Mit "Shove The Sun Aside" von Dave Weiner ist ein weiterer Zögling von Gitarrengodfather Steve VAI und auf dessen eigenem Label Favored Nations am Start. Tja und und was muss ich trotz der zweifelsfrei edlen Hausadresse sowie nach mehreren Durchläufen feststellen - vom Hocker reißt mich diese CD wahrlich nicht. Trotz relativ anhörfreundlich knapp gehaltener 32 Minuten Spielzeit (für ein rein instrumentales Gitarrenalbum sehr wenig) und insgesamt keiner zu stark übertriebener Selbstzurschaustellung. Können die Songs größtenteils einfach nicht zünden, von fesseln kann schon gar keine Rede sein. Der 28-jährige musikstudierte Weiner ist sicher ein recht passabler Gitarrist, für die Freaks mag er sogar ein Ausnahmekönner sein, aber eine herausragende Technik allein reicht halt einfach nicht aus, um auch gut hörbare Musik zu machen bzw. in packende Songs umzusetzen. Mögen da noch so viele Raffinessen spieltechnischer Art geboten sein allein für mich zählt das nackte Ergebnis und da sieht es größtenteils eher etwas dünne aus. Positiv durchaus, dass hier mal nicht versucht wurde mit überladenen Arrangements zu agieren oder eine völlig übertriebene Anzahl von Noten in höchster Geschwindigkeit in vier Minuten zu packen, die Songs fangen oft sogar ganz gut an verlieren sich dann aber leider in viel zu unspektakulären Kompositionen. Das ein oder andere Solo kommt zwar ganz gut, gut nachvollziehbare Melodielinien, die irgendeine Langzeiteffekt in den Gehörgängen haben sind eher selten zu finden. "Shove Aside The Sun" wurde als klassisches Trio (Gitarre, Bass & Drums) zwar komplett im Alleingang von Dave aufgenommen und produziert, sicher modern gehalten mit einem Touch Fusion aber gerade die Drumsamples und die etwas billig klingenden Loops sind mir zu undifferenziert. Sicher, es gibt verzerrte Lead-Gitarren aber so richtig fette überzeugende Riffs muß man mit der Lupe suchen. Die ganze CD wirkt noch irgendwie unausgereift, manchmal gar zu konstruiert trotz möglichst betonter Schlichtheit und wirklich hängen geblieben ist von den Songs auf Weiners Debüt letztlich nichts wirklich. Die sechs Tracks inklusive des lustigen Livebonus Tracks "Dave´s Party Piece" (kommt erst nach mehreren Ghosttracks) zeigen sicher einen fähigen Gitarristen, der aber in Punkto Songwriting noch deutlich zulegen muß.
Der momentan sicher bekannteste italienische Gitarrist der Rock/Metal Szene dürfte wohl Alex Masi heißen und wenn sich auch über die Qualität seiner eigenen zuletzt zahlreichen Veröffentlichungen der letzten Jahre sowie der Mitwirkung an diversen Projekten (u.a. MISTHERIA, CONDITION RED) streiten läßt - der Junge hat musikalisch schon echt was drauf. Mit seiner aktuellen Platte "In The Name Of Beethoven” beendet er quasi seine eigene Trilogie, denn zuvor hatte bereits MOZART und BACH auf seine ganz eigene Weise in der kur. Auch auf diesem Werk zeigt sich MASI als ein sehr gefühlvoller Protagonist der mit stets filigranem Spiel überzeugt bzw. neu interpretiert ohne den