Die Schweden HELLSONGS sind vielleicht nicht die Vorreiter einer Revolution wie sie unser Redakteur Mono unlängst im Editorial forderte - sie sind aber durchaus ein spannendes Beispiel was man Neues mit Metal tun kann. HELLSONGS sind dabei jedoch musikalisch dermaßen unmetallisch, dass sich selbst müder Altherrenrock dagegen ausnimmt, als breche die Hölle auf die Erde hernieder. Und bedenkt man die Wucht einiger der Originale wirken die Fassungen von HELLSONGS vielleicht für einen kurzen Moment albern - denn die Schweden HELLSONGS covern Songs von METALLICA, IRON MAIDEN oder JUDAS PRIEST. Sie sind dabei originell und in dieser Form sehr einmalig, dass es eine Freude ist ihren Tönen zu lauschen. Von Covern zu reden ist dabei jedoch gewagt, denn von wenigen Ausnahmen abgesehen - entweder bei guter Textsicherheit oder im jeweiligen Chorus - sind die Originale nicht wieder zu erkennen. HELLSONGS nennen ihr Debut "Lounge", und das ist auch drin: Indie Pop, teils nachdenklich, teils in bester Singer/Songwritermanier, teils unbekümmert, manchmal etwas schwerer, häufiger mit leichtem Folk-Einschlag. Der skandinavische Akzent, die weiblichen Vocals der Klangfarbe einer Emiliana Torrini, all das lässt das geistige Auge in die Ferne blicken und wunderbar abschalten. Mal lugen Orgelklänge, selten ertönt ein Cello, meist sind es nur Akustikgitarren und Sängerin Ohlsson, die im Mittelpunkt stehen. Ob das ganze Ernst dabei gemeint ist spielt dabei eigentlich keine Rolle, mir gefällt "Lounge" ausgesprochen gut.
Warum die schwedischen Black-Deather LORD BELIAL nie einen großen Fuß auf den Szeneboden bekommen haben, ist nicht ganz nachvollziehbar. Zwar haben die drei Backelins noch keine echten Meilensteine auf ihrem Konto, im Gegenzug aber auch noch nie schwache Ware präsentiert, auf den letzten Werken schon mal gar nicht. Und diese Tradition wird mit "Revelation - The 7th Seal" fortgeführt, auf dem das Quartett insgesamt wieder etwas mehr Gas gibt als noch auf dem Vorgänger "Nocturnal Beast", der insgesamt zwar sehr stark, aber auf Dauer zu Midtempo-lastig tönte, was Kollege Heitmann in seinem Review auch sofort bemängelte. Stilistisch reicht man sehr nah an die Landmänner von NECROPHOBIC heran, die auf ähnliche Weise hymnischen, melodischen Black Metal mit Death Metal (oder umgekehrt) anreichern. Die Mischung stimmt einfach, aber genau hier befindet sich auch die Achillesferse von LORD BELIAL: vergleicht man "Revelation" etwa mit dem aktuellen, göttlichen "Hrimthursum" der Kollegen, so wird dieser Pegel und diese unglaubliche, mitreißende Songwriting-Qualität nicht ganz erreicht. Zudem wurde das Album von Andy LaRocque (KING DIAMOND) nicht optimal und irgendwie blechern-kraftlos-dröge produziert, was starken Songs wie "Ancient Splendor", "Aghast" oder "Unspoken Veneration" Einiges an Durchschlagskraft nimmt. So ist "Revelation" eine sehr gute Scheibe mit einer exquisiten Verknüpfung schwarzer und todesbleierner Welten, die zwar ihren Vorgänger knapp übertrumpft, sich insgesamt aber nicht mehr für den "Tipp" qualifiziert, wobei ich mir sicher bin, dass LORD BELIAL hier noch nicht am Ende ihres Potentials angelangt sind.
