HITMAN sind ein Vierer aus Belgrad. Seit 1994 gibt es die Band, und nach zwei Tapes (!), und einer Split-CD steht jetzt ihr Debüt-Album „Overstand“ in den Läden. Wer einen gewissen Balkan-Faktor erwartet, wird aber enttäuscht werden. Vielmehr haben sich die Jungs dem US-Old-School-Hardcore verschrieben, wie man ihn vor zwanzig, dreißig Jahren in New York gespielt hat. Das machen sie allerdings gar nicht mal schlecht. Wütend und mit jeder Menge Energie knüppeln sie die 15 Songs durchgehend nach vorne, wobei der Punk-Einfluss groß und die Hymnen-Dichte hoch ist. Die Songs sind kurz und knackig, dazu wird ausgewogen zwischen Mid- und Uptempo variiert. Abzüge gibt es allerdings für die Texte, die dann doch ein wenig zu klischeehaft ausgefallen sind. Sänger Aca singt nämlich viel über „unity“, am meisten aber über sich selbst bzw. darüber, was für eine arme Sau er doch ist. Ein richtig großer Wurf ist diese Scheibe zwar nicht. Wer auf solide gemachten Hardcore der alten Schule steht, sollte aber mal reinhören.
WE BUTTER THE BREAD WITH BUTTER haben schon mit ihrem ersten Album die Hörerschaft gespalten – was einige für witzig hielten, ließ anderen das kalte Kotzen bekommen. Diese Spaltung wird sich auch mit dem neuem Album nicht ändern, denn die mittlerweile auf fünf Leute angewachsene Band (es gibt jetzt einen echten Drummer) macht auf „Der Tag an dem die Welt unterging“ mit ihrer respektlosen Vermischung von Hardcore, Metalcore und Techno weiter. Das nutzt sich leider viel zu schnell ab, eine inspirierte Platte haben sie nicht geschrieben, anders als BIONIC GHOST KIDS. Von den Texten ganz zu schweigen, die sind genau grenzdebil wie das Merchandise der Band, was unter der Volljährigkeit schwimmende Fans der Band aber nicht stört. Die werden mit „Superföhn Bananendate“ ihren Spaß haben, den Stil der Band kopieren und sich über den Witz scheckig lachen. Alle jenseits der 20 dürften es ab drei Promille ähnlich sehen, vor Erreichen dieses Zustands aber angesichts der handwerklichen Limitierungen und den stumpfen, unwitzigen Songs den Kopf schütteln. SCOOTER sind witziger, BIONIC GHOST KIDS beim Songschreiben gewitzter. WE BUTTER THE BREAD WITH BUTTER sind weder Fisch noch Fleisch.
VENGINCE waren auf Tour mit PRO-PAIN anno 2009 ganz gefällig, ohne wirklich neue Akzente setzen zu können. Das lässt sich auch für ihr neues Album sagen. „A Turn For The Worse“ ist etwas mehr als eine halbe Stunde gefälliger Metalcore, der irgendwo zwischen MAROON, SWORN ENEMY und BIOHAZARD anzusiedeln ist, sich mit der Hinzunahme eines Kebyboards um neue Akzente bemüht (gelingt so gut wie nie) und unter einem merkwürdig klinischem Drumsound leidet. Soweit die Eckdaten. Handwerklich ist das alles ebenfalls nur gefällig, da VENGINCE weder beim bemüht-wütenden Gesang noch beim Runtergeschrubbe der Genre-Standard-Riffs mehr als Mittelmaß zustande bringen. Das setzt sich im Songaufbau fort (wenigstens ist die Scheibe konsequent mittelmäßig), wo sich zu oft Gehörtes aneinander reiht. „A Turn For The Worse“ ist nicht so schlecht, dass sich Spielchen mit dem Titel anböten, aber auch weit entfernt von richtig gut. Mittelmaß halt.
STARKWEATHER haben schon immer den unbedarften Hörer verstört, was sich auch mit ihrem neuesten Release „This Sheltering Night“ nicht geändert hat. So merkwürdig (und für viele Fans zu langsam) ihre Outpout-Geschwindigkeit auch ist, so gut sind die Scheiben bisher gewesen, vorausgesetzt eine Affinität für noisige Töne ist da. Denn genau in das Genre fallen STARKWEATHER immer wieder, wenn sich an disharmonische Töne wagen und die Gitarren richtig weit weg vom Hardcore bringen. Aber bevor es zu dissonant, zu noisig wird, kriegen die Herren immer noch die Kurve – „All Creatures Damned And Divine“ macht das in den beinahe neun Minuten klar. Dabei scheint der Song, wie so viele andere auf „This Sheltering Night“ keiner wirklichen Struktur zu folgen, was aber einen merkwürdigen Reiz ausübt, gerade wenn sich Shouter Rennie an leidende Töne wagt. Alles in Allem ist „This Sheltering Night“ ein erwartet nervenzehrendes Album geworden, das mit simplem Hardcore nicht viel zu tun und gleichzeitig dem modernen Hardcore zeigt, wie noisig-verstört die ganze Chose werden kann. Definitiv ein Album das Zeit braucht und nicht für jedermann gemacht ist.
