Die Kanadier SACRIFICE aus Toronto gehören zu den “vergessenen” Thrash-Bands, die früh in den 80er Jahren (in diesem Fall 1983) durchstarteten, denen jedoch eine größere Karriere nebst Ansehen verwehrt blieb. Lediglich zum viel zitierten Kultstatus hat es in der bis dato zehnjährigen Bandgeschichte (die vorläufige Auflösung erfolgte 1993) wohl gelangt, aber von dem hat man ja noch keine Butter auf dem Brot, nicht mal das Brot selber. Dass das Quartett um Gitarrist und Sänger Rob Urbinati trotzdem immer noch Spaß an der Sache hat, hört man „The Ones I Condemn“, dem fünften Album der Jungs, durchgehend an. Große Innovationen darf man natürlich nicht erwarten, auch wenn die Scheibe mit einer wirklich fetten Produktion und sogar stellenweise recht modernem Gitarrenspiel glänzt. Mit Joe Rico als zweitem Axtmann brennt die Band ein sehr gelungenes Riff-Feuerwerk ab, das von Urbinatis coolem Krächzgesang (der etwa wie eine „Melodic Death-Variante“ von DESTRUCTION´s Schmier herüberkommt) gekonnt untermauert wird. Granaten wie „Give Me Justice“, „Tetragrammaton“ oder die herrlich aggressive, rohe Live-Version des 1991er Stückes „Soldiers Of Misfortune“ (europäischer Exklusiv-Bonustrack!) machen keine Gefangenen und werden jedem Old School-Thrasher, der etwa auch die letzten, etwas zeitgemäßer produzierten EXODUS-Platten mochte, garantiert gefallen. Kein Meisterwerk, aber nach ganzen 17 Jahren ein außergewöhnlich gutes Comeback einer Truppe, die sich damit hoffentlich zumindest wieder einen kleinen Platz in der Szene erspielen kann. Stark!
Dieses italienische Trio (in meinem Infomaterial sind noch vier Gestalten zu sehen, obwohl auf der Homepage nur von drei Herren, nämlich Rob, Luca und Ricca, die Rede ist) scheint stolz darauf zu sein, zum Underground zu gehören, obwohl „Underground´n´Roll“, das inzwischen dritte Album der Band, gar nicht so richtig undergroundig tönen will. Es gibt recht unspektakulären, rotzigen Rock´n´Roll zu hören, der in etwa die Zielgruppe der HELLACOPTERS- oder GLUECIFER-Fans ansprechen dürfte und nicht mit schön schlüpfrigen Inhalten geizt. Es geht in durchweg soliden, aber nicht Bahn brechenden Songs wie „Satan Porno Dog“, „Cemetary Beach“, „No Scout? Yes, Party!“ oder „Dead Pride“ um die sonnigen Seiten und schönen Dinge des Lebens: Bier, Feiern, Blowjobs, Saufen, Feten, Vögeln… genau in dieser Reihenfolge. Leider mangelt es der Scheibe auch an Abwechselung, und auch nach mehreren Durchläufen will sich weder ein echter Gassenhauer zu erkennen geben noch ein größerer „Aha-Effekt“ einstellen. Als Hintergrundbeschallung für den abendlichen, geselligen Umtrunk eignet sich „Underground´n´Roll“ daher noch halbwegs, doch essentiell ist das Werk keinesfalls.
