Von der Insel und Ihrer ortsansässigen Presse ist man ja so manches gewohnt. Alle Nase lang entdeckt die Musikjournallie da drüben z.B. "Das nächste große Ding" - und dabei urteilen die Fachkräfte mit beeindruckender Konstanz dann mindestens zwei Meter fuffzich an der Realität vorbei. Im Falle von STORMZONE jedoch hat sich wohl kein britischer Schreiberling sonderlich weit aus dem Fenster gelehnt - und genau deshalb muss ich jetzt mal eine Lanze für eine Band brechen, die mit großer Wahrscheinlichkeit und völlig unverdient übersehen werden wird. STORMZONE sind in der Lage, begeisternden, oft sogar mitreißenden Hardrock der alten Schule zu spielen. Das mögen Manche für antiquiert und überflüssig halten - ich find´s im Falle der Iren völlig geil, denn "Caught In The Act" strotzt vor guten Songs und vor allem Spielfreude. Das alleine genügt schon völlig, da kann man auch mal drüber hinwegblicken, dass Bandname und Cover eher irritieren - schließlich sind das hier keine Rhapsody-Clones. Das Quintett bewegt sich mit seinem Debüt stattdessen musikalisch im Fahrwasser (und gelegentlich sogar auf Augenhöhe!) von Whitesnake, Thin Lizzy und Konsorten. Diesen Retro-Gourmethappen sollten Melodic-Freunde anchecken!
OCTOBER FILE geben mit den drei Tracks der EP einen ersten Eindruck des neuen Albums, dass noch dieses Frühjahr erscheinen soll. Netterweise ist die EP komplett auf der MySpace-Seite der Engländer zu finden, so dass sich jeder für lau die Ohren freipusten lassen kann. Wie schon beim letzten Album verstehen es die Inselheinis meisterlich, in guter alter MINISTRY-Manier gnadenlos eingängige Riffs immer wieder und wieder zu schrubben, das Ganze in eine klinische Produktion zu verpacken und mit psychopathischen Gesang zu veredeln. Jeder der drei Tracks kommt einem Panzer gleich, der den Hörer mit voller Fahrt überrollt, und das mehrmals. Das Faszinierende dabei ist: man findet es geil! OCTOBER FILE haben ein irre hypnotische Wirkung, mit der sich die Tracks im Hirn festsetzen, da kann man einfach nicht wiederstehen und setzt sich dem Panzer immer wieder aus. Heftig, geil, ich will mehr!
New Metal ist schon eine merkwürdige Bezeichnung, so ausgenudelt wie das Genre mittlerweile ist. Und neu ist da schon lange nichts mehr. TENSIDE haben sich davon abschrecken lassen und einfach munter losgelegt, ohne sich um Vergangenes oder Kommenden Gedanken zu machen. "My Personal War" als Ergebnis ist eine kleine Zeitreise in die seligen Glanztage von KORN, LIMP BIZKIT und wie sie alle heißen. "World Of Misery" ist, trotz des unpassenden Titels, der perfekte Beweis und ein heißer Kandidate für jeden Club-Sampler, so viel Groove, Gefühl und Gitarren kann kaum jemand widerstehen, der in Zappelbuden auf der Tanzfläche zu finden ist. "Wanne Be Alone?" klingt vorher dermaßen nach LIMP BIZKIT, dass Sänger Daniel die Fred Durst-Gedächtnis-Cap am Band verliehen wird. Immerhin bringt das folgende "You Get What You Deserve" einen deutlich härteren Einschlag mit und brettert anständig aus den Boxen. Das soll jetzt aber nicht negativ klingen, denn TENSIDE haben eine ziemlich gute New Metal-Scheibe aus dem Hut gezaubert, die mit einem arschgeilen Sound ausgestattet wurde und ein Dutzend abwechslungsreicher Songs hat, die jedem Kind der Neunziger vor Verzückung (oder aus einem Nostalgie-Flashback heraus) die Tränen in die Augen treiben wird. Nur neu ist daran nichts, aber das hatten wir ja schon.
