DJERV ist das norwegische Wort für dick oder fett. DJERV sind neu - und der Grund, warum ich dem Debütalbum dieser drei Norweger den Status als "Tipp" verpasse, ist einfach: DJERV ist das verrückteste, radikalste und unerhörteste, was man 2011 zu hören bekommen wird. Klar, die Spielzeit ist nicht allzu üppig bemessen, aber die obligatorischen 50 Minuten werden schon allein dann voll, wenn man geschlagene 14 Minuten mit geöffnetem Mund vor der Stereoanlage sitzt, vor Erstaunen was man dort eben gehört hat. Die Protagonisten hinter DJERV befinden sich schon länger im Orbit des norwegischen Metaluniversums: Gitarrist Stian Kårstad war zuvor mäßig erfolgreich bei Trelldom, Drummer Erlend Gjerde ist wahrscheinlich am bekanntesten durch seine Zusammenarbeit mit ex-Gorgoroth-Frontmann Gaahl bei ihrem Folk-Projekt Wardruna, und weniger bekannt durch seiner Rhytmusarbeit bei Stonegard. Und dann ist da die Frontfrau Agnete Kjølsrud, die Blackmetal-Fans bereits im letzten Dimmu-Borgir-Video einen gehörigen Schrecken eingejagt hat. Noch größer war der Schrecken allerdings 2007 bei den Besuchern des W:O:A, denn die Wackener hätten alles andere von Agnetes früherer Band ANIMAL ALPHA erwartet, aber nicht das exzentrische Energiebündel dort am Mikrofon. ANIMAL ALPHA waren ein Geheimtipp als Indie-Helden, DJERV sind Metal. Der Schrecken, den sie verbreiten, ist geblieben: Agnete kann ganz zivilisiert und zuckersüß singen, muss das aber nicht. Mehr Spaß macht es, wenn sie mit dem schrecklichsten Reibeisen, den man je aus einem weiblichen Mund gehört hat, mit den blackmetallischen Gitarrenläufen mitgeht. Vor allem aber: DJERV rocken! Der Beat ist straight, Stian läßt seine Gitarre wahlweise eiskalt aufblitzen, gibt ihr einen schon fast bluesigen Sound oder rifft die Songs rockig herunter. Schluckt schon einmal Rasierklingen und entölt eure Stimmbänder, so schräg es ist, hier muss man mitsingen. Und frau erst recht!
Na sowas! Die Perlen vor der eigenen Haustür sieht man nicht! BLACK TORRO kommen aus Hamburg - aber man denkt unwillkürlich an Seattle oder New Jersey oder irgendwo anders auf der anderen Seite des großen Teichs, wenn man die Scheibe hört! Auf ihrem Debüt-Album spielen die Nordlichter Deltaradio-kompatiblen Alternative-Rock mit großer Pose. Dabei bekommen die vier den Spagat zwischen "eingängig genug" und "nie zu seicht" mit links hin. Tracks wie "Control" oder "Don't Wake The Demons" sind richtig heavy, Songs wie der Opener "Out Of Reach" oder "Mistakes" kommen aus der Schublade "Creed mit Eiern", "In My Young Days" könnte von Die Happy mit Männergesang sein. Die Cochones hat Sänger Mikko, der seine Stimme von kaugummi-poppig bis Crooner-heftig verändern kann. Auf "Yours, Mine And Ours" hört er sich gar an wie der junge Cat Stevens (und das ist als Kompliment gemeint) - vielleicht liegt das aber auch am akustischen Arrangement. Mein absoluter Anspieltipp ist aber "Childhood Memories". Anhören!
