Mein Kollege Memme fand die letzte Veröffentlichung des französischen Solo-Schwarzheimers AURVANDIL, die EP "Ferd", nicht allzu dolle, aber wenn ich mir "Yearning", das neue Album des inzwischen um Session-Drummer Wiedergänger verstärkten Projektes, anhöre, kann ich Memmes Kritik nicht wirklich darauf übertragen. Der reduzierte, räudige und zu keiner Zeit nach Härte- und/oder Hochgeschwindigkeitsrekorden strebende Black Metal alter Schule hat seine stilistische Heimat zweifellos im Norwegen der 90er Jahre, und BURZUM sind als großer Einfluss herauszuhören, aber AURVANDIL versteht es, durch gekonnte (nur leider mitunter viel zu langatmige) Akustikpassagen einen atmosphärischen Soundteppich zu erzeugen, der trotz der basischen Produktion eher die melodischer orientierten Genre-Fans anspricht. Als Anspieltipps empfehle ich mal die beiden sehr hörenswerten "End Of An Age" und "A Guide To Northern Scapes", die einen repräsentativen Überblick über "Yearning" geben. Am Ende steht eine gute Black Metal-Scheibe, nicht mehr, aber auch nicht weniger, die außer ein paar übermäßiger Längen und einem etwas zu verwaschenen Sound (der die Zielgruppe aber sicher nicht stören dürfte) keine großen Angriffsflächen bietet. Kein Highlight also, aber auch beileibe keine Ausschussware!
Etwas lieblos gestaltet kommt das Albumcover von ETILIST "Fear In A Handful Of Dust" daher. Ein gezeichneter Baum mit einer eingewachsenen Hand, bei der man die Finger teilwesie abgeschnitten hast. Hier und da ein umgedrehtes Kreuz und Äste, die wie Spieße aus dem Stamm ragen. Nunja, Lust auf das Album macht das Artwork also gerade nicht. Nach dem Einschieben der Silberscheibe bin ich jedoch sehr überrascht, was sich da aus den Boxen rausdrückt. ETILIST spielen in der Regel langsamen Death Metal, der aber eine völlig eigenständige Note hat. Man erzeugt einen düsteren sehr rau produzierten Klangteppich, bei dem nicht Riffs im Vordergrund stehen oder Melodielinien, die man immer wieder zu hören bekommt, sondern eine noisige Atmosphäre, die durch langezogene Schreie und dem Gekreische von Sänger Joshua Greene überdeckt wird. Das klingt nun nicht gerade attraktiv, schafft aber eine unheimlich intensive Atmosphäre, die einen packt und bis ins Mark erschüttert. Wollen viele Death- oder Blackmetal Bands düster klingen und schaffen dies letztlich doch nicht, so sind ETILLIST tatsächlich eine schwer verdauliche Kost, die man nicht so eben mal nebenbei hören kann. Zu kompliziert ist der Songaufbau, zu intensiv ist der Sound, mit dem die Band ihre Songs an die Wand nagelt. Einzelne Songs herausgreifen ist hierbei unmöglich. Man möchte der Band eigentlich vorwerfen, fast nur den gleichen Song immer wieder zu spielen, was jedoch nicht geht, da man das Album als eine Art Gesamtwerk auf sich wirken lassen muss, das viele Facetten hat, aber seinem Stil stets treu bleibt. Es verbleibt eine bleischwere, intelligente Death Metal-Scheibe, wie ich sie noch nie gehört habe. Mit einer solchen Musik stürmt man nicht die Charts, schafft sich aber bestimmt einen treuen Fankreis. Wer sich hierfür interessiert, sollte auf der Website der Band in die Songs hineinhören, bevor er zuschlägt.
