Nach 24 Jahren als Frontmann der psychedelischen Punkrocker BUTTHOLE SURFERS hat sich Gibby Haynes nun also entschlossen, eine Solo-Platte aufzunehmen. Und das Ergebnis kann sich sehen bzw. viel mehr hören lassen: Wirkt die selbstbetitelte CD beim kurzen Reinhören noch etwas seltsam und irgendwie "interessant", erschließen sich bereits beim ersten richtigen Hinhören ein ganzer Haufen toller Songs. Insgesamt geht es sehr ruhig und melodisch zu, aber der größtenteils durch den selbst kreierten "Gibbytronix" Bullhorn Voice Manipulator verzerrte Gesang sowie immer wieder auftauchende kranke Gitarren- und Keyboard-Sounds und –Melodien verhindern, dass das Ganze zu nur schöner Popmusik verkommt. Würde man versuchen wollen, diesen Sound zu beschreiben, käme wahrscheinlich so etwas wie psychedelischer Indie-Pop-Rock heraus. Wirklich gerockt wird allerdings selten, eigentlich nur bei dem schwer-groovenden "Charlie" oder dem letzten Song, "Redneck Sex", der schon fast nach extrem dreckigem Old-School-Hardrock klingt. Einige Stücke sind leider etwas langweilig und belanglos, wie "Superman" oder "15000", andere sind schon wieder fast zu schön, wie z. B. "Stop Foolin", das durch seine analogen 70er Synthie-Sounds und die warme Wah-Wah-Gitarre etwas an AIR erinnert. Gegen Ende wird es mit dem bedrückend-klaustrophischen "I Need Some Help" dann aber auch mal richtig düster - ein großartige Einstimmung zum Amoklaufen. Außerdem werden ein paar echte Hits geboten, wie z. B. das wunderschöne, countryeske "Woo" oder der psychedelisch-poppige Ohrwurm "Letter". In diesem Maße können nicht alle Stücke der Platte überzeugen, aber Gibby Haynes hat hier ein paar echte Perlen geschaffen. Was ihm außerdem hoch anzurechnen ist: Mit dieser Platte hat er gezeigt, dass Popmusik nicht immer und von vornherein schlecht sein muss, sondern dass man Songs schreiben kann, die zwar schnell ins Ohr gehen und angenehm zu hören sind, aber trotzdem die Tiefe und Komplexität besitzen, die sie zu wirklich guten Songs machen.
Mein lieber Mann, da hat haben wohl wieder gleich mehrere hochbezahlte Companymanager gepennt, denn wie läßt es sich sonst erklären, daß eine so hochwertige Eigenproduktion wie "Virtualized" von der bayrischen Formation A_liFe [DivideD] noch mit keinem Label versorgt ist?! Die sechs Musiker waren mir schon beim Februar Underdogsampler des Rockhard aufgefallen. Wobei dass dort enthaltene "New World Order" aber ganz klar eines der schwächeren Tracks aus diesem ansonsten wirklich gelungenen Album ist und nicht repräsentativ für den rest gelten kann. Die anderen Songs sind nämlich wesentlich gehaltvoller und facettenreicher als dieses relativ harte sowie vor allem gesanglich übles Gebolze. Dieses talentierte Sextett verarbeitet nämlich eine erstaunliche Bandbreite an verschiedenen Musikstilen. Klar die Grundstruktur besteht aus modernem Gitarrenriffs, manch einer würde hier sofort den verpönten Stempel NM (New Metal) aufdrücken, die in Verbindung mit epischen Keyboards, programmierten Samples und einem tollen Dampfhammer Schlagzeugsound es trotzdem schaffen (allerdings recht düster) Atmosphären zu schaffen. Das Gitarrenriffing könnte man irgendwo zwischen RAMMSTEIN meets LINKIN’ PARK meets SECRET DISCOVERY einordnen, dass Klangbild ansonsten ist eher etwas unterkühlt aber die Band kann nicht nur fast schon thrashig abgehen sondern beherrscht auch die etwas langsameren und ruhigeren Passagen. Als herausragende Songs müssen der geile Opener "Critisize", der eingängig melancholische Titelsong "Virtualized", das wunderbar hymnische "Somebody" sowie das gefühlvoller "Breath" (eine Art PINK FLOYD goes Metal) herausgehoben werden. Wie gesagt A_liFe [DivideD] beackern ein weites Feld und bieten gelungene musikalische Querverweise an Bands wie DEPECHE MODE, DEVIN TOWNSEND, SEPULTURA oder MASSIVE ATTACK aber letztlich hat man mit genügend selbständigen Ideen einen eigenständigen Sound geschaffen. Sänger Jürgen Plangger ist dabei akzentuiert mal als Rapper oder aggressiver Schreihals und dann aber wieder, nur zum Vorteil für die Band, größtenteils als richtiger Sänger mit schönen cleanen und gefühlvollen Vocals in Aktion. Ach ja, den 80er Jahre Coverhit "Sounds Like A Melody" von ALPHAVILLE haben A_liFe [DivideD] doch tatsächlich ein höchst gelungenes neues Gewand verpaßt - klasse! Insgesamt gibt’s dann also noch zwölf Eigenkompositionen inkl. Hiddentrack auf "Virtualized" und dass alles für 10€ + Versand ist zu haben auf der optisch ebenfalls spitzenmäßig gemachten Homepage.