Dan Yemin und seine PAINT IT BLACK-Kollegen machen auf der „Amnesia”-EP klar, dass bei ihnen noch lange keine Ruhe eingekehrt ist und es noch genug Themen gibt, die einer Hardcore-Band anno 2009 Stoff für Texte liefern. Wie gehabt tief im ursprünglichen HC/ Punk verwurzelt, rotzen PAINT IT BLACK die ersten vier Songs jeweils in unter zwei Minuten raus, mit kritischen und ehrlichen Texten, die zum Nachdenken anregen und sich von dem abheben, was bei vielen anderen Combos vom Stapel lassen. Soweit so gut, so weit so erwartet – die Überraschung der EP ist der abschließende Song „Bliss“, der mit 3:32 Minuten nicht nur einen bandeigenen Rekord in Sachen Dauer aufstellt, sondern auch eingängiger (fast schon melodisch) ist als gewohnt. Wenn sie wollten, könnten PAINT IT BLACK also auch richtig massenkompatibel klingen, aber das wollen (hoffentlich) weder sie noch ihre Fans. „Bliss“ ist ein ziemlich guter Song, die Marschrichtung geben aber die ersten vier Songs vor, in denen die Band so roh, wütend und ungestüm ihren Weltschmerz herausbrüllt, dass es eine Freude ist.
Rogga is back, diesmal hat er unter dem PAGANIZER-Banner ein paar Songs aufgenommen. So wirklich blickt wohl nur er, warum dieser und jener Song bei PAGANIZER, DEMIURG oder RIBSPREADER erscheinen muss, old schooligen Death Metal der schwedischen Sorte bieten alle seine Projekte. Gleich 16 Songs hat er diesmal zu einem Album zusammengestellt, da gerade zu Beginn viel Freude macht, der Titelsong, „Colder“ und „Thule In Flames“ sind richtig gute Death Metal-Songs, die den Spirit der 90er verbreiten und so nicht besser von keiner anderen Combo geschrieben werden könnten. Der Mann weiß mittlerweile einfach, wie ein guter Song zu klingen hat, wie die Gitarren am effektivsten das Schwedentod-Feeling vergangener Tage heraufbeschwören und wie er als Sänger growlen muss. Leider gehen ihm im weiteren Verlauf die Ideen aus, zum Ende hin kommt immer wieder das Gefühl auf, dass so manche Idee zweimal verwurstet wurde – weniger wäre hier mehr gewesen. Wäre „Scandinavian Warmachine“ nur halb so lang, wäre es ein knackig-kurzes gutes Album geworden, so zieht es sich zu sehr in die Länge. Old School-Freaks bekommen hier aber trotzdem eine gute Portion ehrlichen Death Metals und werden mit dem Scheibchen ihre Freude haben.
AIRBAG aus Norwegen orientieren sich stark am atmosphärischen Sound der Übervater von PINK FLOYD, wobei sie ihre Spielart des progressiven Rocks mit etwas Pop und Neo-Prog unterlegt haben – die sanft-gefühlvolle Stimme von Sänger Asle Tostrup verstärkt diesen Eindruck noch. Die Verwandtschaft zu den leisen Tönen von ANATHEMA bis PORCUPINE TREE ist ebenfalls durchaus deutlich zu vernehmen – den Anspruch jener Bands gibt sich das Debüt „Identity“ nicht. Dafür deren melancholische Grundstimmung, zusammen mit Gilmour-Soli und sphärischen Keyboardklängen. ARIBAG setzen also eher auf Entspannendes als auf gewollt Komplexes, demzufolge bewegt sich das Album auch fast ausschließlich auf ruhigen Pfaden und eignet sich hervorragend zum chillen und davongleiten. Und obwohl „Identity“ zwischendurch auch mal ein Ausbruch gut tun würde und AIRBAG eine eigene Identität erst ansatzweise erkennen läßt, kann man von einem gelungen Debüt sprechen.
BURY ME DEEP – das sind Michelle Darkness (Gesang, Gitarre), Leshi Love (Gitarre), Pain Pianowski (Bass) und Carl Lost (Schlagzeug) - oder auch END OF GREEN und DIE FUGE (praktisch die Vorgängerband von BURY ME DEEP). Mit „Nearly Deep“ frönen sie einer düsteren Traurigkeit welche aber immer noch weis, das neben Gothic hier auch noch das Rock steht. So klingt auch schon der Opener „Cobalt Blue Night“ nach einem Aufeinandertreffen der SISTERS OF MERCY, THE CURE und CULT und natürlich nach der einprägsamen TYPE O NEGATIVE-Stimme von Michelle Darkness. Aus diesen Zutaten sind dann auch die anderen Kompositionen gestrickt; wobei man triefende Melancholie gekonnt umschifft, eher auf atmosphärische Dunkelheit setzt ohne einen gewissen Druck zu verlieren und melodiesicher sich schon mal ins Epische fallen lässt. Das BURY ME DEEP dabei schon mal recht Airplay-orientiert klingen (man nehme nur das coole „The Pain“, den flotten Hit „Vampire's Empire“ oder das einfach nur schöne „Like Little Souls“) sei verziehen – zu schön lässt sich zu „Nearly Deep“ des Nachts schwelgen.
BLOODLINE SEVERED vermengen von Metalcore über Death Metal bis Alternative so ziemlich alles – Clean Vocals in Wechsel mit Growls und Gekeife inklusive. Das Quartett aus North Caroline offenbart dabei aber eine überraschende Eingängigkeit und eine bereits recht ausgereifte moderne Progressivität. Als Anspieltipp seien mal der hammermäßige Ohrwurm „A Visioned Revealed” (US-Stadion Rock trifft Göteborg), das mit Feinheiten und klasse Gitarrenparts gespickte „Silhouette Of Doubt”, das breaklastige „Solemn Goodbye” und das abwechslungsreiche, von Riffs und dominierte, mit doomigen Parts versehene und mit weiblichen Vocals angereicherte „Fear Of Reality“ genannt. Das die Band bereits 5 Jahre Bühnenpräsenz aufzuweisen hat und weis was geht hört man. Und das man das Teil erst mal komplett selbst einspielte, bevor man an Bombworks geriet spricht ebenfalls für die Ursprünglichkeit von BLOODLINE SEVERED. „Visions Revealed” ist ein hoffnungsvolles Debüt für Musikfreunde ohne Scheuklappen.
Mit MOLOTOV SOLUTION haben Metal Blade eine weitere Band unter Vertrag genommen, die sich der Metalcore-Variante des Death Metals verschrieben haben (Deathcore als dümmste Genre-Bezeichnung gibt es nicht). Der Metal Blade-Einstand fängt gut an, „The Harbinger“ kann mit den ersten zwei Songs punkten, da hier nicht stumpf die Beatdown-Growls-Death Metal-Schiene gefahren wird. Aber leider bleiben die Jungs nicht dabei, sondern verfallen im Laufe der Scheibe in tausendmal gehörte Schemata, mit denen sie sich nicht mehr von der Konkurrenz unterscheiden, jeder Song bringt sie näher zur Belanglosigkeit. Dazu kommt ein grandios nervender Sänger, der zwar mit den Screams was retten kann („Monolilthic Apparatus“), aber in der Growl-Stimmlage nur noch auf die Nerven geht. Ergibt mit dem langweiligem Songaufbau eine Scheibe, die nicht wirklich überzeugen kann.