Die Band aus Trier geht aus den frickeligeren Deathern Doomstone hervor, hat ihren Sound aber mächtig aufgepeppt. Jetzt bedienen sich die Süddeutschen aus der Thrash- und Death-Schublade und geben auch ein wenig Core bei. Nicht selten lassen The Haunted grüßen. Und in dieser Kante machen WOLRDESCAPE vieles richtig. Sie wechseln das Tempo nicht wie Unterhosen, aber recht häufig und wirken dabei außerordentlich schlau. Dabei gibt?s in schnellen Parts voll vor die Fresse, in gemäßigten groovt?s arg in der Magengegend. Besonders erfreulich: Sänger Eric Kuhnen steht als lebendiger Beweis dafür, dass moderner Thrash-Gsang nicht zwangsläufig auf die Nüsse gehen muss und sticht mit variabl-passendem Geschrei. Runde Melodielinien und interessante Gitarrensoli runden eine gelungene Eigenproduktion ab. Und die Tatsache, dass ihr die Songs von der Homepage der Jungs runterladen könnt, ist ein Grund weniger, vor dieser Welt zu fliehen.
Die Finnen BATTLELORE beschreiben ihren Stil selbst als "Epic Fantasy Metal", was ich allerdings nur bedingt unterschreiben kann, denn mit AVANTASIA, RHAPSODY oder gar BLIND GUARDIAN hat das Septett nicht viel zu tun. Zwar nimmt sich die Band gerne der Werke Tolkiens an, aber der bombastische Grundsound, sowie das gesangliche Wechselspiel zwischen fiesen Death-Growls (Tomi Myykänen, der den 2004 ausgestiegenen Patrik Mennander ersetzt) und gefühlvollem weiblichem Gesang (Kaisa Jouhki, die sich mit opernhaften Eruptionen glücklicherweise zurückhält) lassen eher an diverse Gothic-Formationen erinnern. Ich wage sogar die Behauptung, dass es BATTLELORE mit "Evernight" sicher nicht leicht haben werden, neue Fanschichten zu erschließen, denn einerseits dürfte der Sound, der mitunter sogar schwarzmetallische Blastspeed-Parts auffährt, den gestandenen Fantasy-Metallern zu heftig und ruppig sein, während die Härtefraktion die Band andererseits als zu kitschig und "melodisch" (hauptsächlich wegen der Keyboard-Teppiche) empfinden wird. Nimmt man jedoch sämtliche Scheuklappen ab, dann sitzen BATTLELORE zwar zwischen den Stühlen, überzeugen aber auf "Evernight" mit vielen gefühlvollen, mehrschichtigen Stücken wie "Ocean´s Elysium", "We Are The Legions", "Longing Horizon" (erstklassige Halbballade!) oder "The Cloak And The Dagger", denen man objektiv lediglich vorwerfen kann, nicht ganz optimal und leicht dünn produziert worden zu sein, was den Hörgenuss aber kaum stört. Aufgeschlossene Fantasy-Jünger, aber auch weltoffene Freunde härterer Klänge, könnten mit "Evernight" eine wirklich hörenswerte Entdeckung machen.
Anscheinend ist das "Free Violence"-Album der Italiener REFLECTIONS schon älter, aktiv scheint die Band jedenfalls nicht mehr zu sein. Ist ein wenig schade, wenn dem wirklich so wäre, denn mit dem Silberling haben die fünf Südländer eine interessante Mischung aus Hardcore, Crossover und Punk kreiert, die ordentlich Arsch tritt und an die guten alten Zeiten Anfang bis Mitte der 90er erinnert, als CLAWFINGER noch eine richtig große Nummer waren und die H-BLOCKX so richtig angesagt. Naja, das ist mittlerweile ja vorbei, da bleibt nur das Schwelgen in Erinnerungen - oder eben eine eigene Band aufmachen und einfach die Mucke zocken, die einem durch die Schulzeit begleitet hat. Das Ergebnis kann sich in diesem Fall sehen lassen, die Songs sind druckvoll produziert, haben Schmackes und ordentlich Abwechslung. Da lacht das Nostalgikerherz, auch wenn die jazzigen Passagen ("Shit Attitude") manchmal auf den Zeiger gehen. Ist aber noch zu verschmerzen und hat den nächsten Crossover-Knaller im Anschluss. Für eine nostalgische Reise ist der Silberling allemal gut. Schön.
