Als sehr erfahrener Instrumental - Guru brauchte der dänische Saiten - Flitzefinger Torben Enevoldsen auch mal eine reguläre Band mit Sänger. Das war die Geburtsstunde von SECTION A, der heute außer Enevoldsen selbst (Gitarren und Keyboard) noch Andy Engberg (Gesang) und Johan Koleberg (Drums) angehören. Ferner konnte man für "Parallel Lives", das zweite Album der Band, Mats Olausson als Solo - Keyboarder und Special Guest verpflichten. Was sich wie eines der zahlreichen, entbehrlichen Projekte überambitionierter Musiker anhört, entpuppt sich jedoch als echte Institution mit Hand und Fuß! SECTION A spielen sehr fetten Melodic Metal mit viel Dampf und Power und vereinen hohen technischen Anspruch inklusive vieler Soli und Instrumentalexzesse mit (für progressive Verhältnisse!) Eingängigkeit und Songdienlichkeit. Sehr gelungen ist auch die Wahl des Sängers, denn Andy Engberg zeigt sich als wahre Rockröhre ohne Kneifzange zwischen den Beinen und unterstreicht einmal mehr, dass hier nichts dem Zufall überlassen wird. Leichte Kost sind SECTION A trotz bemühter Kompaktheit aber dennoch nicht, so dass man schon einen Hang zu überlangen Songs und Detailverliebtheit mitbringen sollte. Aber spätestens dann dürften Songs wie der treibende Opener "Hunted", das vielschichtige "Dark Alliance" oder das alles überragende "Beginning Of The End" (eine der besten Melodic - Granaten seit Langem - wäre das ganze Album so herausragend, hätte ich den "Tipp" locker aus der Hüfte geschossen!!!) ihre ganze Wirkung entfalten und anspruchsvolle Melodiker verzücken. Eine sehr empfehlenswerte Scheibe!
MONA FOR NOW ist ein Trio aus dem kalifornischen Hollywood, das etwas hat, mit dem ich normalweise nicht viel anfangen kann: eine Frau am Mikro. Viel zu oft sind das Träller-Elsen, bei derem hohem Gekreische sich mir die Zehennägel aufrollen. Zu den löblichen Ausnahmen gehören WALLS OF JERICHO oder GUANO APES - letztere mit Vorsatz gewählt, denn Shey-la, Sängerin von MONA FOR NOW erinnert oft an die gute Frau Nasic. Der flotte Dreier wildert auch sonst gerne im GUANO APES-Fahrwasser ("You Are Wrong, I Am Right"), ist aber eine Spur heftiger als die Deutschen, da schimmern öfter mal Thrash-Einflüsse Marke MH und PANTERA durch. Die fünf Songs der EP sind allesamt gelungener New Metal-Standard und dröhnen gut produziert aus den Boxen (obwohl sich ein Blues-Produzent für die Aufnahmen verantwortlich zeigte). MONA FOR NOW verstehen es, catchy Songs zu schreiben und haben ihren eigenen Stil gefunden, allen GUANO APES-Anwandlungen zum Trotz, was die EP zu einer lohnenswerten Investion für moderne Rocker macht.
Beim neugegründeten Label Fastbeast Entertainment bringen die Schweizer AMOK ihren ersten Longplayer heraus, knappe zwei Jahre nach ihrer zweiten EP "Hephaistos". Präzise wie das sprichwörtliche Uhrwerk ballern sich die vier Eidgenossen durch zehn brutale Death Metal-Songs, die sich vom US-Death Metal inspiriert zeigen und so manches Mal an CEPHALIC CARNAGE, ORIGIN oder MORBID ANGEL erinnern. Technisch hochanspruchsvoll und beim ersten Durchlauf viel zu komplx, um es erfassen zu können. Death Metal als Denksportaufgabe, das ist für Fans technischen Geballers ja nichts Neues. Und genau sind auch Zielgruppe von AMOK und düften mit "Lullabies Of Silence" glücklich werden. Sänger Ugo ist mir persönlich manchmal zu nahe am Black Metal, macht das aber durch viele psychopathische Grind-Einlagen wieder wett. Seine drei Mitstreitern kann man sowas nicht vorwerfen, die halten sich an die gute Death Metal-Schule und überfordern den Hörer beinahe mit Stakkato-Riffs, aberwitzigen Breaks und ausgefallenen Tempi. AMOK haben einen soliden Einstand hinbekommen, mit dem Genre-Fans nichts falsch machen können.
