Dass man nicht immer nach Skandinavien schauen muss um gute Black Metal-Bands zu entdecken, beweisen unter Anderem die Bayern UNGOD, die sich dort zwischen Kollegen wie LUNAR AURORA oder DARK FORTRESS in erstklassiger Gesellschaft befinden. Der einzige Unterschied ist nur, dass die seit 1991 existenten (und damit zu den ersten deutschen Black Metal-Bands zählenden) Ungötter ihre Vorlieben für Old School-Kläge voll ausleben. Als Einflüsse geben Gründer Condemptor und Co. mit der gesamten Bandbreite von SLAYER, VENOM über CRIMSON GLORY, MANILLA ROAD, EXODUS, SODOM oder SAINT VITUS bis hin zu VAN HALEN, DIO und ACCEPT so ziemlich alles an, was unsere Szene groß gemacht hat, obwohl es auf „Cloaked In Eternal Darkness“ waschechtes, oftmals flottes Schwarzmetall 80er/Frühneunziger-Prägung zu hören gibt, das direkt an MAYHEM, DARKTHRONE und HELLHAMMER erinnert. Zu den allergrößten Songwritern zählen UNGOD nicht unbedingt, aber ihre sägenden, treibenden und herrlich rotzig produzierten Songs sind einfach stimmig, wie etwa der eröffnende Titelsong, „Agnus Dei“, „In Eternity The Doomed Are Yelling“, die Hymne „Your Blood I Bleed“ oder der doomige Abschluss „Night Of The Forlorn Graves“. Auch wenn es im Bereich der altschuligen Dunkelklänge fraglos bessere Scheiben gibt, ist „Cloaked In Eternal Darkness“ keine Enttäuschung, sondern eine über weite Strecken gelungene Scheibe, die Genre-Fans problemlos ansprechen wird.
REFLECTION aus Lünen in Nordrhein-Westfalen konnten mit ihrem Debütwerk „Made In Hell“ bereits einige richtig gute Kritiken einfahren, die der Nachfolger „Advertising Violence“ nur bestätigt. Hörbar von einem Potpourri aus TESTAMENT, ANNIHILATOR, MEGADETH sowie den unvermeidlichen METALLICA und SLAYER beeinflusst, gibt das Quintett sich und uns hier die absolute Thrash-Kante mit durchweg im flotten Midtempo-Bereich angesiedelten Brechern der Marke „Sparks Of Life“, „Rip And Slash“, „Bury You“ (mit coolem Kindergesang!), „Flesh And Bones“ oder „Vallie For Warfare“. Richtig gut ist auch der oftmals um passende Gang-Shouts angereicherte, sehr kraftvolle Gesang von Markus Radola (der – Überraschung – ein wenig an Tom Araya erinnert), der die herrlich altschuligen Riffmassaker der Herren Timo Lehmann und Heino Drescher gekonnt befeuert. Zwar enthält „Advertising Violence“ keine echten Ausfälle oder Füllmaterial, aber leider auch keine genialen Überflieger, die man den Jungs problemlos zutraut. Auch die Produktion des Albums hätte etwas mehr Wumms vertragen können; speziell die Drums „tickern“ relativ dünn daher. Falls REFLECTION diese kleinen Mankos noch in den Griff bekommen, kann bei nächsten Mal locker wieder ein „Tipp“ drin sein. Trotzdem starke Platte!
