Neun Jahre (!) haben THE FORSAKEN für den Nachfolger ihres Drittwerks „Traces Of The Past” gebraucht (dessen Titel im Rückblick sehr passend ist). Die Schweden waren wohl mit anderen Dingen beschäftigt, aber haben ihr Faible für Auf-die-Fresse-Death Metal in all den Jahren nicht verloren. So knallt „Beyond Redemption“ dann auch ohne Ende und wird richtig gut, wenn die große Groove-Keule ausgepackt wird („No Dawn Awaits“), da können sich THE FORSAKEN mit AMON AMARTH locker messen. Handwerklich ist alles im grünen Bereich, aber genug Zeit zum trainieren der eigenen Fähigkeiten sollten die Herren ja auch gehabt haben. Die Produktion der Scheibe geht ebenfalls in Ordnung, so dass das quasi-Comeback mit „Beyond Redemption“ als geglückt bezeichnet werden kann. Wer auf ehrlichen, schnörkellosen Death Metal steht, ist bei diesem Album genau richtig.
Was sich schon auf „The Mirroring Shadow“ gezeigt hat, setzt sich auf dem neuen MISERATION-Album fort: der Death Metal der u.a. aus UNMOORED-Leuten bestehenden Combo ist noch komplexer und noch heftiger geworden, das macht gleich mal der Opener „Stepping Stone Agenda“ klar. Hier wird ordentlich vom Leder gezogen und unbedarfte Totmetaller ein harter Brocken gegeben, der Song ist mehr was für die Frickel-Fraktion. Diese Ausrichtung ändert sich im weiteren Verlauf nicht, MISERATIOn haben mit „Tragedy Has Spoken“ endgültig ihre Vorliebe für technisch anspruchsvollen Death Metal entdeckt. Experimente wie der Klargesang bei „On Wings Of Brimstone“ sind genau das: Experimente. Anno 2012 stehen MISERATION für gut gemachten technischen Death Metal, der zwar eine klare Schwedenkante hat, aber auch Fans der US-Schiene gefallen wird. Gute Scheibe, das.
PIGEON TOE ist ein weiteres Projekt aus dem Umfeld der inzwischen verblichenen FEAR MY THOUGHTS. Hier gibt’s auch die erste Konfusion, denn sind doch mit Drummer Norman Lonhard (TRYPTIKON) und Patrick Hagmann auch zwei Leute von EARTHLIMB aktiv, deren Debüt hier im Review zu finden ist. PIGEON TOE gehen dann auch ähnlich eben EARTHLIMB vor, auch wenn „The First Perception“ nicht so leicht zugänglich ist wie „Origin“. Wer sich auf die progressive Musik der Band einlässt, wird mit einer vielschichtigen und oft düsteren Platte belohnt, die in solchen Momenten an neuere KATATONIA erinnert; an anderen Stellen blitzen immer wieder OPETH-Einflüsse auf („The Chase“). Die Gitarrenarbeit ist – obgleich fest im Metal verwurzelt – sehr breit gefächert und lässt immer wieder 70er Rock in den Sound einfließen, was gut zur Musik passt und dank der erdigen, warmen Produktion gut zur Geltung kommt. Beim Gesang gibt es nichts zu kritisieren, die Stimme ist klar und kraftvoll und wird immer wieder gut in Szene gesetzt – das hat Martin Fischer ja auch schon bei FEAR MY THOUGHTS sauber hinbekommen. „The First Perception“ ist eine gute Progressive-Scheibe, die das ganze Spektrum der Hörerschaft ansprechen dürfte und dem EARTHLIMB-Debüt qualitativ in nichts nachsteht, außer in Sachen Zugänglichkeit. Trotzdem well done!
