Sollte es eine Erkenntnis aus der ersten Hälfte dieses Jahres geben, dann: Blackmetaller sind eigentlich super Songwriter. Hinter dem vor lauter Melodien überfließenden Rock von AUDREY HORNE, den man am ehesten auf der Bühne des legendären Viper Room auf dem Sunset Boulevard erwarten würde, steckt ein Haufen Norweger. Angeführt vom Sänger Toschie, gleichzeitig Womanizer und erster Anheizer der rockenden Herren, spielen bei AUDREY HORNE unter anderem der Schlagzeuger von GORGOROTH und der zweite Gitarrist von ENSLAVED - oder umgekehrt? Sorry, in Jeans und ohne Kampfnamen ist es schwer, die auseinander zu halten... AUDREY HORNE sind Die-Hard-Fans von Davd Lynch: der Bandname gehört einer Figur aus "Twin Peaks", der Albumtitel "No Hay Banda" ist die spanisch-sprachige Schlüsselszene aus "Mulholland Drive" und bedeutet "Es gibt keine Band". Lyrics und Inhalt können gut und gern auch von dem verstörenden Regisseur beeinflusst sein. Verstörend ist auch die Vielfalt an musikalischen Querverweisen: AUDREY HORNE vergleichen sich selbst mit TOOL, QUEENS OF THE STONEAGE, TURBONEGRO oder den FOO FIGHTERS. Ich würde noch das Hollywood-Inventar BUCKCHERRY und VELVET REVOLVER dazu tun, außerdem die Elegien der Landsleute von GREEN CARNATION - und ein bißchen bei der Eigeneinschätzung werten. Denn sie mögen so dunkel sein wie TOOL, sind aber wesentlich straighter und kommen eher auf den Punkt. Sind nicht so cool und abgezockt wie QOTSA, nicht so rotzig wie TURBONEGRO, obwohl sie das eine oder andere Lick von Gitarrist Euroboy geklaut haben können, und sind auch nicht so lässig wie die FOO FIGHTERS. Trotzdem ist "No Hay Banda" ein süßes Stück Earcandy, perlt auf der Zunge, bappt nicht am Gaumen - aber es wird nicht meine neue Lieblingssüßigkeit, denn eigentlich hofft man genau bei dieser Art Musik auf Hits - und die fehlen noch.
Sauber! MY COLD EMBRACE zeigen mit ihrer neuen Scheibe, dass Eigenproduktion Label-Scheiben in nichts nachstehen müssen. Das Artwork ist arschcool und die Mucke wurde bei Jonas Kjellgren im Soundlodge gemastert, was für Qualität bürgt. Nach einem gelungenen Intro legen die Kasseler ordentlich los und zeigen wo der Hammer hängt. "Melatonin" ist trotz melodischem Riffs eine echte Abrissbirne und hämmert ohne Gnade aus den Boxen. Mr. Kjellgren hat wie gewohnt ganze Arbeit geleistet und "Katharsis" einen absoluten Top-Sound verpasst, der die Songs der Combo angemessen aus den Boxen drückt. MY COLD EMBRACE konzentieren sich auf dieser Platte auf die eher brutale Seite ihrer Musik, Tracks wie "Reborn In Fire" sind bei aller vorkommenden Melodie in erster Linie verdammt brutal. Zugleich geben sich die Jungs experimentell, wie das ungewöhnliche aber gute "Varnished Reality" beweist, bei dem Sänger Ernie seine klare Stimme ausgiebig einsetzt und dabei eine verdammt gute Figur macht. "Amen" ist dann mal frech bei "One" geklaut, allerdings in leicht brutalerer Form. MY COLD EMBRACE positioniren sich mit dieser Scheibe als eine der besten deutschen Death Metal-Combos, die bei aller Brutalität die Melodie und Eingängigkeit nicht zu kurz kommen lassen und über stumpfes Geballer schon lange hinaus sind. "Katharsis" ist von vonr bis hinten eine feine Death Metal-Scheibe, die hoffentlich regen Zuspruch finden wird - verdient hat sie es!
