Das Old School Death Metal-Geschwader DEFECTED DECAY nimmt zum zweiten Mal ordentlich Fahrt auf!
Manch einer wird die Protagonisten Dirk Padtberg (alle Instrumente) und Daniel Funke (Gesang) von der Death/Thrash Metal-Band SUFFERSYSTEM kennen. Es ist noch nicht einmal zwei Jahre her, als das Hattinger Duo sein Debüt "Kingdom Of Sin" raushaute. Konzeptionell dreht es sich bei "Troops Of Abomination" wieder um Krieg und DEFECTED DECAYs Spezialität sind tonnenschwere, Knochen zermalmende Midtempo-Nummern. Das ist nicht unbedingt innovativ, Kultkapellen wie BOLT THROWER und ASPHYX beherrschen dieses Genre bereits seit Mitte der 80er. Aber das ist auch nicht zwingend nötig: "Troops Of Abomination" präsentiert sich durchweg hörenswert und befördert mich als Hörer direkt in den nach Verwesung stinkenden und von Düsternis und Tod geprägten Schützengraben.
Los gehts mit dem Wuchtgeschoss "Commit To The Fire", welches Doublebass-Arschtritte verteilt und Propeller-Flugzeuge zum Abstürzen bringt. Das ist schonmal ein Ausrufezeichen. Das darauffolgende "Resist" ist zähflüssig doomig und bassbetont, "A Last Farewell" kommt melancholisch und etwas lahm daher. Zum Titeltrack "Troops Of Abomination" agiert die Band wie ein gut geölter Kampfpanzer, und zwischenzeitig ertönen Padtbergs Drums wie Maschinengewehrsalven.
Beim Erstling "Kingdom Of Sin“ übernahm die Band die Produktion selbst, nun saß Dan Swanö im schwedischen Unisound Studio an den Reglern. Der Sound ist aber weiterhin schnörkellos und erdig. Es ist zu verzeichnen, dass die Truppe cool groovende Parts schreibt und die Songs mit gut gesetzten Tempowechseln ausstaffiert. Melodische Leads treffen auf bedrohlich Atmosphäre.
CIRKUS PRÜTZ könnten die Wachablösung für ZZ TOP sein. Darf man diesen Vergleich ziehen? Ganz sicher kann niemand eine Institution, eine Legende, eine so einflussreiche Band wie ZZ TOP ersetzen. Aber natürlich bekomme ich mit dieser "Ketzerei" auch Eure Aufmerksamkeit, und Ihr könnt Euch jetzt sehr genau vorstellen, was die vier Schweden denn musikalisch so im Angebot haben: Blues, Boogie und Southern Rock der Marke MUDDY WATERS, LYNYRD SKYNYRD und eben wie von Texas Finest.
Der Opener und Titelsong kommt auffordernd aus dem Starblock. Gleichwohl transportiert er viel Coolness und bietet obendrein moderne Stoner Rock-Elemente an. "Boogie Woogie Man" ist dann purer, entspannter, amerikanischer Blues Rock. Christian Carlssons lässiger und roher Gesang bildet die perfekte Harmonie zur Instrumentierung. Das Ding groovt stoisch, ehe es von einer beißenden Gitarre passend veredelt wird. Es ist schwer zu glauben, dass CIRKUS PRÜTZ aus dem kühlen, europäischen Norden stammen und nicht aus dem staubigen Süden der USA. "Gotta Quit Drinking" kommt mit Barpiano und rauchiger Atmosphäre und diesmal auch mit ganz eigener Färbung herangerutscht. "Let's Join Hands" erinnert an Tarantinos Pulp Fiction Filmmusik, und zum wiederholten Mal sehe ich vor meinem inneren Auge zwei graublonde Bärte sonnenbebrillt in die Abenddämmerung fahren.
Was uns die Jungs hier auf ihrem dritten Album anbieten, ist knarziger, räudiger Blues Rock der ganz abgehangenen Sorte. Und das verdient Applaus, obwohl es manches Mal verdammt nahe am Original ist... oder eben genau darum!
