Wenn eine Band die beiden FEAR FACTORY-Recken Christian Olde Wolbers und Raymond Herrera in ihren Reihen hat, horcht die Ü30-Generation auf, könnte hier doch ein neues „Demanufacture“ anstehen. Immerhin hat jeder vor 1980 Geborene dieses Album unter Garantie im Schrank stehen. Verstärkt um zwei Leute von THREAT SIGNAL machen sich Wolbers und Herrera daran zu zeigen, was ohne die andere FEAR FACTORY-Hälfte möglich ist. „Awakening“ ist schon ziemlich old schooliger FEAR FACTORY-Stoff, an dem Sänger Jon allerdings scheitert und das Verlangen nach Burton Bell groß werden lässt. „Beneath The Shades Of Grey“ hat das typische Rifffing und zeigt den Herren hinter den Drums in Bestform, was den Song direkt in die Beine gehen lässt. Insgesamt sind alle Songs klar von FEAR FACTORY beeinflusst, ergänzt um modernen Kram wie (wenig überraschend) THREAT SIGNAL. Aber es wird leider deutlich, dass Wolbers und Herrara nicht die Songwriting-Fähigkeiten des dicken Dino und Mr. Bell aufwiegen können, zuviel Material von „Years In The Darkness“ ist nur ganz nett, aber nicht mehr. Ein Geniestreich wie die frühen FEAR FACTORY-Werke ist das Album nicht, kann aber immerhin mit den späteren Werken mithalten und wird für Jungspunde, denen die Verbindung zu den frühen Werken fehlt, als interessantes Modern Metal-Album durchgehen. Wie so oft bei einer Band mit prominenten Mitgliedern kann dieses Album nicht an die Großtaten vergangener Zeiten heranreichen, hätte ohne diese Mitglieder aber auch nicht eine so hohe Erwartungshaltung zu erfüllen.
AS YOU DROWN kommen zwar aus Schweden, orientieren sich aber nicht an einheimischen Größen, sondern setzen auf modernen Death Metal und sind damit näher an BRING ME THE HORIZON als an ENTOMBED. Was die Bande auf „Reflection“ abliefert, geht soweit auch in Ordnung und ist ein anständiges Stück modernen Totmetalls, hat zum Ende hin aber Schwierigkeiten, den Hörer bei der Stange zu halten. Denn auch wenn sich AS YOU DROWN um Abwechslung bemühen, klingt die Chose doch relativ gleich, was neben dem auf Dauer zu eintönigen Gesang am wenig spektakulären Aufbau der Songs liegt, die zudem kaum Parts enthalten, die wirklich im Ohr kleben bleiben. Für ein Debüt geht „Reflections“ in Ordnung, für Album Nummer Zwei müssen sich die Schweden aber noch steigern.
FUSION OF SOULS sind (auch wenn das Bandlogo ziemlich an NEGATIVE erinnert) eine Gothic Metal-Kombo aus deutschen Landen, die sowohl eine Sängerin als auch einen Sänger in ihren Reihen hat. Mit "The Dark Gates Of Heaven" hat die Band ihr erstes, in Eigenproduktion entstandenes Album am Start. Der Opener "The Last Judgement" erinnert stark an NIGHTWISH, nicht zuletzt aufgrund des Zusammenspiels von glockenklarem weiblichem Gesang und vereinzelt eingestreuten härteren männlichen Gesangsparts. Etwas deplaziert wirken dagegen die Growls bei "The Blood Of My Heart", die einfach nicht zu Melanie Blitzers elfengleichem Gesang im Refrain und der durchgängig melodiösen zweiten Hälfte passen wollen. Da sind das elegische "Complete Misery" und "Evergreen" weitaus stimmiger, auch das Duett "Winterdream" ist sehr hübsch geraten. Bei "Two Souls" übernimmt Christoph Perchthaler das Mikro, wobei der Song etwas mehr Pep hätte vertragen können. Solides Genrefutter, falls mal ein Kompromiss zwischen Female Fronted Gothic Metal- Anhängern und Dunkelrockern, die männlichen Gesang bevorzugen, erforderlich ist.