Das Ein-Mann-Projekt NEFARIOUS des Ungarn Winter, der auch hinter FOREST SILENCE steckt und auch mal bei SEAR BLISS gelärmt hat, ist bereits seit dem Jahr 2000 aktiv, doch erst jetzt erscheint – nach einer EP sowie einer Split mit den Finnen HORNA – das Debütalbum, das relativ rohen, symphonischen Black Metal bietet, der laut eigener Aussage von LIMBONIC ART und EMPEROR inspiriert ist, was man als ungefähre Wegweiser durchaus so stehen lassen kann. Allerdings wird hier noch eine Schippe basischer und klanglich reduzierter, sprich undergroundiger zu Werke gegangen, was bedeutet, dass NEFARIOUS weder den hochintensiven Synthie-Dampfhammer der einen noch die progressiven Songstrukturen und die technische Hochwertigkeit der anderen Vorbilder auffahren. Die Ausgewogenheit zwischen Bombast und Schmutz bekommt Herr Winter jedenfalls in den Griff und macht nicht den Fehler, einem Pseudo-Orchester eine Black Metal-Demo-Produktion aufzudrücken, was fast immer nach hinten losgeht. Einzige Schwächen tun sich lediglich beim Songwriting auf, da hier einige Längen aufkommen und die Kurve zu echten Hymnen mit Langzeitfaktor zu selten gekriegt wird. Mit dem prägnanten Grundthema von „False Words Of Prophets“ oder dem fast schon experimentellen Groove des abschließenden „A Mountain Of Crosses“ finden sich ein paar gelungene Ideen auf „The Universal Wrath“, aber um aus der Masse heraus zu stechen, muss das grundsätzlich gute Fundament noch ausgebaut werden.
Mit der dritten Scheibe im tollen Coverartwork servieren 5 POUNDS A HEAD aus Rossleben in Thüringen ein weiteres Hardcorebuffet in ihrer seit 2005 bestehenden Bandgeschichte. Auffällig ist der doppelte Gesang von Icke und Horsti, wobei einer den Part des dunkel kläffenden Hardcorebrüllers und der andere den in höheren Noten shoutenden Punkrappers abgibt. Das hat mir bei den ersten Tracks recht gut gefallen. Insbesondere der Titeltrack "Commercialize" bringt eine Menge Wind mit und sticht heraus. Leider ist das restliche Material nur im gehobenen Durchschnitt anzusiedeln. Produktionstechnisch fehlt auch der nötige Druck, um die Songs bzw. die Gitarren anständig aus den Boxen zu transportieren. Ich hätte mir auch gewünscht, dass die Songs ein wenig mehr Gespür für tragende Grooves und Melodien haben, die einen mitreißen. So ballert das ganze an einem recht unspektakulär vorbei. Positiv ist mir hier nur noch "Kiss My Ass" aufgefallen, was durch einen griffigen Refrain besticht. Es verbleibt ein passables Hardcorewerk, ohne jedoch bleibende Schäden anzurichten.
Paul Miner ist wieder zurück bei DEATH BY STEREO – der Bassist hatte sich ja aus der Band zurückgezogen, um als Produzent für u.a. THRICE und ATREYU zu arbeiten. Auch an „Black Sheep Of The American Dream“ hat er folgerichtig als Produzent mitgewirkt, aber eben auch als Bandmitglied. Von der Produktion her hast das dem Album gut getan, es kommt kraftvoll und klar aus den Boxen. Kraftvoll ist dann auch das Album ausgefallen, mit dem doch eher poppigen Vorgängeralbum hat „Black Sheep Of The American Dream“ nur stellenweise was zu tun („Get British“), auch wenn DEATH BY STEREO immer noch gerne die Mitsing-Songs auspacken. Aber genauso gern gehen sie brachial vor, mithin einen Schritt zurück zu ihren HC-Wurzeln („Growing Numb“). Die starken „Much Like A Sore Dick“ und „5th Of July“ stellen das deutlich unter Beweis, hier lässt sich auch die Gitarrenfraktion richtig aus, keine Soli und starke Metal-Kante inklusive. „Black Sheep Of The American Dream“ ist ein Album, das seine Zeit braucht, bis es beim Hörer richtig zündet, anders als noch „Death Is My Only Friend“. Wer ihm diese Zeit gibt, wird mit einem grundehrlichen Album belohnt, das gekonnt die Balance zwischen Härte und Melodie hält und DEATH BY STEREO in ganz starker Form zeigt. Ein Album, mit dem HC-Kids, Punkrocker und Rockfans gleichermaßen glücklich werden können, dafür müssen alle vor den Jungs aus Orange County den Hut ziehen.