Das Kölner Trio BALLS GONE WILD wird heuer 10 Jahre alt, und quasi zur Feier des Tages gibt es mit "Stay Wild" Album Nummero 3. Wie das Artwork und der Albumtitel schon suggerieren, geht das Rheinländer Kollektiv auch musikalisch eher den einfachen, direkten Weg. Punkig, hard rockend, grob, mit Drive und einer nicht sonderlich charismatischen Stimme kredenzen sie uns 11 Nummern, die sich zwischen AC/DC, MOTÖRHEAD und THE HELLACOPTERS bewegen. Handwerklich passt das Ding, die Rythmussektion groovt amtlich, und auch die Gitarrenarbeit feuert breitbeinige Riffs unters Volk und ist leidenschaftlich bei den Soli. "Hangman" gefällt mit seinem griffigen Mitgröl-Refrain, "School On Fire" überzeugt mit seiner hitzigen Stoßkraft und "Bride Of Satan" überrascht mit nahezu epischer Einleitung, leichten NWoBHM-Moves und seinen fast 8 Minuten Spielzeit.
Das Ding sprüht vor Spielfreude und schwitzt Dreck und puren Rock'n' Roll aus jeder Pore. Viel Abwechslung gibt es nicht, und ein Innovationspreis ist mit "Stay Wild" auch nicht zu erringen. Aber gute Laune macht das Album allemal.
"Void Universe" wurde am 08. April 2022 veröffentlicht. Wie sind die Rückmeldungen zum Album?
Wir haben im Vorfeld der Veröffentlichung schon sehr viele Meinungen erhalten. Und nach dem Release waren es dann so viele, dass es fast unmöglich war, alles zu überblicken. Die Stimmen zum Album waren fast ausschließlich positiv, und wir waren überwältigt von der Flut der Reviews und der positiven Meinungen. Das hat uns sehr gepusht. Unser Label und die Promotion-Firma haben aber auch sehr gute Arbeit geleistet, und wir sind gespannt, welche Bewertungen wir in Zukunft noch erhalten werden.
Ihr habt einen recht eigenen rotzigen Musikstil und dadurch einen hohen Wiedererkennungswert. Wie würdet Ihr selbst Euren Stil beschreiben? Und hat sich der Stil von BLOOD TORRENT seit der Gründung 2005 verändert?
Vielen Dank für Deine Meinung! Ich würde den Stil als Black/Death Metal mit Hard Rock- und Punk-Einflüssen beschreiben. Unser Stil wurde vor kurzem auch erst als 70er-Jahre-Black Metal bezeichnet, aber ich würde die Musik wahrscheinlich am ehesten als Black Metal mit Einschlägen aus anderen Musikgenres bezeichnen. Von Anfang an war der Stil nicht derselbe. Aber wir wussten nach ziemlich kurzer Zeit, wohin die Reise musikalisch gehen sollte, und diesen Stil haben wir weitestgehend beibehalten. Aber natürlich hat sich die Musik auch immer weiterentwickelt, ohne den Grundkanon zu verlieren.
Hier knüpft auch die nächste Frage an: Welche Bands haben Eure Musik beeinflusst?
Unsere Musik startete mit einem starken Einfluss der progressiven Black Metal-Bands der späten 90er / frühen 2000er wie SATYRICON, DÖDHEIMSGARD oder 1349 sowie auch Vorreiterbands wie MAYHEM oder DARKTHRONE. Aber wir waren auch schon immer begeistert von Heavy Metal und Hardrock und sind eingefleischte Fans der 70er, 80er sowie der Wegbereiter und "Erste-Welle-Black Metal" - Bands wie CELTIC FROST, VENOM oder BATHORY. Die Vorbilder unseres Startzeitpunktes haben sich im Wesentlichen nicht großartig verändert, das Repertoire ist jedoch gewachsen. Ich persönlich höre immer noch Black Metal, hauptsächlich Bands mit Punk- und Groove-Einflüssen wie CARPATHIAN FOREST, MIDNIGHT oder SCUM. Aber dazu kommen noch starke Hardrock- und Punk-Einflüsse wie z.B. THE STOOGES, THIN LIZZY, MISFITS, DANZIG, BLACK SABBATH, JUDAS PRIEST, UFO, ROKY ERICKSON, RUSH etc.. Die Musikstile gehen einfach immer, und für die Musik vieler anderer Bands aus früheren Tagen, die wir gerne hören, stellt es eine "gemeinsame Verbindung" dar.
