So manche Metalcore-Band erzählt was von Hardcore-Wurzeln – SLATERS nicht. Bei der Bandgründung anno 2006 war ihnen klar, dass sie Metalcore zocken wollen, wie es MAINTAIN (um mal einen Vergleich aus deutschen Landen heranzuziehen) auch machen. Viel Metal, ein wenig Core und fertig. Die fünf Songs der „Minor Scale“-EP bieten dann konsequenterweise den Genre-Standard und wissen durch gelungenen Songaufbau zu überzeugen, ebenso durch eine sehr gute Produktion. Das hat Hand und Fuß, was die Süddeutschen hier abliefern, auch wenn es sich nicht wirklich vom Genre absetzen kann. Aber das war sicherlich nicht das Ziel der Band, stattdessen sollte die Musik auf dem Silberling landen, die die Musiker mögen. Das ist Metalcore, Punkt. Wer damit was anfangen kann, sollte die EP mal testen.
Normal gilt es ja schon als “Weltmusik”, wenn irgendeine Rockband den regulären Instrumenten noch eine chinesische Harfe, ein peruanisches Waschbrett oder eine isländische Blechtrommel hinzufügt. Aber eine der ganz wenigen Bands, die diesen Begriff noch nicht in die Lächerlichkeit geführt haben, sind TRIBE AFTER TRIBE, bzw. Robbi Robb nebst Band. Kollege Hardy hat in seinem Review zum Vorgänger „Enchanted Entrance“ bereits das Wichtigste zum Schaffen des umtriebigen Südafrikaners geschildert; ich belasse es hier bei der Anmerkung, dass Robbi Robb neben seinen hohen, weit gefächerten musikalischen Ansprüchen zu den ganz wenigen Künstlern gehört, die wirklich eine humanistische Message transportieren, die weit, weit über die typischen „Habt Euch alle lieb und rettet die Wale!“-Plattitüden diverser Pseudo-Weltschmerz-Empfinder hinausgeht. Das neue Werk „M.O.A.B.“, für das Robbi nebst einem knappen Dutzend anderer Musiker auch wieder ARMORED SAINT-Basser Joey Vera am Bass gewinnen konnte, ist wieder eine sowohl musikalisch wie auch textlich sehr vielschichtige Angelegenheit geworden, wobei Robbi gerne viel Interpretationsspielraum freigibt. So steht „M.O.A.B.“ wahlweise für die Wüste, durch die Moses mit seinem Volk den Exodus vollzog, aber auch für Saddam´s „Mother Of All Battles“ oder die amerikanische Variante „Mother Of All Bombs“. Von Rock über Funk, Percussion-Experimente, sphärische Soundeinlagen bis hin zu Blues und kleinen Reggae-Einschüben ist alles erlaubt, was 30 und mehr Jahre an handgemachter Musik hergeben, wobei auf echte Headbanger verzichtet wird (das gitarrenlastige „Holy City Warrior“ kommt dem noch am nächsten). Das Album funktioniert am Besten am Stück, wobei sich nach ein paar Durchläufen echte Ohrwürmer entpuppen, wie etwa die relaxte Hymne „Burning Bush“ oder das obergeile, treibende „Chiron“. „M.O.A.B.“ ist wieder nichts für Krachfetischisten, sondern für Detailliebhaber, die hier eine saustarke Platte vorfinden, die aber ruhig noch den einen oder anderen Megahit vertragen hätte. TRIBE AFTER TRIBE bleiben aber auf jeden Fall eine echte Bereicherung für die Musikwelt!
Pete Flesh hat sich mit seinem FLESH-Projekt ein weiteres Mal ins Studio begeben, um dem Geist des Old School Death Metal zu huldigen. Wie nicht anders zu erwarten hat er auch auf „Worship The Soul Of Disgust“ bis auf die Drums alles selbt eingespielt (Drummer war wieder Kollege Flingan). Tommy Tägtgren hat der Scheibe einen ordentlichen Sound verpasst, der schrammelig-roh aus den Boxen kommt – ganz so, wie es sich für eine Schwedentodscheibe der alten Schule ziemt. Das Songwriting konnte da nicht ganz mithalten und hat einige lahme Songs zu verantworten, die sich einfallslos über die Zeit schleppen. Da war beim Vorgängeralbum mehr Klasse drin. FLESH fällt gegen das eigene Erbe genauso wie gegen die aktuellen Alben der landeseigenen Konkurrenz (GRAVE, DISMEMBER) ab, mehr als Mittelmaß sind die neun Songs zusammen nicht.