VUOHIVASARA haben mit „Perdition Reigns Supreme“ ihr drittes Album in der Tasche, aber bislang außerhalb ihrer Heimat Finnland noch nicht für so viel Aufmerksamkeit sorgen können. Mit der neuen Platte könnte sich das ändern, immerhin zeigen die finnischen Schwarzwurzeln darauf, dass sie mit ihrem Mix aus DARK FUNERAL’scher Wut in Kombination mit melodischem Black Metal einige gute Songs zustande bringen („Tears Of Firmament“ oder das melodische „Luopio“), mit denen sie sich vor der Konkurrenz nicht zu verstecken brauchen. Die Produktion unterstreicht den guten Eindruck und bringt alle Instrumente gut zur Geltung, mit der Klischee-BM-Produktion hat „Perdition Reigns Supreme“ nichs zu tun. Am Ende bleibt ein guter Eindruck, auch wenn VUOHIVASARA kein absoluter Kracher gelungen ist.
Als Ronnie James Dio im Mai letzten Jahres starb blieben wir als Fans allesamt traurig und geschockt zurück. Dio galt und gilt bei vielen, mich eingeschlossen, als DIE Metal-Stimme schlechthin – sei es solo als DIO, mit BLACK SABBATH oder bei RAINBOW. Daher ist es erfreulich, dass der Name noch einmal 2012 auftaucht: Universal veröffentlicht drei der DIO-Alben („Sacred Heart“, „Last In Line“ und „Holy Diver“) in dicker 2 CD-Luxus-Deluxe-Version neu. Lohnenswert?
Also, ich gebe es zu, die Frage erübrigt sich eigentlich rein musikalisch betrachtet. „Sacred Heart“ von 1985 ist damals zwar von Kritik bombardiert worden – aber das ist auch recht einfach zu erklären: Die Vorgänger gelten als Meilensteine des Heavy Metal („Last In Line“ & „Holy Diver“). „Sacred Heart“ kam später und brachte einen stilwechsel zu etwas gemäßigteren Klängen mit sich. Aber heute, 27 Jahre später, steht auch das in einem anderen Licht. Songs wie „King Of Rock And Roll“ oder „Like The Beast Of A Heart“ sind klassischer DIO-Metal, Titel wie „Hungry For Heaven“ sind eben mehr Keyboards und einfacheres Riffing. Aber ich bitte euch: Der Meister selber hat in den 70gern in der stilistisch recht ‘speziellen‘ Band ELF gespielt und gesungen. Unter dem Aspekt ist „Sacred Heart“ kein Stilbruch, sondern maximal eine Anlehnung an schon einmal dagewesenes. Keyboards gab es nämlich auch schon früher.
Aber interessant ist bei einem Deluxe-Release ja vor allem das Bonusmaterial – und das ist reichlich. Auf der 2. CD finden sich diverse Live-Bomben wie „We Rock“, „Last In Line“ oder „Rainbow In The Dark“. Der Großteil der Songs wurde im Dezember 1985 in San Diego, California, USA aufgenommen. Und wer einmal das Glück hatte DIO Live zu sehen (oder überhaupt einen der Live-Mitschnitte kennt) weiß genau, dass das ein Highlight war. Die stimmliche Power die der Mann auf den Platten hatte war auch live absolut echt und vorhanden – egal ob in den 80gern oder noch vor einigen Jahren. Hinzu kommen die Songs „Hide In The Rainbow“ von der DIO-EP sowie drei B-Side-Songs, also Single-Zusatztitel.
Fazit also? Nun: Erstmal finde ich es im Nachhinein ungemein passend, dass „King Of Rock And Roll“ der Opener von „Sacred Heart“ ist. Denn das ist und bleibt DIO für mich. Und dementsprechend finde ich auch dieses Re-Release sehr lohnenswert –erst recht wegen der Bonus-CD. Oder anders gesagt: „We should do this for you , ‘cause it’s what all of you do and it’s what we do and what we all do best: We Rock!” – damit wurde “We Rock” 1985 eingeleitet, damit beende ich das Review. Empfehlung.
