Mit "Eclipse" meldeten sich AMORPHIS nach vollzogenem Wechsel im Line-Up eindrucksvoll zurück. Tomi Joutsen, der neue Mann am Mikro, erwies sich als würdiger Nachfolger für Pasi und brachte frischen Wind in die Truppe, was sich in einem Album wiederspiegelte, dass alle AMORPHIS-Trademarks aufwies. "Silent Waters" macht beim Opener "Weaving The Incantation" da weiter, wo "Eclipse" aufhörte - kraftvoller Gesang, der sogar Growls aufweist, wuchtige Gitarrenwände und ein effektiv eingesetztes Keyboard verschmelzen zu einem erstklassige Song. Alles wie gehabt also? Nicht ganz. Im weiteren Verlauf der Scheibe wird deutlich, dass sich die Finnen verändert haben, was in ruhigeren Songs resultiert, die teilweise mit fast schon poppigen Melodien (und das ist nicht negativ gemeint!) ausgestattet wurden. Der Einfluss der goldenen alten Zeiten, der auf "Eclipse" nach langer Durstrecke wieder zu hören war, geht auf "Silent Waters" zurück, um Platz für ruhigere Klänge zu machen. "I Of Crimson Blood" oder das akustische "Enigma" lassen besonders Tomi Joutsen glänzen, der wunderschönen klaren Gesang, der mal melancholisch, mal verträumt und mal aggressiv ist, zum Besten bietet. Unterstützt von den typischen AMORPHIS-Gitarren, die sich einige Male bei der eigenen Vergangenheit bedienen, und dem verdammt guten Songwriting entsteht so ein Album, dass anfangs überrascht, aber mit jedem Durchlauf besser wird. AMORPHIS haben sich verändert, ohne dass alte Fans vor den Kopf gestoßen werden, was für die Klasse der Musiker spricht. "Silent Waters" sei ihnen somit genauso ans Herz gelegt wie allen Neueinsteiger in Finnlands Sound, die auf der Suche nach mitreißender ehrlicher Musik sind.
DEVASTATOR haben sich für "Beyond Massacre" mit den Thunderhall Studios (STORMWARRIOR) eine Produktionsstätte gesucht, die dem Album einen für Underground-Verhältnisse unglaublich fetten Sound verpaßt hat. Ach was, Underground - so manche Label-gestützte Band könnte sich davon eine dicke Scheibe abschneiden! Aber nicht nur der Sound stimmt, auch die Songs an sich sind erste Sahne, allerfeinster brutaler Death Metal der amerikanischen Schule. Da wird geblastet, gegrunzt, gesägt wie bei den Großen, alles auf technisch sehr hohem Niveau und mit genug Groove, um vom stumpfen Geprügel (und der daraus resultierenden Monotonie) weit weg zu bleiben. Es wäre nicht fair, einen einzelnen beteiligten Musiker rauszustellen, würde das doch die Leistung der anderen schmälern, also bleibt nur zu sagen, dass die Band zusammen zehn verdammt gute Death Metal-Songs zustandegebracht hat, die die Konkurrenz vor Neid erblassen lassen werden. Respekt, ganz viel Respekt vor dieser Leistung!
Knapp zwei Jahre nach dem Hitalbum "Have A Nice Day" hauen die Jungs, oder sagen wir eher die Männer im mittleren Alter, ihr nächstes Langeisen auf den Markt. Doch Vorsicht: schon die aktuelle Album Info warnt vor voreiliger Euphorie, denn unbedingt BON JOVI typisch ist die Scheibe nicht. Von "künstlerische Freiheit" und "Experimente die Sambora & Co. schon lange machen wollten" wird hier gesprochen. Im Großen und Ganzen handelt das Album über Jon Bon Jovi´s Lieblingsstadt Nashville. Der erste Song "Lost Highway" hat noch recht kernige Anleihen und geht recht flott ins Ohr. Allerdings fehlen hier schon verstärkt die Bon Jovi markanten Gitarrenriffs (wenn man davon sprechen kann) . Im weiteren Verlauf wird der Geschwindigkeitspegel und Härtegrad noch weiter zurück geschraubt. Was wir hier hören ist gemütlicher Rock mit einigen Elementen aus der Country Ecke was nicht heißen soll, dass dieses Album nicht hörbar ist, denn eigentlich alle Songs gehen nach mehrmaligem Hören ins Ohr und allein durch die Stimme von Jon wird es schwer sich nicht an die Songs gewöhnen zu wollen. Am Besten lässt sich "LOST HIGHWAY" wohl als gemütliches Rock Album bezeichnen auf denen es zwar keine großen Highlights gibt, dafür aber auch keine Totalausfälle. BON JOVI Fans aus den Anfangstagen sollten allerdings die Finger davon lassen, denn damit hat es nun wirklich gar nichts mehr zu tun.