CAPTAIN MURPHY kommen aus Stockholm und gehören zu jenem wohl unerschöpflichen Reservoir nordischer Bands welche zur Zeit mit Rock´n´Roll unterschiedlichster Prägung und Retroscheiben den Markt überschwemmen. Dabei wird, das vorneweg, auch "Human Cannonball" nur für eine begrenzte Fanschar relevant sein. Zwar eröffnete das Quartett in ihrer schwedischen Heimat schon für Rotz´n´Roll Größen wie den Hellacopters, Gluecifer und den Backyard Babies, wer jetzt aber entsprechende Mucke erwartet, wird erst mal enttäuscht werden. CAPTAIN MURPHY liegen nämlich irgendwo zwischen Bands wie Cream und den Beatles (und einen kleinen Schuss Stones). Durch und durch Retro - und das nicht nur mit Cover, Songs und Look, sondern bis hin zu einem etwas altertümlichen Sound. Neben den Standardingredienzien des Retro kommen noch Saxophon (wie auch bei den beiden besten Songs "I Belong To The Girls" und "Lost Little Chrissi") und ein paar verspielte Elemente hinzu, dann zwischendurch mal was partytaugliches und dazu noch die obligatorischen Ballade ("Space Is A Cold And Lonely Place", auch gelungen). Auffällig, CAPTAIN MURPHY hat dann seine stärksten Momente, wenn sie einen leicht Pop angehauchten Psychedelic-Touch in die Kompositionen legen (wie bei den o.g. Songs, oder auch "Stuzie"). Live dürfte das Ganze mit einer entsprechenden PA sicher ganz gut kommen, aus der Konserve ist es mit der Zeit schon ein wenig ermüdend. Und die Sache mit dem Hidden-Track, auch wenn der ganz locker daherkommt, hat ja nun mittlerweile einen echten Bart. Wohl nur für jene, die wirklich tief in den 70ern sind, eine runde Sache.
Tja, also irgendwie bin ich kurz davor, das Review meines Kollegen Lars K. zum Vorgänger "Lamento Ostinato" weitestgehend zu übernehmen, denn die meisten der dort erwähnten Eigenschaften treffen auch auf den neuesten Streich von EPHEMERA´S PARTY, "All The Machines", zu. Die Band vermischt hauptsächlich modernen Groove Rock mit Thrash Metal und wirkt auch auf mich sehr farblos. Die angesprochenen progressiven Parts äußern sich aber eher in unkoordiniertem Aneinanderreihen von Ideen, was eher von Verwirrung, denn von hochklassigen Songwriting-Künsten zeugt. Nicht ganz überein stimme ich mit meinem Kollegen aber, was den Gesang von Thomas Rosenmerkel betrifft: der Mann hat zwar eine kräftige, kernige Stimme, wirkt aber über weite Strecken gepresst und gedrosselt. Auch seine vereinzelten Versuche, in höhere Regionen vorzudringen, scheitern im Ansatz. Ansonsten kann man nicht wirklich behaupten, dass "All The Machines" ein schlechtes Album ist, aber es rauscht durch die Ohren, ohne eine Spur zu hinterlassen, woran auch die matte, dumpfe Produktion nicht ganz unbeteiligt zu sein scheint. Auch nach dem fünften Durchlauf erinnert man sich zwar bei jedem Song, ihn schon mal gehört zu haben, aber spätestens nach dem Ende der CD weiß man davon nix mehr. So wird es das Quintett nicht schaffen, dem Durchschnittsmief zu entweichen!
Eine Band, die sich über das Internet gefunden hat, ist in Zeiten von MySpace und Konsorten nicht mehr sonderlich ungewöhnlich, auch wenn EMMURE darauf bestehen, schon vor dem Web 2.0-Boom zusammegekommen zu sein (2003, um genau zu sein). Egal wie, wann und wo sie sich gefunden haben, sie haben Victory Records überzeugen können, ihr Debütalbum "Goodbye To The Gallows" zu veröffentlichen, was angesichts des düsteren Sounds beachtlich ist. Auffällig sind die vielschichtigen Vocals, in die viel Arbeit investiert wurde, als Beispiel dafür ist "You Got A Henna Tattoo That Said Forever" perfekt: von aggressiv über bedrohlich zu nackter Verzweiflung reicht des Spektrum des Sängers, der von einer gnadenlosen Soundwand im Herauslassen seines Seelenschmerzes unterstützt wird. Großes Postcore-Tennis! Mit den etablierten Bands wie CULT OF LUNA, ISIS oder NEUROSIS sind EMMURE aber nur bedingt zu vergleichen, da der Sound der Newcomer heftiger ist und öfetr von metallischen Attack aufgebrochen wird. Nichtsdestotrotz ist der Silberling eine geballte Ladung apokalyptischer Wut in musikalischer Verpackung. Unberechenbar, gnadenlos, komplex - einfach großartig!
