Wer ein Album mit einem Spoken-Word-Sample von Schwergewicht Bud Spencer (beziehungsweise seiner deutschen Synchronstimme) beginnen und mit einem ebensolchen Sample von Nochschwerergewicht Rainer Calmund enden lässt, scheint ordentlich Spaß an der Sache zu haben! Man merkt den Kölner Thrashern zu jeder Sekunde an, dass sie keine wirklichen Newcomer mehr sind, sondern bereits an die 15 Jahre Erfahrung auf dem Buckel haben. Nachdem die Band einige Jahre von der Bildfläche verschwunden war, erscheint mit „Kickstart Revolution“ das Comeback, das sich nicht hinter „professionellen“ Veröffentlichungen verstecken muss. Zwar eine Eigenproduktion, doch klanglich voll auf der Höhe und ordentlich fett produziert, weiß das Album mit Stücken wie „Into The Mire“, „Vengeance“, „Shatter The Swastika“ oder „Die At The Stake“ zu überzeugen, die allesamt herrlich sägende Riffs und den coolen Aggro-Gesang von Sven Bodsch auffahren. GUERRILLA liegen stilistisch irgendwo zwischen Tradition und Moderne und dürften speziell Leute ansprechen, die etwa auf die letzten TESTAMENT-Werke, vor Allem THE HAUNTED, aber auch entfernt auf Bands wie CALIBAN oder HEAVEN SHALL BURN abfahren. Lediglich die etwas fehlende Inspiration beim Songwriting (an ihre Vorbilder reichen GUERRILLA trotz aller Qualitäten noch nicht heran) und die daraus noch resultierende Gesichtslosigkeit halten mich davon ab, einen „Tipp“ für „Kickstart Revolution“ zu vergeben und lassen das Album als „nur“ gut durchs Ziel laufen. Trotzdem eine Band, die noch viel reißen könnte.
Das Album kann übrigens kostenlos über die Homepage der Band heruntergeladen werden!!!
MIA HOPE geben sich auf ihrem Rising Records-Debüt „We Are Just Satellites“ alle Mühe, die gängigen Metalcore-Zutaten zu einer eigentständigen Mischung zu verarbeiten, scheitern an diesem Anspruch aber (wie so viele ihrer Labelkollegen). Die zwölf Songs sind zwar anständig brutal und mit guter Produktion ausgestattet, lassen aber den letzten Kick vermissen, der eine Platte aus dem Mittelfeld des Genres in die Spitzengruppe bringt. Manches Mal funktioniert die Mischung aus wütenden Passagen, viel Gebrüll und leisen Tönen (wie im vierten Song), aber oft wird das durch fast schon zum Standard gewordene Breakdown-Parts kaputtgemacht. Da siegt die Unsicherheit über den eigenen Mut, da wird Metalcore-Klischee genommen, ohne zu merken, dass die richtig gute Idee darunter begraben wird. Mehr Postcore-Parts, mehr Frickeligkeit, mehr Melodien würden „We Are Just Satellites“ gut tun, zumal wenn gleichzeitig die vielen unnötigen Standard-Metalcore-Parts zurückgeschraubt werden. Hoffnung auf Besserung? Missing in action hoffentlich nicht. MIA HOPE haben viel Talent und handwerklich einiges auf der Pfanne, jetzt müssen sie nur klarkriegen, wo die Reise musikalisch hingehen soll.
Mit ihrem 2006er Massaker „Satanic Armageddon“ haben die Kolumbianer HORNCROWNED eine extreme Vollgas-Black Metal-Platte aufgenommen, bei der es zumindest in Sachen Songwriting noch etwas gehakt hat. Das Album bietet ausschließlich Hochgeschwindigkeit, so gut wie keine Abwechselung und ist in erster Linie für Leute erdacht worden, die von einer Scheibe wie „Panzer Division Marduk“ nicht genug bekommen können. In die selben Fußstapfen tritt „Casus Belli Antichristianus“, das inzwischen dritte vollständige Werk von Demongoat, Bombardier, Dev Spectrum und Perverssturm (!). Nach einem kurzen Intro legt das Quartett dermaßen mit dem Dampfhammer los, dass einem die (in meinem Fall nicht vorhandene) Frisur in die Horizontale übergeht, und sich Fans der Band gleich wie zu Hause fühlen. Songtitel wie „Outbreak Of War (Twilight Of Fire)“, „Lucifers Flamethrower Horde (Thy Demonical Squad)“, „Defeated Christ (Hellish Forces Development)“ oder „Goats Troops Conquers (Ad Infinitum)“ sprechen Bände und bieten völlig bombastfreie Schwarzraserei. Sehr originell ist die Tatsache, dass zu wirklich jedem Songtitel ein in Klammern gesetzter Untertitel existiert, was schon beim Anblick des Backcovers neugierig auf die Scheibe macht. In Sachen Kompromisslosigkeit verdienten HORNCROWNED fraglos den „Tipp“ für eine der konsequentesten Trümmerplatten der letzten Zeit, doch kommt auch hier wieder die Abwechselung einen Tick zu kurz, bzw. wird das hohe Niveau einer Überkapelle wie MARDUK (denen man stilistisch noch am Nächsten steht) zumindest noch nicht ganz erreicht. Trotzdem bleibt „Casus Belli Antichristianus“ ein Album, das jeden Black Metaller mit Vorliebe für Riffdonner im ICE-Tempo begeistern dürfte!