"Unbreakable" - das sind PRIMAL FEAR auch mit ihrem neunten Studioalbum rund 14 Jahre nach ihrem Debüt. Trotz einiger Besetzungswechsel im Laufe der Jahre, bleiben die Schwaben auch auf diesem Output ihrem Stil treu ohne dabei zu sehr auf einer Stelle zu treten. Schon bei "Give ' em Hell" und "Strike" kommen klar ihre Wurzeln zum Vorschein - das ist der Stil den das GERMAN METAL COMMANDO zum Teil auch selbst mitgeprägt hat. Ralf Scheepers Kehlstimme in Wechselarbeit mit einer kräftigen, Riff orientierten Songstruktur. „Bad Guys Wear Black“ wird alleine schon wegen der Textpassage „Bang Your Head“ zur neuen Hymne des gleichnamigen Festivals, überzeugt jedoch viel mehr durch ein treibendes Tempo und ein sehr eingängigen Refrain. Eine geniale Leadguitar Melodielinie eröffnet „And There Was Silence” und avanciert schnell zu einer Nummer die man in einem Atemzug mit “Nuclear Fire” nennen kann. Die obligatorische Mid-Tempo (ja fast schon tanzbare) Nummer folgt in Form von „Metal Nation“. Das die Stärken von PRIMAL FEAR mittlerweile auch im Bombast Metal Bereich liegen haben sie auf den letzten Alben zweifelsfrei unter Beweis gestellt. Nun greifen sie ihr Lieblingsthema „Angels“ mit der acht-minütigen, balladesk beginnenden Mid-tempo Nummer „Where Angels Die“ auf, welche jedoch seinen Höhepunkt im bombastischen Mittelpart findet. Richtig auf die Tube wird dann bei „Marching Again“ gedrückt. Das ist quasi Speed Metal mit donnernden Double Bass Attacken und einem Hymnenhaften Chorus bei dem Ralph Scheepers seine Stimmbänder besonders strapaziert. „Blaze Of Glory“ hätte auch schon auf dem Debütalbum vertreten sein können und groovt sich gut ins Ohr. Die atmosphärisch daherkommende Ballade „Born Again“ beschäftigt sich mit dem „Leben nach dem Tod“ und geht für mich als eine der stärksten Ballade von PRIMAL FEAR überhaupt ein. Insgesamt recke ich für "Unbreakable" beide Daumen nach oben! Ganz weit!
Ihre letzten beiden Alben „Iron Will“ und „Hammer Of The North“ waren erstklassige Traditionsknaller irgendwo in der gemeinsamen Schnittmenge aus DIO und CANDLEMASS, das ganze garniert mit einer Prise schmutzig-obskur-authentischem Sound. Mit „The Hunt“ wird das Trio seinen Siegeszug fortsetzen, da bin ich mir sicher, nur haben GRAND MAGUS auf ihrem neuen Werk einen leicht anderen, bisweilen gemäßigteren Weg eingeschlagen. Das Album braucht mehrere Durchläufe, bis sich bandtypische, hymnische Songs wie „Sword Of The Ocean“, „Valhalla Rising“ oder der Titelsong in den Gehörgängen breit machen. Das große „Problem“ an der Scheibe ist allerdings, dass diese Stücke zwar alle sehr gut sind, die richtigen Hits aber erst am Ende aufgefahren werden: die teilweise fast schon schwarzmetallische Züge tragende Halbballade „Son Of The Last Breath“, der Midtempo-Mitgröler „Iron Hand“ (Killer!) und der treibende, atmosphärische Abschluss „Draksadd“ sind allererste Sahne und gehören zu den bislang stärksten Kompositionen der Band. Mit dem betont rockigen, etwas banalen Opener „Starlight Slaughter“ sowie dem sperrigen „Silver Moon“ (gruseliger Refrain) befinden sich aber auch zwei wenig überzeugende Stücke auf „The Hunt“, was das Album in Summe ganz knapp den „Tipp“ kostet. Die letzten beiden Alben hatten ein homogeneres Songwriting; die Spannbreite aus guten, sehr guten, saugeilen und „füllenden“ Songs war deutlich geringer. Das Jammern erfolgt hier allerdings auf sehr hohem Niveau, denn eine gelungene und empfehlenswerte Platte ist „The Hunt“ dennoch fraglos.
