DEMENTED ARE GO sind ja so eine Band, die öfter mal ne kreative Pause macht oder Mitglieder auswechselt. Oder beides auf einmal. Bei THEE EXIT WOUNDS finden sich gleich zwei (ex?-)Mitglieder der Legende wieder, die sich mit drei weiteren Kerlen zu der Band zusammengefunden haben. Stilistisch gibt es keine großen Überraschungen, die volle Psychobilly-Keule wird hier geboten. Anfangs macht das Ganze auch noch Spass, die Opener "Evil" und "Headshot" sind sehr coole Ohrwürmer und lockern den üblichen Psychobilly-Sounds mit leicht punkiger Attitüde auf. Besonders der Gesang ist klasse, wenn er die Refrains mit voller Inbrunst singt und dabei wie ein latent Wahnsinniger klingt. Aber auf Dauer reicht das nicht aus, um "Bad Day" über das Mittelmaß zu heben. Die Songs sind nett. Und wir alle wissen, von dem nett die kleine Schwester ist… Nein, so schlecht sind THEE EXIT WOUNDS nicht, der ganz große Wurf ist ihnen mit der Platte aber auch nicht gelungen. Solide Kost, die sicher ihre Fans finden wird.
Wenn ein paar Finnen gemeinsam in die Sauna gehen, um ihren Wodkahaushalt wieder auszuschwitzen, dann ist daran noch nix Besonderes! Wenn man dabei aber auf die Idee kommt, seine Band nach der Wärmequelle in jenen Dampfstuben zu benennen, nämlich "Ofen", dann - was sonst?! - spinnen die Finnen! Ganz richtig, KIUAS heißt "Ofen", was aber nicht heißt, dass sich dieses Quintett auf Spaßmucke spezialisiert hat. Man kann sich den Stil von KIUAS sehr genau als eine Mischung aus CHILDREN OF BODOM und BRAINSTORM vorstellen, wobei man den Deutschen, abgesehen von diversen Kreisch, - und Growl - Orgien, schon recht nahe kommt. Hauptsächlich erinnern das pompöse Keyboard und die schnellen, härteren Gitarren an die Vorzeigefinnen, wogegen die (durchweg sehr guten) cleanen Refrains und ganz besonders der Gesang von Ilja Jaikanen eine große Brücke zu Andy B. Franck und Co. schlagen. Das Ergebnis klingt sehr eingängig, macht wirklich Spaß und dürfte genreübergreifend gefallen. Das Problem ist jedoch, dass viele Passagen sehr konstruiert und vorausberechnet klingen; viel Mut hat man auf "Reformation" nicht bewiesen, zumal KIUAS, mit den beiden "Originalen" verglichen, in Sachen Songwriting eindeutig den Kürzeren ziehen. Alles gut gemacht, technisch einwandfrei, schön ohrwurmig, aber eben auch irgendwie kühl kalkuliertes "Easy Listening". Wer also hymnischen Stoff in der Schnittmenge aus Melodic Death, - und Power Metal sucht, sollte zumindest mal in Stücke wie "Race With The Falcons", "The New Chapter", "Of Ancient Wounds" oder "Black Winged Goddess" (mit Black Metal - Anleihen!) hineinhören. Enttäuscht wird sicher niemand, ganz im Gegenteil, aber auf den großen überspringenden Funken warte zumindest ich bis jetzt noch!