Mit superben Alben wie “Drugs, God And The New Republic” oder “Last Decade Dead Century” haben sich WARRIOR SOUL in den frühen 90er Jahren in die Herzen der alternativen Rock´n´Roll-Szene gespielt. Und obwohl das Potential durchaus vorhanden war, brachte es die Truppe um Gründer Kory Clarke, ähnlich wie die Kollegen FAITH NO MORE, trotz einer großen Fanbasis nie zur Stadionband und löste sich 1995 auf. Nun liegt nach der Wiederveröffentlichung der frühen Werke ein Comeback-Album vor, das stilistisch problemlos in die Kerbe der Klassiker haut. Ganze 14 Jahre nach dem letzten regulären Werk „Space Age Playboys“ besinnt sich die Band auf ihre alten Stärken und veröffentlicht mit „Chinese Democracy“ eine saustarke Platte, die jedoch aufgrund der strunzüblen neuen GUNS N´ROSES-Platte in „Destroy The War Machine“ umbenannt und erneut herausgebracht werden muss. Der Ergebnis ist wahrlich gelungen und enthält mit dem ruppigen Opener „Fuck The Pigs“, dem geilen Groover und Quasi-Titelsong „The Fourth Reich“, dem treibenden „Motor City“ (mein persönliches Highlight!), dem rauen Stampfer „Bad News (Rock´n´Roll Boyfriend)“ oder der Hymne „She´s Glaswegian“ eine ganze Schippe an Hits, die ebenso eingängig wie authentisch aus den Boxen dröhnen. Alte Fans der Band werden mit „Destroy The War Machine“ erstklassig bedient, und es ist müßig, darüber zu diskutieren, ob das Album an die Klassiker herankommt, während auch Leute, die WARRIOR SOUL bislang nicht kannten und auf rotzigen, modernen Rock´n´Roll stehen, hier unbedingt mal reinhören sollten. Eine echt starke Leistung!
TRASH TALK sind Assis, keine Frage. Genauso dreckig-speckig wie ihre Live-Shows kommt „Eyes And Nines“ daher, ihr nicht einmal 20 Minuten langer 10-Tracker. Überraschenderweise nicht via Deathwish, sondern bei Hassle Records, was aber nicht dazu geführt hat, dass sich die Kalifornier in irgendeiner Weise angepasster zeigen würden. Im Gegenteil, die zehn Songs sind kompromisslos und punkig wie eh und je, kurze Eruptionen vertonten Frustes und Wut über die Gesellschaft. Geschrei als wichtiges Werkzeug, brachiale Gitarrenarbeit und immer wieder ruhige Abschnitte, die zum Verschnaufen und ungläubiges Bestaunen der eigenen Zerstörung herhalten müssen. Ähnlich wie CEREMONY atmen TRASH TALK den Geist alter HC/ Punk-Bands, als das Genre noch kein Tummelplatz geschniegelter Studenten und hipper Mediendesigner war.
Gitarrist Sobo ist raus bei JACK SLATER, „Extinction Aftermath” mithin das erste Album, das mit nur einem Gitarristen auskommen muss. Leichte Zweifel waren angebracht, wie die verbliebenen Mitglieder das Songwriting würden stemmen können, aber schon die ersten Töne des Openers „Pheromon“ wischen die hinweg, der Song ist eine hochkomplexe, saubrutale Death Metal-Nummer, in der JACK SLATER alle Register ziehen und klarmachen, dass sie auch anno 2010 voll da sind. Dabei ist der erste Song kein Einzelfall, auch die folgenden können voll und ganz überzeugen und mit der bereits bekannten Mischung aus Komplexität und Eingängigkeit aufwarten, die die Köln-Bonner Fraktion seit langem schon beherrscht. „Extinction Aftermath“ geht schnell ins Ohr, steckt aber so voller Details, dass das Album auch beim 20. Durchlauf noch spannend ist. Die Gitarrenarbeit ist irrwitzig, steckt voller gut gemachter Soli und treibt die Songs gleichzeitig nach vorne, wo sie auf den soliden Rhythmusteppich treffen, den ein exzellenter Drummer und der ebenso gute Basser gewoben haben. Shouter Horn ist seit langem schon über alle Zweifel erhaben und intoniert auch dieses Mal die weitgehend deutschen Texte auf den Punkt passend („Funkenflug“). Die gute Produktion unterstützt das Ganze perfekt, es gibt also nichts zu meckern – „Extinction Aftermath“ ist ein verdammt gutes Death Metal-Album, mit dem sich JACK SLATER vor der Konkurrenz nicht verstecken müssen, egal ob die aus den USA oder Skandinavien kommt.
