DEADNECK kommen aus Finnland und veröffentlichen ihren ersten Langspieler auf dem Label Kozmik-Artifactz. Und ich kann dem deutschen Label dazu nur gratulieren, denn was die fünf hier bieten, ist aller Ehren wert. Bluesiger, langsamer, atmosphärisch ungemein dichter Stoner Metal, der einerseits ausgesprochen heavy und nahezu brachial donnert, andererseits aber enorm gefühlvoll, intensiv und ausdrucksstark gerade von Sänger Alesksi Laakso vorgetragen wird. An mancher Stelle hätte man die Nummern vielleicht eine Spur kompakter halten können, so ist das eindringliche "Sleepless" mit seinen 10 Minuten schon nach 8 erzählt - gleichwohl bleibt es ein klasse Song. Das folgende "(Born to) Follow" macht dafür mehr als alles richtig, es marschiert mit großen, wuchtigen Schritten direkt ins zentrale Nervensystem jedes Doom-, Stoner- und Heavy Rock-Anhängers und führt dort zu einer hormonellen Massenpanik der Glückshormone. Und das als bluesig, sinnierend beginnende "Crimson Sky" punktet im überragenden Songfinale mit Leidenschaft und Melodie.
"Levitation" ist ein Album mit einem verzichtbaren Intro und 5 Songs, die durch ihre stimmige und kontrastreiche Melange aus Härte und Gefühl größtenteils überzeugen oder gar begeistern (siehe oben). Für Anhänger des Genres ist die Veröffentlichung eine Pflichtveranstaltung!
LUNATIC SOUL ist das Sideprojekt von Mariusz Duda, seines Zeichens Bassist, Stimme und musikalischer Kopf von RIVERSIDE, der Band, die so power- und verheißungsvoll gestartet ist und spätestens seit "Shrine of New Generation Slave" an Durchschlagskraft und Rockappeal eingebüßt hat. Mit Rock oder gar Metal hat auch LUNATIC SOUL sehr wenig bzw. nichts zu tun, was aber nicht als Mangel wahrgenommen wird. Mir scheint, Mariusz Duda lebt hier seine wirklichen, aktuellen künstlerischen Vorlieben aus und das heißt: elektronische Musik, teilweise jazzig anmutend mit Saxophon, nach wie vor progressiv, aber mit sehr wenig Rock-Elementen. Die Stimmung und Melancholie, welche die Songs ausströmen, dazu die vertraute Stimme erinnern natürlich an seine Stammband. Die Atmosphäre indes ist kühler und synthetischer, aber nicht weniger dicht, und das Songwriting zwingender, ambitionierter und markanter als auf den letzten RIVERSIDE-Werken, wie ich finde.
Die Songs brauchen einen Moment, bis sie vollends ihren Kern offenbaren, dann aber erblühen sie in selten gesehener bzw. gehörter Pracht. Einzelne Nummern hervorzuheben, ist eigentlich nicht zielführend, da sie nahezu alle eine überdurchschnittliche Qualität haben. Aber "Red Light Escape" mit seiner klingenden Einsamkeit, nahezu isoliert anmutenden Aura, die sich im Verlauf in pure Schönheit verwandelt, muss Erwähnung finden. Ebenso die Übernummer "A Thousand Shards Of Heaven", die in 12 Minuten annähernd alles bietet, was ein aufgeschlossener Musikfan sich von einem guten Song erhofft. LUNATIC SOULs "Fractured" ist eigen, irgendwie vergeistigt, traurig und kühl auf der einen Seite, unendlich warm auf der anderen - und einfach großartig.
Eine der Überraschungsbands des letzten Jahres laden nach. "Blues From Hell" heißt das neue Werk, und nicht nur der Titel ist griffiger und marktkompatibler, nein auch der Inhalt ist gereifter. Heuer bieten die Slowenen immerhin 12 Songs mit fast 50 Minuten Spielzeit - das sind drei Songs und eine Viertelstunde mehr Vergnügen als beim formidablen Debüt. Allerdings ist spürbar, dass doch etwas mehr Druck auf dem Quintett gelastet hat. So werden die Power und der Groove zwar mehr kanalisiert, aber die Lockerheit und Coolness des Erstgeborenen vermisse ich doch ein wenig. Dafür ist die Stimme von Luka Lamut noch einen Tick kräftiger und seine Performance eindringlicher. Mich erinnert der Gute immer mehr an Jeff Keith von TESLA, und auch musikalisch werden die Parallelen zu der kalifornischen Hard Rock-Größe immer deutlicher: amerikanischer, erdiger, bluesiger Hard Rock wie ihn GREAT WHITE und eben TESLA mach(t)en - und das so authentisch, dass es kaum zu glauben ist, dass die Jungs eher aus Orten wie Murska Sobota, Ljubljana oder Maribor stammen als aus Sacramento, Houston oder Dallas. STRAY TRAIN haben das Niveau nahezu gehalten und durch beständiges Touren an Finesse und Erfahrung dazu gewonnen. Vielleicht noch ein oder zwei zwingendere Melodien, aber ansonsten mausert sich der Fünfer langsam zum europäischen Hoffnungsträger des bluesigen Hard Rock. Und das alles in nur zwei Jahren - beeindruckend!