Nur wenige Monate nach ihrer Soloscheibe "Enter My Religion" scheint Liv Kristine des Musizierens nicht müde - ihre Hauptband LEAVES’ EYES überbrückt nämlich die Zeit zwischen ihrem letztjährigen erfolgreichen Album "Vinland Saga" und dem von den Fans sehnsüchtig erwarteten Nachfolger mit einer 6-Track EP. Auf "Legend Land" sind neben den in zwei Versionen enthaltenen Titeltrack noch vier weitere, bisher unveröffentlichte Tracks enthalten, welche die auf "Vinland Saga" thematisierte Geschichte weiter entwickelt. Dabei kommt die Single "Legend Land" ohne große Überraschungen im Fahrwasser der letzten LEAVES’ EYES Single "Elegy" daher, entpuppt sich aber dabei als solider melodischer Gothic Metal Song, welcher auf Grund seines fetten Refrains und der dezent eingesetzten Growls Hitpotential besitzt. Das von Doublebass, Popmelodie, orchestralen Elemente und Liv’s fast opernhaften Gesang getragene "Skraelings", das vom Wechselgesang von harten Growls und engelhaftem Refrain dominierte "Viking’s World", der ähnlich gelagerte aber fast schon hymnische Track "The Crossing” und die recht kurze, auf akustisch-folkige Art ruhige Ballade "Lyset” liegen ebenfalls allesamt im grünen Bereich. Qualitativ stehen die Songs auf "Legend Land" denen der letzten Scheibe nämlich in nichts nach, können aber in knapp 20 Minuten nicht jene Atmosphäre entwickeln, welche noch einen Teil der Faszination von "Vinland Saga" ausmachte. Fans der Dame und ihrer Stimme wissen trotzdem, was zu tun ist.
Dieses Comeback der altehrwürdigen Recken LEATHERWOLF aus den USA hat ohne Umschweife alles, was ein gelungenes Comeback benötigt. Nicht wenige Bands, die in den "goldenen 80ern" einen kultigen Ruf genossen, konnten in späteren Zeiten nix mehr reißen und verdammten sich selbst in die Analen der Vergessenheit. Um diesem Schicksal zu entgehen, ließen die Lederwölfe mit ihrem lang erwarteten neuen Scheibchen "World Asylum" nichts anbrennen, riefen "Starproducer" Jacob Hansen ins Studio und besorgten sich mit Sänger Wade Black (SEVEN WITCHES, CRIMSON GLORY), Gitarrist Eric Halpern (HELSTAR, DESTINY´S END) und Bassist Pete Perez (RIOT, SPASTIC INK) neues, erstklassiges Personal. Unter diesen Voraussetzungen kann normal nicht viel schief gehen, und genau so ist es auch! "World Asylum" ist ein von vorn bis hinten würdiges Wiederhören geworden, das sich Fans der ersten Stunde erhoffen durften. Melodischer, mitunter epischer, aber immer vor Kraft strotzender US Power Metal der Güteklasse A wird aufgefahren, wobei gerade Wade Black den ausgeschiedenen Michael Olivieri zwar nicht ersetzen kann, aber auf seine eigene Art Akzente setzt. Eigentlich würde ich bei einer solchen Konstellation nicht mit dem "Tipp" geizen, aber das Songmaterial auf dem Album reicht nicht ganz an grandiose Vorgänger wie "Street Ready" und besonders "Leatherwolf II" heran, denn ein zweites "Rise Or Fall" oder "Rule The Night" findet man auf "World Asylum" leider nicht. Am Nächsten kommen dem noch der treibende Stampfer "Behind The Gun" und die Powerhymne "Dr. Wicked (Rx O.D.), wobei der Rest des Materials zwar nicht groß abfällt, aber auf eine gewisse Weise uninspiriert und wenig aufdringlich klingt. Nicht, dass ich hier falsch verstanden werde: "World Asylum" ist zweifellos eine erstklassige, fett produzierte Platte, die eben vielleicht nur die Vergangenheit in Form einer zehn Tonnen schweren Stahlkugel mit sich herumschleppt…..
