InterviewIn Großbritannien ist dein Album "My Kung Fu Is Good" etwa vier Wochen vor Rest-Europa und damit einige Wochen vor der Tour mit FOZZY zu haben gewesen. Bei den Konzerten in UK hast du mit deinem Solo-Projekt THE DUKE für deine andere Band FOZZY eröffnet. Schon allein die FOZZY-Konzerte sind sehr schweißtreibend, sind zwei Stunden Konzert hintereinander ein gutes Training?
Haha, ja klar. Wir kommen aber vielleicht demnächst mit THE DUKE in voller Besetzung noch einmal auf eine richtige Tour. Also bin ich momentan mit STUCK MOJO auf Tour, FOZZY spielen und dann auch noch mit THE DUKE. Wahrscheinlich läuft es darauf hinaus, dass die FOZZY-Gigs den Löwenanteil einnehmen werden, aber für STUCK MOJO werden auch noch ein paar Zusatzshows gebucht. Mit THE DUKE muss ich erst einmal abwarten, wie es sich entwickelt und ob man mich so überhaupt sehen will. Es ist vergleichsweise ruhige Musik, mal sehen, wie es einschlägt. Ich kann es jetzt nur rausbringen und abwarten.
Und wie sieht deine Erwartungshaltung aus?
Ehrlich gesagt habe ich keine. Ich wollte einfach nur diese Scheibe machen, die ich wirklich... Also stell dir vor, heute haben wir im Tourbus auf dem Weg hier her die DOOBIE BROTHERS gehört. Eine heimliche Leidenschaft von mir ist das Piano. Ich liebe QUEEN, genauso wie BAD COMPANY. Ich liebe klassischen AOR (Adult Oriented Rock - Anm. d. Red.). Und ich wollte unbedingt ein klassisches AOR-Album aufnehmen. Und jetzt habe ich es getan. Ich wollte das schon sehr lange, aber ich musste erst einmal eine Plattenfirma finden, die mir auch die Möglichkeit dazu gibt.
Und jetzt hast du eine gefunden, die...
Ich denke schon, dass eine der Fans meiner bisherigen Bands das nachvollziehen können. Denn eigentlich jeder, den ich kenne und der Heavy Metal hört, hört auch irgendwann mal ruhigere Musik. Ich glaube "My Kung Fu Is Good" schmückt auch eine gute Metal-Sammlung. Außerdem kann dieses Album auch Leuten gefallen, die sonst keinen Metal hören.
Man kann ja auch nicht rund um die Uhr aggressiven Krach hören.
Das stimmt. Na ja, manche Leute können das, aber mich macht es verrückt.
Wann hast du denn herausgefunden, dass du nicht nur Metal, sondern auch ab und zu ein paar ruhigere Töne brauchst?
Mein ganzes Leben schon. Ich liebe deftige Musik, aber als ich aufgewachsen bin, war meine Lieblingsband JOURNEY. Genauso mochte ich immer schon Bands wie AC/DC und QUEEN. Gut, beide sind nicht unbedingt Metal, sondern eher Rock. Außerdem gehörten Elton John und Billy Joel zu meinen frühen Favoriten. Vor STUCK MOJO habe ich in einer Band gespielt, die sich wie EUROPE anhörte. Ich habe damals also Pop-Metal gespielt. Ein weiterer Held meiner Kindheit war John Norum, und Yngwie Malmsteen hat mich auch sehr beeinflusst. Ich hatte nur zufällig das erste Mal Erfolg mit Rap-Rock bzw. Rap-Metal und bin damit bekannt geworden. Das ist nun mal so passiert. Wenn die Dinge ein wenig anders gelaufen wären, hätte ich genauso gut bei einer Band im Stil von FOREIGNER spielen können. Wäre das erfolgreich gewesen, würdest du mich jetzt vielleicht fragen, wie ich zur harten Musik komme.
(Gelächter meinerseits)
Hast du verstanden, was ich meine? Die Leute kennen mich als den Gitarristen von FOZZY und STUCK MOJO, also kennen sie mich nur von der harten Seite. Aber meine Leidenschaft liegt auch in anderen Musikstilen. Ein bisschen wie im Kino: Ich liebe Horror-Streifen, aber natürlich mag ich auch Action, Comedy und gehe auch in andere Filme. Ich möchte so frei sein können, alle Musikstile zu spielen, die ich auch selbst mag.