Klassikern von Beethoven gebürenden Respekt zu versagen. Anders wie bei vielen oberflächlichen Flitzefingern mit ähnlichen Grundideen, nämlich klassische Musik auch für Normalo Rockfans interessant zu machen, verzichtet er komplett auf effekthascherisches Gehabe bzw. hyperaktive Selbstbeweihräucherung. Eventuell zunächst befürchtete neoklassische Tempoorgien in der Art MALMSTEENS bleiben ebenfalls völlig außen vor. Alex Masi ist vornehmlich auf seiner Akustikgitarre unterwegs und verzichtet, im Gegensatz zum jüngsten übrigens hervorragende aktuelle Werk von Steve HACKETT "Metamorpheus", auf jegliche opulente Orchesteruntermalung. Er agiert hierbei viel zurückhaltender beinahe schon spartanisch, die Kompositionen werden nur hier und da mal von einer E-Gitarre ergänzt, auch andere Begleitinstrumente sind eher im Hintergrund. Es geht dem Italiener eher um die nackte Essenz der Songs, wer also auf puristischere Geschichten abfährt dürfte hier absolut richtig liegen. Ohne Schnickschnack aber auch teilweise ohne größere Spannungsbögen in sehr ruhig-relaxter Atmosphäre werden die Noten abgearbeitet. Ehrlich gesagt, mir gefällt der etwas bombastisch-pompöse Ansatz Hackets schon etwas besser, das hat für meinen Geschmack mehr Tiefe und bietet ab und zu einfach mehr Wucht und Emotionalität. Egal auch für diese Art des etwas sensibleren Gitarrenspiels dürften sich viele Fans und Führsprecher finden. Alex Masis Leistung steht ohnehin außer Zweifel, die meisten Kompositionen dürften hinlänglich bekannt sein daher macht das Zuhören auf jeden Fall Spaß. Wie gesagt, allein der hier interpretierte Blickwinkel der Musik wird zu unterschiedlichen Prioritäten führen.
Irgendwie erinnert mich OVERMARS an einen Fußballer ähnlichen Namens. Zu welchen Vergleichen man kommt, nachdem man sich "Affliction, Endocrine… Vertigo" spät nachts reingezogen hat, schon komisch. Die Scheibe beginnt ganz konventionell mit zwei doomigen Metalstücken, die zwar krachig aus den Boxen dröhnen, aber nicht sonderlich abgefahren sind. Der erste Teil von "Destroy All Dreamers" (insgesamt ist der Song in fünf Teilen auf dem Album verstreut) markiert dann die Kehrtwende. OVERMARS verabschieden sich von herkömmlichen Strukturen und kleingeistigen Begrenzungen wie Genres. Ohne Hemmung expementieren die Jungs mit akustischen Gitarren und zerbrechlichem Gesang ("Destroy All Dreamers - Part IV"), lassen bei "From Love To Exhausting" ein Riff langsam seine Wirkung entfalten, wodurch sie an Southern Lord-Bands erinnern und lassen in vielen Tracks eine Frau dezente französische Vocalparts zum Besten geben. Für OVERMARS muss man sich Zeit nehmen, solche Platten eignen sich nicht zum Nebenbeihören. Ähnlich wie BURNT BY THE SUN oder TODD ist der Sound OVERMARS’ vielschichtig und komplex, auch wenn die genannten Bands einen anderen Gesamtsound haben, ist die Herangehensweise doch ähnlich. OVERMARS machen Musik für sich selbst und sonst niemanden. Genau das macht den Haufen so sympathisch und die Scheibe gut!