Hinter dem Namen HEADCAT verbergen sich die die Herren Lemmy Kilmister, Slim Jim Phantom und Danny B. Harvey. Gegründet wurde die Band eigentlich schon vor über 10 Jahren anlässlich eines ELVIS-Tribute Specials, aber auf neues Studiomaterial mussten ihre Anhänger geraume Zeit warten- nun aber ist es so weit und „Walk The Walk… Talk The Talk“ erblickt das Licht der Welt. Getreu den gemeinsamen musikalischen Anfängen des Trios finden sich auch hierauf hauptsächlich knackig-kurze Cover bekannterer und weniger bekannter Rock´n Roll und Blues-Rock-Songs, im Original unter anderem von CHUCK BERRY („Let It Rock“) und den BEATLES („You Can´t Do That“). Ausnahmen bilden die Eigenkompositionen „American Beat“ und „The Eagle Flies On Friday“, die sich- ersteres als tanzbare Rockabilly-Nummer und letzteres als klassischer Blues-Song- aber sehr harmonisch ins Gesamtgeschehen einfügen. Im engeren Sinne neu ist da entsprechend wenig, aber die stimmige Darbietung sorgt dafür, dass „Walk The Walk… Talk The Talk“ alle mal Spaß macht, nicht zuletzt auch deswegen, weil das Originalmaterial mittlerweile doch schon etliche Jährchen auf dem Buckel hat und einem deswegen gar nicht mal zwangsläufig bekannt ist.
THE BUNNY THE BEAR wollen auf Krampf innovativ und anders sein, scheitern aber letztlich kläglich, denn starken Techno-Einschlag, zwei sich duellierende Sänger (einmal männlich, einmal weiblich), möglichst krankes Songwriting und eine fette Produktion ist nun nicht wirklich neu. HORSE THE BAND und IWRESTLEDABEARONCE sind nahe liegende Vergleiche, gegen beide stinken THE BUNNY THE BEAR aber ab. Zu berechenbar ist ihr Songwriting (auf Krampf abgedreht zu sein, ist im Grunde auch eine Form von Berechenbarkeit), zu sehr am Standard die Gitarrenarbeit. Die sehr in den Vordergrund gemischten Techno-Einschübe können sich von den ähnlich gelagerten Bands ebenfalls nicht absetzen und der weibliche Gesangspart geht sowohl gegen seinen männlichen Counterpart als auch gegen den Rest der Band vollkommen unter. „If You Don’t Have Anything Nice To Say…”…Belassen wir es dabei.
If You Don’t Have Anything Nice To Say…
Mit “To The Death” hatten EARTH CRISIS vor gut zwei Jahren kein hundertprozentig überzeugendes Comeback-Album am Start, auch wenn das Ziel, sich in der Szene zurück zu melden, erreicht wurde. „Neutralize The Threat“ zeigt, dass das Edger-Quartett beim Songwriting fokussierter geworden ist und generell besser aufeinander eingespielt. Auffällig ist der leicht moderne Touch, der EARTH CRISIS bei „To The Death“ gefehlt hat und auf „Neutralize The Threat“ dafür sorgt, dass die Scheibe gleichzeitig frisch und an der eigenen Vergangenheit orientiert klingt. Zudem sind die zehn Songs deutlich brutaler als die des Vorgängers, allen voran der Titelsong und „By Conscience Compiled“ sind da zu nennen. Trademark bleibt aber weiterhin Karl Buechners Stimme, der auch nach gut 20 Jahren Bandgeschichte wütend seine sozialkritischen Texte rausbrüllt („Black Talons Tear“). EARTH CRISIS legen die Messlatte mit diesem Album höher, „To The Death“ trumpfen sie locker, ja können gar an die Wut und Songs ihrer Frühzeit anknüpfen, ohne altbacken zu klingen. Sehr solides Album, das keine Wünsche offenlässt und in Hardcore-Szene wie bei den Metalcore-Kids gut ankommen wird. ein würdiges EARTH CRISIS-Album, Punktum.
Die Review "Trilogie" L.A Hairmetal Bands (siehe BLACK `N BLUE, KING KOBRA) findet mit WARRANT ihren Abschluß.
