückgenommen und in den Gesamtklang eingebettet, die Instrumente stehen gleichberechtigt daneben und nehmen entsprechend viel Raum ein. Das unterstreicht einerseits das Träumerische, das dem Album anhaftet, geht andererseits aber auf Dauer auch auf Kosten der Eingängigkeit, weil die Melodien zu verhalten sind, um sich richtig im Ohr festzusetzen. Besonders der nahezu konstant fast flüsternd gehaltene und vermutlich als sinnlich-erotisch intendierte Gesang von Sängerin Angelina Sahlgren Söder bekommt dadurch nach einiger Zeit einen eher etwas einschläfernden bis enervierenden Charakter. Die Klassifizierung als „Gothic Metal“ ist über 80 bis 90 Prozent der Spielzeit allenfalls noch mit etablierter Gewohnheit zu rechtfertigen, rockige Elemente oder gar alte Härte fehlen weitestgehend, von kurzen Ausreißern einmal abgesehen. Melodisch am stärksten ist eindeutig der Titeltrack „My Darkness, Darkness“, der zumindest im Refrain Gesang und Melodieführung mehr Raum gibt und in diesen Momenten von der Stimmung her ein klein wenig an die frühen HIM erinnert. Alles in allem kann man sich des Eindrucks nicht erwehren, dass das Album ein wenig vor sich hinplätschert, ohne wirklich großen Eindruck zu hinterlassen, und das ist schade, da die Band durchaus ein Gefühl für Stimmungen hat, aus dem man einiges hätte herausholen können. Fazit: als atmosphärische, ruhige Hintergrundmusik ist „My Darkness, Darkness“ prima geeignet, für mehr fehlt es leider an Substanz.
MORTAL INFINITY liefern auch auf ihrem Zweitwerk schön 90er lastigen Thrash Metal ab, der zwar keinen Innovationspreis gewinnt, aber für eine gute Stunde Headbangen reicht. Das funktioniert mal mehr, mal weniger gut und macht besonders in den Momenten Spaß, in denen die Spielfreude der Süddeutschen ungezügelt zum Vorschein kommt. Das packende "Sleep Paralysis" oder das mit den besten Riffs des Albums ausgestattete "Cult Of The Dead" sind hierfür gelungene Beispiel. So macht Thrash Metal Spaß. Und so wird auch der auf Albumlänge etwas eintönige Gesang von Shouter Marc abgeschwächt. In einzelnen Songs passt seine Röhre total gut, aber nach drei, vier Songs schleichen sich ob seiner geringen Variabilität erste Ermüdungserscheinungen ein. Für eine Metalparty ist "Final Death Denied" ein solider Soundtrack, auch wenn die Hits fehlen, gerade im Vergleich mit nationaler Konkurrenz Marke DESTRUCTION oder US-Kollegen wie EXODUS. "Final Death Denied" ist ein solides Thrash Metal-Album, das mit Spielfreude und ein, zwei coole Songs überzeugt, im Langzeittest allerdings schwächelt.
Psychedelic Stoner Doom aus Stockholm? Dass das geht haben GOATESS schon mit ihrem Selftitled-Debüt 2013 mehr als eindrucksvoll bewiesen. Wer sein zweites Album „Purgatory Under New Management“ nennt will es wissen und setzt die Messlatte verdammt hoch. Das Artwork zeigt den erleuchteten Christus und seine drei Gefolgsleute. Stilvolle Inszenierung oder Größenwahnsinn? Das GOATESS mindestens so groß wie wahnsinnig sind beweist schon der knapp elfminütige Opener „Moth To Flame“: Die Instrumentierung harmonisiert wieder einmal hervorragend mit den ziemlich geilen Vocals. Darüber hinaus liefern die Schweden neben doomiger Langsamkeit, staubigen Riffs und hypnotischen Wiederholungen jede Menge überraschende Breaks und Melodiewechsel. Die Songs wachsen und bleiben nachhaltig interessant – so wie es bei überlangen Songs (auch im Stoner-/Doom-Bereich) sein sollte.