Die im Jahre 2003 gegründeten LOONATARAXIS haben einen nicht einfach auszusprechenden Bandnamen und spielen laut Flyer "New School Crossover". Nach dem Debutalbum "This Boy Is A Crying Shame" kommt nun der Nachfolger "Up Here" in die Läden. Optisch macht die Scheibe einen sehr guten Eindruck. Neben dem gelungen Coverartwork erstaunt mich die CD, die nicht nur wie eine Schallplatte gestaltet ist, sondern sogar die Riffelung einer solchen besitzt. Musikalisch bewegt man sich wie beim Crossover typisch in verschiedenen Musikrichtungen. Die Musik ist sehr energiegeladen, spielt mit dem Tempo und dampft letztlich richtig gut durch die Boxen. Vergleiche mit SYSTEM OF A DOWN, RED HOT CHILI PEPPERS oder TURBONEGRO darf man sicherlich anstellen. Dabei macht die Band eine wirklich gute Figur. Die beiden Tracks "Quicksand", "The Brain" und "Emodesign" sind dabei die Zugpferde des Albums, wobei auch das restliche Material das hohe Niveau halten kann. Die CD ist sauber produziert, was nicht verwundert, da man erfahrene Leute hinter das Mischpult gesetzt hat. Positiv aufgefallen ist mir auch der Einsatz des Basses, der z.B. bei der ruhigeren Nummer "Go Down" oder bei "Twin Face" eine dominante Rolle spielt und sofort ins Ohr geht. Mit "A Single Second" gibt es noch eine balladeske Nummer, wobei der Rest des Albums gut aufs Gaspedal drückt. Dass die Scheibe besonders gelungen ist, verdankt die Band nicht zuletzt dem Sänger Till Herence, der durch seine gesangliche Vielfalt den Songs einiges an Leben einhaucht. Daumen hoch!
Die 2010 gegründeten ILLUCINOMA kommen aus Amsterdam und legen mit ihrer gleichnamigen Drei-Song-EP einen Appetithappen auf künftige Werke des Quintetts in klassischer Besetzung (zwei Gitarren, Bass, Sänger und Schlagzeuger) vor. Leider bleibt mir dieser Happen doch etwas im Halse stecken, denn die EP plätschert an mir recht belanglos vorbei und fängt bei mehrmaligem Hören an zu nerven. Ein Lob gilt allein der Gitarrenarbeit, die sehr abwechslungsreich und typisch progressiv verspielt sich durch die vielen Riffs der dre Songs arbeitet. Gesanglich kann ich mit der Band auf gar keinem Nennen kommen. Sänger Joram Bronwasser klingt ähnlich wie Mille von KREATOR, leider nur schlechter. Sein Gesang quält sich durch die 3 Songs und ist dabei zum Einschlafen eintönig. Sieht man von den stellenweise gute Ansätze zeigenden Gitarrenriffs ab, so verbleiben oft komplexe Songstrukturen, die bei den drei Tracks, die alle gut fünf Minuten Länge aufweisen, mehr Verwirrung als Freude bringen. Sorry, ich kann mit der Musik nicht viel anfangen und glaube auch nicht, dass die Band eine musikalisch bedeutsame Zukunft haben wird. In erster Linie sollte man am Gesang arbeiten, so dass insgesamt zu hoffen bleibt, dass die Band sich irgendwann in besserer Form präsentiert.
TRAINWRECK haben mit „If There Is Light It Will Find You” gut zwei Jahre nach ihrem letzten Album neues Material am Start, das in Form einer EP daherkommt und neben einem Intro vier neue Songs bietet. Die klingen beim ersten hördurchlauf noch nach gewohnt brachialer TRAINWRECK-Kost, entpuppen sich aber mit jedem Durchlauf als intensiver und atmosphärisch dichter als das bisher bekannte Material der Band um GLASSES-Marc, da die den Songs innewohnende Melancholie öfter unter dem brachialen Grund-Sound hervorblitzt. TRAINWRECK verstehen es, die Balance zwischen ungezügelter Wut und leiser Melancholie zu halten, genau wie sie beim Songwriting immer im richtigen Moment das Tempo drosseln („Smaller And Smaller“), der Melodie an sich kurzzeitig mehr Raum geben („Thorns And Shroud“) und mit „Piano Gigante“ punkiger als je zuvor klingen. „If There Is Light It Will Find You” ist das bisher ausgereifteste TRAINWRECK-Material und wird jeden Hörer sprachlos zurücklassen. Feine EP! (lh)