Ich war überrascht wegen deines Songwritings. Klar war auf der letzten STUCK MOJO-Scheibe schon eine Menge Melodie drauf, aber im Vergleich war euer Debüt "Snappin´ Necks" so unglaublich aggressiv und technisch. Hast du die Melodien damals bewusst draußen gehalten, oder wie kommt dieser Unterschied zustande?
Zur Zeit des letzten STUCK MOJO-Albums "Declaration Of A Headhunter" bin ich mit Bonz nicht mehr klar gekommen. Wir konnten nicht länger zusammen Musik schreiben, wir waren kein Team mehr - also habe ich das ganze Album im Alleingang geschrieben. Dabei habe ich mehr und mehr Melodien einfließen lassen, denn ich mag Melodien. Ich war noch nie gut darin, Rap zu schreiben, das war Bonz´ Aufgabe. Wenn Bonz und ich damals immer noch so gut miteinander ausgekommen wären wie am Anfang, hätte das Album mit Sicherheit ganz anders ausgesehen.
Aber nun seid ihr im vergangenen Winter nach mindestens fünf Jahren das erste Mal wieder zusammen getourt, du und Bonz. Wie war diese STUCK MOJO-Tour?
Einfach großartig! Fünf Jahre lang haben Bonz und ich uns mit dem Arsch nicht... na, wir haben noch nicht einmal miteinander gesprochen. Aber davor waren wir so lange zusammen in einer Band, dass wir beide das Gefühl hatten, es wäre kein bisschen Zeit vergangen, als wir uns endlich wieder zusammen gerauft hatten. Es war ein Gefühl wie: "Hey Bonz, gut dich heute zu sehen." Dazu sind wir beide älter und erwachsener geworden. Wir haben keine Zeit mehr, uns zu zanken. Wenn ich heute Bonz auf den Wecker gehe oder er mich nervt, reden wir halt drüber - statt uns die Köpfe einzuhauen wie in der Vergangenheit. Außerdem hatten wir in der verstrichenen Zeit die Chance zu bemerken, dass viele unserer Streitigkeiten in Wirklichkeit ziemlich kleinlich waren.
Schreibt ihr denn jetzt an einem neuen Album für STUCK MOJO?
Ich bin gerade dabei. Aber wir haben keine Ahnung, wann oder wo es veröffentlicht werden könnte. An ein paar Songs arbeite ich gerade, fünf Songs sind bereits fertig, aber wir müssen jetzt abwarten. Wenn wir ein Label finden, das STUCK MOJO unterstützen will und das heiß drauf ist, ein solches Album herauszubringen, dann werde ich es veröffentlichen.
Wie wäre es mit Century Media?
Sollten Century Media uns ein gutes Angebot machen, würde ich es annehmen. (Pause) Aber ich glaube nicht, dass sie es tun werden. Ich mag die meisten Leute, die bei Century Media arbeiten. Allerdings mochte einer der beiden Besitzer der Band STUCK MOJO von Anfang an nicht, und er hat zugesehen, dass wir nicht die 100-prozentige Unterstützung des Labels bekommen haben, die wir benötigt hätten. Auf der anderen Seite war Robert Kampf, der zweite Besitzer, immer ein Fan von STUCK MOJO. Ich hatte den Eindruck, als sei da eine kleine Kluft zwischen den beiden in dieser Frage. Mir geht es ums Geld. Nicht um das Geld, dass ich auf mein Bankkonto bekomme, sondern um das Geld, dass die Plattenfirma in die flankierenden Maßnahmen für ein Album steckt. Stellt sicher, dass wir ein gutes Album aufnehmen können, stellt sicher, dass die Promotion gut läuft, stellt sicher, dass wir auf eine gute Tour kommen und den Support dafür bezahlen können. Das alles kostet Geld. Derjenige, der mir zusagt, dass er dieses Geld investieren will, bekommt das nächste Album. Nicht mehr, aber auch nicht weniger.
Klingt konsequent.
Ganz genau! Ich verlange nur das, was eine Plattenfirma für jede Band tun sollte, von der sie möchte, dass sie erfolgreich wird, ob die nun SHADOWS FALL heißen oder MACHINE HEAD oder wie auch immer. Man braucht eine Menge Geld, um eine Band erfolgreich zu machen, außerdem Zeit und einigen Aufwand. Wenn sich da jemand bei STUCK MOJO für bereit erklärt - prima. Das ist alles, was ich verlange.