FUMARK!LLA sind eine hessische Newcomerformation die sich dem düsteren Heavy Rock verschrieben hat. Mir fallen hier gleich die V8 WANKERS dazu ein, wenn auch FUMARK!LLA bei weitem nicht so mitreißend und hart sind. Nun dem Eingangs erwähnen eigenen Anspruch kann man schon einigermaßen zustimmen - für mich ist "The Sunrise Chruch of God" es ansonsten stilistisch eine Melange aus recht ungeschliffenen 80´er Jahre (US) Rotzrock, ein wenig doomelt es auch hier und da noch dazwischen ("Fountains of Blood") und einen gewissen Groove hat die mit allerlei dreckigen Riffs garnierte EP ebenfalls auch noch zu bieten. Der Sound kommt schon recht roh aus den Boxen, die Produktion ist sehr trocken geraten aber irgendwie nur mittelprächtig, da die Drums einen Tick einfach zu weit nach vorne gemischt wurden und vor alle diese helle Snare total während der gesamten 6 Tracks nervt. Der etwas rauh-versiffte dunkle Gesang paßt zwar irgendwie schon zu dieser bierseeligen Geschichte aber mein Fall ist der Junge trotzdem eher nicht, dafür bietet er viel zu wenig Ausdruck und Volumen. Wer auf solche Sachen wie MOTÖRHEAD (stimmungsmäßig) oder auch BLACK LABEL SOCIETY (Machart der Songs), wobei Zakk Wylde natürlich um Längen besser singt als Lemmy, abfährt sollte hier aber schon gutes neues Futter für die Lauscherchen finden. Fürch mich ist diese ganze Schose in nüchternem Zustand und dann über die gesamte Spielzeit dieser sechs Songs gerade noch erträglich, obwohl das Songwriting vielfach recht einfach gestrickt sowie etwas zu stereotyp geraten ist und es doch irgendwie an Abwechslung fehlt. Die Darmstädter sind bereits seit 2003 zusammen und die hier vorliegende erste EP bietet musikalisch nun wahrlich keine technische Finessen - die Jungs klingen aber irgendwie erdig mit gefälligen Melodien und versprühen schon eine gewissen Underdogcharme, da sie sich wohl selbst nicht ganz so ernst nehmen. Meine Favoriten sind neben dem treibenden "Oh Yeah" noch die etwas balladesk gehaltene Schlussnummer "Lakewood". Wie gesagt, mein Geschmack sind die Jungs zwar zweifelsrei nicht (allein aber der geile Albumtitel verdient sich schon einen Originalitätspreis) trotzdem wird die breite Fanbasis der Bikerfront sowie alle sonstigen Rotzrockfanatiker wie u.a. mein Kollege Hardy ganz sicher großen Gefallen an dem hier Gebotenen finden. Wer dann also noch 5 Steine übrig hat wird direkt über die Website der irgendwie sympathisch rüberkommenden "Bembeljünger" oder neuerdings über das Finest Noise Label fündig werden.
Schön dass es diese tolle Band immer noch gibt - nach mittlerweile seit 17 Jahren sind FIDDLER´S GREEN unterwegs machen Alben und haben sich zu Recht einen große Fangemeinde erspielt und können ohne jede Übertreibung als die Institution in Sachen Irish Independent Speedfolk bezeichnet werden. Nach etwas längerer Pause melden sich die Jungs aus Erlangen in leicht veränderter Besetzung mit ihrem neuen Studioalbum "Drive me mad!" zurück. Die größte Veränderung gab es an den Vocals sowie Gitarre und hier hat man mit Pat Prziwara einen mehr als würdigen Ersatz gewinnen können. Die Stimme ist doch variabler als die des Vorgängers (er klingt stellenweise etwas nach Meister Schmidt von PADDY GOES TO HOLYHEAD) aber der Junge hat´s wirklich voll drauf und verleiht der Band extrem neuen Schwung. Aufgrund des Wechsels fiel zwar auch der Hauptsongwriter weg, was das Sextett aus Erlangen aber dazu nutzte jetzt nahezu alle Musiker am Songschreiben zu beteiligen. Mittlerweile 10 Alben, zwei Live-DVD´s und über 1.200 Konzerte haben die Jungs auf dem Buckel aber sie klingen auf dieser neuen CD dreieinhalb Jahre nach ihrem letzten Studioalbum "Nu Folk" wie in besten Zeiten quasi back to the Past. Fiddler´s Green machen ansteckenden Partyfolk ohne Ende, auf der Bühne waren sie sowieso immer einen Tick überzeugender als auf Platte aber diesmal wurde dies auch auf dem Silberling so umgesetzt, da sämtliche Tracks live im Studio eingespielt wurden. Die Zeiten des experimentierens in etwaige härtere (Metal) Gefilde wie bei den zwei letzen Werken angeklungen schient endgültig vorbei zu sein - die Band hat sich auf ihre Stärken besonnen und bringt einen mitreißenden Mix aus traditionellem, (Speed)folk und leichten Punkanleihen und zwar nahezu ohne Verschnaufpause mit sehr viel