Bei den ersten Durchgängen dachte ich: “Schon wieder einer dieser In-Flames-Klones!” Nette Musik, eingängig - aber tausendmal gehört. Und natürlich kann der Konsument dem dritten Album der Dänen eine gewissen Affinität zu den schwedischen Melodie-Deathern nicht absprechen. Warum ich die Jungs, die mit ihrer zweite Scheibe für den dänischen Hard-Rock-Grammy nominiert waren, trotzdem mag? Da ist zum einen die abwechlungsreiche Stimme von Michael H. Andersen. Ob fiese Growls, markerschütternde Schreie oder ganz einfach cleane Vocals, “Andersens Erzählungen” kommen gut an. Dann zeichnet die Melodien wirklich das aus, was Kritiker im Allgemeinen als “catchy” bezeichnen. Und schließlich gibt’s auch über die die Produktion, diesmal in Malmö von Berno Paulsson unter Dach und Fach gebracht, nix zu meckern. Wenn es Dänen gelingt, in Zukunft noch ein bisschen eigenständigere Songs zu schreiben, dann geht ihr Dynamit vielleicht endlich in ganz Europa hoch...
“TIDFALL is the Future” oder “New Black Metal Sensation” heißt es da etwas großmäulig im Presse-Infoblättchen. Ist ja wirklich ganz gut gemachter, melodiöser Black Metal. Also in Anlehnung an den Bandnamen von “Hängetitten” zu sprechen (ich konnte mir dieses Unter-Grasnaben-Niveau-befindliche Wortspiel einfach nicht schenken, sorry) wäre vermessen. Aber, um im Bild zu bleiben, eine Top-Oberweite ist es nun mal auch nicht. Die Jungs haben im AKKERHAUGEN LYDSTUDIO ein ordentliches Stück Bombast in schwarz aufgenommen, mal rennwagen-schnell, mal erhaben-mächtig. DIMMU, CRADLE und andere Spezialisten des Genres haben ihre Spuren hinterlassen. Dazu gibt’s immer wieder – und das wenigstens auch mal unerwartet - Keyboard-Ergüsse von spacig über poppig bis hin zu mambo-kurtig (höre: MINDRAPER). Aber letztlich bleibt aufgrund akuter Einfallslosigkeit ein wenig Enttäuschung übrig. So, als wenn ihr die abgeschleppte vollbusige Hübsche entkleidet und von den ordentlichen Oberhämmern “dank” Wonderbra nur noch zwei mittelgroße, immerhin stramme, Apfelsinchen übrig bleiben...
Alte Bekannte, neue Band: Chef der Norweger ist TCHORT, seinerzeit tüchtiger Beelzebub, als es vor einer Dekade im hohen Norden darum ging, besonders black-metallisch drauf zu sein. Der spielte schon bei EMPEROR, SATYRICON, EINHERJER und legte die Basis für IN THE WOODS. Heute scheint er mehr dem Death Metal zugewandt. Kollege DEATH sammelte ebenfalls bei SATYRICON seine Erfahrungen. Der dritte (und unbekannteste) im Bunde ist FREDDY, seines Zeichens SUFFOCATION-Fan. Nun packt das lustige Trio seine Erfahrungen in das vorliegende Todes-Monument, ein bisschen Death Metal hier, ein wenig Black Metal dort. Was aber ist nun herausgekommen? Ein Extrem-Album, das sich gewaschen hat. Zumindest stellenweise. Ab und an wird es der Zutaten zuviel. Dann geht der “schwarze Strang” verloren und mutiert zum “toten Faden”. Die Band behauptet, das mache die Scheibe insgesamt interessanter. In der Tat, der Silberling langweilt tatsächlich nicht. Nur: Ein bisschen weniger hätte mehr sein können. Nicht Immer - aber immer öfter, wenn ich mich über einen gelungenen Song gefreut habe, folgte ein gepflegt-unmotiviertes Break und machte das Liedchen zunichte. Insgesamt nicht schlecht für Freunde bei der extremen Sparte wie AUTOPSY-Fans und ähnliche Freaks. Für ein Debut-Album schlägt sich der nordische Dreier sogar beachtlich. Und Freunde der Metzel-Motive dürften sich zusätzlich an den verschiedenen Todesarten im Booklet erfreuen - ob Pistölchen, Schneidwerkzeug oder Vorschlaghammer. Wer’s mag...