THE MISCREANTS haben unter dem Namen THE ARCHITECT ihre ersten Gehversuche unternommen, die "Welcome The Miscreants"-EP ist aber das erste Lebenszeichen mit neuem Namen. Prominentestes Mitglied der Hollänger dürfte Sänger Geert van der Velde sein, der anno damals bei SHAI HULUD aktiv war. Da wundert es nicht, dass THE MISCREANTS ebenfalls in die Metalcore-Ecke gehen und alles bieten, was heute angesagt ist: Hardcore-Attitude, Melodic Death Metal-Riffs und catchy Songs, die ordentlich Arsch treten. So gesehen machen die Jungs nichts falsch, können sich mit den sechs Songs aber nicht über das obere Mittelmaß hinausbringen. Für mehr fehlt einfach die eigene Note oder wenigstens ein richtig geiler Song, der vom üblichen Schema zumindest ein wenig abweicht. Live geht das Ganze sicher ab wie Schmidt’s Katze, auf Silberling kann es im überlaufenen Metalcore-Sektor nicht vom Hocker reißen.
OBTIUARY haben ihr Comeback mit "Frozen In Time" ihrem Status entsprechend eingeleitet und die Messlatte für den Nachfolger hoch angelegt. "Xecutioners Return", das ohne Allen West geschrieben und aufgenommen wurde, bietet klassischen OBITUARY-Stoff, scheitert letztlich aber doch an der hohen Meslatte. Die Songs machen zwar alle ordentlich Druck und sind mit typischer Florida-Produktion mit viel Wumms ausgestattet, können aber nicht durchgängig überzeugen, was zum Teil auch dem Ersatzgitarristen Ralph Santolla (DEICIDE, ICED EARTH) angekreidet werden muss, der viel zu viele Soli eingebaut hat, die die Songs künstlich in die Länge ziehen und ihnen den Punch nehmen - bestes Beispiel dafür ist "Drop Dead". An der Leistung von Vokalist John Tardy ist dagegen nichts auszusetzen, mit seiner charakteristischen Röhre verleiht er sowohl schleppenden Nummern als auch den Knüppel-Songs die eigene Note, die OBITUARY ausmacht. Bei vielen Songs geht das old schoolige Herz auf, keine Frage, aber bei einigen Nummern schleicht sich ein verstohlener Blick auf die Uhr ein und wird ein Gähnen unterdrückt. Mag sein, dass die Band den Weggang von Allen West doch nicht ganz kompensieren konnte (wie seinerzeit schon SIX FEET UNDER), jedenfalls ist "Xecutioners Return" nicht der Mega-Hammer, der nach "Frozen In Time" (und mit der Erfahrung der Mucker) zu erwarten war. Gut, aber mehr nicht.
Von allen Reunions der letzten Jahre kann man die wirklich essentiellen an einer Hand abzählen. Eine davon fand ohne Frage im Hause GOREFEST statt, denn die holländischen Death Metal-Pioniere kehrten unerwartet stark zurück und bewiesen mit ihrem erstklassigen letzten Album "La Muerte", dass der alte Spirit doch noch nicht verflogen war. Mit "Rise To Ruin" liegt nun der Nachfolger vor, der einem spätestens nach zweimaliger Einfuhr die Kinnlade in negative Vertikalachsenrichtung poltern lässt. GOREFEST haben es tatsächlich vollbracht, nahtlos an ihre beiden stärksten Alben aus den 90ern, "Erase" und "Soul Survivor" (für mich immer noch eine der originellsten, geilsten und unterbewertetsten Scheiben der letzten Dekade), anzuknüpfen. Das neue Werk bollert aggressiv, insgesamt ungewohnt schnell und gradewegs auf die Zwölf aus den Boxen; besonders Drummer Ed Warby, einer der besten seiner Zunft, knüppelt hier stärker und heftiger denn je. "Rise To Ruin" ist ein einziges Hitmonster, auf dem nahezu jeder Song vollends ins Schwarze trifft: der unbändig nach vorne peitschende Opener "Revolt" (mit einem fast schon DEATH-typischen, ruhigen Break in der Mitte), der treibende Titelsong, die Speedbomben "The War On Stupidity" und "Speak When Spoken To", das geil drauflos hämmernde "A Grim Charade", das äußerst vertrackte "Murder Brigade" (etwas gewöhnungsbedürftig, aber interessant), die abschließende Abrissbirne "The End Of It All" und der alles überragende, schleppende Longtrack "Babylon´s Whores". Dabei stets präsent sind die "slide-artigen" Gitarren (nicht mehr allzu häufig), Jan-Chris´ einzigartige Powerröhre, die man aus drei Millionen Death Metal-Stimmen heraushört, sowie die sehr gelungenen, sozialkritischen Texte. GOREFEST sind und bleiben ein Original, und ihr neues Werk "Rise To Ruin" ist Weltklasse!