Früher habt Ihr im Heimstudio des früheren Schlagzeugers Grandur aufgenommen, gemixt und gemastert. Wie war die Aufnahmesituation bei "Void Universe"?
Auch mit "Void Universe" haben wir im Homestudio unseres früheren Schlagzeugers Grandur aufgenommen. Das Album wurde dort auch gemixt und gemastert - bis auf die Vocals, welche wir in den Vault M. Studios aufgenommen haben.
Ihr seid inzwischen bei einem Label unter Vertrag, hat sich dadurch viel verändert?
Ja definitiv. Leider hatten wir uns in der Vergangenheit dazu entschieden, die Veröffentlichungen auf eigene Faust rauszuhauen. Mit einem Label im Rücken hätten wir die Möglichkeit gehabt, unsere Musik noch weiter zu verbreiten. Mit dem aktuellen Album hatten wir dann den Entschluss gefasst, uns an Label und eine Promotion-Firma (TrollZorn und Sure Shot Worx) zu wenden und haben, wie schon erläutert, bereits im Vorfeld der Veröffentlichung sehr viele Stimmen dazu erhalten, und bisher haben wir nur positive Erfahrungen mit unserem Label und der Promotion gemacht.
Hat "Void Universe" ein bestimmtes lyrisches Konzept? Welche Themen und Intentionen sind es, die Ihr in Euren Texten behandelt?
Es ist kein Konzeptalbum an sich. Jedoch gibt es innerhalb der Texte auf "Void Universe", und damit auch auf unserer Single, ein immer wiederkehrendes Thema: Es geht um das Argument der Selbstauslöschung innerhalb des Fermi-Paradoxons. Es wird hierzu die Frage aufgeworfen, was passieren würde, wenn die Gesellschaft von vorne anfangen könnte. Und nach dem Argument der Selbstauslöschung wird sich jede Hochkultur ab einem gewissen Punkt immer selbst zerstören. Egal, wie oft sie neu anfangen könnte. Es ist ein vorprogrammierter Zusammenbruch von Zivilisationen und scheint ein unwiderlegbares Naturgesetz zu sein. Und ich glaube, bei der Menschheit ist dieses Prinzip besonders gewichtig.
Wird bei Euch auch schon mal aktuelles Tagesgeschehen in der Musik verarbeitet, oder bietet es Inspirationsquelle? Könntet Ihr Euch vorstellen, dass beispielsweise der Ukrainekrieg thematisch aufgegriffen würde?
Doch, solche Themen sind für uns eine große Inspirationsquelle. Vielleicht nicht gerade der Ukrainekrieg an sich, aber hinsichtlich Deines Beispiels das Thema Krieg und z.B. die Natur des Menschen. Wir verarbeiten in unserer Musik zumeist eher Themen, die nahe am Menschen sind oder zumindest versuchen, sich mit der menschlichen Existenz an sich auseinanderzusetzen. Es mag Bands geben, die gerne über fiktive Thematiken oder Fantasiegeschichten schreiben, und das hat auch was für sich, aber ich persönlich schreibe lieber über Themen, die mich selbst betreffen, mich beschäftigen oder Dinge, die ich mit Hilfe der Kunst sogar verarbeite. Die Gedanken können dann natürlich auch mal in unrealistische Szenerien abdriften, jedoch immer mit dem Hintergedanken, Existenz erklärbar zu machen. "Phantom Propaganda" z.B. beschreibt soziale Einflussnahme anhand von Autoritätsgläubigkeit, und wie einfach Menschen mit dem Werkzeug der Angst zu manipulieren und zu steuern sind.