WARRANT, war doch eigentlich die Band von Jani Lane dem Sänger der ersten Stunde. So gab er ihren L.A. Metal/Rock mit seiner Stimme Profil, und mit seinem Songwriting die Hits und den damit zusammenhängenden Erfolg, sprich Status. Nun bringt Frontiers 2011, eine neue Scheibe von WARRANT auf den Markt. Mit neu Sänger Robert Mason (ex-LYNCH MOB/CRY OF LOVE), ansonsten sind mit Erik Turner, Jerry Dixon sogar zwei Gründungsmitglieder sowie zwei weitere "alte" WARRANT Gesellen an Bord. Also soweit darf man das Ding WARRANT nennen. Nur ist auch das enthalten was draußen drauf steht?
Nö, nicht wirklich! Das was ich zu hören bekommen ist eine gute ausgereifte Arbeit, nur nach WARRANT klingt das nicht. Eher nach einem hungrigen, etwas sauren (und das ist positiv zu verstehen) BON JOVI. "Sex Aint Love" ist ein scharfer Einstieg ins Album, die Nummer schwitzt Sex und L.A. Feeling aus jeder Pore. Auch die zweite Nummer macht Spaß und stinkt nach Rock `n´ Roll. Doch irgendwie bekomme ich, im Verlaufe des Albums daß Gefühl, das Strategie und Berechnung eine zu große Rolle spielte - bei WARRANT, deren Produzenten oder ihrer Plattenfirma. Spaß, pure Energie und Authentizität fehlt mir. Vier härtere und eingeschmutzte Songs wechseln sich mit vier softeren, sehr an BON JOVI angelehnte Rocknummern ab. Und der Wechsel geht in kleineren Abständen so weiter. Der Gesang ist variabel und immer genau passend zum Song. Diese sind nicht schlecht, vor allem die etwas weicheren Titel punkten durch gute Melodie, Eingängigkeit und tollen Arrangement. Nur WARRANT ist das nicht!! Oder doch, jetzt 2011 eben!
In der L.A. Trilogie von Frontiers, ist WARRANT der Berechnenstee Kandidat. Auf Erfolg getrimmt, nur leider blieb die Identität auf der Strecke.
Platz 3 - WARRANT, ein toller 2 `ter Platz für BLACK ´N BLUE und der Sieger heiß KING KOBRA.
EXHUMED haben länger nichts mehr von sich hören lassen, bis sie beim Inferno Festival Ende April in Oslo (METAL-INSIDE berichtete) ihre Pause beendeten. „All Guts, No Glory“ ist dann wahlweise das Comeback- oder Reunion-Album der Herren, auf dem EXHUMED einen Schritt zurück gehen, die Songs sind roher und einen Ticken weniger technisch als beim letzten regulären Studiowerk. Das soll nicht heißen, dass hier stumpf Trumpf ist, gerade Drummer Danny Walker (u.a. INTRONAUT, PHOBIA) und das Gitarristendoppel Was Caley (der sich mit FATALIST ausgetobt hat) und Matt Harvey (u.a. REPULSION) zeigt in jedem der elf Songs, das eingängiger Death Metal nicht zwangsläufig primitiv sein muss. Wer überzeugt werden muss, einfach „Your Funeral, My Feast“ anhören, fertig. „Through Cadaver Eyes“ ist fast schon schwarzmetallisch, während „Deaeth Knell“ oder das gnadenlose „I Rot Within“ mächtig Richtung Grindcore schieben. Natürlich ist optisch wie lyrisch wieder Blut und Gedärme angesagt, womit EXHUMED zwar niemanden mehr überraschen, aber ihrer Linie treu bleiben - das veränderte Line-Up im Vergleich zum letzten regulären Studioalbum ist schon Änderung genug. Die Chemie beim Songschreiben stimmte jedenfalls, denn auf „All Guts, No Glory“ findet sich kein schwacher Song. Über die gut 35 Minuten gibt es EXHUMED in Reinkultur zu hören, schön brachial und technisch, schön auf die Fresse, schön gut.