Die Hamburger MINOTAUR sind zwar längst nicht so bekannt und groß wie ihre Kollegen und Landsmänner DESTRUCTION, SODOM, KREATOR und Co., aber es gibt sie schon seit 1983, was sie so gesehen zu Mitbegründern der heimischen Thrash-Szene macht, auch wenn sie das letzte Vierteljahrhundert im Underground verbracht haben. Sie sind quasi „Original“, keine „Fälschung“ und wissen nach all den Jahren auch musikalisch zu überzeugen, auch wenn sie im direkten Vergleich nicht ganz mit dem aktuellen Schaffen ihrer oben genannten Mitstreiter konkurrieren können. „God May Show You Mercy… We Will Not“ klingt auf ungeheuer sympathische Weise ehrlich, ungekünstelt, authentisch und auf sehr positive Art naiv. Den Begriff „Weiterentwicklung“ enthält das MINOTAUR´sche Wörterbuch nicht, und während sich die Kollegen im Laufe der Jahre doch um Einiges gemausert und zwischenzeitlich mitunter sogar moderne Töne angeschlagen haben, sind die gehörnten Nordlichter irgendwo in einer Zeitschleife Mitte der 80er hängen geblieben. Eben deswegen hämmern Granaten wie der geile Opener „Armegiddo“, „Full Speed Ahead“, „Soulless“ oder die coole Aggro-Version des W.A.S.P.-Klassikers „Animal (F..k Like A Beast)“ dem Hörer ein schelmisches Grinsen in die Hackfresse und machen diese Scheibe zu einer sehr eingängigen Zeitreise. Wer etwa das (einen Tick stärkere) aktuelle BITTERNESS-Werk „Genociety“ ins schwarze Herz geschlossen hat, wird auch „God May Show You Mercy… We Will Not“ mögen. Schönes Ding!
WHILE HEAVEN WEPT aus Virginia, USA gehören nicht unbedingt zu den veröffentlichungsfreudigsten Bands der Szene und haben in ihrer gut zwanzigjährigen Karriere nebst diverser Singles und EPs gerade erst zwei vollständige Alben herausgebracht. Allerdings geht in diesem Fall eindeutig Klasse vor Masse, denn alles, was Gitarrist/Keyboarder/Sänger Tom Philips (der auch hier wieder Unglaubliches leistet) und Co. bislang auf dem Kerbholz haben, ist erstklassig; da macht auch „Vast Oceans Lachrymose“ keine Ausnahme. Epischer, monumentaler, bombastischer Doom Metal, der noch ausladender wirkt als etwa die Ergüsse von Kollegen wie CANDLEMASS, SOLITUDE AETURNUS und Co., überfällt den Hörer mit einer ungeheuren Wucht und will erst nach mehreren Hördurchläufen in seiner gesamten Breite erfasst werden. Die sechs Stücke auf dem Album sind durchweg großartig, auch wenn man sich an die fast schon Filmscore-artigen Instrumentalpassagen gegen Ende der Scheibe gewöhnen muss. Aber auch diese Klanggebirge sind dermaßen emotional gehalten, dass sie neben den „konventionellen“ Stücken wie dem formidablen Opener „The Furthest Shore“ oder dem mitreißenden „To Wander The Void“ kaum abfallen. WHILE HEAVEN WEPT haben wieder mal alles richtig gemacht und fügen ihrer kleinen, aber feinen Diskografie eine neue Perle hinzu, die neben dem neuen Werk von COUNT RAVEN das Beste markiert, das im Doom Metal momentan zusammengebraut wird. Für Genre-Fanatiker einfach unverzichtbar!
Zeitgleich mit der 25th-Anniversary Veröffentlichung des KEEL-Hammers „The Right To Rock“ versucht Sänger und Bandleader Ron Keel zusammen mit Originalgitarrist Marc Ferrari eine weitere Achtziger-Reunion. Unter dem Titel „Streets Of Rock & Roll” lassen die Veteranen nach ihren ersten, in den Staaten durchaus erfolgreichen Alben von 1984 bis 1989 eine neue Scheibe folgen. Seitdem ist viel Whiskey den Hollywood Boulevard runtergeflossen, Ron Keel hatte es gar in erweiterte Western und Country-Gefilde vertrieben (unter Ronnie Lee Keel oder u.a. bei der Southern-Metal-Band IRON HORSE). 2010 erinnern KEEL nun eher an SAXON und teilweise gar an rockige MOLLY HATCHET anstatt wie früher an KISS, was aber nicht nur an der mittlerweile etwas tieferen Stimme von Sänger Ron KEEL liegt, sondern auch an den oft NWOBHM-kompatiblen und leicht southern-bluesigen Kompositionen. Als Appetizer darf der geneigte Fan ruhig mal in die gut und locker ins Ohr gehende Rocksongs „Come Hell Or High Water“, „No More Lonely Nights“ und „Brothers In Blood“ reinhören und natürlich in die typische, gut gemachte 80er-Rock-Ballade „Does Anybody Believe“. Mitgewirkt haben auf „Streets Of Rock & Roll” auch noch Jaime St. James (von den zu Unrecht fast vergessenen BLACK’ N BLUE) und Paul Shortino (ROUGH CUTT, QUIET RIOT), produziert wurde das Album von Pat Regan (KISS, WARRANT, DEEP PURPLE), wobei aber die Tracks etwas mehr Punch vertragen hätten – da hat man etwas Power verschenkt. Alles in allem ist „Streets Of Rock & Roll” so eine gute Scheibe für die Zielgruppe geworden um mit KEEL und neuem Stoff in allen Erinnerungen zu schwelgen.