Es ist mal wieder kurz vor Weihnachten, allenthalben werden wieder Sammler-Boxes oder „Best-of-Scheiben“ ins Regal gehievt. Da dürfen auch die Altvorderen Heroen von SAXON nicht fehlen. Unter dem Titel „Decade Of The Eagle“ gibt es 34 Songs aus den Jahren 1979 bis 1988 – also von den ersten 9 Alben der Briten. Das die Mannen um Sänger Bill Byford dabei einiges an Klassikern ablieferten und zu den Grundfesten des NWoBHM gehören muss man an sich nicht mehr erwähnen. Über die Songauswahl (siehe Trackliste unten) kann man nun tunlichst streiten und diskutieren – dem einen sind es zu viele Tracks die eh‘ jeder kennt, es fehlen die „Geheimtipps“ – der andere will vor allem seine Faves hören (und vermisst manche davon hier). Und dem dritten ist eine gute „Best-of“, wie sie „Decade Of The Eagle“ darstellt gerade recht. Vor allem weil über alle Songs hinweg die zeitliche Abfolge eingehalten wurde und so man recht gut die musikalische Entwicklung und Ausrichtung von SAXON nachvollziehen kann.
Trotzdem ist die Anthology „Decade Of The Eagle“ eher was für Die-Hard-Sammler oder Neulinge (wenn es die denn geben sollte). Der geneigte Metal-Fan hat das ja sowieso schon alle (mehrmals!) im Schrank.
Die Songs liegen dabei in der 2009 bzw. 2010 remasterden Version und als Albumfassung vor (inklusive dreier Live-Tracks); die Kompilation gibt es als 2CD Deluxe Edition und 4LP (180g Vinyl), jeweils im hochwertigen "Gatefold Sleeve" mit geprägter Goldmünze als Covermotiv. Das Booklet mit von Sänger Bill Byford verfassten Linernotes enthält außerdem seltene Fotos aus eben jener Zeit von 1979 bis 1988.
Klar – das ist die x-te SAXON „Best of“ auf dem Markt – aber eine der gelungeneren. Und es erhöht durchaus die Vorfreude auf das Anfang 2018 erscheinende neue SAXON-Album "Thunderbolt".
Als Jeff Lynn nach fast einem Vierteljahrhundert Bühnenabstinenz in 2014 im Londoner Hyde Park auftrat, tat er dies mit dem Versprechen, dass dies erst der Anfang wäre. Sein nachfolgendes Comeback Album „Alone In The Universe“ (Platz vier in UK, Platz sieben hier zu Lande) setzte dort an, wo sein ELECTRIC LIGHT ORCHESTRA Ende der Siebziger aufgehört hatte – die Tour war ein voller Erfolg. Der vorläufige Höhepunkt stellte dann das Konzert von Jeff Lynn’s ELO im Juni 2017 im mit 60.000 Fans ausverkauften Londoner Wembley Stadion dar. Und „Wembley Or Bust“ wurde dann auch das angekündigte Spektakel: eine dreizehnköpfige Mannschaft (mehrere Gitarristen und Keyboarder, zwei Damen am Cello und eine ansehnliche Violinistin, Backgroundsänger, …), eine geniale Lightshow, das riesige ELO-Ufo und freudenstrahlende Fans. Letztere mit starkem Bezug zu den 70er, aber auch im komplett bestuhlten Innenraum hielt es kaum jemanden auf den Sitzen. Der Best Of-Set mit Hits wie „Evil Woman“, „Livin‘ Thing”, „Xanadu“, „Shine A Little Love“ und das abschließende Quartett aus „Turn To Stone“, „Don‘t Bring Me Down”, „Mr Blue Sky” und „Roll Over Beethoven” funktionierte dann auch Perfekt und sorgt4e für ausgelassen-nostalgische Stimmung im weiten Rund. Mit „Handle With Care" gibt es sogar den Superhit der TRAVELING WILBURYS (dessen Mitglied Jeff Lynn ja auch war). Musikalisch waren hier allenthalben Profis am Werk – die Songs so perfekt, dass man sie fast für Studio-Takes verwenden könnte (was den beiden der DVD beilliegenden CD-Scheiben eine weitere Wertigkeit gibt). Das Live die Drums doch etwas dünn klingen (im Vergleich zu ELO’s Studioaufnahmen) ist zwar durchaus ein Manko, auch der Stereoton hätte gerne etwas fetter sein dürfen. Mich persönlich stört das wenig – aber Blu-Ray Fans mit einer entsprechenden Anlage dürfte das zu wenig sein – der Stand der Technik gibt da mehr her.