ABORTED hatten mit einigen Line-Up-Wechseln im Vorfeld zu den Aufnahmen (im Antfarm) zu kämpfen, besonders das Fehlen eines etatmäßigen Drummers schmerzte. Von den Problem ist auf "Slaughter & Apparatus: A Methodical Overture" aber nichts zu hören und auch von einer musikalischen Kursänderung kann keine Rede sein. Natürlich haben sich die Belgier verändert, das bleibt bei so vielen Wechseln nicht aus, aber das Grundgerüst ihrer Musik ist immer noch beinharter Death/ Grind, der wie gewohnt auf den Punkt runtergeknüppelt wird und die Balance aus Brutalität, Abwechslung und Eingängigkeit mühelos hält ("Profilic Murder Contrivance"). Selbst die Gastauftritte vonJeff Walker (CARCASS), Jacob Bredahl und Henrik Jacobsen (beide HATESPHERE) ändern da nix. Es regiert der brutale Totmetall, Punkt. Die vereinzelt eingestreuten (und das auch nur in homöopathischen Dosen) Hardcore-Einflüsse lassen den Gesamtsound nur variabler erscheinen, ohne von der grundsoliden metallischen Marschrichtung abzuweichen. Kurz, ABORTED haben wieder ein Weltklasse-Album eingespielt, mit dem sie sich zurecht an der Spitze heutiger Death Metal-Acts behaupten können!
Bis heute ist mir nicht klar, warum immer nur die Gitarrenflitzefinger dieser Erde Soloalben veröffentlichen, auf denen sie ihr Können in epischer Breite präsentieren. Ich habe noch nie eine solche Selbstdarstellung von einem Drummer, einem Bassisten oder einem Sänger im Player gehabt, da eben all jene ihr Talent zumeist in Bands und in songdienlicher Form auffahren. Mit Edward Box steht also der nächste Sechssaitenvirtuose ante portas, der bereits seit seinem 14. Lebensjahr das Brett schwingt und nicht nur von JUDAS PRIEST und VAN HALEN, sondern - was auch sonst?! - ebenso von Malmsteen, Satriani, Vai und Schenker beeinflusst wurde, wie vermutlich auch die anderen 32845 Artgenossen dieser Spezies. Ich will mich über das musikalische Talent solcher Leute wirklich nicht lustig machen, aber ein Album wie "Moonfudge" spricht den normal gearteten Rocker genauso wenig an wie die vielen, vielen anderen Werke dieser Sorte. Natürlich werden die Fans von instrumentalem, primär Gitarre-orientiertem Rock auch hieran ihre Freude haben, und natürlich ist Edward Box ein herausragender Musiker, aber ich finde solches Talent auf einem Album wie diesem echt verschwendet, denn was hat man von den schönsten Tonfolgen, wenn sich später nix davon im Kopf festsetzt?! Darum mein Fazit wie immer an dieser Stelle: der kleine Kreis der Fans von Saitensolisten ist mit "Moonfudge" sehr gut beraten, aber der Rest kann hier trotz Allem wieder die Ohren abschalten, was ich einmal mehr richtig schade finde.
