THE VOID’S LAST STAND sind eine äußerst ambitionierte Progformation aus Aachen und legen mit „A Sun By Rising Set“ ein gerade zwei Longtracks enthaltenes Album vor, welches auf den ersten Hör ratlos zurück lässt. Ein zweiter Durchgang kostet dann durchaus Überwindung und ist auch nur standfesten Proggies mit Hang zum Dissonanten und Open Mind zu empfehlen. Der Sound ist dabei Prog-Untypisch erdig und rau (was ja kein Fehler sei muss), der Gesang und die Gesangslinien mehr als gewöhnungsbedürftig, die instrumentale Spielfreude lässt sich freien Lauf und die Produktion kommt eher etwas dünn. Der erste Song, das über 25-minütige „Mother Sun And The Other Son (Part I)“ verquert dann schon alles was es landläufig im Rockbereich gibt, plus Funk, plus ... was weis ich .... dabei blitzen immer wieder neue Ideen auf, aber auch Belanglosigkeiten werden in den Kontext munter eingebaut. Gar nicht langweilig – aber oft auch etwas des Guten zuviel. Der zweite Song „Under The Ardent Sun“ (kommt auf fast 20 Minuten) wurde in kürzerer Fassung ja bereits 2008 als Demo veröffentlicht und gibt sich auch alle Mühe wenig auszulassen. Allerdings kommt er nicht so überfrachtet wie der Vorgänger daher und hinterlässt daher einen durchdachteren Eindruck. Schwer verdaulich, kaum vergleichbar – die Grundessenzen des Prog haben THE VOID’S LAST STAND durchaus verinnerlicht. Aber ohne gesetzte Ruhephasen für Hirn und Ohr und vor allem ohne einen etwas ausgeglicheneren Gesang (man könnte ja auch mit zwei Stimmen arbeiten) kommt einen „A Sun By Rising Set“ doch etwas überambitioniert und anstrengend vor.
Chris Amott, seines Zeichens Ausnahmegitarrist von ARCH ENEMY, gründete bereits 1997 die Band ARMAGEDDON (nur ein Jahr nach dem furiosen ARCH ENEMY Erstling „Black Earth“), welche mit ihrem Debüt „Crossing The Rubicon“, einer Mixtur von Death, Thrash und angelehnt am klassischem US-Metal sowie geilen Gitarrenparts Anno damals für kräftiges Aufsehen sorgte. Um so überraschender boten die beiden Nachfolger, das im Jahre 2000 erschienene Album „Embrace The Mystery“ und das zwei Jahre später veröffentlichte und sinnigerweise „Three“ betitelte dritte Album dann weniger heftige Kost und damit ein an sich anderes Bandkonzept – Amott kann zwar auch hier seine Wurzel ARCH ENEMY nicht verleugnen, tendiert aber klar gen melodischen Power Metal. Beide Alben, bisher offiziell nur in Japan erschienen, werden jetzt gemeinsam als Doppeldecker wieder veröffentlicht.
Die erste Scheibe „Embrace The Mystery“ lebt dabei nicht nur vom melodisch harten Gitarrenspiel und von dem an Dickinson erinnernden Gesang von Rickard Bengtsson (LAST TRIBE), sondern überzeugt mit durchgehend ausgereiften Kompositionen die sich ohne langweilig zu werden gut im Ohr festsetzen. Als Anspieltipp sei hier mal das leicht progressive „The Broken Spell“, das speedige Gitarrenstück „Cry Of Fate“ (mit schöner Verschnaufpause im Mittelteil) und der semiakustische Schlußsong „Grain Of Sand“ genannt. Als Bonusmaterial gibt es dann noch zwei Albumtracks in alternativer Proberaumversion und das düstere, rauer gesungene IRON MAIDEN Cover „Die With Your Boots On“, welches richtig gut kommt.