Ich glaube, das ist das erste Album überhaupt, das mir von einer bulgarischen Band zu Ohren kommt! Das Land, das an das Schwarze Meer grenzt, ist nicht gerade bekannt für seine enorme Veröffentlichungsflut, was eine Band wie RAMPART aus der Landeshauptstadt Sofia schon mal grundsätzlich interessant macht. Das Quintett (laut Info sind nur drei Bandmitglieder angegeben) hat sogar eine Frau am Mikro, die allerdings weder Opernarien jault noch abgrundtief grunzkreischt. Die Dame namens Maria mit ihrer kräftigen, fast schon maskulinen Singstimme, tönt eine Ecke tiefer als Kollegin Doro und erinnert an die ehemalige WHITE SKULL-Frontlady Federica De Boni (falls die noch wer kennt…). Das ist auch schon das einzig Erwähnenswerte einer Platte ohne Highlights. RAMPART schreiben absolute 08/15-Kost, die ebenfalls von einer der Anfang des letzten Jahrzehnts im Hundertpack wie Pilze aus dem Boden geschossenen, italienischen „True“-Metal-Schrottkapellen hätte stammen können. Zudem wurde „Voice Of The Wilderness“ unterirdisch produziert, klingt dumpf, unvoluminös und schlichtweg gruselig. Stichwort Songwriting: der Opener „Under Control“ geht noch als halbwegs gelungener Ohrwurm durch, aber „Warriors“, der Titelsong oder „Deserts Of Time“ bieten rein gar nix, was man nicht schon x mal von versierteren Bands besser vernommen hätte. Immerhin verzichtet die Band dankenswerterweise auf schwülstige Keyboards, die dieser akustischen Notdurft den Gnadenschuss verpasst hätten. Nee, Leute, mit einer Scheibe wie „Voice Of The Wilderness“ wird Bulgarien ganz sicher kein großes Metal-Exportland. Da muss Einiges mehr kommen…
VÖRGUS aus Schweden gründeten sich Anfang des letzten Jahrzehnts in der Absicht, möglichst „echten“, rauen Old School-Metal zu zocken, was ihnen zumindest aktuell ganz gut gelingt. Das Trio Nenne Vörgus (Gitarre, Lead-Gesang), Straight G (Gitarre, Gesang) und Mikke Killalot (Drums, Gesang) kommt ohne große Umschweife auf den Punkt und rotzt seine Mischung aus „europäischem“ Metal, 80er-jahre-Thrash und einer Prise Punk-Attiüde schnörkellos in Richtung Hörerschaft. Dabei erinnern die Jungs nicht selten an eine räudige Variante von GRAVE DIGGER, was besonders am kehligen Röhrgesang von Bandchef und Namensgeber Vörgus liegt. Natürlich werden hier keine Originalitätsfanatiker und Schöngeister angesprochen, aber das ist auch nicht das Ziel der Band, die mit durchweg sehr hörenswerten Granaten wie „In Metal We Trust“, „Hell Hell Satanas“ oder „Headhunter“ mühelos überzeugt. Zwar erreicht man nicht die hohe Songwriting-Kunst von Brüdern im Geiste der Marke DESASTER, IMPIETY oder den allmächtigen VENOM (die allesamt immer mal wieder bewusst oder unbewusst im Stil der Band durchscheinen), und auch in Sachen Produktion geht „Hellfueled Satanic Action“ nicht gerade als Referenz durch, da der Sound viel zu leise und schwachbrüstig daherkommt, doch unterm Strich bin ich mir sicher, dass das Album bei der Zielgruppe seine Freunde finden wird. Nichts Besonderes, aber ein kurzweiliges Inferno alter Schule.
