ABHORDIUM überraschen die Welt außerhalb Finnlands mit ihrem Debütalbum doch ein wenig, immerhin hat die Band den heute nötigen Standard in Sachen Werbung via Social Media nicht wirklich eingehalten. Es wäre verdammt schade, wenn „When Depravity Incarnates“ deswegen untergehen würde, denn dazu ist die Ladung Totmetall viel zu gut. Von der ersten Sekunde an wird eine unheimliche, fast schon greifbar böse Atmosphäre aufgebaut, die das Album in Richtung Black Metal drückt. Aber keine Bange, werte Death Metal-Lunatics, musikalisch gibt es ordentlich einen auf’s Mett, schön brachial und mit Groove. Einzig beim Gesang finden sich immer wieder schwarzmetallische Versatzstücke, sonst regiert die reine Death Metal-Lehre, Blastparts und tiiief gestimmte Gitarren inklusive. Beim Songwriting beweisen ABHORDIUM ein Händchen für heftige und gleichzeitig abwechslungsreiche Songs, die durch die Betonung der düsteren Atmosphäre an Ausstrahlung gewinnen und die gut 40 Minuten zu einer intensiven Hörerfahrung machen. ABHORDIUM ist mit diesem Album ein guter Einstand in der Death Metal-Szene gelungen, mit dem sie hoffentlich Beachtung finden werden.
EARTHLIMB ist das neue Projekt von FEAR MY THOUGHTS-Gitarrist Patrick Hagmann, mit dem er sich in Progressive-Gefilde wagt. Unterstützung bekommt er von Drummer Norman Lonhard (TRYPTIKON), der genau die richtige Mischung aus Songdienlichkeit und Zeigen des eigenen Könnens findet. EARTHLIMB bedienen sich aus allen Sparten des Progressive-Genres, von (natürlich) PINK FLOYD über PORCUPINE TREE bis hin zu RADIOHEAD. Dabei verliert das Trio nie die Songdienlichkeit und vor allem die Nachvollziehbarkeit aus dem Fokus, ganz im Gegenteil: „Origin“ ist voller kleiner Hits, sie sich sofort ins Ohr fräsen. Schon der Opener ist eine Musterbeispiel für gut hörbare, komplexe Musik und mit einem Text ausgestattet, der sofort beim Hörer hängen bleibt. Durch die variable und sehr gute Gesangsarbeit wird das natürlich noch hervorragend unterstützt, genau wie von der warmen, im positiven Sinne retro klingenden Produktion. „Origin“ ist ein Album, das nicht nur ein Bombeneinstand für eine neue Band ist, sondern soviel Potential und Können aufweist, wie es wenigen Bands vergönnt ist. Wer mit gefühlvoller, ehrlicher Rockmusik was anfangen kann, ist hier genau so richtig wie der Freund komplexer Metalsongs. Well done!
ARCHITECTS hatten mit „The Here And Now“ einen Schwenk hin zu stärkerer Massenkompatibilität vollzogen, der nicht bei jedem gut ankam. Ob und wieweit sich dieser Schritt ausgezahlt hat, wissen Band und Label am Besten, aber vielen Fans der Frühwerke dürfte die neue Ausrichtung missfallen. Das wird sich mit „Daybreaker“ nicht ändern, denn auch wenn ARCHITECTS etwas brachialer vorgehen als bei „The Here And Now“, ist das Album kein Vergleich zu ihren ersten Releases. Songs wie „These Colours Don’t Run“ sind in der Minderheit, was schade ist, da ARCHITECTS hier zeigen, dass brutal immer noch geht und ihnen auch anno 2012 noch gut zu Gesicht steht. Der Fokus liegt auf im ersten Moment komplexen Songs, die vor allem Shouter Carter immer wieder fordern und viel Spielraum lassen, sich aber nach einigen Durchläufen als zu ähnlich gestrickt entpuppen und oft wie mit gezogener Handbremse fahrend wirken. Phasenweise geht die Chose gut ins Ohr und hält die richtige Balance aus Brutalität und Eingängigkeit, aber viel zu oft kommt dann ein unpassend wirkender Break und die ganz Energie ist flöten gegangen. Dazu kommt eine zu undifferenzierte Produktion, die „Daybreaker“ nicht den nötigen Punch verschafft. ARCHITECTS haben einige gute Ideen in den elf Songs verwurstet, aber mehr als Stückwerk ist das nicht geworden, dafür sind zu viele Songs zu überfrachtet oder zu harmlos. Wer „The Here And Now“ mochte, kann ja mal reinhören; alle, die bis „Hollow Crown“ bei der Band waren, können sich „Daybreaker“ schenken.