Den Nachfolger „Three“ sang dann Mr. Amott selbst ein; sein Gitarrenspiel steht hier noch weiter im Vordergrund. Durch Amotts Gesang klingt „Three“ noch mehr nach melodischen Power Metal als der direkte ARMAGEDDON-Vorgänger, er macht seine Aufgabe dabei überzeugend ordentlich. Die notwendige Heaviness wird dann mehr im instrumentalen Bereich erzeugt. Als Appetithappen darf man mal in das entspannt ruhige „Well Of Sadness“ und das ausgefeilte „Winter Skies“ reinhören. Hier kommen als Bonus dann noch das genannt gute „Winter Skies“ aus dem Proberaum, das Demo zu „Sands Of Time“ und das überraschend gut eingesungene MERCYFUL FATE Cover „Desecration Of Souls“ (vom Klassiker „Don’t Break The Oath“.
„Embrace The Mystery & Three” dürfte somit nicht nur für ARCH ENEMY-Fans eine schöne Sache nebenher sein – wenn man es dann mal weniger hart mag - wer auf melodisch harte Metalmucke an sich steht hat damit eine gute Gelegenheit über ARMAGEDDON die andere Seite des virtuosen Chris Amott kennen zu lernen.
Seit ihrer Gründung vor zehn Jahren haben sich die Bonner Spielmänner in der Mittelalterszene gut vorgekämpft und werden mitunter in einem Atemzug mit SALTATIO MORTIS (ebenfalls bei Napalm Records unter Vertrag) und SCHANDMAUL genannt. Um einen abschließenden Umstand daher gleich vorwegzunehmen: an den beiden großen Bastionen IN EXTREMO und den inzwischen etwas vom Kurs abgewichenen SUBWAY TO SALLY können auch SCHELMISH nicht kratzen, weder in Sachen Power noch Songwriting-Qualitäten. Aber einen schlechten Job macht die Band, die übrigens ihre Rock- und Mittelaltershows jeweils in unterschiedlichen Line-Ups spielt, deshalb noch lange nicht. „Die Hässlichen Kinder“ zeigt sehr viele Facetten dieser Formation, wobei allerdings auch ab und an gründlich daneben gegriffen wird. Der an Falcos „Out Of The Dark“ mit einer Prise OOMPH erinnernde Opener „Bist Du Bereit“, das textlich fast schon ONKELZ-mäßige „Boulevard“, der pseudo-lustige Titelsong oder das furchtbare „Blähsucht“ (so was entsteht, wenn der Texter gerade mächtig Wut auf seine Ex schiebt…) sind wirklich verzichtbar und zeigen, dass die Band (noch) nicht ganz treffsicher agiert. Dem gegenüber stehen allerdings mit dem treibenden, modernen „Überladen“, dem ordentlich rockenden, irisch tönenden „Too Late“, dem netten, wenn auch banalen Dudelsacksolo „For The Clansmen“, dem düsteren „1212“, dem elektronischen „Goresh“ (sehr cool!), dem locker-flockigen „Strangers“ oder dem nach vorne peitschenden „Mosaik“ (Highlight!) auch viele gelungene Stücke, die das Album sehr abwechselungsreich gestalten und beide stilistischen Seiten dieser Band gut beleuchten. Genre-Fans dürften an „Die Hässlichen Kinder“ also ihre Freude haben, auch wenn das Album noch Luft nach oben lässt.
Gut gemachter Crust ist irgendwie rar geworden, da ist es immer wieder schön, ein solide dreckiges Album wie „Fake Dimension“ von SIMBIOSE in die Finger zu bekommen. 13 Songs ehrlichen Crustcore ohne viele Schnörkel hauen die Portugiesen raus, haben dazu unter amderen Joao von RATOS DE PORAO im Studio gehabt (Ulf Bloomberg, der auch schon M40 veredelt hat). Auch wenn der Opener noch mächtig gradlinig auf die Zwölf gibt, macht „Fake Dimension“ spaß, zumal sich Songs wie „Auto-Estima“ als fast schon tanzbar-groovig entpuppen, einem unwiderstehlich guten Riff sei Dank. Natürlich gibt es auch gnadenlos heftige Attacken Marke „Sem Moral“, die jedem WOLFBRIDGADE/ DRILLER KILLER/ DISFEAR-Fan das Wasser im Mund zusammenlaufen lassen werden. „Fake Dimension“ ist eine Crust-Platte wie aus dem Lehrbuch und eines der besten Releases des Genres in der letzten Zeit.