Gibt es einen Lieblingssong auf der neuen Platte?
Für mich persönlich "A Knowledge Of Light" und "The Strive", aber ich glaube, es ist etwas schwer, seine eigene Musik als gut oder schlecht zu bewerten, haha!
Endlich geht’s wieder los mit Live-Auftritten. Habt Ihr derzeit Pläne für Konzerte?
Im Moment haben wir einen Besetzungswechsel (Anmerkung der Redaktion: Erebos verließ die Band), und zudem aufgrund von Corona-Nachwehen bei den Veranstaltern noch nichts in Aussicht. Aber es sind Live-Auftritte in Planung, und für Anfragen sind wir sowieso jederzeit offen.
Ihr seid aus Baden-Württemberg, genau gesagt aus Schwäbisch Gmünd. Gibt es dort eine florierende Metal-Szene, oder seid Ihr eher Alleinkämpfer auf weiter Flur?
Im Grunde sind nur zwei Musiker aus Schwäbisch Gmünd. Also könnte man auch Stuttgarter Raum sagen. Aber tatsächlich haben wir hier auch Freunde, die Rock und Metal hören und sogar Musiker wie z.B. ein Teil von REVEL IN FLESH.
Für lange Zeit lief Corona-bedingt vieles anders. Ein kleines Gedankenspiel: Wenn Ihr für Freunde einen Sampler oder eine Playlist als Soundtrack der letzten zwei Jahre zusammenstellen würdet, was muss unbedingt rein?
Definitiv BLOOD TORRENT! Haha!
Danke für das Interview, und ich wünsche Euch viel Erfolg!
Wenn eine Band nach einer langen Auszeit wieder mit neuem Material vorstellig wird, dann ist oftmals Skepsis angesagt. TOXIK jedoch haben das ganz clever gemacht und nichts überstürzt. So gab es erst einmal ausgiebige Touren und die eine oder andere EP als Testballon. Teils mit neu eingespielten alten Nummern und teils auch mit neuen Stücken. Live konnten sich TOXIK in den letzten Jahren immer weiter steigern, was auch dem stabilen neuen Line-Up geschuldet ist. Aber gerade, weil TOXIK live so ziemlich alles wegblasen, war ich sehr gespannt, was die Herren uns auf "Dis Morta" präsentieren. Um es vorwegzunehmen: Es ist der absolute vertonte Wahnsinn. Ultratechnischer Thrash, welcher zwischen VOIVOD-artigen Dissonanzen und WATCHTOWER-Breaks hin und her pendelt und es dabei sogar noch schafft, dies mit prägnanten Songs und eingängigen Melodien zu verbinden. Bei aller Komplexität überfordert "Dis Morta" nicht. Es lädt zum Headbangen genauso ein wie zum analytischen Hören unter dem Kopfhörer. Für eine Thrash-Band von immanenter Wichtigkeit sind Power und Aggression, und auch das gibt es hier ohne Ende. Die 23 Jahre seit dem zweiten Album "Think This" haben Mastermind Josh Christian reifer werden, aber nicht auswimpen lassen. Darüber hinaus hat er mit dem lebenden Gummiball Ron Iglesias einen Sänger an seiner Seite, der nicht nur intelligente Texte beisteuert, sondern auch mit einer zu den Songs psychotischen Performance glänzt. Ein absoluter Maniac hinter dem Mikro. Aber auch der Rest der Mannschaft (Drummer James DeMaria, Gitarrist Eric Van Druten und Basser Shane Boulos) sind wichtige Teile im Gesamtkunstwerk TOXIK. Gerade live wird die gute Stimmung innerhalb der Band mehr als deutlich, und diese Energie hat sich nun offensichtlich auf das Album übertragen.