Nach zwei starken Melodic Metal Alben („Somewhere Into Nowhere“ und „Equilibrium“) legt die deutsch-norwegische Band S.I.N. um Gitarrist Deddy Andler mit Album Nummer 3 „The 13th Apostle“ auch mit neuem Sänger (der Norweger Patrick Simonsen ersetzte den bisherigen britischen Vocalisten Jason Marks) eine klasse Scheibe, diesmal in Form eines Konzeptalbums, vor. Dynamische Drums, harte Gitarrenparts, angenehmer Gesang und mit Schwerpunkt auf Melodie gelegte, leicht epische (ohne auszuufern) Kompositionen kennzeichnen das neue S.I.N. Werk. Um den Konzept eines 13. Jüngers Jesus namens Julian, der in dessen Schwester verliebt war und alle, einschließlich Judas betrog Rechnung zu tragen, agiert die Band nicht nur mit vier Sängern bzw. Sängerinnen, sondern als Beginn, Überleitungen und Schluss fungieren fünf kürzere, teilweise mit Redepassagen versehene Tracks. Von den meist um die 5 Minutenmarke liegenden Songs sind dabei das von Wechselgesang und Laut-Leis-Dynamik getragene, etwas längere „Junia’s Eyes“ (Achterbahnfahrt mit Ohrwurmgarantie), das druckvolle, mit hervorragenden Gesangpassagen versehene „In Your Darkest Hour“ und der gemächlich, schöne Akustiksong „Tears of Gethsemane“ als überragend zu nennen. Wer sich mit den Texten beschäftigt findet bei S.I.N. auch durchaus kontroverses zum diskutieren. Ansonsten spricht der fette Sound und natürlich die musikalische Umsetzung für einen Erwerb von „The 13th Apostle“ durch den geneigten Melodic Metal / Hard Rock Fan – Amen.
Mit „Good To Be Bad“, den ersten WHITESNAKE-Longplayer seit 1997, knüpft David Coverdale nahtlos an die Mid-Achtziger des letztens Jahrtausend an (man klingt das alt). Aber tatsächlich besinnt sich der ehemalige DEEP PURPLE Sänger der kommerziell großen Zeit der weißen Schlange und siedelt sein neues Werk irgendwo zwischen „Saints And Sinners” (1982), „Slide It In“ (1984) und dem mehrfach Platinveredelten US-Megaseller „1987“ an. Das künstlerisch die bluesgetränkten Hard Rock Scheiben der Anfangsjahre nicht zu Verachten sind, ist unbestreitbar. Auf die Ausrichtung von WHITESNAKE in 2008 hat dies kaum Einfluss, die gesetzten Livestandards mal außen vorgelassen. „Good To Be Bad“ kommt also mit überwiegend hartem Rock daher - schon das Anfangsduo aus dem recht heftig melodischen „Best Years“ und dem eingängig harten, mit Hammerbridge und Refrain versehenen „Can You Hear The Wind Blow“ macht Laune und beamt uns „Back in Time“ - und natürlich den unvermeidlichen Balladen (deren drei an Anzahl). Wobei insbesondere „All I Want All I Need“ ein typischer Tanzflächenschieber ist, aber auch „Summer Rain“ (schon mit ziemlich offensichtlichen Pop-Appeal ausgestattet) den richtigen Anlass versüßen kann. „Lay Down Your Love“ kommt dann im weiteren Verlauf des Albums als Hommage des Überhammers „ Still Of The Night” daher – ein echt gelungener Song, dem Vorbild kann der Track aber natürlich nicht das Wasser reichen. Mit „Til The End Of Time” gibt es dann noch einen ungewöhnlichen, Country angehauchten semiakustischen Rausschmeißer. Ein fetter Sound und natürlich noch immer Coverdales Organ machen die Sache dann endgültig rund. Die Limited Edition hat dann für den Fan noch die Akustikversion von „Summer Rain“, einen Radio-Edit von „All I Want All I Need“, den Live-Track „Take Me With You“ und das Video zu „Ready To Rock“ zu bieten. Mit „Good To Be Bad“ dürften WHITESNAKE also höchstens die Blues-Fanatiker der ersten Jahren enttäuschen – alle anderen können den neuen Stoff bedenkenlos abgreifen. Und den einen oder anderen Jungspund könnte das klasse 2008er-Output neben der obligatorischen Best-Of Compilation auch noch zu den oben genannten Referenzwerke der Briten führen (es sind tatsächlich keine Amis). Die hätten es auch redlich verdient.
UNEARTHLY TRANCE weichen auch mit ihrem neuen Album nicht Kurs ab und schreddern sich durch einen rohen Doombrocken, der irgendwo zwischen CROWBAR, HIGH ON FIRE und BIRDS OF PREY zuhause ist. Dabei entwickeln die acht Songs ihren ganz eigenen Charme, wenn doomige Passagen von flott groovenden Abschnitten unterbrochen werden. Ein wenig klingt es, als hätten Lemmy und Ozzy irgendwann in den Siebzigern zusammen gejammt und dabei einen räudigen Sänger ans Mikro gekettet. Würde auch die dezenten Punkeinflüsse im Sound erklären, die gelegentlich durchschimmern. Insgesamt gibt’s auf „Electrocution“ eine eigenwillige Soundmischung zu hören, die charmant und auf hohem Niveau wummert, auch wenn kein Song wirklich herausragt. Aber besser acht gute Songs, als ein Killer und sieben Filler. Wer mit dem New Orleans-Sound was anfangen kann oder einfach mal Bock auf eine rotzig-charmante Platte hat, sollte „Electrocution“ eine Chance geben. Doomfreaks könnten von den Tempoausbrüchen aber überfordert sein, also Vorsicht walten lassen!