Leidenschaft in sämtlichen 20 Songs. Tatsächlich haben die Fiddler´s hier keinen einzigen Füller dabei, erfinden sich selbst erfolgreich wieder neu ohne dabei als langweilig oder gar angestaubt zu klingen. Für viele der unglaublich treuen und zahlreichen Fangemeinde ist "Drive me mad!" vielleicht die beste Scheibe die Fiddlers Green bisher aufgenommen haben, da der Sound einfach unheimlich authentisch, frisch und unverbraucht klingt und dieses typische Livefeeling, wie es diese leidenschaftliche Kapelle auf den Bühnen immer wieder auslebt, perfekt ins heimische Wohnzimmer transportiert. Neben absoluten Krachern wie der Startabräumer "Irish Air", das sprichwörtliche "Folk´s not dead" oder mein persönlicher Favorit "Captain Song" sind auch ein paar sehr gelungene Balladen wie dass wunderbar fast schon HOOTERS mäßige "Don#t let go" sowie dass traurig-gefühlvolle "Another Spring Song". Irish-Folk in zeitgemäßer Verpackung ist hier zu 100 Prozent verwirklicht, natürlich sind auch wieder einige irische Traditionals ausgegraben worden, die hier aber so "bandecht" klingen wie eigene Tracks sowie auch umgekehrt - manche Songs hören sich nach grüner Insel an sind aber aus Bayern - kann es ein größeres Kompliment geben? Folk, Punk ("The Night Pat Murphy died"), Rock ("All these Felings") und Ska werden absolut einmalig in den treibenden Speedfolk vermischt, die Songs sind stets druckvoll und dynamisch und Gitarre, Geige, Akkordeon und Bouzouki lassen dem Tanzbein nur selten echte Pausen. Sicher, die Jungs gehen dabei auf Nummer sicher, machen nichts wirklich neues nur einfach dass, was sie am besten können ohne große stilistische Ausflüge oder Überraschungen aber mal ehrlich, wer will so was schon von FIDDLER´S GREEN hören ? Diese Jungs geben ihren Partyfolk(s), was es will bzw. verdient und dass ist auch gut so!
Cooles Cover, cooler Albumtitel ("The Inner Sanctum", was soviel bedeutet wie das "innere Allerheiligste") und das wichtigste, das 2007er-Output der immer noch taufrisch klingenden Herrenriege SAXON kann voll überzeugen. Ob der epische Opener "State Of Grace" (beginnt mit sakral anmutenden Chorgesang und einpeitschendem Drumming, um sich dann zu einem fast schon symphonisch anmutenden zukünftigen SAXON-Klassiker zu steigern), die beiden direkt darauf folgende Banger "Need For Speed" und "Let Me Feel Your Power" (hier wird die Kopfschüttelfraktion standesgemäß bedient) oder die powermäßige Halbballade "Red Star Falling" (nicht nur hier klingt das Vermächtnis der 1990er-Albums "Solid Ball Of Rock" durch) - "The Inner Sanctum" macht vom ersten Ton an Laune. Im Mittelteil wird es mit "I´ve Got To Rock (To Stay Alive)" fast AC/DC mäßig. Das Teil rockt, nur Mr. Byfords Gesang ordnet den Song eindeutig SAXON zu (mit "Going Nowhere Fast" gibt es noch einen weiteren Song gleicher Machart). Die Single "If I Was" kommt dann zwar mit einem sehr eingängigem Refrain daher - ist für mich aber eher einer der unauffälligen Tracks (wie auch "Ashes To Ashes"). Der Song wurde laut Band extra für das englische Radio geschrieben, als ob die Mehrzahl der Briten so was noch zu schätzen wüsste. Beides durchaus nicht übel, aber da gibt es auf "The Inner Sanctum" stärkeres. Darunter auch das abschließende 8-minütige "Atila The Hun"; das vorangestellte kurze Intro "Empire Rising" darf ruhig als überflüssig angesehen werden. Abwechslungsreich zelebrieren SAXON hier nochmals ihr komplettes Programm. Will heißen - von schnellen Bangpassagen bis episch stampfenden Parts und leicht progressiven Arrangement ist da alles dabei, und gibt damit einem starkem Album einen würdigen Schluss. Dazu noch ein Biff Byford, welcher gesanglich nichts an seiner reifen Frische verloren hat und eine Mannschaft welche die zehn Tracks in gewohnter Manier bei fett gelungener Bauerfeind-Produktion routinierten instrumentalisiert. Zeitlos ist der traditionelle Heavy Metal à la SAXON ja sowieso. Fand ich persönlich "Lionheart" (trotz vieler guter Momente) im Vergleich zu früheren Werken der NWOBHM-Legende doch etwas überbewertet, so dürfte die Mischung aus echtem Heavy Metal, ein paar Rock´n´Roll-Nummern und hymnischen Midtemposongs auf "The Inner Sanctum" den Fans zweifelsfrei munden. Alles andere als eine klare Erwerbsempfehlung für Sachsenfreunde wäre ein echtes Sakrileg.