„Holiday At Lake Bodom (15 Years Of Wasted Youth)“ nennen CHILDREN OF BODOM ihre Jubiläums Best of. Die Finnen sind weltweit eine der führenden Metal Bands mit einer großen, treuen Fanschar und haben nach sieben regulären Alben massig guter Songs im Phetto (siehe Tracklist unten). Ohrwurmmelodien zwischen Gitarrensoli und deutlichen Keyboard, verpackt in Heavy Metal Songs mit Black, Death und Thrash Anleihen, dazu ein eindringlich keifender und geshouteter Gesang mit Hammerchören in den Refrains – CHILDREN OF BODOM gehören zu den Könnern. Einen Überblick darüber bieten die 18 auf dieser CD enthaltenen Tracks, zuzüglich zweier neuer Cover-Versionen, wobei der RICK SPRINGFIELD Hit „Jessie’s Girl“ im COB-Gewand ganz cool klingt, aber durch die Neubearbeitung die Lockerheit des 80er Originals vermissen läßt. Der DROPKICK MURPHYS Song „I'm Shipping Up To Boston“ kommt dagegen mit seinem irisch-keltischen Touch als klasse Pagan-Song daher – der macht richtig Spaß. Als Ergänzung dazu gibt es noch eine DVD, welche ein bisher nicht veröffentlichtes Video zu „Shovel Knockout“ enthält (ca. 30 Minuten) und COB Backstage während ihrer World-Tour zeigt. Für jene, welche die bisherigen CHILDREN OF BODOM Scheiben ihr Eigen nennen, dürfte die Werkschau trotzdem eher von untergeordneter Bedeutung sein und damit in erster Linie für Komplettisten von Interesse. Für Einsteiger in Sachen CHILDREN OF BODOM allerdings ist „Holiday At Lake Bodom (15 Years Of Wasted Youth)” ein richtig toller Appetizer, hat man doch auch mit 20 Titel und 79 Minuten Spielzeit den Silberling voll gemacht.
Mit ihrem Debütalbum „The Esoteric Order“ konnten die Schweden um TAETRE-Mastermind, Gitarrist und Vorgrunzer Jonas Lindblood einen echten Achtungserfolg verbuchen und sich nahtlos neben gleich gesinnten Formationen wie PAGANIZER oder THE GROTESQUERY einreihen. Apropos… auf „Cult Cthulhu“ ist übrigens auch Rogga Johansson zu hören, der nicht nur bei beiden letztgenannten Truppen mitmacht, sondern gefühlt auch bei so gut wie jeder anderen Old School-Death Metal-Band des Planeten. Aber das ist nur „Bonus“ am Rande, denn das Album haut ordentlich auf den Putz und knüpft nahtlos an das starke Debüt an, auch wenn hier das Songwriting immer noch nicht ganz so packend ausgefallen ist wie man vielleicht erwartet hätte. Ein weiteres Konzeptalbum über H. P. Lovecrafts dunkle Umtriebe (davon gibt es bisher gefühlt kaum welche…) hätte es nicht unbedingt sein müssen, aber die Thematik bietet immer guten Nährboden, wie hier für saucoole Stampfer der Marke „Children Of Dagon“, „Flesh Architect“, „Conlaceratus“ oder den doomigen Abschluss „Liberation“. PUTERAEON bewegen sich nach wie vor hauptsächlich im mal schweren, mal flotten Midtempo und liefern erneut überzeugende Kost für Todesmetaller der alten Schule ab. Etwas mehr Eigenständigkeit, Abgrenzung von den Kollegen und prägnantere Songs wären hilfreich gewesen um nicht wieder knapp an einem „Tipp“ vorbeizuschrammen. Eine gefühlt sehr gute Scheibe ist „Cult Cthulhu“ aber zweifelsfrei geworden!
