Mit dem Debüt “Worlds Destructive Domination“ punkteten die Münchner recht ordentlich, jetzt steht der zweite Death-Metal-Schinken beim Schlachter. Was Neues? Ja, Birgit ist nicht mehr dabei, dafür bedient Tobi den Bass. Musikalisch hingegen gibt es eine rustikale Kelle: Grooviger, nicht allzu technischer Death Metal der Marke schnellere Bolt Thrower mit Schwedentod. Vor großer Stumpfheit schützen hier ein paar eingestreute Ami-Riffs, die aber so schlau verteilt sind, dass der nicht mal auf die Idee kommt, sie könnten nerven. So gibt es knappe 40 Minuten auffe Nuss, auch die fortwährenden Tempowechsel ändern nichts an der groovigen Ausrichtung. Die beinahe klare verständlichen Grunz-Vocals sind eine wahre Wohltat für den geneigten Fan, im Gegensatz zum Schlagzeugsound, den ich anfangs meinen Boxen schuldete. Irgendwie hätten die Drums viel mehr Wumms vertragen können. Den wiederum weisen die Texte auf, die nicht durchs Fleischereifachgeschäft rödeln, sondern durch diese Missstände dieser unserer Welt. Komischerweise erschließt sich der Reiz des Albums erst nach mehrmaligem Hören. Denn was anfangs so einfach klingt, weist sich schließlich als durchaus vielschichtiges Album (man höre nur das Titelstück mit Fear-Factory-artigen und akustischen Anflügen) in einer viel zu engen Genreschublade aus.
„Einlegen.Anhören.Ausmachen“ wäre auch ein schöner Name für die dritte Full-Length der Kanadier, die erneut drei Wörter mit Punkten für den CD-Titel verbinden (und jedem Song eine Klammerbeschreibung gönnen). Primitiver Grind lautet wahrscheinlich eine nicht ganz falsche Stilbeschreibung, aber selbst im für viele Hörer eher kakophonischen Genre sind die Nordamerikaner ein Extrem. Extrem dünn ist der Sound, extrem langweilig die Songs, extrem schlecht die gegurgelten Fürze, die für den Gesang sorgen sollen. Natürlich ist das unglaublich hart, High-Speed-Geplöpper rules the Drums und überhaupt. Musik für die Härtesten, die so true ist, dass REVENGE noch immer keinen Internnetauftritt besitzen. Schade, dass das Schlagzeug der restlichen Musik ständig davonläuft, dabei aber eine Ausdauer besitzt, die einem Langstreckenläufer gut zu Gesicht stände. Immer schon geradeaus, boller boller bumm bumm - dazu chaotische Gitarrensoli der Marke Plombenzieher. Langweilig wie eine Zeitung ohne Buchstaben. Natürlich wird es wieder Leute geben, die das für Kult halten, aber es gibt allein in Tschechien mit Sicherheit achtunddrölfzig bessere Grind-Bands. Alles fein, jetzt können REVENGE weiter auf alle Kritiker schimpfen und sich ganz auf ihr Zeugs konzentrieren. „Ausmachen.Ausmachen.Ausmachen“ (The Shut-Up-Time).
Ein erfreuliches Zeichen gegen metselig „Odin“-brüllende Jünglinge setzt Isar mit seinem Doom-Projekt GRIVF. Der Däne rezitiert aus der Edda, erzählt von Odin, bespricht das Leiden dieser und der gestrigen Welt. Und zwar tut er das auf unglaubliche missmutige Weise – „Funeral Folk Doom“ würde er es vielleicht nennen. Die dänischen Texte (im Booklet auf englisch übersetzt) flüstert, spricht und quält (krächzt) er sich förmlich heraus, dazu klimpert er auf der akustischen Gitarre sparsame Weisen. Die fünf Titel sind lang (und das ist das einzige Klischee, das der Däne bedient) und insgesamt mehr als 55 Minuten lang, das kürzeste misst immerhin neun Minuten plus 16 Sekunden. Die tiefen Gitarren sorgen in dieser Zeit naturgemäß nicht unbedingt für Abwechslung, aber eben für unglaublich schmerzliche Atmosphäre. Wer dachte, Odin und seine Herden hätten seinerzeit trotz der vielen Schlachten und Toten ständig nur gefeiert, der glaubt nach GRIVF etwas anderes. Denn auch die Wikinger hatten mal schlechte Laune, die Isar mittels der minimalistischer Folk-Klänge eben Gitarre), sparsamer Wetter-Effekte (Wind) und drohender Funeral-Doom-Härte nahezu optimal transportiert. Irgendwie eine fiese Romantik, die GRIVF schaffen, beängstigend und geheimnisvoll. „Yggdrasil“ schier hypnotisches Album, das der Doom-Szene sicherlich gut tut, der eigenen Laune keineswegs.