Brandon Rike, seines Zeichens Sänger der Alternative Rocker DEAD POETIC, mag laut Bandbiographie nix mit dem "S-Wort" zu tun haben, nämlich "Screamo". Er sieht seine Band, die sich 2004 nach dem zweiten Album aufgelöst hatte und neu formiert werden musste, eher von Truppen wie STONE TEMPLE PILOTS, PEARL JAM, MÖTLEY CRÜE, SKID ROW oder DEFTONES (deren Chino Moreno auch an den Stücken "Crashing Down" und "Paralytic" mitschrieb) beeinflusst. Und seine Worte sind nicht etwa heiße Luft, sondern man hört diese Bands tatsächlich heraus, wenn auch nicht direkt. Mit persönlich fallen noch etwa THE JULIANA THEORY ein, die ähnlich emotional und knackig rockend vorgehen. Auch dem Grunge war man unter Anderem nicht abgeneigt, glaubt man dem glasklar und angenehm relaxt agierenden Sänger. Aber mit NIRVANA und Co. hat "Vices" zum Glück nicht allzu viel am Hut, auch wenn sich die eine oder andere Schrammelgitarre durchaus untergemogelt hat. Dass DEAD POETIC auch einen Alternative-Muffel wie mich überzeugen können, liegt aber ganz klar am sehr gelungenen Songwriting, das die meisten der Stücke des Albums zu modernen, gefühlvollen Hymnen mit Langzeitwirkung aufwertet. Darunter befinden sich zum Bleistift der sehr eingängige Opener "Cannibal Vs. Cunning", die coolen Groover "Lioness" und "Self-Destruct & Die", das flotte "Long Forgotten", das treibende "The Victim" oder der atmosphärische Soundteppich "Animals". Anspieltipps gibt es auf "Vices" also genug, was das Album für alternative Naturen zum echten Erlebnis macht und garantiert ein kleines Genre-Highlight darstellt, nachdem viele der oben genannten Bands heute kaum noch was, respektive gar nix mehr reißen. Sehr stark!
Wie es PSYOPUS geshafft haben, nach ihrem Reflections Records-Erstling bei Metalblade zu landen, ist eine interessante Frage, denn normalerweise ist das Label in Sachen Stressmucke nicht so firm. Wie auch immer, PSYOPUS sind definitiv nicht ausgewimpt oder massenkompatibler geworden, stattdessen wir auf "Our Puzzling Encounters Considered" eine wahnsinnige Noise-Nummer abgezogen, die auf so überflüssigen Ballast wie Songstrukturen, Nachvollziehbarkeit oder geistige Unversehrtheit des Hörers weitgehend verzichtet. Für einen kleinen Kreis von Bekloppten ist die Scheibe wahrscheinlich die Erfüllung aller Mathcore-Träume, während der weit größere Teil der Menschheit schreiend weglaufen wird, wenn sie mit Ausgeburten eines kranken Genies wie "Whore Meet Lair" konfrontiert werden. Wem die schon beim Debüt genannten Referenzen zu normal sind oder wer seine Mitmenschen quälen will, ist hier richtig - dem Rest sei abgeraten, das ist zu kranker Stoff.
FREYA ist die neue Band von EARTH CRISIS-Sänger Karl Buchner und zwei weiteren EARTH CRISIS-Leuten, die ja mittlerweile ihre Ur-Combo neu auflegen. Aber ist jetzt egal, hier geht es um "Lift The Curse", den zweiten Longplayer von FREYA. Und der bietet metallischen Hardcore bester Sorte, inklusive eines ungewöhnlichen "War Pigs"-Covers. Karl Buechner hat seine charakteristische Stimme seit dem FREYA-Erstling noch verbessert, auch wenn die clean gesungenen Passagen leider fast gänzlich verschwunden sind. Die Songs sind griffig, brutal und im Ohr festsetzend, was bei dem Background der Musiker niemanden überraschen sollte, ebensowenig die Nähe zum EARTH CRISIS-Groove. Einziger Wehmutstropfen ist die kurze Spielzeit von nicht mal einer halben Stunde, da wäre durchaus noch Platz für zwei, drei Kracher mehr gewesen, so bleibt es trotz neun hochklassiger Songs ein zu kurzes Vergnügen. Wer sich daran nicht stört, EARTH CRISIS-Fanboy ist oder einfach guten, brutalen Hardcore macht, sollte sich "Lift The Curse" zulegen.