Die Schweden GRAVEYARD kann man ohne Zweifel als DIE Rock-Sensation des letzten halben Jahres bezeichnen. Ihr zweites Album „Hisingen Blues“ hat im Frühjahr mächtig Staub aufgewirbelt, für ausverkaufte Konzerte, überschwängliche Besprechungen und sogar einen ersten Platz in den schwedischen Album-Charts gesorgt. Dabei ist ihr Sound weder neu noch innovativ. Vielmehr wird sich schamlos an den 70s bedient, namentlich bei Bands wie LED ZEPPELIN, BLACK SABBATH und den STONES. Das aber machen die vier Göteborger so gut, authentisch und mit so viel Seele, dass man alle Retro-Vorwürfe über Bord wirft und sich nur allzu gerne ihrem hypnotisch-bluesigen Groove hingibt. Mit „Graveyard“ hat Nuclear Blast jetzt das Debütalbum von 2007 wiederveröffentlicht, das bislang nur schwer erhältlich war. Wer auf „Hisingen Blues“ steht, wird auch diese Scheibe lieben. Hier ist alles schon da: die lässig-dreckigen Riffs, der soulige Gesang, die Dringlichkeit, der immer spürbare Druck. Am Sound wurde gegenüber der Erstveröffentlichung nichts geändert, und das ist auch gut so. GRAVEYARD klingen hier nämlich noch eine Spur rauer als auf „Hisingen Blues“, und das steht ihnen wirklich gut. Wem die neuere Produktion eher zu glatt klingt, sollte hier also auf seine Kosten kommen. Lediglich das scheußliche Cover wurde durch ein neues ersetzt – das allerdings ebenfalls ziemlich hässlich ausgefallen ist. Wie das nach dem grandiosen Artwork für „Hisingen Blues“ passieren konnte, ist mir schleierhaft. Aber eben, diese Scheibe sollte man hören und nicht ansehen. Und das macht wirklich ohne Ende Spaß.
BATTLECROSS geben mit “Pursuit Of Honor” ihren Labeleinstand, wofür sie auf Songs ihrer 2010er Scheibe “Push Pull Destrox” zurückgegriffen haben. Die elf Songs sind handwerklich gut gemacht, gerade die Gitarristen haben einiges auf der Pfanne, wobei sie ganz klar vom klassischen Metal geprägt sind. Durch die etwas schwammige Produktion kommen aber nicht immer alle Details ihres Spiels zur Geltung. Härter trifft das Bassist Don, der eigentlich einen richtig guten Job abliefert, dessen Details aber nur schwer aus dem Sound herauszuhören sind. BATTLECROSS hatten beim Einspielen der Songs aber dennoch hörbar Spaß, die Scheibe sprüht nur so vor Energie und Enthusiasmus, was zum sich nicht selbst ganz ernst nehmenden Thrash Metal wie Arsch auf Eimer passt. Nebem guten alten Thrash Metal Marke alte METALLICA haben sich auch CHILDREN OF BODOM mit ihrem ungestümen Spiel als Einfluss der Band erwiesen. Das Ergebnis lässt sich gut nebenbei weghören, hat aber zuwenig wirklich gute Songs, um langfristig zu fesseln. Die elf Songs sind gut, um eine Metal-Party zu beschallen und werden Live sicher gut abräumen, aber konzentriert zu Hause angehört, können sie weniger überzeugen. Es bleibt ein solider Labeleinstand, aber mehr nicht.