Extras gibt es auf der DVD keinerlei – nur einige Interviewschnippsel und Eindrücke vom Drumherum zwischen einigen Liedern – sind nur 4 oder 5, so dass sie das Seh- und Hörvergnügen kaum beeinträchtigen. Das Booklet besteht aus schönen Bildern, keine Texte – hier hat man die Chance auf historisches zu den Songs und Kommentaren zur Entwicklung hin zu Jeff Lynn’s ELO und der Aufzeichnung zu „Wembley Or Bust“ verpasst. Schade eigentlich. Davon abgesehen macht die Zeitreise in die 70er aber verdammt viel gute Laune.
Das Progressive Rock nicht zwangsläufig aus England oder den USA kommen muss, haben schon viele Bands gezeigt. EAT GHOSTS aus Potsdam treten einmal mehr diesen Beweis an, orientieren sich dabei aber klar an der ursprünglichen, englischen Variante. Nicht zuletzt aufgrund eines leichten Jazz-Einschlags, der wiederum nicht zuletzt auf die oftmals wichtige Rolle ihres Saxophonisten zurückzuführen ist, erinnern sie unmittelbar an KING CRIMSON, genauso sind aber auch die frühen GENESIS oder die Norweger MOTORPSYCHO herauszuhören.
„An Ti E Go“ ist das erste Album der Band unter dem Namen EAT GHOSTS, 2013 erschien als MINERVA das eigentliche Debüt, wenn auch noch als Trio ohne Saxophon. Zwischenzeitlich hat sich der Band-Sound leicht verändert, psychedelische Elemente und eine gewisse Heaviness hielten Einzug. So wird „An Ti E Go“ bestimmt durch vertrackte, aber trotzdem rockende Riffs, instrumentale Jam-Passsagen, immer wieder aber auch durch tolle Harmonien und Melodien. Die abzüglich Intro sechs Stücke zwischen etwa 6 und 8 Minuten sind komplex aufgebaut, klingen aber trotzdem kompakt. Lediglich der bis auf wenige Ausbrüche sehr ruhige Titeltrack mäandert mit seinem perkussiven Beat etwas ziellos vor sich hin. Demgegenüber stehen aber Stücke wie das treibende „Fancy Free“ mit seinem großen Ohrwurm-Chorus, das groovige instrumentale „EchoEcho“, das fantastisch aufgebaut ist und beinahe als Jazz-Rock durchgehen könnte, oder das abschließende „Hold On“, das sich im Mittelteil von PINK FLOYDscher Ruhe bis zu einem heftigen Ausbruch steigert, der auch von VOIVOD oder MASTODON stammen könnte.
Kleine Abzüge gibt es für den Gesang, der etwas mehr Volumen und die Produktion, die etwas mehr Druck haben könnte. Aber geschenkt – EAT GHOSTS haben hier ein Album abgeliefert, das tollen Prog-Rock bietet, der nichts mit irgendwelchen Hochglanz-Produktionen zu tun hat und fast (siehe oben) über die komplette Länge spannend und einnehmend bleibt.
STING auf der Bühne ist einfach Coolness pur. Der Sänger, Bassist. Songwriter und ex-POLICE liefert auch mit 66 Jahren noch eine unter die Haut gehende Performance aus Hits von POLICE und seinen Solo-Alben ab. Gesanglich immer noch top und unverkennbar erzeugt mancher Song und manche Passage Gänsehaut und zeigt, mit wieviel Feeling und welchem Groove die meist doch eher zurückhaltenden Kompositionen ausgestattet sind. Vom eröffnenden „Synchronicity II“ über seinen letzten Hit „I Can't Stop Thinking About You”, dem unter die Haut gehenden „Fields Of Gold”, das mit Sohn Joe Sumner im Duett dargebrachte geniale David Bowie Cover „Ashes To Ashes”, „Walking On The Moon” bis zu „Roxanne / Ain’t No Sunshine” und dem unverwüstlichen „Every Breath You Take“ präsentiert „Live At The Olympia Paris“ viel essentielles von Gordon Matthew Thomas Sumner (wie STING mit bürgerlichen Namen heißt). Dabei ist das nur Auszug aus den 22 herausragenden Stücken, welche hier im April 2017 dargeboten wurden. Die Mischung aus Alt und Neu, darunter den Songs seines starken letzten Albums „57th & 9th“ (man höre mal in die neue STING-Hymne „50,000“ rein), war perfekt ausbalanciert und hielt so die Spannung bis zum Schluss. Im ausverkauften Olympia hatte man für diese Aufzeichnung den richtigen Abend erwischt – nicht umsonst bezeichnete in einer Konzertreview The Vancouver Globe & Mail den Abend als „absolut einmaliges Erlebnis”. Klasse, und trotz der ruhigen Performance, eine durchweg energetische Vorstellung.
Im Bonus-Teil gibt es noch neun weitere Tracks – darunter welche mit seinem Sprössling JOE SUMNER und von der US-Tex-Mex-Band THE LAST BANDOLEROS welche die Tour von STING begleitete und bei seinem Auftritt auch unterstützen (Backing Vocals, Akkordeon).