Wie kann man sich die neue „Führung“ der Hölle also vorstellen? „Purgatory Under New Management“ ist ein entspannendes und gleichsam hypnotisierendes Album, welches sich nach mehreren Durchläufen richtig festsetzt und ohne Schwächen auf seinen ganzen dreiundsechzig Minuten sehr zu gefallen weiß. Wer auf psychedelischen Stoner Doom steht (und die Schweden tatsächlich noch nicht kennt) sollte hier unbedingt reinhören. Wer „Goatess“ im Jahre 2013 schon gefeiert hat kann hier getrost weiter machen.
RAMPART aus Bulgarien haben es in den knapp 15 Jahren ihres Bestehens auch schon auf vier Alben gebracht. Das Neueste davon hört auf den wohlklingenden Namen „Codex Metalum“. Und so verwundert es wenig, dass die BulgarInnen streng nach dem stählernen Reinheitsprinzip musizieren. Teutonische Sounds der späten 80er und frühen 90er haben es RAMPART durchaus angetan und so überrascht das BLIND GUARDIAN Cover „Majesty“ an dieser Stelle nicht wirklich. RAMPART geben zwar gerne Gas, scheuen sich aber auch vor dem einen oder anderen längeren Stück nicht und pendeln so gekonnt zwischen speedigen Nummern und epischen Tracks hin und her. Dabei den Schweden ROCKA ROLLAS nicht unähnlich. Was auch RAMPART wie viele andere „Ostbands“ mitbringen, ist eine spezielle Art der Melancholie, die ich persönlich sehr schätze und die sie von vielen musikalisch ähnlich gelagerten Bands abheben.
Während das aktuelle Werk -genauso wie die beiden ersten Alben- in Englisch vorliegt, war der direkte Vorgänger „Завера“ in ihrer Muttersprache verfasst. Und auch bei RAMPART zeigt sich da die Krux: In meinen Ohren klingen Alben von Bands, die es auch gewohnt sind in ihrer Landessprache zu singen, meist stärker als der Versuch mit englisch fit für einen internationalen Markt zu werden. Der Akzent ist ja prinzipiell sympathisch, trotzdem hört man im direkten Vergleich auf der bulgarischen Scheibe eine Sicherheit und ein Selbstbewusstsein, was hier einfach fehlt. Besonders deutlich wird das beim episch-ausufernden „Of Nightfall“, welches in einer etwas anderen Version unter dem Titel „Декември“ auch auf dem Vorgänger zu finden war. Ist auf Bulgarisch doch ‘ne ganze Spur geiler.
Trotz dieser Kritik ist „Codex Metalum“ eine gute Platte für Undergroundwühler, die sich gerne abseits des Mainstreams durch den stählernen Dschungel kämpfen.
Das eher ländliche Kentucky ist jetzt nicht gerade für eine große Metalszene bekannt. Allerdings gibt eine solche Abgeschiedenheit von dominanten Szenen jungen Bands eine größere Chance sich frei und individuell zu entfalten. Und wenn das funktioniert kommt mit Glück sowas wie SAVAGE MASTER dabei raus. Schöner kauziger US-Metal, welcher -extrem natürlich produziert- sich einen feuchten Kehricht um angesagte Sounds schert. Im Vergleich zum Debut „Mask Of The Devil“ singt Frontkratzbürste Stacey zwar eine Spur zugänglicher, von Massenkompatibilität sind wir aber immer noch weit entfernt. Nach wie vor klingt sie in meinen Ohren wie ein weiblicher Tim Baker (CIRITH UNGOL). Der Hauptunterschied zum Debut sind die etwas vermehrt auftretenden Gesangsmelodien, die den Eindruck vermitteln, dass hier etwas mehr daran gefeilt wurde. Bei „Mask Of The Devil“ war da wohl noch mehr Improvisation dabei.
Musikalisch hat sich nicht viel geändert. Auch hier höre ich CIRITH UNGOL heraus, ohne dass stumpf kopiert wurde. Aber einige Riffs hätten durchaus von den Gottvätern des Kauz Metals stammen können. Der treibende Opener „Dark Light Of The Moon“, das bissige „Burn At The Stake“ (mit tollem Gitarrenlead im Refrain) und der speedige Rausschmeißer „Ready To Sin“ seien mal als Anspieltipps genannt.