Neben dem Grundgerüst aus meist sehr speedigen Abfahrten, sind es die Überraschungen, die Feinheiten, die aus einem sehr guten Album einen modernen Klassiker machen. Der fast schon symphonische Refrain im Titelstück, der kurze Friedman/Becker-Tribut in "Feeding Frenzy", das "PINK FLOYD-Break" in "Hyper Reality" oder der balladeske Beginn von "Devil In The Mirror" (bevor ein rasendes Riff jedwede aufkeimende Romantik pulverisiert). Nichts davon geht aber auf Kosten der Power. Ein Stück wie "Straight Razor" hätte auch auf "World Circus" eine gute Figur gemacht. Das Album strotzt nur so vor technischen Kabinettstückchen, die aber kein Show-Off bedeuten, sondern kompositorisch sinnvoll den jeweiligen Song bereichern. Man ertappt sich öfter dabei zu denken: "das kann jetzt aber echt keinen Sinn machen", und trotzdem funktioniert es. Es ist ein Paradigmenwechsel im klassischen Songwriting. Christian schafft es, Puzzleteile, die eigentlich nicht zusammenpassen, so zu verbinden, dass, am Ende vollkommen überraschend, ein stimmiges Gesamtbild dabei herauskommt.
TOXIK haben das Kunststück fertig gebracht, ein neues, frisches, zeitgemäßes und vor allem relevantes drittes Album zu komponieren, ohne mit der eigenen Vergangenheit brechen zu müssen. Es mag wie pure Häresie klingen, aber nachdem das Album nun über einen Monat lang sehr regelmäßig hier lief, bin ich geneigt zu behaupten, dass es das beste TOXIK-Album ist, da es die Stärken der beiden legendären Vorgänger bündelt und zusammen mit einer juvenilen Frische ein Gesamtkunstwerk darstellt, welches ich so schon lange nicht mehr gehört habe. Also den 05.08.2022 rot im Kalender anstreichen, denn da wird "Dis Morta" in die Welt gelassen.
Eintöpfe sind was Feines, und ich liebe es, für eine Party etwas im großen Topf zuzubereiten. Ob das nun ein Gulasch, Pichelsteiner, eine Soljanka o. Ä. ist. Zuweilen gönne ich mir auch gerne musikalische Eintöpfe, wenn die Zutaten passen.
RXPTRS (gesprochen: RAPTORS) ist ein Quintett aus Bristol (UK), das uns mit seinem ersten Longplayer nun ein leckeres Süppchen zubereitet hat. Die Jungs machen schon seit 2018 zusammen Musik (2019 gab´s eine 5-Track-EP mit dem Titel "I") und haben aktiv an der produktiven Musik- und Kunstszene ihrer Heimatstadt mitgewirkt, bevor sie sich gefunden haben. Da sie zuvor in zahlreichen Bands spielten, konnten sie die Quintessenz aus allem zusammentragen, und herausgekommen ist ein mannigfaltiges Album mit dem Titel "Living Without Death's Permission". Die Hauptkomponente ist moderner Metal, gepaart mit Punk, Rock und Hardcore, der aber nie die Melodie aus dem Focus verliert. Simon Roach (Gesang) erklärt hierzu "Wir kommen alle aus unterschiedlichen Bereichen und haben uns von so vielen verschiedenen Genres inspirieren lassen. Wir wollten einen Sound hören, der all diese Einflüsse vereint, also dachten wir: "Lasst uns diese Band sein". Ich verstehe vollkommen, dass Genres helfen, die Leute zu lenken, aber wir wollen diese Stabilität nicht. Ich habe das Gefühl, dass nichts Großartiges aus einer Komfortzone kommen kann."