CD I:
King Of Rock And Roll
Sacred Heart
Another Lie
Rock ’n’ Roll Children
Hungry For Heaven
Like The Beat Of A Heart
Just Another Day
Fallen Angels
Shoot Shoot
CD II (Bonus Tracks):
Hide In The Rainbow (Dio EP)
We Rock
Last In Line
Like The Beat Of A Heart
King Of Rock And Roll
Rainbow In The Dark
Sacred Heart
Time To Burn
Medley: Rock’n’Roll Children / Long Live Rock’n’Roll / Man On The Silver Mountain
Black Metal und der Bass, das ist eine Geschichte für sich, nicht umsonst gibt es das Klischee von der komplett bassarmen Standardproduktion für Black Metal-Platten. „Insects“, das neue Werk des Thüringer Quintetts FARSOT, geht dem entgegen und gibt dem Tieftöner ordentlich Raum zur Entfaltung. Das tut dem Sound sehr gut, die acht Songs werden dadurch druckvoller und facettenreicher. Auffällig beim Nachfolger des 2007er Werkes „IIII“ zudem die Tatsache, dass mittlerweile auf Englisch parliert wird, was Shouter 10.XIXt problemlos hinbekommt und der düsteren Atmosphäre des Albums nicht schadet („Withdrawl“). FARSOT haben sich in den letzten Jahren viel Zeit für das Songwriting genommen, anders ist das komplexe und vielschichtige Ergebnis nicht zu erklären, nach den ersten Hördurchläufen ist „Insects“ nicht wirklich erfasst. Dieses Album wächst mit der Zeit und bleibt durchweg spannend. FARSOT zeigen in beeindruckender Art und Weise, wie fesselnd und komplex Black Metal noch immer sein kann. Chapeau!
Aus Frankfurt stammt die Death Metal-Combo PYOMETRA, die eher klassischen Death Metal im Midtempo-Bereich abliefert, als sich auf neue Experimente einzulassen. Obwohl die Riffs etwas altbacken rüberkommen, ist das Material durchweg auf höherem Niveau angesiedelt, ohne jedoch zwingende Killertracks vorweisen zu können. Die Eigenproduktion ist sauber, hat meines Erachtens aber etwas Schwächen beim Schlagzeug, was ich als nicht so druckvoll empfinde. Der Gesang passt zur Musik, hier gibt es nichts zu meckern. Stilistisch mag man SIX FEET UNDER heranziehen, um die Eigenart der sieben Songs auf dem Silberling näher zu beschreiben. Insgesamt zwar ein gutes, aber kein herausragendes Album, so dass ich mich frage, ob man mit der Scheibe wirklich größeren Wind erzeugen wird können. Leider verneine ich das für mich. Dem geneigten Hörer sei die Myspace-Seite angeraten, auf der man ein paar Songs zum Reinschnuppern findet.
„All The Plans We Make Are Going To Fall” war der große Wurf für STRENGTH APPROACH, immerhin haben sich die Herren seit dem 2008er Album auf viele Touren schmuggeln können. Mit „With Or Without You” soll das fortgesetzt werden und was beim ersten Durchlauf zu hören ist, hat das Potential dazu. Nicht nur das, auch nach vielen weiteren Durchgängen ist „With Or Without You“ immer noch spannend. Ehrlich und knackig wird hier vorgegangen, mit den der gleichen Punkrock-Anleihe, die schon 2008 klappte. Die elf Songs sprühen vor Energie und machen sowohl zu Hause wie auch in einem Club Spaß. Dazu kommt eine amtliche Produktion, kurzum: es passt einfach alles „With Or Without You“ ist ein gut Arsch tretendes HC-Album, das in keiner Sammlung fehlen sollte.