CHEAP TRICK - da war doch mal was? Genau, "I Want You To Want Me". Die Band um Gitarrist Rick Nielsen und Bassist Tom Petersson war Ende der Siebziger eine echt große Nummer und hielt diesen Status auch einige Jahre. Dann tauchte man bis auf wiederkehrende Best Of-Scheiben weitestgehend unter, um jetzt, zehn Jahre nach dem letzten Studioalbum mit "Rockford" ein neues Lebenszeichen von sich zu geben. Die Herren aus Rockford, Illinois bleiben sich dabei absolut treu - ihre Mischung aus Power-Pop und eingängigen Rock klingt zugleich Retro und zeitlos, dürften den Fans der Combo gefallen und weicht nicht ab vom CHEP TRICK Sound der letzten 30 Jahre. Und das ist auch gut so. Denn das man den Amis mit der Reduzierung auf die Livescheibe "At Budokan" und Songs wie "I Want You To Want Me" "Surrender" und "The Flame" unrecht tut ist unter Kennern unumstritten - ändert an dieser Tatsache aber leider nichts. So bleibt die bandeigenen Ankündigung "Rockford" wäre das Beste CHEAP TRICK Album aller Zeiten in der heutigen Zeit eher ungeprüft. Dennoch, "Rockford" zeigt wohl die Besten CHEAP TRICK seit dem 79er-Album Dream Police. Der knapp über 2 Minuten kurze gute Laune Opener "Welcome To The World" beamt einen unversehen 25 Jahre zurück. Die melodische und leicht rockende Single "Perfect Stranger" (Co-Writer ex-4 Non Blondes Linda Perry) sollte schon auf Grund der positiven Vibes zumindest in den Staaten und einschlägigen Sendern Airplay bekommen. "If It Takes A Lifetime" (und auch "This Time You Got It") lässt Reminiszenzen an ELO durchschimmern und das nachfolgende, lautere "Come On Come On Come On” könnte direkt einer der qualitativ guten Rockscheiben der Band aus den Siebzigern entnommen sein. "O Claire" kommt dann beschwingt ruhig daher - George Harrison und die Beatles grüßen. Und auch in der zweiten Hälfte des Albums rockt’s mal ("Give It Away", "Decaf"), kreuzt man Pop und Funk ("One More"), wird fast hitverdächtig balladesk ("All Those Years") oder schwelgt in den eigenen musikalischen Wurzeln ("Every Night And Every Day", "Dream The Night Away"). CHEAP TRICK sind mit über 15 Alben (davon sechs mit Platin) ein Teil der Geschichte der Rockmusik und obwohl die Zeit an Ihrem Sound gnadenlos vorbeigegangen ist, klingen die Songs immer noch leicht, verschönt Robin Zanders unaufgeregtes Organ einem immer noch den Tag und macht das Album ganz einfach auf seine ureigenen Art Spaß. Die Zielgruppe weis damit schon bescheid.
THÖRBJORN ENGLUND, seines Zeichens Gitarrist der schwedischen Metalheads von WINTERLONG gönnt sich mit dem Album "Influences" einen instrumentalen Soloausflug, den er bis auf die Drums (Leif Erikson) auch noch komplett selbst eintütete - soviel zum Thema Selbstbewusstsein des Mr. Englund. Das der Herr dabei musikalisch nichts anbrennen lässt, versteht sich von selbst - bereits auf den guten Winterlongalben wusste die Gitarreseite zu gefallen. Schon der sehr melodische Satriani-lastige Opener mit dem coolen Titel "Jesus Stole My Harley" kann demzufolge nicht nur instrumental sondern auch vom Songwriting her überzeugen. Im weiteren Verlauf wird desöfteren dann auch gekonnt Malmsteen ("Heart Of Fire", "Demonica") zitiert oder gar eine spanisch angelegte akustische Nummer ("A Flame Of Flamenco") geboten um die Fertigkeiten zu präsentieren. Mit dem kurzen "W.A.M. Goes Electric" huldigt THÖRBJORN ENGLUND Wolfgang Amadeus Mozarts 40 Symphony auf E-Gitarre. Das nachfolgende dramatische und ebenfalls gitarrenorientierte "The Abyss" könnte genauso wie die reine Piano und Orchester Nummer "Beautiful Beyond" so auch vom Savatage Side-Project Trans-Sibirian-Orchestra stammen. Das THÖRBJORN ENGLUND auf "Influences" nichts Neues auffährt überrascht dabei nicht, ist aber auch nicht weiter schlimm, da er bei den Songs doch großen Wert auf Abwechslung gelegt hat. Schönes Album zum Nebenbeihören - ohne Ausfälle, aber auch ohne den großen Ausreißer nach oben.