CREMATORY kann man durchaus als eine der (umstrittenen) Konstanten des deutschen Metal bezeichnen. Von „einfallslos pathetisch“ bis „Sperrspitze des Gothic Metal“ reichen dabei die Einschätzungen; wobei es der gar nicht kleinen Fanschar trefflich „wurscht“ ist, was die Konkurrenz und Kritiker vom Stapel lassen. Auch mit ihrem 2010-Werk „Infinity“ werden CREMATORY daran wenig ändern. Einem Tick härter sind sie, die Grundstimmung wirkt dunkel, es ist weiterhin hypermelodisch und riffbetont, die Keyboards füllen die Lücken und machen die Songs orchestral, der Wechselgesang ist angenehm, die Produktion angemessen fett. Neben hitverdächtigem und den üblichen Tracks mit deutschen Lyrics gibt es aber auch wieder recht belanglose Kompositionen, die Grenze zum Kitsch und die einfachen Keys sind gewollte Trademarks. Insoweit nichts neues aus dem CREMATORY-Lager. Dabei heben sich der als Titeltrack fungierende harte Opener „Infinity“, der wunderschöne Midtempo-Song „Sense Of Time“, „Never Look Back“ wie auch „No One Knows“ mit ihrem Industrial-Flair und die mit kritischem, leicht naiven Songtext versehene Schlussnummer „Auf der Flucht“ als Songs hervor. Das recht gelungene DEPECHE MODE-Cover „Black Celebration“ hat Pepp und sollte damit auch auf den einschlägigen Tanzflächen funktionieren. „Infinity“ ist sicher ein gutes CREMATORY-Album geworden. Für die Fans der Band sicher ein Highlight nach den eher nicht so übermäßigen letzten beiden Alben. Aber auch mit „Infinity“ knüpfen CREMATORY nicht an alte Klassiker an.
Prinzipiell hat mein Kollege Hardy in seinem Review zum Debütalbum der Spanier, „Jugando Con Fuego“, bereits alles zum Status der Band von der Leine gelassen, so dass ich mich hier ganz und gar auf den Inhalt des Zweitwerks der Jungs konzentrieren kann. Und auch hier sieht das Fazit ähnlich aus wie das von Hardy seinerzeit: „Inmune“ ist eine ordentlich umgesetzte Hard Rock-Scheibe, die speziell durch den kraftvollen, rauen und stets in mittleren Tonlagen (mir scheint, der Mann kennt nur eine einzige Tonlage…) verweilenden, spanischen Gesang von Ricardo Lazaro an Fahrt gewinnt. Hingegen liefet das Quartett in Sachen nachhaltigem Songwriting leider nur Schonkost ab. Stücke wie der flotte Opener „Yo Digo Bien“, der leicht vertrackte Stampfer „Nadie Me Dirá (Lo Que Tengo Que Hacer)“, das cool nach vorne peitschende „Hasta Quedar Sin Voz“ oder der Banger „Ya Es Tarde“ sind keineswegs schlecht und wissen mitunter sogar wirklich zu gefallen, aber richtig im Ohr hängen bleibt keiner der 13 Songs. Zudem klingt die Gitarre von Miguel Lazaro (Bruder von Sänger Ricardo) sehr schrammelig und dabei irgendwie matschig-dröge, was über die gesamte Spielzeit der Scheibe ein wenig unpassend herüberkommt und ihr einiges an Power nimmt. „Inmune“ ist eine dieser Platten, die deutlich zu gut zum Verreißen sind, deren Banalität sie aber fast unempfehlenswert macht, selbst für die angepeilte Zielgruppe.
Die dänischen NEOTEK sind keine Arbeitstiere. Jedes Jahrzehnt gibt es ein neues Album, das zweite nach knapp 15 Bandgeschichte liegt nun vor. Und wieviel sich in der Szene verändert hat... dem eigenen Bandnamen konnte man in der damals gerade aussterbenden und härter werdenden EBM Szene durchaus gerecht werden, "Brain Over Muscle" war nett. Heute aber hat man ohnehin das Gefühl alles schonmal gehört zu haben und so tue ich mich mit NEOTEK schwerer als gehofft. Vom grottig-trashigen Coverartwork abgesehen ist "Sex, Murder & Rock'n Roll" wenig "Neo" sondern eher ein Versuch alles mal auszuprobieren - und damit in meinen Ohren recht ziellos für drei nicht mehr ganz junge Herren. In ihren Herzen schlägt noch alter EBM-Zeitgeist, keine Frage, der rote Faden fehlt indes: Nach dem bedrohlichen und textlastigen "My Shiny 44" lassen sie mit "Right Or Wrong" eine tanzbare Clubnummer folgen um dann mit "Paradise" recht ätzend-rockig zu dröhnen. Das geht mal mit Gitarrensounds, mal mit monotonen Gesangspassagen (ganz Rock'n Roll auch gerne häufiger etwas daneben und fast durchweg eher schnoddrig (aus zwei Kehlen) und meist EBM-eindimensional geshoutet), mal mit hammernden Beats und ganz am Ende gar versöhnlich melodisch (und auf deutsch: "Einsamkeit") - NEOTEKs wilde Mischung ist etwas zu durcheinander um den Kern der Band herauszuarbeiten (und sich daran zu erinnern was sie denn nun ausmacht). Ich finde NEOTEK nicht überragend, kann der kraftvollen Elektronik mit leicht dreckigem Anspruch aber durchaus etwas abgewinnen, doch genug des Redens um den heißen Brei: "Sex, Murder & Rock'n Roll" ist ein überdurchschnittliches Album mit Selbstfindungsproblem.