Da lag ich mal falsch: WHITECHAPEL sind mit ihrem Debütalbum „The Somatic Defilement“ und dem Nachfolger „This Is Exile“ ordentlich durchgestartet, anders als von mir erwartet. „A New Era Of Corruption“ soll die Erfolgsgeschichte fortschreiben, wozu es eine Produktion bekommen hat, die dermaßen fett und brutal ist, dass es eine Freude ist. So muss Death Metal klingen! Beim Songwriting können die Triple Axe Attack-Briten aber wieder einmal nicht überzeugen – zu unspektakulär, zu austauschbar ist das Ergebnis geworden. WHITECHAPEL schaffen es nicht, auch nur einen Song zu schreiben, der für sie typische Trademarks aufweist, ja eigentlich ist nicht einmal klar, was diese Trademarks sind. Die drei Gitarren sind es anscheinend nicht, so selten wie auf sie Bezug genommen wird, stattdessen müssen die sich damit begnügen, ordentlich Druck zu machen. Kompositorisch gibt es von der Standardkost der Death Metal-Spielart Deathcore (immer noch blödeste Genre-Bezeichnung ever) keine Abweichungen, womit sich WHITECHAPEL aber in guter Gesellschaft befinden, in dem Sub-Genre tummeln sich ja nicht unbedingt gute Songschreiber. Immerhin können sich die Briten zugute halten, einer der Vorreiter dieses Sounds zu sein. Brutal ist „A New Era Of Corruption“ natürlich geworden, das muss der Scheibe zugute gehalten werden, aber in Sachen Songwriting ist das wieder nur halbgar geworden. Prognosen über den weiteren Verlauf der Bandkarriere erspare ich mir an dieser Stelle aber besser.
SETHERIAL können sich mit Fug und Recht als alte Hasen des skandinavischen Black Metals bezeichen und haben gerade Mitte bis Ende der 90er einige gelungene Alben auf den Markt geschmissen, ehe es mehr und mehr bergab ging. Gute vier Jahre nach ihrem letzten Langeisen (das Kollege Knackstedt nur semi-gut fand) steht mit „Ekpyrosis“ das neue Werk ins Haus. Der Opener macht dann auch gleich Laune, „A World In Hell“ ist vertrackt und haut trotzdem auf die Fresse. Das ändert sich im Verlauf der Scheibe aber, SETHERIAL standen und stehen nicht für Frickeleien, sondern gerade heraus gespielten Black Metal. Der ist anno 2010 öfter im Mid-Tempo angesiedelt; in solchen Passagen entwickeln die Songs viel Durchschlagkraft, allerdings versäumen es die Musiker, diese Wucht mit hymnischen Klängen verschmelzen zu lassen, was angesichts der vielen hymnischen alten Songs recht schade ist. An der Produktion gibt es dagegen wenig auszusetzen, gleichzeitig kräftig und authentisch ist die geworden, wovon besonders die Drums profitieren – hier ist der Weg in die Moderne sinnig gewesen. An „Ekpyrosis” gibt es so im Grunde wenig auszusetzen, einzig das Fehlen einer Rückbesinnung auf alte Stärken oder zumindest eine Verknüpfung von Vergangenheit und Gegenwart ware wünschenswert. Denn so bleibt das neue SETHERIAL-Album zwar eine gute, moderne Black Metal-Platte, hat aber einen deutlichen Bruch zur Vergangenheit. Muss jeder wissen, ob ihm das gefällt. Neueinsteiger in den SETHERIAL-Sound wird das eh nicht stören. Die Freuden der Jugend…
Bei GRAVE MAKER tummelt sich mit Jason Balley (ex-FIGURE FOUR) ein halbwegs prominenter Mann, ging aus seiner alten Band doch COMEBACK KID hervor. „Ghosts Among Men“ ist das zweite Album seiner neuen Combo GRAVE MAKER, mit der er auf einen direkteren, roheren Sound setzt als seine ehemaligen Kollegen. Schön einen auf dicke Hose machen, viele Gang Shouts, Moshparts und viele Breaks stellen sicher, dass das auch unterfüttert wird. Beim Gesang braucht es einige Minuten, bis die Gewöhnungsphase vorbei ist und die Tatsache, dass der Herr am Mikro gut zur Musik passt, gewürdigt werden kann. „Ghosts Among Men“ macht durchweg Spaß, wobei das bei Platten mit weniger als 30 Minuten auch nicht sonderlich schwer ist. Langeweile kommt nicht auch, allerdings bleibt auch kein Song beim Hörer hängen, lediglich einzelne Parts ragen hin und wieder heraus. Das Fehlen jeglicher Hits ist der große Schwachpunkt der neuen GRAVE MAKER-Scheibe und trennt sie von ähnlich gelagerten Kollegen wie TERROR oder DEATH BEFORE DISHONOR.