Kollegin Cora konnte mit dem "Apertures"-Vorgänger "Skin Failure" nicht sonderlich viel anfangen. Ich konnte an das neue Album des San Francisco-Trios LOWER FORTY-EIGHT unbelastet rangehen, da ich von der Combo bis dato nix gehört hatte. Das Album überrascht mit einem sehr erdigen Sound, der mich an ungestüme Garagenbands erinnert und zum schrammeligen Gesamteindruck der Platte passt. LOWER FORTY-EIGHT sind keine Band, die den leichten Weg gehen und leichte Kost servieren, sondern es dem Hörer durch ihre Interpretation des Rock schwer machen, den Bissen zu verdauen. Neben typischen Rockriffs und Bassläufen haben die Drei frickeligen Mathcore, jazzige Passagen und 70er Rock gleichermaßen verarbeitet, was "Apertures" sowohl eingängig wie auch abgredreht-komplex macht. Der Gesang ist klar, vergleichsweise dezent und selbst in heftig rockenden Abschnitten sehr ruhig ("Blaue Augen", das keinen deutschen Text hat). LOWER FORTY-EIGHT sind eine Band, die sich bewußt nicht um Genres schert und unter Fans aller Genres ihre Anhänger finden dürfte. Vorausgesetzt, diese sind aufgeschlossen und bereit, einer komplexen, eigenwilligen Platte viel Zeit zu geben.
Mit dem HELLACOPTERS Fronter Nicke Andersson an den Reglern zeigen die Schweden durchaus den Willen, wieder rotziger zu werden. Und verglichen mit "Stockholm Syndrome" gelingt ihnen das auch in Maßen - zumindest was den Sound angeht. Und es ist Sommer. Rein ins Auto, Sonnenbrille auf, Fenster auf, BACKYARD BABIES in den Player… Vollbremsung, Fenster schnell wieder zu. "People Like People Like People Like Us" ist bei einigen Songs softer geraten als AEROSMITH, manchmal gar schmieriger als BON JOVI zur Hochzeit. AC/DC haben trotz 20 Jahren mehr auf den Schultern noch mehr in der Hose, "Cockblocker Blues" klingt genau so und bringt zu allem Überfluss Background Vocals an den Start, die bezeichnend poppig sind. "Blitzkrieg Loveshock" hat den Rock fast nur im Titel - die Schweden scheinen Idolen frönen zu wollen und vergessen dabei, dass sie selbst vielen eins sind oder waren. "We Go A Long Way Back" hat eine schöne Melodie im Chorus die auf den Vorgänger gepasst hätte. "Roads” ist ziemlich lässig und überrascht mit Akustikgitarren. Bleiben noch das dreckige "Hold ‘Em Down” als echtes Highlight und das punkige "Dysfunctional Professional" mit einem kurzem Südstaatengitarrensoundfetzen. Aber das sind nicht die BACKYARD BABIES die ich mir erhofft habe. Viele Songs wirken herzlos und wirklich unoriginell, was der coolere Sound nach oben reißt bringt das starre Songwriting wieder auf den Boden. Bleibt die Hoffnung, dass die BACKYARD BABIES live schon immer besser waren. HELLACOPTERS rein und Fenster wieder auf.