Mit ihrem dritten Album „Human Fragility” (bereits 2009 erschienen) hat die Bochumer Band DAWN OF DESTINY ihrem bereits starken Vorgänger „Rebellion In Heaven” noch einen drauf gesetzt. Sängerin Tanja Maul und ihre Mannen erfinden zwar mit ihrem melodisch-orchestralen Metal und den männlichen Gesangsparts (clean & growl) das Genre nicht gerade neu, aber DAWN OF DESTINY überzeugen durch Frische, Eingängigkeit und guten Ideen; musikalisch ist neben dem Gesang auch besonders die Gitarrenarbeit (Veith Offenbächer) hervorzuheben, den notwendige fetten Sound für ihre künstlerische Ausrichtung weist „Human Fragility” ebenfalls auf. So seien als Appetizer neben dem epischen Titeltrack das Doublebass-Gewitter das speedige „Silent Suffering genannt. Mit „Learning To Fly“ hat man gar einen richtigen, etwas zahmeren Radio-Hit an Bord, das für DAWN OF DESTINY eher ungewöhnliche, getragen und natürlich „ägyptisch” klingenden „Ten Plagues Of Egypt“ überzeugt auf ganzer Linie und auch das deftigere, mit Growls versehene „Dying Alone“ fängt einen gut ein. Das die Ruhrpottler dabei schon einen gewissen Bekanntheitsgrad haben, kann man auch daraus ersehen, dass sie mit Ian Parry (ELEGY, AYREON. bei „Human Fragility”) und Bernhard Weiß (AXXIS. bei „Unborn Child“) auf zwei prominente Gäste zu verweisen haben. Hätten DAWN OF DESTINY dann noch ein paar Songs weniger auf „Human Fragility“ gepackt und somit der Scheibe zu einer gewissen Kompaktheit verholfen, das Album wäre uneingeschränkt zu empfehlen. Aber auch so dürfen Fans von NIGHTWISH bis KRYPTERIA hier bedenkenlos zugreifen.
Es gibt so Musiker, bei denen die Frage aufkommt, womit die sich gerade wohl die Zeit vertreiben (oder alternative ihre Brötchen verdienen). Steve DiGiorgio ist so einer, auch wenn der nicht völlig untätig war, aber soviel Aufmerksamkeit wie mit CHARRED WALLS OF THE DAMNED hatte er nicht, sind bei dem Projekt doch auch noch Tim Owens (ex-JUDAS PRIEST, ex-ICED EARTH), Richard Christy (ex-DEATH, ex-ICED EARTH) und Jason Suecof (Produzent u.a. von TRIVIUM, THE BLACK DAHLIA MURDER und JOB FOR A COWBOY) mit dabei, was neben ordentlich Namedropping-Potential auch viel Erfahrung beinhaltet. Die vier Herren haben sich zu einer soliden Metal-Band zusammengetan, das selbstbetitelte Debüt gleich bei Metal Blade unterbringen können und auch sonst alles richtig gemacht. Tim Owens liefert eine erstklassige Leistung ab und straft alle immer noch vorhandenen Verneiner seines Potentials Lügen, Mr. Christy hat bei Howard Stern das Kit-Verprügeln nicht verlernt und die Saitenabteilung zieht auch alle Register. Soweit, so gut. Dabei ist die Scheibe aggressiver als erwartet ausgefallen, selbst Blastparts finden sich in den neun Songs und bringen „Charred Walls Of The Damned“ vom Alte-Männer-Metal-Etikett weg. Natürlich ist das Material auch technisch anspruchsvoll, alle Beteiligten haben ja einen Ruf zu verlieren – vergessen darüber aber nicht, die Songs sowohl nachvollziehbar als auch abwechslungsreich zu halten, selbst einige eher getragen-epische Stücke finden sich („In A World So Cruel“). Auch wenn so ein Projekt immer einen zweifelhaften Beigeschmack hat, bleibt in diesem Fall nur festzustellen, dass die Scheibe gut gemachten Metal bietet, der zu keiner Zeit seelenlos kalkuliert geschrieben wird. So können All-Star-Projekte gerne immer sein.