Was bietet dass World Wide Net nicht alles für tolle Möglichkeiten - dies wird einem immer wieder bewußt, insbesonder, wenn man sich solche Beispiele wie die Entstehungsgeschichte zu diesem Album "Cycles" der Formation GHOST CIRCUS liest. Klar, dass sich weit voneinander entfernt lebende Musiker heutzutage ihre Alben per Mail zusammenbasteln ohne "örtlich" jemals zusammengespielt zu haben ist nichts so neues aber dass sich zwei Musiker wie die beiden Protagonisten dieser CD Chris Brown (Vocals, Gitarre, Bass, Keyboards) aus Tennessee und Ronald Whale (Drums, Keyboards, Gitarre) aus den Niederlanden zunächst 2004 per Internet kennengelernt, sich dann entschlossen eine CD aufzunehmen und dies jetzt auch verwirklichten ohne sich jemals vorher (persönlich) gesehen zu haben, dürfte schon etwas ganz besonderes sein. Nach dem sich beide Musiker zuvor über ihren Lieblingsbereich des Progressive Rock abgestimmt hatten legte man schließlich los und zimmerte sich mit Hilfe der digitalen Möglichkeiten das hier vorliegende Debütwerk zusammen. Eines gleich vorweg, die Jungs haben da ein sehr gut gelungenes Stückchen Musik abgeliefert, sieht man mal von ganz leichten kompositorischen Schwächen in der Mitte des Albums ("The Distance" ist für mich der schwächste Song und dass recht aggressive "Accelerate" mit etwas seltsamen Sprechparts ist in sich nicht ganz stimmig), hätte es sogar fast für einen Tipp gereicht aber so wurden die Scheibe insgesamt nicht ganz so perfekt wie sie hätte sein können. Bereits nach dem gelungenen Opener "Broken Glass" fällt die exquisite Produktion auf sehr satt, mit warmen Sounds und unheimlicher Dynamik. Die Jungs haben was drauf, orientieren sich dabei schon eher in moderner geprägten Progrockgefilden und haben dabei so eine ganz eigene Art ihre Tracks sehr eingängig fast schon mit typischen Popvibes zu gestalten und auch bei den Melodiebögen gelingt es stets den roten Faden beizubehalten. Brown verfügt über eine recht passable Stimme, relativ sanft und tief aber vom Klangbild sehr angenehm. Die Arrangements sind zwar sehr griffig, trotzdem sind viele Details geboten der Hörer wird gerade vom mächtigen Sound überwältigt, fette Keyboardklänge sehr variabel im Sound und dann immer wieder die mal ordentlich riffig, dann auch mal knackig rockig in bester U2-Manier ("Cycles") und wieder diese weitläufigen Leadgitarrenparts - sehr fein gemacht. Für mich die besten Songs des Albums das melancholische mit tollen Harmonien versehene "Let It Flow" und 2Trick Of The Light" ebenfalls etwas düster gehalten, auch wenn der Anfang mit den Tasten doch recht stark an GENESIS ("No Son Of Mine") erinnert - die Musik hat immer eine gewisse Tiefe ohne natürlich im engsten Sinne progressiv zu sein. GHOST CIRCUS sprechen daher wohl eher die Neo bzw. noch besser die Art-Rock Fans mit ihrer starken Betonung auf Melodien, knackigen Gitarren sowie fülligen Keys an - Hardliner werden hier jetzt eine vermeintliche Oberflächlichkeit vermuten, sind aber trotzdem auf der falschen Fährte, denn dieses Duo bietet Gefühl, Harmonie und Details gleichermaßen. Schönes Album.