PHOENIX EFFECT ist das neue Projekt von Ex-SUNRISE AVENUE-Gitarristen Janne Kärkkäinen. Um es kurz zu machen: PHOENIX EFFECT klingen überhaupt nicht wie SUNRISE AVENUE. Ein musikalischer Einfluss, den man dagegen sehr deutlich hört, ist Jannes Bewunderung für die Kollegen und Landsmänner POETS OF THE FALL, die zum Songwriting hinzugezogen wurden und auch bei Produktion und Backgroundgesang mitmischen. Deren musikalische Handschrift zieht sich quer durch "Cyanide Skies" (besonders deutlich hörbar zum Beispiel bei "Carry Me" "Bye Bye Arizona" und "King See No Evil"), und man muss sagen, herausgekommen ist dabei ein wirklich schönes, rundes, eingängiges Album, das ausgereifter klingt, als der Sound, den man von den Ex-Kollegen von SUNRISE AVENUE kennt. PHOENIX EFFECT beweisen ein Händchen für Melodien und einen harmonischen Gesamtklang, und haben eindeutig das Zeug dazu, sich eine ordentliche Anhängerschaft zu erspielen- auch wenn das Album zur Zeit nur in Finnland erhältlich ist. Aber das dürfte eigentlich nur eine Frage der Zeit sein.
WITCHBREED sind das neue Projekt des Ex-MOONSPELL-Bassisten Ares, und mit dem Klischeebild, das man von in düsteren Gefilden Bands mit Frontfrauen hat, hat die Band ziemlich wenig am Hut. Verträumt ist hier wenig- WITCHBREED fahren nicht nur in instrumenteller Hinsicht ziemlich harte Bretter auf, sondern auch der Gesang von Sängerin Ruby drückt oftmals ziemlich auf die Tube. Das beginnt schon mit dem überaus druckvollen "Symphony For The Fallen" und zieht sich als roter Faden durch praktisch das ganze Album. Leider ist das ganze auf Dauer aber doch etwas eintönig geraten, da sich - Druck und gute Stimme hin oder her- die meisten Songs in ihrem Stakkato-Rhythmen doch stark gleichen und letztendlich nicht im Gedächtnis hängen bleiben. Überragende Ausnahme bildet der das Album abschließende Track "Heretica", der gänzlich aus dem restlichen Albumrahmen herausfällt. Nur mit Gesang, Chor und rhythmusgebenden Percussions im Hintergrund gibt das mittelalterlich anmutendende und sehr stimmungsvolle Lied Ruby Gelegenheit, ihre Stimme zur Abwechslung mal in anderer klanglicher Umgebung unter Beweis zu stellen. Noch etwas mehr davon hätte dem Album sicher gut getan.
SANCTIFICATION setzen sich aus ehemaligen Mitgliedern von IN BATTLE plus GOD AMONG INSECTS-Tomas und Masse "Emperor Magus Caligula" Broberg (DARK FUNERAL) zusammen, die anscheinend alle Bock auf brutalen Death Metal hatten. Also schön den Klassikern gelauscht, ein paar Songs geschrieben und ab zu den Tägtgren-Brüdern in Studio, fertig. „Black Reign“hat allerdings noch den alten Basser am Gesang, Herr Broberg kam erst später hinzu, hat aber ein schweres Erbe anzutreten, denn die Growls auf „Black Reign“ sind erste Klasse und passen wie Arsch auf Eimer zum mächtig schweren, mächtig groovenden Songmaterial. Im Stile alter Florida-Helden prügeln sich die Schweden durch die neun Songs, wobei sie immer wieder ihre eigenen Wurzeln einbringen und den Songs so den letzten Kick geben. Hier liegt der Fokus klar auf Death Metal, der gleichzeitig brutal wie groovig sein soll, ganz wie AEON (aka DEFACED CREATION) es auch machen. Unter den neun Songs gibt es keinen Ausfall, was angesichts der Routine der Beteiligten auch nicht zu erwarten war. So gibt es keinen Grund für Death Metal-Fans, „Black Reign“ im Regal stehen zu lassen, im Gegenteil!
Mit THE WANTED haben wir eine Band am Start welche (wieder mal) dem angesagten Göteborg-Sound frönt und demnach unter anderem IN FLAMES und die CHILDREN OF BODOM zu ihren Faves zählen dürften. Das Quintett aus dem bayrischen Cham bedient aber im Vergleich zu manch anderer der zahllosen Combo des melodischen Death Metal ihre Kundschaft gekonnt und vor allem auch gesangstechnisch mit Schmackes – will meinen: THE WANTED schreiben auf ihrem Debüt „The Scarcollector“ neben eingängigem Material und den unvermeindlichen Clean-Vocals das DEATH doch noch recht groß. Kompositionen wie der Mid-Tempo Stampfer „Reflection“, dem aggressiv flotten „Losing The Line“ oder auch dem interessanten „Trial Of Strenght” kann sich der geneigte Banger also ruhig mal als Anspieltipp reinziehen. Wer also auch mal einheimischen Bands eine Chance geben möchte und nicht ausschließlich gen Norden schielt, könnte bei THE WANTED durchaus fündig werden.