LUCA TURILLI, seines Zeichens Mastermind der italienischen Symphonic Metaller Rhapsody veröffentlicht nach vier Jahren mit "The Infinite Wonders Of Creation” den dritten und letzten Teil seiner epischen Trilogie. Sorgte das Solo-Debüt "King Of The Nordic Twilight", wohl auch noch auf Grund des unverbrauchten Rhapsody-Sounds, für überwiegend positive bis euphorische Reaktionen, so waren die Reaktionen auf das 2002 erschienene "Prophet Of The Last Eclipse" doch etwas zwiespältiger. Auf "The Infinite Wonders Of Creation” scheint der Gitarrist sich ein Stück weiter von seiner Hauptband Rhapsody zu lösen und gibt dabei eine gute Figur ab. Zwar bilden eingängige, symphonische Strukturen weiter die Grundlage beider Betätigungsfelder, aber seinen neuesten Soloausflug scheint Mr. TURILLI dazu zu nutzen seine Vorliebe für epische, soundtrackmäßige Kompositionen weiter auszubauen und gar mit musicalartige Passagen zu erweitern. Dazu nimmt er mehr wie einmal merklich Tempo raus und setzt zunehmend das Keyboard ein. Der Gesang kommt öfters als Duett daher, mehr Gesangsanteile hat Sängerin Bridget Fogle. LUCA TURILLI setzt mehr auf Atmosphäre als auf powervollen Metal - viel dazu beitragen tut der oper-artige Frauengesang und die ausufernden Arrangements. Das die Songs dabei meist hypermelodisch sind und sich schnell im Gehörgang festsetzen spricht genauso für "The Infinite Wonders Of Creation” wie das gleichbleibende Niveau der zehn Tracks. Als Anspieltipp sei mal genannt: "Mother Nature" als ein von weiblichen Vocals getragenen typischer LUCA TURILLI-Song, der Ohrwurm "The Miracle Of Live", "Mystic And Divine" (ein äußerst gelungenen Duett von Bridget Fogle und Olaf Hayer) und der klassisch anmutende Titelsong "The Infinite Wonders Of Creation”. Neben seiner bekannt virtuosen Gitarrenarbeit spielt Luca diesmal auch die Keyboards selbst ein. Unterstützt wird er dabei wieder von Sänger Olaf Hayer, Bassist Sascha Paeth und Schlagzeuger Robert Hunecke-Rizzo. Für Fans von Rhapsody und LUCA TURILLI sowie für Liebhaber orchestraler Rockmusik mit weiblichen Vocals wohl ein "must have” - Metaller sei bei "The Infinite Wonders Of Creation” erst mal antesteten angeraten.
HALF PAST DEAD kommen aus dem beschaulichen Saarland und sind die erste mir bekannte Metalcore-Band aus dem kleinem Bundesland. Ihre sehr fett produzierte Debüt-EP zeigt die Jungs als sehr kompetente Band, die sechs ansprechende Songs vorweisen können und damit einen Eindruck hinterlassen. Auch wenn es nichts Besonderes mehr ist, schwedischen Death Metal und Hardcore unter einen Hut zu bringen, haben HALF PAST DEAD ein gutes Händchen für groovende Metalcore-Songs, was ja beileibe nicht jeder Band des Genres gegeben ist. Besonders "Words Are Weapons" ist ein echter Kracher und der heimliche Hit der EP. Melodische Gitarrenläufe, brutales Drumming, ein Hardcore-Shouter und trotzdem sehr hoher Kopfnick-Faktor machen den Song zum Anspieltip der Platte. Die fünf anderen Tracks sind aber auch nicht von schlechten Eltern und dürften sowohl Death Metal-Fans wie auch Hardcorler ansprechen. Erstere wird die Gitarrenarbeit gefallen (Schwedentod halt), während letztere auf den modernen, aggressiven Gesang abfahren dürften. Und beiden Lagern ist mit der Brutalität bei gleichzeitiger Eingängigkeit gedient. Also alles fein im Saarländchen, besonders wenn man für nur 5€ eine so gute EP erstehen kann, auf der es neben den Songs auch noch ein Video gibt. Klasse Einstand, Jungs!
DEATH BY DAWN machen schon seit längerem den deutschen Underground unsicher und konnten besonders durch ihren Herrn am Mikro einen bleibenden Eindruck hinterlassen: keiner Geringerer als Martin van Drunen zeigt sich für die Gesangsleistung verantwortlich. Richtig, der Mann, der mit PESTILENCE und ASPHYX zwei wichtige DM-Combos in seinen Credits hat. Und bei BOLT THROWER war er ja auch mal kurzzeitig. DEATH BY DAWN sind aber nicht nur ihr Sänger, sondern logischerweise noch ein paar andere Mucker. Und die wollen dann auch zeigen, wie ihre Version des Death Metal klingt. Klar, Martins Gesang ist unverwechselbar und drückt der Band seinen Stempel auf, aber DEATH BY DAWN verlassen sich nicht nur auf ihn, sondern haben einige sehr unterschiedliche Songs auf die Scheibe gebrannt. So gibt es geradlinigen Death Metal der alten Schule ("State Paranoia" oder "DCF") wie auch Death’n’Roll-Stücke ("The Nicotine Lobby"), die allesamt gut sind. die Songs kommen auf den Punkt, haben Groove und sind zudem technisch sauber eingespielt. Hin und wieder läßt die Produktion zwar etwas Druck vermissen ("State Paranoia"), genügt aber jederzeit vollkommen. "One Hand One Foot... And A Lot Of Teeth" ist ein solides Death Metal-Album mit dezentem Old School-Touch und einem ganz eigenem Charme, dass durch die Hinzunahme des erfahrenen Martin van Drunen den letzten Kick bekommt.