Die CD startet furios mit dem punkigen "Burning Pages", im nächsten Track wähnt man sich jedoch schon fast in einem anderen Genre, wenn mit "Rock Bottom (Is A Stepping Stone)" das erste Highlight die Zunge schnalzen lässt. Nach zornigem Einstieg gelangt man an eine Schicht, die nahezu süßlich schmeckt, um im nächsten Moment angenehm scharfes Brennen zu verspüren. Hier geben sich hymnischer Rock und Metalcore gleichsam die Hände. Die Kombination der verschiedenen Zutaten gibt dem Ganzen einen individuellen Geschmack, der unter anderem die Spannung auf der Platte extrem hoch hält. Jede einzelne Nummer variiert mehrmals an Härte und Struktur und gleicht, durch den alternierenden Gesangsstil von Simon, gelegentlich einem Zwiegespräch, das ermit sich führt. "The Death Rattle" enthält außer bereits genannten Ingredienzien noch eine Prise Rockabilly und eine gute Portion Chorgesang, die diesen Song zu etwas ganz Besonderem macht, ja ich bin sogar versucht, hier einen Querverweis zu "Bohemian Rhapsody" (QUEEN) zu ziehen. Das letzte Drittel der Scheibe ist eine Spur leichter und wird mit der großartigen Ballade "Cold Ground" eingeleitet. "The Frail" hinterher, kommt zwar mit Metalcore aus den Startlöchern, mutiert aber zum Ende hin ebenfalls in eine wunderschöne Ballade. Das Sahnestückchen kredenzt uns RXPTRS allerdings zum Schluss. "Let Me Die How I Want" ist ein episches Stück über sieben Minuten, das nicht nur die Klasse und vor allem das gesamte Spektrum der Engländer sowie dieses Werkes widerspiegelt, sondern immer wieder auf´s Neue Gänsehaut zu erzeugen vermag.
"Living Without Death's Permission" ist unfassbar weit weg von einem Einheitsbrei und verhält sich ansonsten ebenso wie ein guter Eintopf, der nach jedem erneuten Aufwärmen immer besser wird. Was kann man erwarten von einer Band, die solch ein Debüt abliefert, das obendrein mit einem außerordentlich knackigen Sound punkten kann? Es könnte der Anfang von etwas ganz Großem sein, und mir schmeckt´s bereits jetzt schon vorzüglich!
Ähnlich wie sein Kollege Alex Beyrodt mit VOODOO CIRCLE, lebt R.D. Liapakis mit DEVIL'S TRAIN seine Liebe zum bluesigen Hard Rock aus. Beide sind ansonsten mit ihren Hauptcombos PRIMAL FEAR bzw. MYSTIC PROPHECY Power Metal-mäßig beschäftigt. Und beide machen das so überzeugend, dass die Frage erlaubt ist: was liegt ihnen eigentlich näher? DEVIL'S TRAIN legt mit "Ashes & Bones" einen derart leidenschaftlichen Longplayer auf die Ladentheke, dass diese Frage wahrlich an Brisanz gewinnt.
Produzent und Sänger R.D. Liapakis hat für das dritte Album seine Mannschaft, bis auf Schlagzeuger Jörg Michael, ausgewechselt und mit Dan Baune (LOST SANCTUARY, Ex-MONUMENT) einen neuen Co-Songwriter und Gitarrist an seiner Seite. Indes wird weiterhin ein brutzelnd heißer Sud aus Southern-, Blues und Heavy Rock geboten, wie ihn frühe BLACK STONE CHEERY, THE DEAD DAISIES, und INGLORIOUS praktizieren. Die Gesangs-Performance von R.D. ist hingebungsvoll und mitreißend, daneben glänzt die Neubesetzung an der Gitarre mit muskulösem Spiel und feurigen Soli. Bei "Girl Of South Dakota" schraubt sich der Refrain gleich einer Leuchtkugel in den Himmel, und "Rising On Fire" vereint Groove und Atmosphäre und punktet darüber hinaus, ein weiteres Mal, mit hitverdächtigem Refrain. "More" klingt nach quirligen VICTORY, und "In The Heat Of The Night" hat dazu noch eine Priese WHITESNAKE.
Es sind alles gute bis sehr gute Songs, dazu eine moderne und druckvolle Produktion. Aber mehr noch ist es die Performance, die überzeugt; deren ansteckender Energie und Lebensfreude kann man sich nicht verschließen. Ich für meinen Teil bin da ganz klar - DEVIL'S TRAIN ist das heißblütigste Pferd im Stall von R.D. Liapakis.