Es war, soweit mein Hirnsieb das noch gespeichert hat, 2004, als ich mit dieser Malteser Doom-Truppe auf dem „Headbangers Open Air“ zum ersten Mal in Kontakt kam. Damals gehörte die Band um den recht kleinen, aber dafür umso stimmgewaltigeren Leo Stivala zu den Highlights des Festivals, denn der Sound, der irgendwo in der CANDLEMASS-Straße, Ecke COUNT RAVEN-Platz, nahe SOLITUDE AETURNUS-Allee im Stadtteil THUNDERSTORM angesiedelt ist, wusste mir von Anfang an zu gefallen. Und dabei sind FORSAKEN keine Newcomer, sondern existieren schon seit 1990 und können auf bereits drei Alben nebst diverser kleinerer Veröffentlichungen zurückblicken. Mit seinem neuen Werk „After The Fall“ hat das Quintett jedenfalls eine reife Leistung abgeliefert, denn viel besser und mitreißender kann man epischen Doom kaum spielen. Hinzu kommt, dass das Album richtig fett produziert wurde, so dass die monströsen, mächtigen Riffs (die ein Herr Iommi nicht besser dahinsägen könnte) perfekt zur Geltung kommen und superbe Songs wie den geilen Opener „Aidenn Falls“ (Ohrwurm ahoi!), das balladesk beginnende „The Lord Sayeth“, den Lavastrom „Armida´s Kiss“ oder den ganz am Ende versteckten Oberhammer „Metatron And The Mibor Mythos“ nachhaltig veredeln. „After The Fall“ kann vielleicht nicht ganz mit den aktuellen Werken von COUNT RAVEN oder CANDLEMASS mithalten, ist aber in diesem leider völlig unterbesetzten Genre eine echte Perle, die jedem Genre-Fan gefallen wird. Klasse!
SAINT SHELTER überraschen auf “Caged Inside” mit langen Songs (unter fünf Minuten ist da keiner) und der Absage an gängige Metalcore-Klischees (auch wenn sich hin und wieder Brees eingeschlichen haben). Die Jungspunde versuchen sich an abwechslungsreichem Songwriting, das mit vielen gut gesetzten Breaks und einem immer vorhandenem roten Faden überzeugen kann und mehr bietet als der Großteil der Genre-Konkurrenz, die sich nur zu gerne auf Breakdowns verlässt. SAINT SHELTER scheinen da mehr vom klassischen Metal beeinflusst zu sein, Gitarrensoli inklusive. Das Ergebnis kann überzeugen, auf EP-Länge zumindest. Beim Sound ist einzig der Drumsound noch verbesserungswürdig, dem fehlt der Druck, während die Gitarren nicht meckern können. Auch handwerklich bewegen sich SAINT SHELTER auf hohem Niveau, etwas mehr Emotion in den cleanen Gesangsparts und die Chose ist richtig gut. „Caged Inside“ ist eine überzeugende Scheibe geworden, die Lust auf mehr macht.