U-Boot-Sonar-Klänge ("Nothing But Hatred") und andere elektronische Spielereien sorgen für jene Abwechslung, die vor allem in Sachen Vocals gut tun würden. Aber das muss wohl so sein, wenn es sich um Metalcore handelt - jedenfalls klingen viele Sänger der Hüpf- und Aggro-Kapellen nicht selten sehr uniform. Die Duisburger musizieren schon länger, was zum einen der Fertigkeit auf den Instrumenten durchaus anzumerken scheint, zum anderen standen Urgesteine wie Pantera, Fear Factory und Co. Pate bei der Stilfindung. Ruppiges Stakkato-Riffung, Nähmaschine-Präzises Drumming mit Wumms im tiefen Bereich usw. - alles nicht schlimm, wie überhaupt die Scheibe mit hoher Wut-Potenz protzt. Allerdings schlägt das fünfte Stück ein wenig in andere richtungen - weil das nämlich eine klare Gaststimme zum Klingen kommt, die einem das Bier schal werden lässt. Bis auf diesen Ausrutscher haben DOWNSTROKE eine solide Hardcore/Metalcore-Scheibe am Start - sie scheinen ihren Ärger also durchaus gekonnt zu managen.
Beim Schreiben dieser Zeilen hatte ich immer sowas wie einen Freudschen Vertipper. Statt MyGrain schrieb ich jedesmal MyGrind. Dabei sind die Finnen gar nicht so schlecht, als das ich mir ihre Labelmates ROTTEN SOUND herbeigewünscht hätte. MYGRAIN sind zwar nicht die nächste große Nummer, haben aber eine solide Melodic Death-Scheibe eingespielt, die flott und abwechslungsreich aus den Boxen kommt. Das Keyboard hat einige sehr gelungene Einsätze und nervt den Rest der Zeit kein bißchen, Sänger Tommy hat eine angenehme, volle Stimme, die er variabel einzusetzen weiß ("Humanimal") und das flotte Grundtempo der Songs dürfte MYGRAIN live zu einer echten Macht werden lassen. Im Package mit IN FLAMES und SOILWORK wären die Finnen gut aufgehoben. Die Zielgruppe sollte bis dato aber nicht warten, sondern dem durchaus gelungenem Debüt eine Chance geben.
Stoner Rock bringe ich gemeinhin mit Arizona und Nevada in Verbindung. Staubige, endlose Highways, fette Autos und vor allem Sonne, Sonne, Sonne! Skandinavier scheinen das ähnlich zu sehen, irgendeinen Grund muss es ja für die Rockbands geben. LOWRIDER oder ASTROQUEEN haben vorgemacht, dass Stoner Rock auch in der schwedischen Variante cool klingt, MUSHROOM RIVER BAND oder EL CACO sind ihnen dicht gefolgt. Auch wenn nicht alles schwedisch ist, was rockt (denkt nur an das letzte MANNHAI-Album), so läßt sich doch ein neuer Trend bei unseren nördlichen Nachbarn feststellen. GENEROUS MARIA veröffentlichen ihre neue Scheibe "Electricism" (mit einem an alte MONSTER MAGNET erinnerndes Cover) also ziemlich passend. Die Schweden haben den elf Songs einen erdig-warmen Sound verpasst, der besonders beim Bass oft an MUSHROOM RIVER BAND erinnert ("She’s Got Plans For Me") und einfach wie Arsch auf Eimer passt. GENEROUS MARIAbemühen sich um Abwechslung und decken die ganze Spannbreite einer Stoner-Platte ab, einzig die ausufernden Instrumentalrocker fehlen mir, was aber durch entspannte Nummern Marke "It’s Called Love" ausgeglichen wird. Überhaupt sind die Jungs arschlässig und verfallen nie in Hektik, was "Electricism" eine sehr relaxte Stimmung gibt. Einzig das Fehlen richtiger Ohrwürmer verhindert einen Tip. Die Songs sind zwar alle auf dem gleichen hohen Niveau, aber so ein echter Kracher Marke "Green Machine" wäre das i-Tüpfelchen auf einer sehr coolen Scheibe geworden. Trotzdem sollten Wüstensöhne die Scheibe mal beim lässigen cruisen testen.