CENTINEX noch vorzustellen wäre wie mit den Eulen und Athen. Jeder Fan gepflegten schwedischen Lärmes sollte die Hellbrigade schon mal gehört oder gesehen haben und wissen, was es mit der Combo auf sich hat. Album Nummer 8 hat den schönen Titel "World Declension" und bietet das, was man von CENTINEX gewohnt ist: brutaler schneller Death Metal mit einer ordentlichem Schuss Thrash. Aufgenommen im quasi-bandeigenen Sound Lodge (das Gitarrist Jonas gehört) knallt "World Declension" heftig aus den Boxen. Leider ist der erste Track auch der schlechteste des Albums, "Victorious Dawn Rising" ist zwar ein ganz ordentlich Mid Tempo-Mosher geworden, aber leider auch stinklangweilig. Sollten CENTINEX auf ihre Tage etwa das Händchen für gute Songs abhanden gekommen sein? Schon der nächste Track bringt die Gewissheit, dass dem nicht so ist. "Purgatorial Overdrive" rettet den Tag und zeigt CENTINEX in Hochform, wie sie Death und Thrash in ihrer unnachahmlichen Art verbinden. Knaller des Albums ist ohne Zweifel "Synthetic Sin Zero", das mit gnadenloser Double Base, einem echten Killer-Refrain und melodischen Gitarren ohne Ende daherkommt und live sicher der neue Liebling der Fans wird. Besser kann man solche Mucke kaum machen! Bis auf den Opener sind aber auch die anderen Songs erste Sahne und zeigen CENTINEX anno 2005 brutaler als gewohnt ("Flesh Is Fragile") - gleichzeitig aber auch melodischer, auch wenn die Melodien sich oft ein wenig im Hintergrund verstecken. "World Declension" ist eine der besten Death/ Thrash-Scheiben der letzten Zeit und ein Höhepunkt in der CENTINEX-Discographie! Join The Hellbrigade! Ihr werdet es nicht bereuen…
Moment, Moment, will mich da jemand verarschen...? PLANLOS soll die Band heißen? Und der Sänger Pino? Das klingt doch original wie die HOSEN, und Pino klingt nicht nur dem Namen nach verdächtig nach Campino. Und dann erscheint das mittlerweile vierte Album "Klartext" auch noch auf dem Goldene Zeiten-Label von Ex-HOSEN-Drummer Wölli. Und auf der Innenseite der CD-Hülle steht "Das Ende setzen wir uns selbst!". Gab´s das nicht auch schon mal in einem HOSEN-Song? Aber glauben wir mal der Presse-Info und gehen nicht davon aus, dass es sich hier um ein Inkognito-Album der Düsseldorfer handelt... Obwohl das schwer ist, denn die Musik klingt verdammt ähnlich, kommt ansonsten aber zugegenbermaßen ziemlich gut. PLANLOS gehen Mit viel Energie, tollen Refrains und gut arrangierten Songs an den Start, und ihr angepunkter Rock treibt fast ausnahmslos ordentlich nach vorne. Mit "Sorgenkind" gibt es außerdem einen Ausflug in folkige Gefilde, in der Strophe von "Demokratie" sind Reggae-Einflüsse zu hören, "Es Geht Mir Gut" ist eine Art Mitgröl-Lagerfeuer-Rock und mit "Der Brief" klingt das Album mit einer Ballade mit Akustik-Gitarre aus, so dass die gesamte CD nicht nur sehr abwechslungsreich ist, sonder vor allem auch nie langweilig wird. Die Texte gehen insgesamt gesehen in Ordnung und verbinden Kritik an Politik und Gesellschaft mit durchaus poetisch zu nennender Sprache. Stellenweise spürt man allerdings unangenehm den in bester HOSEN-Manier (wie auch sonst...?) erhobenen Zeigefinger, wie z. B. in "Blender": "Wir sind jämmerliche Blender, skrupellose Menschenhändler / Wir verkaufen Seelen am Straßenrand / Bald klebt hier das Blut an jedem Stein / Ich schäme mich, ein Mensch zu sein". Und auch vor ebenfalls HOSEN-tpyischen naiven Plattitüden schreckt man nicht zurück, wie in "Verraten & Verkauft", einem Song über unsere tollen Casting-Shows: "Es ist traurig aber wahr, die Industrie macht euch zu Stars / Sie kauft euch ein, sie saugt euch aus, ihr seid verraten und verkauft". Ach nee... Einen Pluspunkt gibt es noch für die schöne Covergestaltung: Die CD kommt in einem packpapier-farbenen Digipack, mit handgestempeltem Aufdruck der Band und einem in die Innenseite eingeschobenen Leporello-Booklet. Klarer Fall: Die beste HOSEN-Platte seit Jahren!
In ihrer Heimatstadt, dem im mittleren Westen der USA gelegenen, konservativen Cincinnatti, dürften es die MESSENGERS nicht leicht haben. Alleine schon kämpferische Textzeilen wie "Fight the rich, free the poor", "Used to be afraid of the government / now I´m just afraid of ignorance" oder "We won´t be bound by your policy / It´s not war that makes us free / I call it murder not authority", die die derzeitige US-amerikanische Politik aufs schärfste kritisieren, werden bei der breiten Masse wohl nicht grade mit Wohlwollen aufgenommen werden. Dazu passend ist die Musik des Quartetts um Sängerin Shannon: Auf ihrem selbstbetitelten Debüt gibt es exakt 33 Minuten lang dreckigen, melodischen Punkrock der alten Schule mit Rock ´n Roll-Einschlag zu hören. Getragen wird das ganze von Shannons herrlich trotzig-rotziger Stimme, die äußerst wandelbar alles zwischen Coolness und Ausrasten abdeckt. Einige Songs könnten etwas mehr Druck vertragen, so gehen z. B. "Lost Cause" und "No Never" eher nach hinten los, dafür entschädigen aber Rocker wie "Murder", "I´m Not Lost" oder "Blame", die vorzüglich kicken. Insgesamt ein solides Debüt einer Band, die sicherlich noch ausbaufähig ist, aber auch jetzt schon einige Kracher in petto hat.