Beim ersten Blick auf das Cover von „Forensick“ war mein spontaner Gedanke: „Das sieht nach wüstem Grindcore-Geprügel aus.“ Aber FORENSICK strafen mich Lügen und schütteln ein schönes, melodisches und sehr klassisches Heavy Metal-Album aus dem Ärmel. Die Band benennt selber IRON MAIDEN als einen der Haupteinflüsse, was man bei den vielen doppelläufigen Gitarrenleads auch wunderbar nachhören kann. Aber auch einige Kandidaten des Euro-Metals dürften sich im Plattenschrank der Forensi(c)ker befinden. Eine Uptempo-Nummer wie „Black Gold's Rain“ passt sehr schön in das Süddeutschland der 80er Jahre. Damit hätten die Jungs bestimmt eine Platte bei GAMA machen dürfen und dann mit HIGH TENSION und GRAVESTONE auf Tour durch Baden-Württemberg gehen. Im gesanglichen Bereich ist noch ein wenig Luft nach oben, aber das wird schon werden. FORENSICK können heute schon mit einigen feinen Melodien und catchy Refrains glänzen. Die Bandhymne dann ist MAIDEN pur und erinnert an „Where Eagles Dare“. FORENSICK bieten gutklassigen Metal zwischen NWoBHM und teutonischer Schmiedekunst. Well done.
TRIXTER hatte ich bis Dato nicht auf dem Schirm, dabei sollen die Jungs aus New Jersey schon mal für ordendlich Wirbel gesorgt haben; 1990 sogar "belohnt" mit einer Goldauszeichnung ihrer ersten Scheibe. Doch genauso schnell wie TRIXTER im Rampenlicht standen, wurde es auch wieder dunkel um sie. Somit scheint es keine Schande zu sein, die Band, die es gerade mal 5 Jahre und drei Veröffentlichungen lang gab, nicht zu kennen.
Anyway, heuer kommen sie wieder mit einem neuen Longplayer zurück auf die Bühne. Darauf gepresst ist wie anno dazumal kerniger Hardrock amerikanischer Machart. Rock wie er schon vor 20 Jahren gespielt wurde: AUTOGRAPH, FIREHOUSE, alte BON JOVI oder auch rockige DEF LEPPARD kommen mir so in den Sinn. Allein Titel wie "Get On It", "Dirty Love" oder der Chorus "Rock`n`Roll will Save Your Soul" ("Save Your Soul") sprechen Bände. Wer ein wenig Blues oder gar eine Prise Melancholie als Zutaten zum harten Rock bevorzugt, ist hier falsch beraten. Auch Innovationen oder Abwechslung sind nicht das Ding der Amerikaner.
TRIXTERS "New Audio Machine" ist eine Spaß-Scheibe, die Hüfte wackelnd und mit Lutscher im Mund um's Eck rock`n´rollt. Fette Chöre, krachende Gitarre, Sommer, Sonne, Strand, Cabrio und Fun - gut produziert! That`s it. Somit ist es auch heute keine "Bildungslücke", TRIXTER nicht zu kennen, aber Spaß macht das Ding trotzdem!
CATTLE DECAPITATION haben sich eine stetigt wachsende Fanschar erspielt, angesichts der Qualität ihrer Alben auh völlig zu Recht – es wäre durchaus verdient, wenn die sich auch abseits von Metal-Themen beschlagenen Amis mit „Monolith Of Inhumanity“ einen Sprung nach vorne machen würden. Auf dem neuen Longplayer ist die Band so brutal wie eh und je, lässt aber schon beim ersten Hördurchlauf viele kleine Details erkennen, die für nachhaltige Abwechslung sorgen. So wird zwar mächtig geblastet und auf’s Gas getreten, aber haben CATTLE DECAPITATION verstanden, dass das alleine nicht für ein gutes Death/ Grind-Album reicht. Wie schon bei „The Harvest Floor“ wurde auch in den elf neuen Songs darauf geachtet, die technisch anspruchsvolle Chose in wieder erkennbare Strukturen zu packen, was sich in massiven Riffs wie am Ende von „The Carbon Stampede“, dem punkigen „A Living, Breathing Piece Of Defecating Meat“ oder dem saubrutalen „Lifestalker“ äußert. Wahlweise witzig oder verstörend sind die nach Kinderchor klingenden Samples („Dead Set On Suicide“), die immer wieder genutzt werden. „Monolith Of Inhumanity” ist so ein würdiger Nachfolger zu “The Harvest Floor” und zeigt die Band gefestigt und mit einer klaren Vision, so dass die Scheibe allen Freunden gepflegten Krachs nur empfohlen werden kann.
Schon einige Zeit käuflich zu erwerben ist das neue Werk von CROW7. Auf „Symphony Of Souls“ wird mit knapp 80 Minuten die technisch mögliche Spielzeit einer CD wirklich bis zum Maximum ausgereizt. So bieten CROW7 auf jeden Fall „Value for Money“. Musikalisch regiert moderner, recht keyboardlastiger Melodic Metal, welcher auf Grund der Melodien immer wieder an die letzten Alben von ANGEL DUST erinnert. Die leider hier eingestreuten Growls und Screams spielen sich zum Glück recht im Hintergrund ab und stören den Hörgenuss nur marginal. Aber ich kann und will mich nicht an Brüllwürfel gewöhnen, welche hochmelodische Musik kaputtbrüllkreischen. Und so ist man froh, dass CROW7 auf dieses Stilmittel nur sporadisch zurückgreifen. Die Keys, welche mal orchestral und mal leicht technoid 'rüberkommen, übernehmen oft die Melodieführung und geben den Songs einen futuristischen Anstrich. Nichtsdestotrotz sind CROW7 eine klassische Melodic Metal Band. Mit „Dirty Lies“ ist CROW7 sogar eine richtig geile AOR Nummer gelungen und mit dem sanft beginnenden und sich dann in eine treibende Rocknummer wandelnden „Winner Of The Quest“ eine geile Hymne mit 80er Flair. Coole Scheibe.