So kann man sich täuschen: Ein Blick auf Cover und Bandnamen und schon scheint klar: Hardcore-Spacken, woll? Aber nix da, weit gefehlt, die Polen haben sich dem Metal verschrieben – und zwar einem Bastard aus Heavy-, Power, Symphonic- und Melodic-Death-Metal. Manchmal erinnern die Warschauer mit der Kugel in Deinem Kopf an Skandinavier der Marke Bodom, manchmal lässt Germanen-Stahl der Marke Helloween grüßen. Das klingt vielleicht nach einer interessanten Melange der Melodie, macht aber andererseits den Eindruck vom Kunst-Klau, denn trotz vieler Einflüsse gelingt es den Newcomern nicht, eine eigene Note ins Spiel zu bringen. Allerdings ist dem Album ohne Weiteres zu attestieren, dass sie fit ihre Aufgaben erledigen, der Sound klar ist wie der See, in den die Kinder damals gefallen sind. Und: Das Album ist lecker wegzuhören, nervt lange nicht so, wie manch COB-Solo-Strecke und bringt eben auch manch Variante ins Spiel. Insgesamt ist „Bullet In Your Head“ ein gelungener erster Versuch, Liebhaber des kraftvollen Metals werden das Debüt wahrscheinlich sogar noch besser finden.
Es soll ja immer noch Leute geben, die die zugegebenermaßen unterhaltsamen J.B.O. für die Verkörperung des Humors im Rock/Metal halten. Aber selbst schrägere Kollegen wie KNORKATOR oder EXCREMENTORY GRINDFUCKERS kämen selbst mit Mühe nicht an die Genialität der Kanadier ZIMMERS HOLE heran, die nicht nur die gesamte Szene durch den Kakao ziehen, sondern dabei noch musikalisch absolute Weltklasse auffahren. Auch auf dem leider erst dritten Werk „When You Were Shouting At The Devil… We Were In League With Satan” (muss man diesen Titel wirklich kommentieren?!) fährt die STRAPPING YOUNG LAD-Truppe um den durchgeknallten Sänger The Heathen (der nicht nur durch seine geilen Schreie irgendwie an den „Mad Professor“ Devin Townsend erinnert, was wohl auch an dessen starker Produktion liegt…) ein Feuerwerk skurriler Ideen auf, das stilistisch wie gehabt überall zwischen Heavy- Death- Black- und modernem Metal liegt. Songs wie das Titelstück, „We Rule The Fucking Land“, „1312“, das herrlich stumpfe „Fista Corpse“ oder „What´s My Name… Evil!“ sind sowohl hymnische Mitgröl-Granaten als auch perfekte Hommage an die Eigenheiten der Metal-Gemeinde. Keine Band, die außerhalb der Szene steht, könnte so treff- und geschmackssicher jeden Kult mit der Präzision eines Schweizer Uhrwerks parodieren und dabei noch an den Instrumenten dermaßen brillieren. Dieses Album ist, wie auch seine nicht minder grandiosen Vorgänger, ein Spektakel von Fans für Fans, die sich nicht lustig machen, sondern Teil des Ganzen sind. Bewegen sich andere „Comedy Metal“-Acts auf dem Niveau der Privatsender-Aushilfskomiker, stellen ZIMMERS HOLE die Liga der Loriots und Monty Pythons dar. Kurz und gut: Weltklasse!