Hattet ihr damals nicht ein rekord-schlechtes Timing? Erst als ihr in den Trennungsstreitigkeiten lagt, sind andere Bands wie KORN oder LIMP BIZKIT mit Rap-Metal erfolgreich geworden. Ist das nicht ein bisschen ironisch?
Ach, vielleicht. Aber ich habe schon öfter versucht, zu erklären, dass man Lebensqualität nicht kaufen kann. Und wenn ich mit Leuten die ich hasse in einen Bus einsteigen muss, jeder Tag nur daraus besteht aufzustehen, zu spielen und wieder in diesen Bus einzusteigen, das ist nicht zu beschreiben. Das kann man nicht mit Geld aufwiegen. Dann bin ich lieber arm, sitze zu Hause und spiele genau die Musik, die ich liebe, als mit Leuten, die ich nicht abkann. Oder, anders ausgedrückt: Bei STUCK MOJO ging es nie ums große Geld, also wollten wir später auch nicht, dass es nur deswegen weiterging. Es war für mich damals das einzig richtige zu gehen. Manche Leute haben diese irrige Vorstellung, alle Musiker die eine Platte draußen haben, seien reich. Ich habe jetzt 13 Alben veröffentlicht, und bin immer noch arm wie eine Kirchenmaus. Und es ist okay. (Er grinst breit über alle vier Backen.) Mir ging es immer in erster Linie um die Musik. Bevor CREED und NICKELBACK erfolgreich wurden, habe ich mit meiner Band SICK SPEED so etwas ähnliches gespielt. Es scheint, als würden Musikstile erst dann erfolgreich, wenn ich gerade eine ähnliche Band aufgelöst habe. Wer weiß, vielleicht wird in drei Jahren ruhiger, melodischer Rock wie auf "My Kung Fu Is Good" Trend, und das aktuelle THE DUKE-Album ist dann das, was jeder macht. Womöglich gerade nachdem ich mit THE DUKE aufgehört habe. (Lacht wieder.)
Du bist halt ein Anführer, kein Mitläufer.
Das ist richtig. Und es ist gut so. Frag mal bei LINKIN PARK oder LIMP BIZKIT, die wissen alle, wer ich bin, und alle betonen in ihren Interviews, welchen Einfluss ich auf ihre Entwicklung hatte. Die sagen alle, dass sie meine Alben gehört haben. Und das ist doch großartig. Dann bin ich lieber der Untergrund-Held als einer von den vielen die auf den fahrenden Wagen springen und dem Trend einfach hinterher hecheln.
Erkläre doch bitte die Themen von denen die Songs auf "My Kung Fu Is Good" handeln!
Es ist ein sehr persönliches Album. Das meiste ist über mich und über die Ereignisse, durch die ich durch musste: Ich war damals sehr mit FOZZY beschäftigt, hatte SICK SPEED am laufen und es gab STUCK MOJO nicht mehr. Einige der Texte sind über das Auseinanderbrechen von STUCK MOJO. Und plötzlich haben SICK SPEED sich auch aufgelöst. Also habe ich auch darüber geschrieben. Ich hatte geheiratet und meine Frau hat sich von mir getrennt und die Scheidung eingereicht. Darüber habe ich dann geschrieben. Ich habe zwei meiner Bands verloren, ich habe meine Frau verloren, es war eine sehr traurige Zeit meines Lebens. Also wurde die Musik auch dementsprechend traurig. Und darum habe ich dieses Projekt so angehen müssen und darum ist dieses Album so geworden. Denn man kann keinen traurigen Heavy Metal schreiben. Metal ist wütend. Ich war nicht wütend, ich war tieftraurig. Ich wusste nicht, was ich tun sollte. Denn außerdem war es eine eigenartige Zeit meines Lebens. FOZZY-Sänger Chris Jericho war gerade Vater geworden und wollte deswegen nicht auf Tour gehen. Ich wäre gern zu Hause ausgebrochen und mit FOZZY aufgetreten, aber wegen Chris konnten wir nur wenig spielen. SICK SPEED und STUCK MOJO gab es nicht mehr, meine Frau war weg - also war ich allein und habe zu Hause herumgesessen. Und habe angefangen zu schreiben, Klavier gespielt, Akustik-Gitarre gespielt und diese Songs sind dadurch entstanden.
Harte Zeiten...
Aber es war auch gut! Anstatt im Bett zu liegen, den ganzen Tag zu schlafen und in Selbstmitleid zu zerfließen habe ich darüber geschrieben. Und singen geübt, Gitarre geübt, mir selbst Klavier spielen beigebracht. So gesehen war es eine sehr produktive Phase.