Für den Freizeitmetaller ist das mit Sicherheit nichts, aber wer mit den genannten CIRITH UNGOL oder auch BROCAS HELM, SLOUGH FEG und MANILLA ROAD seine musikalischen Faves hat, der darf sich auch gerne mit SAVAGE MASTER beschäftigen.
DARKNESS DIVIDED haben schon für ihr 2014er Debütalbum "Written In Blood" ordentlich Kritik einstecken müssen und werden damit auch beim selbstbetitelten Nachfolgealbum leben müssen. Zwar bemüht sich der Haufen aus San Antonio um Abwechslung und könnte im Idealfall als gelungene Mischung aus SUICIDE SILENCE, MACHINE HEAD und KILLSWITCH ENGAGE durchgehen, scheitert aber in der Umsetzung an den eigenen Ansprüchen.
Beim Songwriting fehlt ihnen das Händchen für eingängige Songs; zu oft verzetteln sie sich, was dann zerhackstückte Nummern wie das zähe "From Dust To Stone" ergibt. Shouter Gerard entpuppt sich schnell als weiterer Schwachpunkt der Band, zu eindimensional und seltsam kraftlos agiert er jedem Song. Da reißt das gute Spiel des neuen Drummers auch nicht mehr viel raus.
Richtig finster wird es dann in clean gesungenen Passagen, als Beispiel muss - das im Grunde passende betitelte - "Misery" herhalten. Auf Platte klingt der aggressive Gesang kraftlos und eindimensional, toppt aber den unruhigen Klargesang um Längen. Treibende, leicht Thrash-beeinflusste Passagen ("Deceiver") gibt es leider viel zu selten, in der Regel dominiert uninspiriertes Metalcore-Gehacke mit Genre-typischen Growls-Klargesang-Wechselspiel. So bleibt "Darkness Divided" ein anstrengende Platte, die im Metalcore-Genre kein Bein auf die Erde bekommen wird. Live mag das Ganze eventuell funktionieren, in der heimischen Anlage oder unterwegs haut das niemanden vom Hocker.
“War Brigade” ist das 9te Studioalbum der Formation um den schwäbischen Griechen R.D. Liapakis. Und auch dieses Werk fällt im Gesamtkontext der bisherigen Veröffentlichungen keinen Millimeter ab. MYSTIC PROPHECY haben ihren Stil gefunden und perfektioniert. Was soll man an solch mächtigem Power Metal mit leichten Thrash-Zitaten auch ändern wollen. Was mich nur wundert ist, dass die Qualität in keinem Verhältnis zum bisherigen Erfolg von MYSTIC PROPHECY steht. Ähnlich den „Leidensgenossen“ von BRAINSTORM hauen MYSTIC PROPHECY einen zeitlosen Hammer nach dem anderen heraus und scheinen kommerziell nicht wirklich voranzukommen. Was man ihnen hoch anrechnen muss, ist die Tatsache, dass sie sich davon weder entmutigen noch verbiegen lassen. MYSTIC PROPHECY stehen zu ihrem Sound und das ist auch gut so.
„War Brigade“ startet standesgemäß mit dem flotten „Follow The Blind“, das folgende Quasi-Titelstück „Metal Brigade“ ist ein „Fistpumper“ der Güteklasse A und das an dritter Stelle platzierte „Burning Out“ liebäugelt schon sehr mit dem Thrash Metal. In diesem Spannungsfeld geht es dann auch freudigst weiter. Lias kräftige Stimme gewinnt mit den Jahren immer mehr an Ausdruck und Power. Beim abschließenden -und überaus gelungenen- Tom Jones-Cover „Sex Bomb“ kann er sogar richtig glänzen und beweist, dass er nicht nur nach metallischen Maßstäben ein toller und variabler Sänger ist. Nebenbei ist er auch ein begnadeter Produzent und hat seiner Stammformation wieder einen fetten und trotzdem transparenten Sound auf den Leib geschneidert.