SOUL CONTROL haben ihre ganz eigene Nische im Bridge9-Stall gefunden, in der sie fröhlich vor sich hin nerden und sich Trends verweigern. Spätestens mit “Cycles” haben sie bewiesen, was für guter, von Mitt-90er Kram dabei rauskommen kann und was für fantastische Musiker sie sind. „Get Out Now“ zeigt die Weiterentwicklung einer Band, die sowieso nie lange an einem (musikalischen) Ort verweilt. Der Opener „Harvester“ ist die Verbindung zu „Cycles“, ja klingt gar wie ein Überbleibsel der Recording Session zum letzten Album, aber schon die folgende, sehr rockig gewordene Nummer „Peeling Layers“ zeigt die leichte Kurskorrektur im SOUL CONTROL-Sound an. Die Gitarren haben einen starken Stoner-Einschlag, der stellenweise um richtige Gitarrenwände erweitert wurde, während sich Shouter Rory stark von REFUSED beeinflusst zeigt und sein Aggressionslevel ein wenig zurückgefahren hat, was sich in erstklassigen rockenden Songs äußert („Slipping“). Gleichzeitig behalten SOUL CONTROL die Hardcore-Einflüsse im Songwriting und beim Drumming bei, so dass die EP kein völliger Bruch mit der eigenen Vergangenheit ist, sondern die Experiementierfreudigkeit einer eigenwillig-kreativen Band zeigt. Und eins ist sicher: „Get Out Now“ lässt keine Vorhersagen über den Sound des nächsten Albums zu. Berechenbar waren SOUL CONTROL schließlich noch nie. (lh)
Nachdem sich die JAPANISCHEN KAMPFHÖRSPIELE (JAKA) Anfang des Jahres aufgelöst haben, überraschen uns EX-JAKA und PHOBIATIC-Gitarrist Robert Nowak und JAKA-Drummer Christof Kather nebst zahlreicher weiterer Spießgesellen mit einem neuen Projekt, was sich FAKE IDYLL nennt. Etwas unglaubwürdig muss ich im Promoflyer lesen, dass man die Drumtakes in Calles Kellerbar einspielte und die Vocals im Tourbus aufnahm…
Wie dem auch sei, herausgekommen ist eine total abgedrehte Grindcorescheibe, die man als sehr originell bezeichnen muss. Neben der brachialen Gitarrenarbeit mit zahlreichen Blastbeatpassagen gibt es eine Menge elektronischer Spielereien und Samples, was an den Wahnsinn zahlreicher JAKA Alben und Tracks erinnert.
So wundert es einem noch, wenn der zweite Track "Deadcowpizza" mit "Hanging out with the Mona Lisa, going to eat a dead cow pizza" loslegt, wobei man dann bei "Schlangenmilch" mit Samples wie "Schlangenmilch ist gut für die Haut, gut für die Zähne" konfrontiert wird. Das ganze wird mit einer absolut brutalen Gitarrengrindcorewand ummauert, die richtig gewaltig durch die Boxen schlägt. FAKE IDYLL beweisen dabei ein Gespür für druckvolle und atmosphärische Songs inkl. packender Gitarrenarbeit, die einen dazu bringen wollen, mit der Axt das Wohnzimmer zu zertrümmern. Neben "Schlangenmilch" will ich noch das atmosphärische Gitarrenbrett "Americandaze/ Germannights" herausgreifen, das mir neben "Bekifftindeutschland" mächtig Spaß gemacht hat. Als keinen schlechten Scherz verstehe ich die letzten vier Tracks als Instrumentals der ersten vier Tracks, um diese als Karaokeversion den Hörern anzubieten. Die Songs decken gesanglich dabei eine große Bandbreite ab. So soll ja letztlich auch der Busfahrer Vocals eingesungen haben. Von tiefen Growls bis hin zu kreischendem Blackmetalgesang ist alles vertreten. Insgesamt eine sehr starke EP, die Lust auf mehr von dieser abgedrehten Combo macht. Vorwerfen mag man allein, dass die Songs alle sehr überladen sind, was aber vielleicht einem schnellen Sattwerden entgegenwirken kann. Daumen hoch!
DESIGN THE SKYLINE sind ein Nebenprojekt der US-CORPUS CHRISTI, die sich auf „Nevaah“ abseits des Metalcores austoben wollen, so jedenfalls der erste Eindruck. Aber vom selbsternannten Anspruch, Mathcore, Death Metal und experimentelle Sachen zu mischen, bleibt nicht viel über. „Nevaeh“ ist fast durchgehend brutaler Metalcore, der durch Hinzunahme von klarem Gesang oder Synthie-Spielerein anders sein soll. Ist er aber leider nicht. Die Songstrukturen sind bekannt-vorhersehbar, der klare Gesang pathetisch schlecht und die Synthies können keine Akzente setzen. „Nevaeh“ braucht niemand so wirklich, das Album wird schnell in der Versenkung veschwinden. Ein komplett überflüssiges Projekt einer Band, die sich als nicht wirklich experimentierfreudig outet.