Wie schreibt das Label so schön: „Mit der Veröffentlichung von „Gold Medal In Metal“ stellte sich aber auch eine kurze Periode des Winterschlafes für DREAM EVIL ein.“ Und ich dachte da schon die Jungs wären Geschichte. Nach zwei bzw. drei richtig guten Scheiben zu Anfang des Jahrzehnts verließen Gitarrenhexer Gus G (FIREWIND, und seit neustem Ersatz für Zakk bei OZZY) und Drummer Snowy Shaw (KING DIAMOND, THERION) die Band; das folgende Album „United“ konnte dann auch nicht vollständig überzeugen. Die Best of-Scheibe schien das Ende zu markieren. Mit „In The Night“ kommen die Mannen um Fredrik Nordström mit neuem Gitarristen an Bord (Dannee Demon) und neuem Schwung daher. DREAM EVIL setzen bei ihrem fünften Studiowerk weniger auf Image (trotz vorhandener Klischees) und agieren gekonnt an manch ausgetretenen Pfaden vorbei. Bereits der Opener „Immortal“ hat ein absolut bandtypischen Gesangslinie und haut auch gut rein, das zum mitgrölen einladende sehr eingängige „See The Light“ entpuppt sich als echter Ohrwurm - der hymnische Powersong „On The Wind”, die witzige, nicht ernst gemeinte Ballade „The Ballad“ (toll passender Titel), das eher getragene Miniepos „In The Fires Of The Sun“ und das perfekt arrangierte, aber auch leicht kitschige „The Unchosen One” seien mal als Anspieltipp genannt. DREAM EVIL sind mit „In The Night“ wieder in der Spur und machen dass, was sie am Besten können - einfach nur Spaß. Und auch wenn man „Dragonslayer“ oder „The Book Of Heavy Metal“ (noch) nicht das Wasser reichen kann – mit dieser Scheibe dürften DREAM EVIL die Metalgemeinde reichliche erfreuen.
Die Limeted Edition kommt als Mediabook-CD mit geändertem Artwork, einen dickeren Booklet, 2 Bonussongs („Good Nightmare“ und „The Return“) und einem Band Patch daher.
Die OZZYresken Schweden von HELLFUELED sind mit neuem Stoff zurück. Zusammengebraut wurde das neue Werk „Emission Of Sins“ wie eh und je als Déjà-vu der guten alten Zeit – die üblichen Verdächtigen (von genannten OZZY über PRIEST bis MAIDEN) lassen dabei allenthalben grüßen – denn HEELFUELD bieten auch 2010 waschechten Metal, mit einem heavy Groove und schön fetten Gitarren. Also Regler gen Norden und bei Songs wie dem teuflisch in die Knochen gehenden „Am I Blind”, dem stampfenden und sich wunderbar zäh entwickelnden „I’m The Crucifix“, dem sich ins Hirn fräsenden, mit locker-coolen Gitarrensoli versehenen „For My Family and Satan”, dem hitverdächtigen „In Anger” und dem gut reinlaufenden und mit Hammer-Refrain ausgestatteten „End of the Road” lässt sich hervorragend nostalgisch bangen. Die gute Produktion und natürlich ein Sänger der einen aus den Latschen haut gibt dann den Rest. Wer also die ewigen OZZY und SABBATH Vergleiche nicht satt hat und dabei auch noch auf riffebetontes steht, der ist mit HELLFUELED und ihren „Emission Of Sins” schon richtig gut bedient.
DIORAMIC entziehen sich auf “Technicolor” allen Schubladen, das Etikett Progressiv passt da noch am ehesten, denn was die Pfälzer in den elf Songs verbraten, reicht von Postcore bis Death Metal, von Rock bis Pop. Dabei ist das Ergebnis nachvollziehbar und trotzdem abgefahren („Lukewarm Remains“) und von Kurt Ebelhäuser (BLACKMAIL, DONOTS) hervorragend produziert worden. „Technicolor“ macht dadurch immer Druck, gerade wenn die Gitarren die Führung übernehmen und der Gesang sich zurückhält. Der ist so variantenreich, dass er sich der insgesamt sehr komplexen Musik bestens anpasst und sehr dazu beiträgt, die Stimmung festzulegen, die von extrem aggressiv bis verträumt reichen kann. Es fällt schwer, „Technicolor“ zu beschreiben, DIORAMIC haben sich mit diesem Album bewusst zwischen alle (Genre)Stühle gesetzt und werden ihr Fans so in allen Szene-Lagern finden, solange diese ein Faible für komplexe, atmosphärische Musik haben.