Scott Kelly (NEUROSIS), Scott Wino Weinrich (THE OBSESSED, SAINT VITUS), Al Cisneros (OM, SLEEP) und Dale Crover (MELVINS) – das Line-Up von SHRINEBUILDER kann sich sehen lassen. Da sind die Erwartungen an das selbstbetitelte Debüt entsprechend hoch, aber mit dem Druck dürften die Herren locker fertig geworden sein. Fünf Songs haben sie für das erste SHRINEBUILDER-Kapitel aufgenommen, zumindest soll laut Promotext das Ganze keine einmalige Kollaboration sein, sondern ein langfristiges Projekt. Auf der Promo finden sich nur vier der fünf Songs, die es schon auf eine gute halbe Stunde Spielzeit bringen, in welcher schwerer, metallischer Rock geboten wird, was bei dem Background der Musiker wenig überraschend ist. Stellenweise haben die Songs einen leichten Jamsession-Touch, was sich in der Entstehungsgeschichte zeigt: in nur drei Tagen eingespielt und am Abend vor der Aufnahme das erste Mal zusammen geprobt. Das Ergebnis klingt dadurch frisch und trotzdem sehr gut aufeinander abgestimmt und ist mit einem erdigen, druckvollen Sound ausgestattet worden. Die Riffs sind sehr ruhig, immer wieder kommen doomige Seiten zum Vorschein, genauso wie sehr eingängige Melodien zu finden sind. Die Gleichung NEUROSIS + SAINT VITUS + MELVINS geht hier bestens auf. Die Songs haben den erwartet tonnenschweren Groove und pendeln zwischen fast schon simpel im Aufbau („The Architect“) bis zu detailliert („Blind For All To See“). Alle vier Beteiligten haben sich zudem am Mikro eingefunden, was viel Abwechslung in die Musik bringt, gerade Scott Kelly kann in „Blind For All To See“ aus einem guten einen sehr guten Song machen. Am Ende steht die Erkenntnis, dass SHRINEBUILDER das erwartet hochklassige Album geschrieben haben, das bei dem Line-Up zu erwarten war, ohne sich dabei zu sehr von ihren Wurzeln, ihren Bands zu entfernen. Wer mit den Bands was anfangen kann, wird mit dieser Platte glücklich werden.
Dieser Haufen aus Brooklyn serviert uns reichlich derbe Kost, die dem Hörer auch nach mehreren Durchläufen schwer im Magen liegt. Insgesamt ein gutes Dutzend Musiker wird auf der „Myspace“-Seite von A STORM OF LIGHT aufgeführt, von denen die meisten auch an „Forgive Us Our Trespasses“ mitgearbeitet haben. Und mit Vielschichtigkeit und Atmosphäre wird nicht wirklich gegeizt: der monumentale Klangbastard, den diese Truppe loslässt, erinnert mal mehr, mal weniger an apokalyptische Soundvisionäre wie NEUROSIS, epischere Geschichten von Devin Townsend, aber auch an die zerstörerischen Wutklumpen RED HARVEST. Inhaltlich geht es auf dem Album um die durch Industrie und menschliche Arroganz hervorgerufene Zerstörung der Erde, angelehnt an Alan Weismans „The World Without Us“ (2007 erschienenes Buch des 1947 geborenen, amerikanischen Autors und Journalisten). Nichts auf dem Album klingt in irgend einer Weise fröhlich oder aufbauend; das fast schon doomige Inferno erdrückt einen förmlich, was auch den größten Kritikpunkt an „Forgive Us Our Trespasses“ darstellt. Viele Passagen wirken fast schon (zu) lahm und dümpeln zwar intensiv, aber auch wenig mitreißend durch die Gehörgänge. Besonders der sehr monotone Gesang von Bandkopf Josh Graham wirkt mitunter geradezu einschläfernd. Mir ist bewusst, was die Band mit ihrem langsam walzenden Stil bezwecken will, und er passt auch sehr gut zur Message dieses Albums, doch strengt er auf Dauer sehr an – was wohl auch so gewollt ist. Als Anspieltipp empfehle ich das mächtige, hymnische „Tempest“, das einen ganz guten Überblick über diese sehr originelle Scheibe gibt, die zudem mit einem tollen, mit endzeitlichen Computergrafiken versehenen Booklet daherkommt, das aber leider keine Texte offenbart. Insgesamt trotz der Kritik sehr gelungen, aber garantiert nicht Jedermanns Sache!