PATH OF NO RETURN haben nach ihrem Debüt einen neuen Sänger rekrutiert, der auf den Namen Patrik Jakobsson hört. Wie nach solchen Wechseln üblich, stellt sich die Frage, wie groß der Einfluss des Neuen auf das Songwriting war - Fakt ist, dass "The Absinthe Dreams" komplexer und vertrackter als sein Vorgänger ist, wodurch die Schweden eine eigenständigere Note entwickeln, als es noch auf ihrem 2005er Release der Fall war. Jeder Song ist dabei eingängig genug, um den Hörer bereits beim ersten Hördurchlauf zu fesseln und gleichzeitig so komplex, dass immer neuen Details entdeckt werden können. Die verbindung aus durchschlagender Aggression und gleichzeitiger Komplexität ist das wahre Kunstück der Scheibe geworden - nur wenige Bands schaffen es, beides so gelungen zu verbinden, wie das hier der Fall ist. Der Gesang des Neuzugangs passt dazu wie die berühmte Faust aufs Auge und ist deutlich variabler als der des Vorgängers. Alles in Allem eine verdammt gute Core-Scheibe, die einiges an Zeit voraussetzt, aber dann um so stärker zündet. Wer Hardcore abseits von schnödem Geballer sucht, ist mit "The Absinthe Dreams" bestens bedient.
Eigentlich dürfte das neue Werk der Esten MUST MISSA nur als Vinyl verkauft werden dürfen, so old-schoolig wie die Truppe zu Werke geht. "Martyr Of Wrath" ist eine einzige Hommage an die (guten alten) 80er Jahre, als Metal noch Metal war und man mit simpel gestrickten Songs Millionen Hörer für sich gewinnen konnte. Fragt sich allerdings, ob das heute anders ist. Wie dem auch sei, MUST MISSA geben in den acht Songs ihres neues Albums anständig Gas, die Gitarren braten und der Gesang ist herrlich räudig. Beim Drumming wäre etwas mehr Abwechslung nicht schlecht gewesen, aber immerhin treibt der Mann am Kit die Songs gut an. Wirkliche Highlights finden sich allerdings nicht, Totalausfälle aber auch nicht, so dass "Martyr Of Wrath" im Mittelmaß bleibt. Fanatische Old Schooler sehen das womöglich anders...
Der schwedische Underground ist voll von guten Bands, bekanntlich nicht nur aus der Schwedentod-Ecke, sondern auch etliche Retro und Rock’n’Roll-Acts bereichern die dortige Szene. Bereits der Bandname THE MOST FABULOUS SOULSHAKE EXPRESS ist bei dem Quintett Programm. Das Debüt "Heavy Music” (zuvor gab es 2005 die EP "The Soulshake Express") klingt demnach genau nach dem, was man in den Good Old Sixties als Heavy titulierte - eine Mischung aus Hard Rock, Blues und Rock’n’Roll mit einem ordentlichen Groove, Funky-Sprengsel und dem unverzichtbaren warmen Orgelsound - kurz gesagt: einem Hurra auf die Siebziger. Anspieltipps: der gut nach vorne gehende Rocker "Woman Like You”, das ebenfalls flotte, als Clubhit durchaus vorstellbare "Little Lover", der eher entspannt daherkommende Track "I Don’t Mind” und das stampfende, mit leichten CCR-Gitarren-Anleihen versehene "Gypsy Daughter". Das man mit David Eriksson dann auch noch einen Sänger an Bord hat, welcher mit seinem rauen Organ die Mischung aus fast gesprochenen, clean gesungenen und manchesmal heiser gegrölten authentisch rüberbringt. Das es dabei über die Spielzeit nicht immer Neues zu entdecken gibt, wird durch Spiellaune wett gemacht. THE MOST FABULOUS SOULSHAKE EXPRESS klingen also ehrlich Retro, machen trotz etwas limitierten Stilmittel Spaß und sollten so vor allem auch Live überzeugen. Die Schlaghosenfraktion weis bescheid.
José SANCHEZ, in Schweden lebender Chilene kommt bei seinem selbstbetitelten Solo-Debüt mit einem durch und durch vom Rock der Achtziger geprägten Album daher. Wo es aber auf "Sanchez" von Anfang an krankt - das komplette Material ist (zu) einfach zu konsumieren. Obwohl es zwischendurch auch ganz gut rockt, will die Scheibe nicht so recht in die Gänge kommen. Dabei hat der ehemalige FIERCE CONVICTION Sänger seine Mixtur aus AOR, Hard Rock und leichten Los Angeles Glam-Anleihen mit musikalisch respektabler Mannschaft eingespielt, so dass am handwerklichen wie am produktionstechnischer Ausführung es nichts groß zu mäkeln gibt. Aber bereits das eröffnende Duo aus "I’m In Love" und "Hot Lips" bedient sämtliche Vorurteile gegen den Hairsprayrock vergangener Tage - zu vorhersehbar das Ganze. Mit der recht gefühlvollen Ballade "Don’t Treat Me Like A Fool" (das es als Bonus auch noch in einer spanischer Version gibt), dem kurzen und flotten Rocker "Bad Boys", das eher harte "Lies" und dem eingängigen "The Runner!" sind aber gute Ansätze vorhanden. Ansonsten bietet "Sanchez" einfach zu wenig um in der gar nicht mal so kleinen Veröffentlichungsflut ähnlicher Bands heraus zu stechen. Interessierte können trotzdem mal bei SANCHEZ lauschen: auf MySpace gibt es mit "Bad Boys" und "The Runner!" zwei der genannten Songs zum reinschnuppern.
Ein Haufen junger Schweden haben sich zu ZONARIA zusammengetan, um offenkunding einem Landsmann zu huldigen: Peter Tägtgren. Vom ersten bis zum letzen Song klingt "Infamy And The Breed" wie ein einziger langer HYPOCRISY-Song. Handwerklich gut gemacht, sehr druckvoll und wuchtig wird das aus den Boxen gedrückt - aber leider bleibt dabei die Abwechlsung auf der Strecke. Auf Dauer geht der Band die Puste aus und die Ideen werden spärlicher, so dass sich zum Ende hin beim Hörer das große Gähnen breitmacht. Da hilft der auch cleane Gesang nicht. Für ein Debüt ist "Infamy And The Breed" ganz ok, beim nächsten Mal müssen sich ZONARIA aber verstärkt auf eigene Ideen setzen und im Songaufbau abwechslungsreicher zu Werke gehen.