Hast du auch für FOZZY Texte beigesteuert?
Nein, die schreibt Chris alle selbst. Außerdem schreibt ein guter Freund von uns einige Texte, Ed Aborn ist gleichzeitig der Webmaster von FOZZY und unser Fanclub-Leiter. Ich habe die Musik geschrieben und Ed und Chris haben zusammen die Textideen ausgearbeitet. Ich bin gar nicht gut mit Texten. Bei THE DUKE war das was anderes, denn ich hatte etwas zu sagen, das mir auf der Seele brannte. Bei der "Decoration Of A Headhunter" von MOJO ging es mir genauso, ich wusste, was ich sagen wollte. Aber bei FOZZY hatte ich zwar große musikalische Ideen, aber keine Worte dafür. Während ich die Musik zu "All That Remains" für FOZZY geschrieben habe, das war genau diese traurige Zeit in meinem Leben. Ich war der Meinung, ich könnte nichts beisteuern, was dementsprechend stark und aggressiv war. Wenn ich eins über die Jahre gelernt habe, dann, dass man niemals nur wegen des eigenen Egos etwas schreiben sollte. In einer Band sollte immer derjenige das tun, was er am besten kann und die anderen müssen ihn lassen. Da Chris bei uns der beste Texter ist, sollte er die Zeilen schreiben. Wenn ich der Beste darin bin, die Musik zu komponieren, sollte ich die Musik schreiben. Und wenn einer in der Band bessere Ideen hat als ich, dann sollten wir diese Ideen benutzen. Und man sollte sich nicht in eine Position bringen, an der die Egos der Bandmitglieder der Qualität des Endproduktes im Wege stehen.
Sehr weise.
So muss es sein. Du musst deinen Band-Kollegen vertrauen können. Wenn mein Schlagzeuger sagt: "Ich habe hier eine bessere Rhythmus-Idee," dann sollte er natürlich seine eigene Idee dort einbauen und ich muss ihm vertrauen.
Ich kann mir vorstellen, dass das der härteste Part daran ist.
Natürlich ist das hart! Denn jeder denkt, dass seine Idee an dieser Stelle die beste war. Also muss man tief durchatmen und "okay" sagen. Und der Band vertrauen.
Noch bevor irgendetwas von THE DUKE zu hören war, hattest du deine Internetseite fertig, um das Projekt anzukündigen. Wie hast du letztendlich ein Label auf dich aufmerksam gemacht?
Der Kopf der A&R-Abteilung bei Spitfire Records in den USA hat schon vor Jahren versucht, STUCK MOJO für das Label zu signen. Dann hat er versucht, SICK SPEED zu bekommen. Dann FOZZY. Keine hat er bekommen. Er scheint ein Fan meines Songwritings zu sein und war bisher Fan jeder meiner Bands. Er ist extra eingeflogen als ich einen Gig mit THE DUKE in Atlanta gespielt habe und er hat mich nach dieser Show gebeten: "Bitte, lass mich dieses Mal deine Platte rausbringen." Danach sind wir sechs Monate lang jedes kleine Detail im Plattenvertrag durchgegangen. Mir war, als würde es ewig dauern, bis nur ein Detail geändert war. Ich war so sauer. Aber zum Schluss habe ich bei ihm unterschrieben.
Deine Webseite sieht sehr persönlich aus. Liest du manchmal das Gästebuch?
Jeden Tag. Nun ja, außer wenn wir auf Tour sind, weil unterwegs Internet-Anschlüsse manchmal ein Problem sind. Aber wenn ich zu Hause bin, beantworte ich jeden Tag als allererstes früh am Morgen meine Emails. Alle Einträge von der Homepage gehen direkt an mein Email-Konto und ich beantworte eigentlich alle. Ich bekomme bis zu 200 Emails, manchmal kann ich darauf nur ein "ja", "nein", "danke" oder "weiter so" antworten, aber ich möchte schon jedem antworten.
Wow. Was für ein Aufwand!
Ja, aber der ist es wert. Denn dadurch baut man sich echte Verbindungen auf. Und es ist besser, enge Beziehungen zu haben als notwendiger Weise Fans. Wenn die Leute das Gefühl haben, sie können tatsächlich mit dir in Kontakt treten, bleiben sie dir treu. Und ich spiele lieber für Leute, die ich kenne als für eine anonyme Masse.