Schon das erste Lebenszeichen von SNIPER in Form des 2003er Demos hinterließ bei mir einen guten Eindruck und mit der neuen Scheibe "Your World Is Doomed" (in klassischer DEICIDE/ SLAYER-Länge) zeigen SNIPER, dass sie ein ganzes Stück weitergekommen sind. Es regelt immer noch die gute alte Thrash-Keule, wie sie früher SLAYER mal gemacht haben, garniert mit ein wenig altem Death Metal. Nix Neues, aber schon ziemlich routiniert gezockt und streckenweise sehr eingängig. Vor allem "World Funeral" hat mir richtig gut gefallen, der ist sowohl Mid Tempo-Stampfer als auch klassisch schneller Thrash-Song. Shouter Rupert bewegt zwischen Thrash und Death hin und her und macht in beiden Welten eine gute Figur. Wie schon gesagt ist die Mucke nicht sonderlich innovativ, aber macht dafür einfach Laune und so ein schönes altes Thrash-Brett gibt’s ja auch nicht mehr so oft. Man kann die Energie und den Enthusiasmus der Jungspunde förmlich spüren. Die Produktion geht auch mehr als in Ordnung (wusste gar nicht, dass in Rotenburg ein Studio existiert?), also spricht für Freunde gepflegten Thrash Metals nicht viel dagegen, ein paar Euro an die Band zu schicken und dafür die CD einer aufstrebenden Metalband zu bekommen. Support The Underground!
Klassischer Neo Prog Rock ist angesagt - zumindestens was diese Formation von unseren Multikulti gescholtenen Nachbarn aus den Niederlanden Namens RICOCHER betrifft. Wie man aus den amtlichen Quellen entnehmen kann, gibt’s die Jungs bereits seit 1993 und so handelt es sich bei dem aktuellen "Chains" mittlerweile um Album Nummero drei. Ganz so billig wie die spartanische Promo mit papierkopierten Cover sowie gebrannter CDR zunächst vermuten lies, hört sich die Musik dann zum Glück nicht an. Die Produktion geht insgesamt jedenfalls in Ordnung, als Produzenten fungierten dabei keine ganz Unbekannten, denn Oliver Philipps & Christian Moos sind ansonsten als Musiker bei EVERON tätig. Allerdings haben die beiden anscheinend nur recht wenig inhaltliche Schwerpunkte setzen dürfen/können, denn der über weiter Strecken präsentierte Prog von RICOCHER kommt doch ziemlich altbacken und vor allem ziemlich unselbständig daher. Aus allen "Ecken" oder besser gesagt in allen auf "Deifel komm raus" mit typisch zugekleisterten Keyboardsounds geglätteten Songstrukturen, klingen solch führende Genreacts wie PENDRAGON, ARENA oder IQ überdeutlich heraus. Mmit eigenen Ideen oder gar Innovativen sieht es da eher etwas mau aus. Sänger Erwin Boerenkamp erinnert bei den hohen Passagen doch mitunter stark an RUSH, doch dies stört nicht weiter, die Gitarren, wenn sie mal etwas losgelassen wie gegen Ende agieren dürfen, können durchaus gefallen (die Solos erinnern zunehmend an ganz alte MARILLION Alben) im Gegensatz dazu ist das leicht monotone Drumming nicht ganz so überzeugend. Es gibt einige Songs mit Unterparts ansonsten gehen die Tracks meistens mehr oder weniger ineinander über, stimmungsmäßig verläuft die Betonung eher in ruhigeren Bahnen, wenn auch stellenweise einige bombastisch rockende Stellen zu finden sind - insgesamt könnten RICOCHER ruhig etwas mehr Gas geben. Wie gesagt, mir kommt einfach vieles auf "Chain" so vor, als hätte man es schon mal irgendwo (besser) gehört, was nicht gleichzeitig bedeutet, daß die Band schlecht wäre aber will man eine Daseinberechtigung haben muß bei der nächsten CD etwas mehr Eigenständigkeit her. Als kleiner Tipp seien hier nochmals die deutschen Underdogs von MARTIGAN erwähnt, die eindrucksvoll gezeigt haben, wie moderner und abwechslungsreicher Neo Prog Rock klingen sollte.
Australien scheint sich ja zu mausern, denn neben tollen Bands wie BLACK MAJESTY oder EYEFEAR tritt jetzt noch ein gänzlich unbekanntes Trio namens WITHOUTEND auf den Plan, das mit seinem gleichnamigen Debüt für eine plötzliche Glückshormonausschüttung sorgt. Mal ganz ehrlich: stellenweise erinnern mich WITHOUTEND an ihre leider nicht mehr existenten Landsleute von VAUXDVIHL, was den vertrackten, aber jederzeit nachvollziehbaren Stil und auch den klaren, hochemotionalen Gesang betrifft. Das gesamte Album wird einer schwer zu beschreibenden, schwermütigen, dabei aber nicht depressiven Grundstimmung durchzogen. Die Stücke sind meist sehr sanft, aber auch hymnisch aufgebaut; Radiotauglichkeit vermischt sich mit hohem Anspruch. Der Hörer benötigt drei, vier Durchläufe, bis sich das Material völlig erschließt, aber dann wird man mit einem Album belohnt, das man sich ständig anhören kann, das bei jedem Durchlauf erneut Spaß bereitet und sich nicht abnutzt. Sogar drei Gastmusiker hat man dem Werk gegönnt: zwei Keyboarder und eine Operndiva (nicht unbedingt nötig…) unterstützen die Band, was die Stücke noch mit etwas getragenem Bombast würzt. Wie bereits erwähnt, ist es nicht einfach, den mal flott - simplen und im nächsten Moment wieder sehr anspruchsvollen, aber immer songdienlichen und dynamischen Stil von WITHOUTEND zu beschreiben. Aber Stücke wie der obergeile, überlange Opener "Again", der sehr eingängigen Hit "Analyse", die (gerade beim Gesang) etwas an METALLICA erinnernde Ballade "I Still Remember", das dramatische "Descend" oder das mitreißende "Comfort Zone" sprechen Bände und können nur im Selbsttest richtig ausgelotet werden. Wer gerne eine Scheibe hören möchte, die auf der einen Seite schön vertrackt, progressiv und anspruchsvoll ist, auf der anderen Seite aber mit einer mit HIM oder REAMONN vergleichbaren Eingängigkeit und Hitverdächtigkeit aufwartet, wird hier reichlich belohnt werden. Ein klasse Album eines klasse Newcomers!