Anno 2002 ursprünglich als Projekt von Gitarrist Sami Niittykoski gegründet, sind MORIAN über den bloßen Projektstatus inzwischen längst hinausgewachsen und haben nun mit „Ashen Empire“ ihr zweites Album am Start. Das kann sich mit seinem eingängigen, stimmungsvollen Gothic-Metal sehen lassen: atmosphärisch und druckvoll kommt das Ganze daher, Freunde der Melancholie und fetten Gitarren finden hier beides zu Genüge. Besonders schön geraten in dieser Hinsicht ist der Titeltrack „Ashen Empire“, der auf mit über sieben Minuten schon fast epischer Länge getragene Herbststimmung verbreitet. Flotter geht´s aber auch, wie beispielsweise „This Mortal Coil“ und „Nemesis Rising“ zeigen. Die Stimme von Sänger Janne Siekkinen erinnert stellenweise ein wenig an den Kollegen Marko Saaresto von POETS OF THE FALL, mit denen sie auch das Händchen für Melodien gemeinsam haben, wobei MORIAN deutlich härter daher kommen. Wer also dunkelrockige Klänge mag, darf bei MORIAN beherzt zugreifen- erst recht, wenn man ohnehin eine Schwäche für Klänge aus finnischen Landen hegt.
Mit der hörenswerten, vor knapp über einem Jahr erschienenen EP “Decade Of Darkness” verabschiedeten sich die Finnen von ihrem alten Label Cyclone Empire hin zu Nuclear Blast, wo sie nun zum zweiten Mal zeigen müssen, ob sie auch auf großem Parkett aufspielen können. Und da kann ich das Fazit gleich abschießen: sie können nicht. „Rise Of The Phoenix“ klingt mit seiner überladenen Melange aus (Melodic) Death- und pompösem Gothic Metal wenig schlüssig, beliebig, austauschbar und kommt völlig ohne einprägsame Songs mit Wiedererkennungswert aus. Mit dem eingängigen Opener „Pitch-Black Universe“ beginnt „Rise Of The Phoenix“ noch einigermaßen viel versprechend, driftet danach aber ins woanders schon tausendfach besser Gehörte ab. Lediglich das über weite Strecken sauflotte „Throne Of Ice“ ragt noch ein Stückweit heraus; weitere Anspieltipps wollten sich bei mir auch nach mindestens fünfmaligem Hören nicht einstellen. Ähnlich wie ihre Kollegen MOONSPELL und PARADISE LOST versuchen auch BEFORE THE DAWN, nahtlos an bewährte Band-Tugenden anzuknüpfen, scheinen dabei aber ebenfalls zu übersehen, dass Neudefinition nichts mit krampfhaftem Recyceln alter Erfolgsrezepte zu tun hat. Technisch gut gemacht, für die Zielgruppe sicher ein Reinhören wert, aber inhaltlich langweilig.
Der Fünfer aus Trier gehört zu den Bands, die anscheinend in Sachen Labelsuche noch nicht wirklich Glück hatten. Dabei bieten INCISE auf ihrem selbst produzierten Debütalbum „From The Crypt They Rise“ fast alles, was eine Todesblei-Truppe groß und stark macht: einen für eine Underground-Produktion sehr ordentlichen Sound, eine ausgewogene Mischung aus stumpfen Keller-Riffs und eingängigen Melodien (die nicht selten an AMON AMARTH erinnert – hört Euch als Bleistift nur mal die Stampfer „8 Arms Of Terror“ und „Ghoulfeast an), gut gestreuten Wechsel-„Gesang“ aus Growls und Schreien sowie ein ausgetüfteltes, wenn auch zugegebenermaßen noch nicht völlig packendes Songwriting. Als weitere Anspieltipps taugen der leicht ILLDISPOSED-mäßige Titelsong sowie das groovige, abschließende „Toxic Injection“, die eine wirklich viel versprechende Band zeigen, die hier eine sehr hörens- und empfehlenswerte Leistung abliefert. „From The Crypt They Rise“ mag keine Originalitätspreise einheimsen, aber man müsste hier schon mit größeren Anstrengungen das Haar in der Suppe finden wollen. Und dafür bekommt das Album ohne großes Tamtam den „Tipp“!
Das Album kann übrigens vollständig und kostenlos über die Homepage der Band herunter geladen werden.