Seit ihrer Gründung im Jahr 2001 gilt die Band aus Southhampton als Geheimtipp für anspruchsvollen, bombastischen Melodic Metal und konnte viele Fans bereits auf drei Studioalben überzeugen. Doch auch Kritik musste das Quintett nicht wenig einstecken, denn der „Happy Metal“-Faktor mit Quietschfidelgarantie war vielen Hörern doch ein Dorn im Ohr. Unter diesem Problem leidet auch „Master Of Illusion“, bei dem Leute, die bereits bei alten HELLOWEEN Reißaus nehmen, gleich aus dem Fenster springen. Ein paar echt gelungene Songs mit coolen Ohrwurmmelodien der Marke „Cemetary Gates“, „The Vigil“ oder „I Don´t Believe In Friends Forever“ haben die Jungs fraglos auf der Pfanne, doch unterliegen diese positiven Aspekte der drucklosen, pappigen Produktion und den unglaublich kitschigen, vor Klischees triefenden Texten, die auch noch einen latent christlichen Anstrich haben, bei dem selbst den Bibel-Dauerfeuerern STRYPER vor Freude das Abendmahl aus der Hand poltern würde. Schade, dass die durchweg sehr guten instrumentalen und auch songwriterischen Künste der Engländer durch diesen unnötigen Trallala-Schmonz immer wieder zunichte gemacht werden, denn sonst wäre „Master Of Illusion“ ein echt starkes Album geworden.
SLAVE ZERO stammen von der Grünen Insel, was ihnen wohl noch immer einen Exotenbonus einbringt. „The Pain Remits“ hat mittlerweile zwei Jahre auf dem Buckel, aufgenommen wurden die fünf Songs bereits Anfang 2006, aber erst jetzt fand sich ein Label. Sonderlich aufregend vergehen die 25 Minuten nicht, die Mischung aus fiesem Thrash Metal, Hardcore und Brüllwürfel ist mittlerweile ziemlich ausgelutscht und wird von SLAVE ZERO ohne große Inspiration nachgespielt. Im Prinzip machen sie alles richtig, aber im Prinzip herrscht in Russland auch Pressefreiheit. „The Pain Remits“ wird live sicher funktionieren, in der heimischen Anlage lassen sich derweil hundert mitreißendere Scheiben aus dem gleichen Genre hören.
Zehn Jahre Pause haben sich GODS OF EMPTINESS gegönnt. „Consumption Is Freedom?“ ist also sowas wie ihr Comeback-Album. Und wie bei so vielen Comebacks, Reunions (auch wenn hier nicht das orignale Line-Up aktiv ist) und Projekten stellt sich die Frage nach der Sinnhaftigkeit. Die dreizehn kurzen Death Metal-Songs lassen kein eindeutiges Urteil zu. Gut produziert gibt es immer anständig auf die Fresse, aber wirklich überzeugen kann das nicht. Manches Mal holpert das Drumming vor sich hin (die Blast-Parts sind ordentlich geworden), die Growls sind durchweg gut, die Songstrukturen dafür zu eintönig. „Music For The Masses“ kann mit elektronischen Tönen etwas Abwechslung bringen, ebenso der Sample-Einsatz und die abwechselnd deutsch und englisch daherkommenden Texte. Allerdings reicht das nicht, um „Consumption Is Freedom?“ zu einer Genre-Perle werden zu lassen. Vor zehn Jahren, als das Genre erst gerade wieder in der Auferstehung begriffen war, hätten GODS OF EMPTINESS überzeugen können, im überlaufenen Death Metal-Sektor des Jahres 2008 geht die Scheibe gnadenlos unter und wird sich im Mittelmaß wiederfinden.
Bei ETERNAL LORD sind keine Anfänger am Werk, einige der Mitglieder haben bei I KILLED THE PROM QUEEN und BURNING SKIES Erfarungen sammeln können. „Blessed Be This Nightmare“ profitiert davon, im handwerklichen Bereich sind die Engländer allesamt fit und wissen, was sie können. Allerdings hapert es im Songwriting ganz gewaltig – kaum einer der Songs kann sich vom Death Metal-meets-Hardcore-Schema absetzen, das zudem beinahe durchgehend im gleichen stampfenden Tempo angesiedelt ist und so schnell eintönig wird. Über den Versuch, mit „Amity“ völlig andere Wege zu gehen, sollte der Schleier des Vergessens geworfen werfen, das ist ist gar nix. So plätschert „Blessed Be This Nightmare“ vor sich hin und kann den geneigten Hörer selten einmal fesseln. „Set Your Anchor“ und „O’Brothel Where Art Thou“ sind da noch die besten Songs und lassen sogar leichte Vergleiche mit THE BLACK DAHLIA MURDER zu. Aber das war es auch schon an guten Ideen. Und das ist am Ende zu wenig, um in einem Genre mit einer so großen Veröffentlichungsflut wie dem Metalcore lange bestehen zu können.