DEFEATED SANITY haben ihr neues Werk auch schon vor einiger Zeit veröffentlicht, die Vinylversion trudelte aber erst jetzt bei mir ein. Via Willowtip kam „Chapters Of Repugnance“ in die Läden, was bezeichnend für den Status von DEFEATED SANITY in heimischen Landen ist, denn anders als OBSCURA oder NECROPHAGIST hat die Combo nie viel Aufmerksamkeit in Deutschland erfahren. Völlig zu Unrecht, wie das halbstündige Gemetzel beweist, die neun Songs sind technisch erstklassiger, saubrutaler Death Metal, der Kollegen wie BRODEQUIN oder den US-DISGORGE (deren Sänger einen Gastauftritt auf „Chapters Of Repugnance“ hat) in nichts nachsteht. Alle neun Songs bewegen auf sehr hohem Niveau, sowohl vom technischen Können als auch vom Songwriting her, Füllermaterial ist da nicht dabei. Absolut extremer Death Metal, der intensiver und heftiger ist vieles ist, was landläufig in dem Genre verortet wird, somit ein Pflichtkauf für jeden echten Totmetaller.
Mit „Wind And Rain“ legt die holländische Band VANDERLINDE ihr drittes Album vor. Der Titel lässt Schlimmstes vermuten, aber so übel ist das, was Namensgeber Arjan van der Linde und seine Mitstreiter hier abliefern, gar nicht mal. Bodenständigen Rock muss man das wohl nennen, geprägt durch Singer-Songwriter und auch eine offensichtliche Affinität zu Country und Folk, die sich vor allem in der Steel-Guitar und den Streichern manifestiert, die immer mal wieder im Hintergrund mitdudeln. Zum Teil wird es damit etwas zu viel, vor allem im durch Orchester völlig zugekleisterten BEATLES-Cover „Fool On The Hill“. Überhaupt werden vor allem sanfte Töne angeschlagen, die stellenweise auch ins Schnulzige tendieren. Umso mehr freut man sich über Songs wie den Opener/Titelsong (abzüglich Intro) oder „Totally Trashed“, in denen die Band zeigt, dass sie auch straight rocken kann. Unterm Strich ist „Wind And Rain“ durchaus eingängig und hübsch anzuhören und kommt dabei äußerst entspannt und leichtfüßig daher. Immer wieder versinken Songs aber auch in der Belanglosigkeit, und wirklich zwingend ist hier nichts. Ein richtiger Bringer ist die Scheibe daher nicht.
UNEARTH sind mittlerweile bei Album Nummer Fünf angekommen, das sie mit „Watch It Burn“ in bester Metal-Manier eröffnen. Aushilfsdrummer Justin Foley (KILLSWITCH ENGAGE) kann direkt zeigen, was er drauf hat und lässt den Hörer Derek Kurswell gar nicht vermissen. Sein Bandkollege Adam D. hat ebenfalls sehr gute Arbeit geleistet und „Darkness In The Light“ mit einem warmen, druckvollen Sound ausgestattet. Ein wenig gehen UNEARTH dann auch in die KILLSWITCH ENGAGE-Ecke („Shadows In The Ligtht“), gerade bei den Gesangslinien kommt der Eindruck immer wieder auf. Die Bostoner haben mit „Eyes Of Black“ (sehr AT THE GATES-lastige Gitarrenarbeit), „Last Wish“ und dem knackigen „Arise The War Cry“ einige ganz starke Nummern auf das Album gepackt, mit denen sie Live für einen sehr großen Pit sorgen werden. Das Gitarrendoppel Ken & buz schüttelt sich extrem gute Leads und Riffs im Sekundentakt aus dem Ärmel, während Shouter Trevor das Kunststück hinbekommen, gleichzeitig eine Weiterentwicklung zu zeigen (seine Stimme ist noch einen Tick kräftiger und variabler) und nach seiner Leistung auf „The Oncoming Storm“ zu klingen. Beim Songwriting haben sich die Herren von der Dynamik und Ungezügeltheit ihres Debüts inspirieren lassen, vermischen das mit einem verfeinerten Songwriting und dem Zurschaustellen ihrer Metal-Wurzeln, gerade in der Gitarrenarbeit. Im Ergebnis ist „Darkness In The Light“ ein kraftvolles, mitreißendes Metalcore-Album geworden, mit dem UNEARTH ein weiteres Mal beweisen, wer im Metalcore ganz oben mitmischt!