In den Alpen wachsen nicht nur Edelweiß oder Alpenkräuter, nein sondern auch ein strahlendes Metal-Gewächs. ATOMIC FLOWER kommen aus der Schweiz und legen mit "Destiny´s Call" ihren dritten Longplayer vor. Geboten wird klassischer Metal, eher im Midtempobereich gehalten und modern in Szene gesetzt. Die Vocals von Marco Predicatori erinnern zuweilen an den gepressten Gesangstil von Dave Mustaine, manche Songs werden fast in Clint Eastwood-Manier mit "gedrückter Wut" gesprochen. Der Metal des "Blümchens" schleicht sich förmlich an, langsam, düster - sich aufrichtend zum Sprung bereit. Insgesamt spürt man dem Album die Leidenschaft der Musiker zu ihrem Werk an. Die Liebe zum Detail ist in jedem Song spürbar, viele Kleinigkeiten und Tüfteleien sind hörbar und unterstützen die Kompositionen. Nicht alle Songs verdienen diese Liebe, so bekommt das Album gegen Ende doch seine Längen. Abwechslung in Tempo und Struktur hätten zum Spannungsaufbau und -erhalt beigetragen. Dennoch ist den Eidgenossen von ATOMIC FLOWER mit "Destiny´s Call" ein starkes Album gelungen, welches Kraft und ein hohes Maß an Authentizität verströmen.
Immer, wenn im Presseinfo erbrochen wird, mit wem welcher Musiker schon die Bühne geteilt hat, gehen bei mir sämtliche Alarmleuchten an. Man kann ja auch mal schlechte Vorband für jemanden gewesen sein, aber egal. Die Mitglieder dieses deutsch-amerikanischen Haufens haben schon unter Anderem bei/mit LIVING COLOUR, den ROLLING STONES, JEFF BECK, DEPECHE MODE, FANTA VIER, FARMER BOYS oder TARJA (argh!) gespielt und sich nun endlich und lang erwartet zusammengerottet um unter dem Namen THE HELP die Musikwelt ordentlich aufzumischen. Immerhin kommt hier die Hilfe nicht zu spät, denn auch wenn fernab jeglicher metallischer Heavyness agiert wird, weiß das Quartett mit seinen kurzen, knackigen Ohrwürmern und Easy-Listening-Pop-Rock-Häppchen durchaus zu gefallen. Besonders die angenehm unaufdringliche (wenn auch etwas farblose) Röhre von Sängerin Dacia Bridges macht Stücke wie „Late Late Show“ (cool!), „After Dark“, „Bump“ oder das Blondie-Cover „Call Me“ zu hörenswerten Angelegenheiten, die allerdings nicht gerade in die Tiefe gehen. Was ich deutlich schauerlicher finde, ist der dermaßen synthetisch klingende Gitarrensound auf „… Is On The Way“, der so organisch tönt wie bei Modern Talking. THE HELP sprechen eher das Mainstream-Publikum an und dürften selbst Doro-Fans zu bieder sein, geht man aber von diesem Standpunkt aus, bekommt man hier solide Kost, die aber in künstlersicher Hinsicht durchweg auf 08/15-Niveau bleibt. Rein objektiv okay.
Die LOSTPROHETS sind einmal als Überflieger gestartet, ihre erste drei Alben rannten wegen ihren eingängig, unbekümmerten Modern Rock offene Türen ein – manch Kritiker zum Trotze. Das letzte Werk der Waliser („The Betrayed”) konnte dem nicht mehr ganz folgen. Man klang zu bemüht, versuchte sich auf Melancholie und Stadion-Poprock, manchen Songs fehlte einfach die Frische. Also Album Nummer fünf soll es jetzt richten – tut es aber nicht. Denn mit „Weapons“ bewegen sich die LOSTPROPHETS mehr Seit- als Vorwärts. Atmen Songs wie die drei tollen Opener „Bring 'Em Down“, „We Bring An Arsenal“ und „Another Shot“ noch Höhenluft und legen eine Umkehr zu den Wurzeln nah (melodische Ohrwurm-Kracher mit Pfiff), so kommt der große Rest des Songmaterials als Standardware - da wäre (denke ich) mehr drinnen gewesen. Ergo: „Weapons“ ist schon ein schönes Album zum durchhören - melodisch, radiokompatibel, der Pop eher nur angedeutet. Ein Album dem aber auch etwas der Drive und die Abwechslung fehlt. Den LOSTPROPHETS-Fans wird es wohl trotzdem zusagen, qualitativ hält man das Niveau der letzten Scheibe. Für Neueinsteiger darf man „Weapons“ aber eher als solide bis gut klassifizieren – der letzte Kick zur Langzeitwirkung fehlt hier einfach.