Die lauten Schweden melden sich zurück. Und wie! Nach den fetten Longplayern "La Grande Danse Macabre" und "World Funeral" können MARDUK noch einmal nachlegen und brettern uns ein Hassinferno par excellence um die Ohren, dass zu keiner Sekunde erkennen lässt, dass kürzlich die Hälfte der Band ausgewechselt wurde. Statt B. War greift nun Devo Andersson in den Bass und Kult - Grunzer Legion wurde gegen Altmitglied Mortuus ausgetauscht. Wer allerdings glaubt, dass der zurückgekehrte Fronter nicht an seinen Vorgänger heranreicht, sieht sich schwer getäuscht. Mortuus keift, kotzt und kreischt, dass es eine Wonne ist und wirkt dabei zumindest auf mich sehr "Göteborg - orientiert". Das ist auch einer der Hauptgründe, warum man die Band weder dem tiefer gelegten Death Metal, noch dem eher höhenlastigen Black Metal exakt zuordnen kann. Herr Pobereit würde jetzt sagen: "Und das ist auch gut so!", denn so sichern sich die Schweden ihre eigene kleine Nische und können mit alles zerschmetternden, meist pfeilschnellen Donnerbalken wie dem räudigen Opener "The Hangman Of Prague", dem abwechselungsreichen "Throne Of Rats", der Dampframme "Steel Inferno", dem schweren Midtempo - Stampfer "Perish In Flames" oder der Wahnsinnshymne "Warschau" ohne Ende Punkte einfahren. Egal, welchen Song man anspielt (das Intermezzo "Deathmarch" ausgenommen - Morgan kokettiert gerne und öfter mit Nazi - Klischees, - und Geschichten…), es tobt das Donnerwetter, die fräsenden Riffs knallen im Sekundentakt in die Rübe und die schiere Überschallpower lässt einen nicht mehr los. Der gute Emil Dragutinovic massiert sein Drumkit ähnlich sanft wie sein Landsmann Matte Modin von DARK FUNERAL und knüppelt sich um Kopf und Kragen. Abgerundet von einer Hammerproduktion (für die die Band diesmal wieder selbst verantwortlich war, kein namhafter Producer) und einem morbide - geschmackvollen Cover, ergibt "Plague Angel" eine der besten, professionellsten und schlichtweg geilsten Extrem - Metal - Platten des Jahres. Immer schön auffe Zwölf!
Es gibt Sampler, über die freut man sich auch dann, wenn gar kein überragender Track drauf ist. "Tervetuloa Kioskiin Vol. 2" ist der zweite Label-Sampler des ELÄKELÄISET-Heimathafens Humppa Records. Deren Tug-Mailorder - beziehungsweise der Plattenladen Kioski in Nürnberg - bereichert unsere Lauschlappen schon seit geraumer Zeit mit aussergewöhnlichen und abgedrehten Pretiosen aus dem Land der tausend Seen, 6 Millionen Nokia-Handys und der Sprache mit den angehängten Wortbedeutungen. "Tervetuloa... 2" ist schon im Hochsommer erschienen, uns aber leider durch die Lappen gegangen. Zu dumm, denn der Trip in den mückenverseuchten Sommer beginnt schon auf dem Cover und geht weiter mit dem Bild vom Bratfisch auf der CD selbst. War der erste Teil der Label-Umschau noch einladend mit dampfend heißem Kaffee bebildert, geht es auf Teil 2 auch der Mahlzeit entsprechend ruppiger und direkter zur Sache, Rock und Experimentelles sind Trumpf: Der gemeine Finnland-Fan weiß wohl, worauf er sich einläßt, gesungen wird vorwiegend finnisch. Unter den bekannteren sind ELÄKELÄISET (hört sich an, als würden sie Blackmetal covern) und ihr metallischeres Side-Projekt KUMIKAMELI; THE NIGHTINGALES und BOOMHAUER haben erst kürzlich zusammen die Republik betourt, KOTITEOLLISUUS konnte unsere Anordnung auf dem Tuska-Festival beobachten, und endlich, endlich sind Helsinkis Skandal-Punker APULANTA via Kioski auch in Deutschland zu bekommen. Fazit: Über eine Stunde Urlaub für alle Finnland-Fanatiker. Und wahrscheinlich der preiswerte Start in einen kostspieligen Einkaufsbummel...