When You Were Shouting At The Devil... We Were In League With Satan
Alter, die Polen von Metal Mind Productions spinnen. Eine Re-Release nach dem anderen erreicht Deutschland aus dem Nachbarland. Wer nun dachte, sie würden vielleicht wenigstens ein paar Neuheiten auf den Markt bringen und DEIVOS gehörten dazu – Pustekuchen. Denn „Emanation From Below“ stammt aus dem Jahr 2006, erschein aber wohl nur in Polen und wird jetzt Europa zugänglich gemacht. Das wird diejenigen freuen, die von brutalem Death Metal, professionell eingetütet und ohne Wiedererkennungswert oder Ohrfänger nie genug bekommen. DEIVOS machen das, was sie machen, mit jeder Menge Energie und viel Geschwindigkeit, mit viel Können und mit echter Brutalität. Wer das 32-minütige Werk hören will? Keine Ahnung. Mal Metal Mind fragen…
Seit dem letzten Album gab es bei PAINT IT BLACK einige Veränderungen, an Gitarre und Drums wurden neue Leute in die Band geholt. Auf die Grundausrichtung der Band hatte das keinen großen Einfluss, auch auf „New Lexicon“ gibt es punkigen Hardcore, der klar in den Traditionen der Anfangszeit des Genres verwurzelt ist. Sänger Dan hat seine markante rauhe Stimmlage beibehalten, mit der er die intelligenten Texte raushaut. Die sind in der Tat lohnenswert und bieten eine düstere Beschreibung der Gegenwart, in der sich aber positive Gedanken finden, wie „Hold On To Hope“ beispielhaft zeigt. Da kann die Musik nur ebenso dunkel und aggressiv sein – ist sie auch, zu jeder Zeit. Zu gleichen Teilen kraftvoll-roh („Saccharine“) und melodisch, hält die Scheibe die Waage zwischen beiden Welten und kann so ziemlich jeden Hardcorler was bieten. Die neuen Leute fügen sich nahtlos ins Soundgewand ein, besonders Drummer Jared (THE HOPE CONSPIRACY) zieht gut vom Leder. PAINT IT BLACK haben ein engagiertes, kraftvolles Album geschrieben, mit dem sie sich in die Herzen und Köpfe eines jeden Corlers spielen werden.
Die Schweden DISMEMBER hatten bisher das „Glück“, nie einen alles definierenden, ultimativen Meilenstein abgeliefert zu haben, so dass sie sich mit jedem neuen Album nicht in der Bredouille befinden, solch ein Meisterwerk toppen zu müssen. Jede Scheibe der Traditions-Death Metaller war bislang von solide über gut bis ausgezeichnet, aber die Erwartungen sind immer nüchtern und werden auch mit dem inzwischen achten Album mehr als befriedigt. Und obwohl Kult-Drummer Fred Estby mittlerweile durch einen Kollegen namens Thomas Daun ersetzt worden ist, haut das Quintett in bewährter Manier ein Brett von Stapel, das sich gewaschen hat. Viel verändert hat sich auch nicht: Abrissbirnen wie „Europa Burns“ (Killer und laut Kollege Heitmann auch live ein Brett!), „Under A Bloodred Sky“ (die obligatorische Maiden-Hommage) „The Hills Have Eyes“, der Brachial-Mitgrölbanger „Legion“, das dynamische „Tide Of Blood“, das schleppende „No Honor In Death“ oder das für DISMEMBER-Verhältnisse überlange, sehr coole „Black Sun“ muss den Jungs in diesem Genre erst einmal jemand nachmachen. Ich vergebe aber bewusst keinen „Tipp“, weil das Album nicht ganz an den formidablen Vorgänger „The God That Never Was“ rankommt, was man angesichts des Selbstbewusstseins, ein Album nach der Band zu benennen, bzw. ihm keinen Titel zu verpassen, ruhig hätte erwarten dürfen. Aber auch so werden die Todesschwadronen der alten Schule ihre dunkle Freude an „Dismember“ haben!