Auch wenn bei KREATOR sozialkritische Töne grundsätzlich eine große Rolle spielen, mit plakativen Songtiteln wie „Hate Über Alles“, „Killer Of Jesus“ oder „Strongest Of The Strong“ muss man sich Fragen gefallen lassen. Schwamm drüber, da im Endeffekt nur die Musik zählt - und diese ist, zu meinem Leidwesen, nur mittelprächtig gelungen. Zu Beginn stimmt ein dramatisches Intro auf das Kommende ein, und mit „Hate Über Alles“ wird tatsächlich die „Flag Of Hate“ gehisst. Der Song hätte gut auf „Coma Of Souls“ gepasst und ist somit ein Volltreffer - KREATOR, wie man sie kennt und liebt. Auch beim Folgetrack „Killer Of Jesus“ ist die Welt noch in Ordnung, und man thrasht sich durch einen soliden und flotten Song, der eindeutig die Handschrift von den alten KREATOR trägt. Leider wird bei „Crush The Tyrants“ die „Flag Of Hate“ wieder eingerollt. Selten klangen KREATOR langweiliger, und das klebrige Midtempo lässt ein leichtes Stirnrunzeln aufkommen. „Strongest Of The Strong“ geht als durchschnittlicher KREATOR-Song durch und nervt nur ein wenig durch den aufdringlichen Refrain. Musikalisch werden einige gefällige Leads angeboten, die den Song noch in die Gewinnerzone bugsieren.
Bis zu diesem Zeitpunkt kann ich mit „Hate Über Alles“ noch leben, aber in der zweiten Albumhälfte bauen KREATOR merklich ab. Ein missglücktes Experiment wie „Endorama“ aus dem Jahre 1999 ist für KREATOR scheinbar kein Grund, wieder etwas Neues auszuprobieren und zu scheitern. Man mag mich konservativ nennen, aber ich benötige keine „Oh-Oh-Stadionchöre“, die ein wenig an Pagan Metal erinnern und den Song „Become Immortal“ gleichzeitig auf die Verliererspur befördern. Die „Flagge der Peinlichkeit“ wird weiter ausgerollt, wenn bei „Conquer And Destroy“, welches wie ein gutklassiger MAIDEN-Song beginnt, die Pagan-Chöre wieder die Oberhand bekommen. Nö, Leute, welche Zielgruppe wollt Ihr mit diesem Mist bitte erreichen? Bezeichnend ist, dass als Gastsänger der mir unbekannte Indie-Sänger Drangsal gewonnen werden konnte. Und da wir schon im Indie-Rock wildern, versaut Gastsängerin Sofia Portanet den vielversprechenden Beginn von „Midnight Sun“ schon nach ein paar Minuten. Jetzt haben KREATOR es geschafft, die Zornesfalte des Schreiberlings vertieft sich, und eine maßlose Enttäuschung macht sich breit. Ich persönlich benötige keine Mischung aus „Endorama“ und Indie-Frauengesang. „Demonic Future“ macht im Anschluss viel richtig, und KREATOR schwenken wieder vorsichtig die „Flag Of Hate“ und ziehen das Tempo an. Auch der Refrain sitzt, und somit kann ein erstes Highlight auf der zweiten Albumhälfte verzeichnet werden - besser spät als nie! Weiter geht’s mit „Pride Comes Before The Fall“, welches besinnlich und mit Klargesang startet. Harte und aggressive Gitarren versprechen einen munteren Song, der durch weiteren Klargesang und eine doomige Atmosphäre wieder komplett zerstört wird. Mit „Dying Planet“ endet das Album unspektakulär und hinterlässt einen fassungslosen Autor.
Was haben sich KREATOR bei dieser Veröffentlichung gedacht? Auch wenn der Plan war, neue Fangruppen zu erschließen, so werden Mille & Co. feststellen, dass ihre Miete zum Großteil von einer fanatischen Anhängerschaft bezahlt wird, und diese mit „Hate Über Alles“ überfordert ist. Kein Wunder, wenn die Band scheinbar nicht das Ziel kennt, wie sollen die Fans dann den Gedankengängen der Band folgen? Fazit: Überflüssig wie ein Kropf und allenfalls Durchschnitt. Unwürdig für eine Band wie KREATOR!