Wenn man bei MYSTIC PROPHECY überhaupt etwas kritisieren möchte, dann vielleicht, dass es eine Spur zu professionell tönt. Das mag dem einen Hörer zu wenig undergroundigen Charme besitzen, aber dem anderen gefällt genau das. Wer also zu seinen Faves Bands wie die genannten BRAINSTORM, PRIMAL FEAR oder auch VICIOUS RUMORS zählt, der kann „War Brigade“ blind eintüten. MYSTIC PROPHECY Fans tun das ohnehin.
Ach ja….eine kleine Schelte gibt’s doch noch: Die deutsche Textzeile im ansonsten sehr schönen Melody-Groover „10.000 Miles Away“ hätte nicht sein müssen!! Bitte als einmaliges Experiment abhaken.
„War Brigade“ ist aber auch so eines der ersten richtigen Power Metal Highlights 2016.
Nach dem via Deathwish Inc. erschienenen "A Dissident" wurde es ruhiger um VICTIMS, was angesichts der Klasse des Albums für Außenstehende wenig nachvollziehbar war. Mit "Sirens" melden sich die Schweden-Cruster wieder zurück und zeigen in den zwölf Songs, dass sie keinen Deut ruhiger geworden sind. Songs wie das mit melodischen Gitarren arbeitende "Storm" oder das mit 3:14 Minuten fast schon überlange "Behind" sind Crust-Abrissbirnen erster Güte. VICTIMS beherrschen auch auf "Sirens" das Kunstück, in den einzelnen Songs wenig bis gar nicht von ihrem Songwriting-Schema abzuweichen und trotzdem eine abwechslungsreiche Platte hinzubekommen. Mit dem Groove-lastigen Rausschmeißer "Ashes" ist den Schweden eine kleine Überraschung gelungen. Dass das Ganze mächtig Arsch tritt, versteht sich bei VICTIMS von selbst. Die Produktion lag diesmal in den Händen von DISMEMBER-Drummer Fred Estby und wurde im Audiosiege (IRON REGAN, NAILS) gemastert. Da konnte nichts schiefgehen, entsprechen druckvoll-roh knallt "Sirens" aus den Boxen. VICTIMS beiben sich treu und überzeugen mit ihrer neuen Wutplatte voll und ganz. Roh, packend und rotzig wie eh und je. Schön, wenn sich eine Band auf so hohem Niveau treu bleibt!
Dass die Baden-Württemberger NECRONOMICON in ihrer inzwischen 32-jährigen "Karriere" nicht nur auf zahlreiche Besetzungswechsel, sondern auch lediglich auf sieben mehr oder weniger gute Alben zurückblicken können, kann man unter Umständen als Randbedingung für die Tatsache sehen, dass sie die dritte Reihe der deutschen Thrash-Hoheit bis heute nicht haben verlassen können. Vorliegendes Album Nummer acht wird an dieser Tatsache wahrscheinlich nicht viel ändern, denn einen mächtigen Qualitätssprung gegenüber seinen Vorgängern kann man "Pathfinder ... Between Heaven And Hell" nicht wirklich attestieren, auch wenn man NECRONOMICON abermals keine schlechte Leistung vorwerfen kann: mit dem flotten, mitgrölkompatiblen Titelsong (sieht man mal von dem unnötigen Gebabbel als "Intro" ab), dem mit einem nach vorne peitschenden Riff gesegneten "Betrayer", der Hymne "Reborn" (mein persönliches Albumhighlight!), dem eingängigen "We Are The League" oder den beiden überlangen "Alone In The Dark" und "Out Of Hell" befinden sich einige sehr gelungene, mitunter stark ohrwurmhafte Stücke auf der Scheibe, denen etwa mit "Inside The Fire" oder "Under The Gun" nur wenige schwächere Nummern gegenüberstehen. Insgesamt geht "Pathfinder ... Between Heaven And Hell" somit einmal mehr als zwar hörenswertes bis gutes, aber wenig essentielles Album durch, das leider an die Ergüsse der Genre-Spitze zu keiner Sekunde heranreicht.