DEAD EYED SLEEPER sind mitnichten eine junge Band, die ihr Debütalbum veröffentlicht, im Gegenteil: unter dem Namen LEGACY haben die Musiker schon einiges an Erfahrung gesammelt. "In Memory Of Mankind" ist der vertonte Beweis für das Können der Beteiligten und bietet technisch anspruchsvollen brutalen Death Metal in Reinkultur. Nicht umsonst hat man es von einem der NECROPHAGIST-Leute produzieren lassen (der der Scheibe einen Bombensound verpasst hat). Vertrackte Songs, viele Breaks und raffinierte Instrumentalarbeit lassen des Herz des Frickelfreaks höherschlagen, auch wenn er gleichzeitig vom Groove der Songs zum Bewegen gezwungen wird. DEAD EYED SLEEPER haben mit dieser Scheibe alles richtig gemacht und werden ihren (neuen) Namen schnell in den interessierten Kreisen verbreiten. Eine ganz feine Scheibe, die zu den besten Death Metal-Releases aus deutschen Landen des Jahres zählt!
WISDOM IN CHAINS kommen zwar nicht aus New York (auch wenn sie quasi um die Ecke wohnen), sind musikalisch aber nicht von einer Big Apple-Band zu unterscheiden. Insbesondere SICK OF IT ALL haben ihre Spuren hinterlassen, sei es in den sozialkritischen Texten als auch in der Musik an sich. Immer direkt nach vorne, dabei aber das Tempo variierend und ans Mikro einen Szene-typischen Brüllwürfel, fertig ist der Song. Das klappt manchmal ganz gut ("Class War", "Killing Time"), manchmal aber auch nicht ("Horrible Crimes"), kann an SOIA-Glanztaten aber noch nicht ranreichen. WISDOM IN CHAINS sind noch zu nah am Original, beweisen aber mit dieser Scheibe, dass genug Potential in ihnen schlummert, um in der Zukunft aus dem großen Schatten heraustreten zu können und eine eigene dicke Nummer in der Hardcore-Szene zu werden. Bis dahin heißt es ackern, schwitzen und sich nicht unterkriegen lassen.
Hinter ANKLA verbergen sich einige alten Hasen des südamerikanischen Metals, die es mit ihrer vorherigen Band bis aufs Ozzfest schafften. ANKLA hat definitiv das Potential, es dem Vorgänger geich zu tun und bei Ozzys Treck die Massen zu begeistern. Harter, immer groovender Metal bekommt der geneigte Hörer von ANKLA geboten, die in die gleiche Kerbe wie SOULFLY und ILL NINO hauen. Percussions werden aufgefahren, Nackenbrecherriffs abgefeuert, einprägsame Refrains (clean) gesungen (wie beim famosen "Generation Mutante") und generell ordentlich gerockt. Da wird keine Tanzfläche leerbleiben und bei Live-Shows nur Wenige dem Drang zu Hüpfen widerstehen können. ANKLA machen alles richtig, was eine New Metal-Band nur richtig machen kann, haben einige verdammt gute Songs und dank teurem Produzenten eine erstklassige Produktion. Die Band kann das nächste große Ding im modernen Metal werden - verdient hätten sie es!
Nicht nur die Hälfte ihrer Musiker rekrutierten A DOG CALLED EGO aus den Hamburgern LIQUID GOD, auch viele damals schon angedachte Ideen scheinen endlich den Raum gefunden zu haben, den sie brauchen um zu voller Größe zu reichen. A DOG CALLED EGO sind mehr als die logische Weiterentwicklung - und generell fällt es schwer von Logik zu sprechen während man "Living Seriously Damages Health" hört. Denn auch wenn hier fast durchweg hochwertiges Kopfkino geboten wird, reicht es nicht aus nur mit dem Gehirn zu hören, denn dafür steckt zuviel Leben in der Musik der vier. Möchte man Parallelen bemühen, hört man eine Huldigung, vielleicht gar eine Verbeugung vor ISIS oder NEUROSIS heraus ohne ihre allzu erdrückende Schwere zu kopieren. Und auch die großen Soundschreiber im Stile von OPETH und KATATONIA werden andeutungsweise zitiert. A DOG CALLED EGO zeigt sich aber "open-minded" im wahren Wortsinne und füllt die oft bemühte Phrase wahrlich gekonnt. Das getragene Cello lullt bei Opener "Something Huge" den Hörer gegen Ende beinahe ein, zu diesem Zeitpunkt noch nicht ahnend, dass A DOG CALLED EGO ihren Hörer auf Dauer niemals wirklich durchatmen lassen. Denn der A DOG CALLED EGO wollen ihrer Hörerschaft keinen musikalischen Honig ums Maul oder in die Ohren schmieren. Technisch, spannend und wahrlich vetrackt wird es beim großartigen und nervenzerfetzenden "First Class Meals Taste Better". Ich spüre wie die Anspannung am Ende des Songs von mir abfällt… Sie sind funky, sie sind jazzig und progressiv, bei allem Anspruch grade während der ersten Albumhälfte recht hart - Beißende Gitarren, Gesang von clean bis gebrüllt oder auch rein Instrumental, manchmal rockig, manchmal Alternative. Viele Songs steigern sich, erst vorsichtig, dann beinahe rasend, in einen Wahnsinn hinein. Generell wird es gegen Ende von "Living Seriously Damages Health" etwas ruhiger und vielleicht auch etwas schwächer. Ich sage es nicht oft und auch nicht gerne… aber vielleicht habe ich das Album auch einfach noch nicht verstanden. Großartig!