THE AGONY SCENE hatten mit ihrem selbstbetiteltem Debüt bei mir keinen bleibenden Eindruck hinterlassen und auch Kollege Otto konnten sie nicht überzeugen. Vor den Aufnahmen zum Nachfolger "The Darkest Red" wurden zwei Leute ausgetauscht und man hat sich offensichtlich zusammengesetzt und überlegt, wohin der Sound gehen soll. Rausgekommen ist eine Metalcoreplatte, die wieder stark nach melodischem Schwedentod klingt. Sänger Mike hat sich aber enorm weiterentwickelt und nervt mit seinem aggro-Gekeife nicht mehr (wie das noch beim Debüt der Fall war) und hat es geschafft, sich cleanen Gesang anzueignen, der richtig gut klingt und endlich mal nicht in die Emocore-Ecke geht. Zum Death Metal-Fundament gesellen sich mittlerweile Versatzstücke aus dem Hardcore und streckenweise sogar crustige Passagen, was dann eine hochexplosive Mischung ergibt. Mit der Hymne an die Weiblichkeit "My Dark Desire" haben THE AGONY SCENE einen potentiellen Tanzflächenfeger, der dank des Refrains sofort im Ohr hängenbleibt. Leider können die Amis diesen Song nur einmal schreiben, der Rest der Scheibe fällt gegen diesen Überhit deutlich ab und entpuppt sich als Metalcore, der heutzutage nichts Besonderes mehr ist. Man kann "The Darkest Red" viel Gutes abgewinnen, aber es gibt keinen zwingenden Grund, THE AGONY SCENE anderen Bands vorzuziehen, was bei der Metalcoreschwemme mittlerweile das Schicksal vieler guter Bands geworden ist. Für Sammler und Komplettisten lohnenswert, alle anderen sollten ausgiebig probehören.
EMPEROR ist schon länger nicht mehr, Ihsan und Samoth machen schon länger auch in ihren Seitenprojekten ganz anderen Kram. Schon logisch, dass da ein gewisser Appetit nicht ausbleibt. Aber das ist - weder für´s Label noch den geschätzten Konsumenten - ein Grund, die paar Mücken in so etwas wie THE APPARATUS zu investieren. Hoch und runter wird "I Am The Black Wizards" geklaut, das ganze dann mit ein paar Prog- und ähnlichen weichspülenden Versatzstücken für den amerikanischen Markt versetzt, tausendmal dasselbe Riff vor- und zurück gespielt, wohl weil kein anderes eingefallen ist - nee, das war wohl nix. Die beste Leistung liefert hier noch der offensichtlich sehr von Hellhammer, Trym und Horgh beeinflusste Schlagzeuger Kim Saetre ab, aber anscheinend ist der zwischenzeitlich schon wieder aus der Band ausgestiegen. Generell bin ich dem ja gar nicht abgeneigt, wenn Blackmetaller die pseudoböse Attitüde zugunsten einem etwas differenzierterem Weltbild ablegen und das durch etwas "buntere" Musik auch nach außen tragen - aber als Klammer zwischen beiden Welten bleibt hier im schlimmsten Fall ein heilloses Griffbrettgewichse und Prog-Metal-mäßiges "ich kann aber noch komplizierter als du". Die wenigen erfreulichen Stellen, an denen die Trondheimer nicht so herum hubern, sind im Wortsinne eine Offenbarung (Track 8 "The Revelation"), entschädigen aber leider nicht für das Generve dazwischen.
Beim Eiskunstlaufen hätten BUGHOLE jetzt eine deutliche Diskrepanz zwischen A- und B-Note: Gerade (gesangs-) technisch kommt diese EP mit einem Höflichkeitsapplaus aus - aber Aufmachung und Promo-Service sind erste Sahne und ganz nah an der 6,0. Aber weg von den schrägen Vergleichen: Die fünf Jungs aus dem hessischen Nirgendwo machen NuMetal mit Psycho-Vocals und scheinen sich gerade auf dem Weg in neues Terrain zu befinden: Gerade beim letzten Song "Unknown Desires" singt Sänger Achim zunehmend vielseitig, und eben das muss anscheinend noch geübt werden... Die Gitarristen Eike und Meurer scheinen die Songideen gern für ein interessantes Gebliepe am Rande stehen zu lassen, so wirken die Songs beizeiten auch mal verfahren und es fehlt das zentrale Thema. Aber "Dying Alive" beweist, dass sie auch fesselnde, interessante Themen schreiben können, die nicht im Aggro-Psycho-Matsch stecken bleiben. BUGHOLE sind noch so unverschämt jung, da wird noch viel passieren und einiges Wasser die Lahn hinunter fließen...