Jon Olivas Pain – nicht wenige werden sofort an des „Mountain Kings“ frühere Werke denken – ein verdammt hoher Standard. Und so klappen die Mundwinkel auch flott nach unten, denn der mühsame, keyboard-lastige Einstieg lässt eher an mundfaule Deep Purple denken, als an den coolen Savatage-Nachfolger oder die geniale Band selber. Doch sobald Jon den Mund aufmacht, wird alles besser – warm welcome, wie der Schweizer so sagt. Diese Stimme ist eingängig wie charismatisch; schön, dass es sie noch gibt. Irgendwo zwischen Metal, Rock und Pop bewegt sich der große Mann scheinbar mühelos, erinnert in softesten Momenten an Supertramp oder gar Pink Floyd (Titel 33 auf der Promo!), verschließt sich aber den härteren Phasen der Ur-Band eben nicht völlig. Über songschreiberische Qualitäten Negatives zu sagen, verbietet sich fast von selber, denn Oliva und seine Kollegen verstecken jede Menge Nuancen zwischen den Zeilen – und machen das Album auch nach mehreren Durchgängen noch zu einem absolut hörenswerten. Allerdings, um das nochmals zu betonen, vor weicheren Abschnitten darf sich der geneigte Hörer nicht verschließen, eine gewisse Offenheit ist vonnöten. „Global Warning“ ist sicherlich kein Weichspüler-Album, vielmehr ein weltoffenes Rock-Album. Womit der Name dann Programm wäre…
PS: Es gibt wohl noch eine so genannte “Limited Edition“ mit 14 Songs(plus „No More Saturday Nights“, von Savatages „Power of The Night“-Zeiten 1983, neu aufgenommen)
Die HORRORPOPS sind einige der wenigen Bands, die aus dem ganzen Rock n’ Roll-/Rockabilly-/Psychobilly-Zirkus hervorstechen. Das liegt natürlich nicht zuletzt an der Kombination aus Ausnahme-Musiker und NEKROMANTIX-Frontmann Kim Nekroman und seiner Frau Patricia Day, die für die 50s-Seele und ordentlich Sexyness sorgt. Ein weiterer Grund dürfte aber auch sein, dass die Band wie selbstverständlich Pop, Rock und andere Stile in ihren Sound einfließen lässt, ohne jedoch ihren Old School-Charme zu verlieren. Das neue und dritte Album kann man fast schon als Konzept-Album bezeichnen, denn in den Texten geht es fast ausschließlich um alte Kinofilme – natürlich um Film Noir, Horror-B-Movies und Artverwandtes. Songtitel wie “Thelma & Louise” oder “Hitchcock Starlet” und natürlich auch der Albumtitel sprechen für sich. Das passt natürlich wunderbar zum Sound, der mal wieder herrlich swingt und rollt und dabei auch noch direkt ins Ohr geht. Es ist also mehr oder weniger alles beim alten geblieben - mit dem Unterschied, dass es weniger rockig als noch auf „Bring It On!“ zugeht, was auch daran liegen mag, dass die HORRORPOPS zum Trio geschrumpft sind und somit eine zweite Gitarre fehlt. Songtechnisch ist dieses Album aber wohl ihr reifstes Werk, denn die diversen Stil-Ingredienzen vermischen sich so gut wie noch nie zuvor zu einem eigenen Sound. Trotzdem – so richtigt rockt die Scheibe nicht, und zwischendurch kommt immer mal wieder Langweile auf. Mag es daran liegen, dass Nekroman eben doch ein besserer Bassist als Gitarrist ist und eben auch ein besserer Bassist als Patricia, mag es daran liegen, dass der Sound insgesamt zu clean, zu flach und Patricias Geang zu sehr in den Vordergrund gemischt ist – es fehlen Dreck, Wumms und ein gewisser Abgehfaktor. Stellenweise ist auch der Gesang selbst ein Problem. Sicher hat Patricia eigentlich eine gute Stimme, aber für die getragenen Passagen mit ihren langen Tönen hätte sie unbedingt ein wenig Gesangsunterricht nehmen sollen. Besonders zu hören ist das in Songs wie „Hitchcock Starlet“ und „Keep My Picture“, die stellenweise kaum zu ertragen sind. Nicht zufällig ist mein Lieblingstrack ein Instrumental: das atmosphärische surf-mäßige „Horror Beach Pt. II“. Ein Pluspunkt ist allerdings die tolle Aufmachung des CD-Booklets, dessen Seiten aus fiktiven Filmplakaten bestehen, in die die Bandmitglieder eingebaut sind. Unterm Strich ist „Kiss Kiss Kill Kill“ sicher kein schlechtes Album. Es ist alles gut gespielt und nett anzuhören – aber ich hätte einfach etwas mehr erwartet.