Ich habe keinen Plan, warum MEGADETH im Gegensatz zu ihren ewigen Erzrivalen METALLICA seit Jahren in Presse und Fanlagern mit Exkrementen beworfen werden. Geht man einfach mal analytisch an die Sache ran und vergleicht das Schaffen beider Bands in den letzten zehn, zwölf Jahren miteinander, so stellt man fest, dass Dave Mustaine und Co. zwar nicht gerade mit Klassikern um sich warfen, aber richtige Ausfälle der Marke "Load", "S&M" oder "St. Ärger" auch nicht im Programm hatten. Und während man bei den "Stars" METALLICA immer noch auf das nächste geilste Album aller Zeiten warten darf, servieren uns MEGADETH nach ihrem schon starken "The System Has Failed" eine neue Wundertüte, die durchaus über weite Strecken an große Werke der Marke "Peace Sells…", "Rust In Peace" oder "So Far, So Good,… So What" erinnert. Richtig prägnant sind dabei die von Jeff Balding und Andy Sneap herrlich rotzig, krachig und fett in Szene gesetzten, MEGADETH-typischen Gitarren, der ebenfalls richtig schön punkige "Sprech"-Gesang von Dave und allgemein die Attitüde, wieder alle Vorzüge dieser wegweisenden Band einzufangen, was hervorragend gelungen ist. Und nach zwei, drei Hördurchläufen kristallisieren sich auch die fast durchweg sehr starken Songs heraus, wie zum Bleistift der superbe Opener "Sleepwalker", das mit geilen Melodien eingeleitete "Washington Is Next!", "Never Walk Alone… A Call To Arms" (mit der viel sagenden Textzeile "I love you when you´re still hating me!"), der mit Sprachsamples ausgestattete und daher leicht an MINISTRY erinnernde Titelsong, das ungewöhnliche, wenn auch gewöhnungsbedürftige, von der Serie "24" inspirierte "Amerikhastan" oder der zusammen mit Cristina Scabbia (LACUNA COIL) neu aufgenommene Band-Klassiker "A Tout Le Monde", die zumeist Kritik am US-System thematisieren. Hätten sich gegen Ende nicht auch ein paar nicht ganz so prägnante Stücke wie die vor sich hin plätschernden "You´re Dead" und "Burnt Ice" eingeschlichen, würde ich den "Tipp" genauso rausrotzen wie Dave hier einige seiner besten Songs seit Ewigkeiten. Für MEGADETH-Fans ist "United Abominations" nicht nur ein musikalischer Befreiungsschlag, sondern auch die heimliche Messlatte für ein demnächst erscheinendes Album einer in der Gegenwart völlig überbewerteten Band…
Die im Rhein-Neckar-Raum beheimateten EVERBLAME legen mit "Sina" ihr zwischen Alternative Rock, Crossover und Metal-Anleihen liegendes Debüt vor. Das Trio spielt dabei meist recht gelungen mit der Genreüblichen Variationen von Tempo und Laut-Leise-Dynamik ohne neue Türen aufzustoßen. Gitarrist und Sänger Raphael Isenhuth, Bassist Florian Rohlf und Drummer Tobias Heidinger machen ansonsten auch sonst nichts groß verkehrt. Der Mix aus schnelleren ("Guatemala" rockt flott nach vorne oder dem Rock’n’Roller "French Quarter"), rhythmischen (wie der Opener "Next", das kurze, recht heftige "The Widow" und "The Junction Zone") und ruhigeren, emotionalen ("Somewhere Else" mit Creed-Feeling) Stücken passt schon. "Call Me Your Hell" erinnert dabei fatal an die ehemaligen Szenegröße von den H-Blockx. Das Ganze mit fettem Gitarrensound, guter Rhythmusfraktion und ordentlichem, aber manchesmal doch etwas Tiefe vermissenden Gesang. Aber ob das für EVERBLAME in der Menge ähnlich gelagerter vor allem aus Nordamerika kommenden Bands, ausreicht darf bezweifelt werden (bei Platzhirschen wie Godsmack, Saliva, Disturbed, Sevendust & Co. um nur mal die Zielgruppe zu nennen). Ein (zumindest lokaler) Achtungserfolg wäre dem Trio aber echt zu gönnen. Gut aufgemacht geht auch die Produktion des Debüts in Ordnung, aber mit gerade mal einer halben Stunde Spielzeit ist das Teil nicht gerade üppig ausgefallen. Denke das EVERBLAME wohl vor allem Live wirken und sich so ihre Fans erspielen müssen - alleine mit "Sina" wird es wohl nicht gehen.