Düster-Metal ist in den letzten Jahren zum reinen Kommerzprodukt verkommen! Bands wie HIM (deren erste Werke ich zugegebenermaßen immer noch mag), REAMONN oder THE 69 EYES versuchen krampfhaft, die Rotwein schlürfende Samtkleidchenfraktion mit ihren pseudo-melancholischen Disco-Sounds zu beeindrucken, während einstige Szenepioniere wie PARADISE LOST, TYPE O NEGATIVE oder TIAMAT die Szene schon lange nicht mehr bereichern können. Da kommen Bands wie INSOMNIUM, NOVEMBERS DOOM, NOUMENA oder eben SWALLOW THE SUN gerade Recht, wobei Letztere kein Glück mit ihren ersten beiden Alben hatten; "Ghosts Of Loss" und "The Morning Never Came" gingen aufgrund mangelnder Promotion fast spurlos an der Fangemeinde vorbei. Doch mit dem "legendären" dritten Album könnte sich auch hier alles zum Besseren wenden, denn erstens hat das finnische Sextett mit Spinefarm ein mächtiges Label im Nacken und zweitens mit "Hope" eine Sternstunde akustischer Düsterkunst dahergezaubert. Ganz eindeutig von OPETH, AMORPHIS, KATATONIA, MY DYING BRIDE und diversen anderen - echten - Depri-Vorreitern beeinflusst, hört man dem Album seine Authentizität mit jedem Ton an! Die neun zumeist überlangen Songs sind von Leuten geschrieben worden, die diese Musik leben. Lange, tiefe Riffs, präsentes, atmosphärisch ergänzendes Keyboardspiel und ein Mikko Kotamäki am Mikro, dessen abwechselnd abgrundtief growlende und im nächsten Moment glasklare, zerbrechliche Stimme die Authentizität der Musik und der Texte perfekt zelebriert. Die acht durchweg hervorragenden Kompositionen gehen nahtlos ineinander über, wobei besonders "The Justice Of Suffering" und der Bonustrack "These Low Lands" erwähnt werden müssen, bei denen KATATONIA-Sänger Jonas Renkse (bei Ersterem), bzw. AMORPHIS-Shouter Tomi Joutsen als Gäste zu hören sind. Kurz und gut: eine der besten Düsterplatten seit langer Zeit, die die Messlatte für alle "traurigen" Möchtegerns ganz sicher ein Stück zu hoch legt!
Sehr passend haben CHIMAIRA ihr neues Album betitelt, ist doch Ur-Drummer Andols Herrick vor den Aufnahmen wieder zur Band zurückgekehrt und hat Kevin Talley (ex-MISERY INDEX) vedrängt. Ob es nur an seiner Rückkehr liegt, dass "Resurrection" variabler und weniger brutal als der selbstbetitelte Vorgänger ausgefallen ist? Fakt ist, dass Mr. Herrick eine verdammt gute Leistung abgeliefert und in den zwei Jahren offensichtlich nichts verlernt hat. Seine Kollegen haben indessen hörbar an ihren Songwriter-Skills gearbeitet und die elf Songs sehr unterschiedlich angelegt. Mark Hunter muss seine Stimmbänder ziemlich strapazieren, hat in den brutalen Abschnitten aber immer noch Probleme, Brutalität und Variabilität in der Stimme zu verbinden- Kurz: zeitweise nervt er mit seinem immer gleichen Gekeife. Wenn er aber die cleane Variante auspackt, wird es deutlich besser und das ganze Volumen seiner Stimme kommt zum Vorschein. Der Mix aus Abrissbirnen wie "Pleasure In Pain", "End It All" und "Worthless" und eher groovigen Stücken Marke "The Flame" und "Needle" funktioniet sehr gut, einzig das viel zu lange "Six" nimmt der Scheibe im Mittelteil viel zu viel Wucht. Mit fast zhen Minuten ist der Song einfach zu lang und vor allem zu eintönig geraten, da wird die Skip-Taste sicher oft betätit werden. Der Metalknaller 2007 ist "Resurrection" für mich nicht geworden, aber eine verdammt starke Scheibe haben die wiedervereinten CHIMAIRA allemal eingespielt, mit der sie die Balance zwischen Wandel und Kontinuität halten können und sich somit für alte Fans als auch aufgeschlossene Metaller interessant machen.