Wirksystem im Duden nachzuschlagen bringt nix, ich habs grade versucht. Doch der Neologismus hat was wahres an sich, und zumindest ich bin von der Platte "Neuschnee" zum ersten äußerst überrascht und zum anderen äußerst angetan. Hip Hop, und noch dazu deutscher, gemischt mit (New) Metal ergibt eigentlich genau die Art von Crossover den ich zum Frühstück esse und dann bis zum Mittagessen kotzen muss. Eigentlich. "Weiter" ist anders als das meiste was ich bisher gehört habe, und zwar in jeder Hinsicht. Fangen wir mal bei so was banalem wie der Produktion an. Bei einer Undergroundband guckt man da nicht so sehr drauf, das Geld für nen fettes Studio fehlt meistens, die Zeit für ne gute Aufnahme ist neben Job/Schule/Studium auch knapp. Umso erstaunter war ich über die wirklich glasklare, druckvolle, astreine Produktion WIRKSYSTEM meiner Anlage schmeichelte. Fast eine Stunde haben die jungen sieben (!) auf diese CD mit 18 Tracks gepresst und würden sicherlich von so gut wie keinem als Underground auffallen. Das gesamte Songwriting wirkt professionell, der Sound sowieso, die musikalische Umsetzung ist gelungen. Zwei Sänger, von denn der eine manchmal so souligschmusig klingt als wäre er einer der Mannheimer Arrogant"rapper" Fraktion, die dann aber auch aggressiv schreien oder wieder ganz gemäßigt ihre Botschaften verbreiten. Die Gitarren sind meist dazu da, fette Akzente zu setzen, sie bewegen sich meist in crossover-typischen Bahnen und bringen den Metal ins WIRKSYSTEM. Die Texte (alle im Booklet!) sind sinnvoll, fallen positiv auf im Einheitsbrei des deutschen Musikbiz und wischen alle eventuell noch vorhandenen Zweifel vom Tisch. Die Band definiert sich nicht über die Turntables sondern setzen Samples genau richtig ein, nicht zu viel, nicht zu wenig. Das Drumming macht einige Songs zu tanzbaren Knallern, jeder der hüpfen kann sollte dies hier tun. Kein pseudocooles Getue, kein ausgelutschter Slang oder tolle Fourletterwords, WIRKSYSTEM haben genau den frische Wind der so vielen Bands fehlt.
Seit 1998 (Mercenary) mussten die Fans der wohl wichtigsten Death-Metal-Band schlechthin warten. Und es hat sich gelohnt. Lasst es mich so ausdrücken: Wenn es lecker schmeckt wie bei Muttern, warum sollte ich dann in ein anderes Restaurant gehen? Die gemischte Truppe erinnert mich von der Entwicklung her ein wenig an die RAMONES oder MOTÖRHEAD. Will sagen: BOLT THROWER bleiben (wenn man von Ausnahmen der beiden genannten Combos absieht) ihrem Leitspruch treu, sich keinen Millimeter zu bewegen. Purer Death Metal, häufig in schleppendem Tempo, aber sooooo fett. Wer aus der Monotonie der Riffs soviel Aggressivität herausholt, den müssen die Todesbleigießer einfach als Meister ihres Fachs feiern. Dazu wie in 7TH OFFENSIVE sogar eingängige Melodien obendrauf... Und noch was: Die Engländer brauchen kein, absolut kein Überschall-Tempo, um ihre rohe Energie am Hörer walten zu lassen. Ach so: Zwei klitzekleine Neuerungen gibt’s doch: Am Mikro röhrt jetzt Dave Ingram, ok, kleiner Unterschied, nich ganz so wichtig. Und: Der Sound ist ein wenig sauberer als sonst. Aber fest steht: Diese Kapelle ist metallisch, todes-metallisch, wie vielleicht keine andere. Um es in “Fußballsprache” zu bekräftigen: “Siehst du 6FU, so wird das gemacht!!!” Was freu ich mich auf die mächtigen Live-Gigs...
Es sollte ja mittlerweile auch dem nur selten bei uns stöbernden Leser bekannt sein dass ich auf New Metal Acts allergisch reagiere wenn sie entweder stupide eingesessene Acts kopieren oder ach so cool ami-like klingen möchten. Während ihr Name ILL NINO ja durchaus nicht unbedingt auf Amiland schließen lassen so erinnern mich die geschminkten Fratzen auf der CD Hülle umso mehr an die Kollegen von SEPULTURA (Gott hab sie selig) zu „Roots“ Zeiten. Wie dem auch sei, reinhören muss man schon bevor man ein vernichtendes Urteil fällt. Oder die Band in den Himmel lobt. Auch wenn ich keines der beiden tun werde, so tendiere ich doch eher zu zweitem. Denn die sechs Newcomer erfinden zwar ihr Genre nicht neu, passen eigentlich auch wunderbar in die Schublade New Metal und tun mit ihrer Musik keinem so richtig weh. Genau das richtige also um im nahenden Winter die Metaldissen zu füllen wo ja bekanntlich Beinarbeit mehr gefragt ist als Hirnaktivität. ILL NINO´s Musik verlangt nicht viel Aufmerksamkeit des Hörers - Kopfnicken, Fußwippen, Hüpfen oder Tanzen sollte drin sein auch wenn man die Musik nicht in ihrer Tiefe betrachtet. Dabei haben einige Songs durchaus witzige Ideen im Hintergrund zu bieten, kleine Samplespielereien, Geräuschkulissen oder originelle Sounds zu bieten, in einigen Tracks verwursten sie auch südliche Rhythmen und machen ihrem spanischen(?) Namen damit alle Ehre. Der Gesang ist die meiste Zeit sehr melodisch, doch auch Sänger Machado unterlässt die obligatorischen Schreiparts im Wechsel mit ruhigem Gesang nicht, Texte bleiben aber fast immer gut verständlich, mitgröhlen beim spätestens zweiten Hören ist garantiert. Die Gitarren sind standesgemäß fett, tanzbar, rhythmisch und trotz allem nie so kalt wie etwa bei Fear Factory, die sie auch auf ihrer US Tour begleiten. Für die eher gemäßigten New Metal Hörer den FF zu hart und SOAD zu krank, PAPA ROACH aber zu alltäglich und die Spacks von 4LYN zu assig sind, der wird mit ILL NINO glücklich werden. Mit Dave Chavarri sitzt übrigens auch kein ganz unbekannter an den Drums, schwang er doch schon bei PRO PAIN und M.O.D. die Sticks.