DIE YOUNG aus dem schönen Texas (deswegen auch das TX hinter dem Bandnamen) geben auf ihrem neuen Longplayer "Graven Images" ziemlich Gas, was schon beim Blick auf die Tracklist deutlich wird: fünfzehn Songs in nicht mal einer halben Stunde lassen kaum Zeit für langatmige Stücke (das akustische Intermezzo "In Limbo" mal außen vor gelassen). Das Quartett fegt einem old schooligen Orkan gleich über den Hörer hinweg und zeigt sich bemüht, die kompromißlose Intensität von TERROR oder BLACKLISTED zu erreichen. Das gelingt nicht vollständig, da DIE YOUNG TX beim Songwriting noch Schwächen offenbaren und nur wenige Songs beim Hörer einen langfristigen Eindruck machen - der langsamste Track "Become The Change" gehört ironischerweise dazu. Live machen die Texaner sicher ordentlich Wind, aber auf Platte sind nach einigen Songs leichte Ermüdungserscheinungen zu sehen. Technisch ist dabei nichts zu meckern, die Produktion ist gelungen, der Sänger hat ein rauhes Organ, das nicht nervt und die Gitarrenarbeit ist klassisch-schneidend. Für eine Nachwuchsband geht "Graven Images" voll in Ordnung und wird DIE YOUNG TX dabei helfen, sich einen guten Ruf in der HC-Szene zu erspielen.
Dass Finnen gerne mal depressiv und düster durch die Welt laufen, dürfte allgemein bekannt sein. Aber was APOCRYPHAL VOICE hier abziehen, hat weder mit dem einen, noch mit dem anderen etwas zu tun. Die 1999 von Juhani Jokisalo angeblich aus Gründen der Frustration über die derzeitige Metal-Szene gegründete Band lässt den Hörer tatsächlich deprimiert zurück, aber in anderem Sinne. Der kuriose Stilmix aus Doom -und Progressive Metal, Avantgarde-Sounds und psychedelischer Klangkulisse geht einem bereits nach wenigen Songs tierisch auf die Nüsse. Stellenweise möchte man auch gerne mal in Richtung PRIMORDIAL ausschlagen, was die treibenden Songs und den bemüht emotionalen, cleanen Gesang betrifft, aber das würde zuerst mal voraussetzen, dass man einen Sänger hat, der nicht so klingt, als leide er seit Wochen unter heftigem Darmverschluss. Ganz schlimm wird es aber, wenn ultranervige Intermezzi, irgendwo zwischen schrägem Psychedelic-Lärm und Pseudo-Horrorfilm-Soundtrack ("Dance Of The Phantoms") oder mitgeschnittene Erbrechungsorgien ("March Towards Hell"), aufgefahren werden. "Stilltrapped" wird dadurch nicht origineller, sondern nervt am Ende nur noch mehr! Ich hatte wirklich Mühe, mich durch mehr als einen Hördurchlauf zu kämpfen, aber auch mehrere Umdrehungen mit viel gutem Willen machen dieses Album nicht essentieller, sondern überzeugen noch stärker in der Meinung, es hier mit nordländischer Ausschussware zu tun zu haben.
Wer seine Nachbarn oder Mitbewohner mal so richtig ärgern möchte, kann blind in die PRO-PAIN-Sammlung greifen und irgendeine Scheibe der Amis auflegen. Regler auf 11 und zusehen, wie der Putz von der Decke bröckelt und Normalsterbliche verzweifeln. Schön. "Age Of Tyranny" kam einigermaßen überraschend bei mir in den Briefkasten geflattert, bestand den ersten Krachtest aber mit Bravour - keine großen Überraschungen im Hause PRO-PAIN also, Gary Meskil, Tom Klimchuck, Eric Klinger und JC Dwyer machen da weiter, wo sie mit dem letzten Studiowerk aufgehört haben und feuern elf Granaten ihrer unwiderstehlichen Mischung aus Metal und Hardcore aus den Boxen. Also alles wie immer? Na, nicht ganz. Zum einen ist die textliche Ausrichung der Scheibe diesmal sehr politisch ausgefallen und eine gnadenlose, wütende Abrechnung mit der Regierung Bush, zum anderen haben sich PRO-PAIN wieder ein kleines Stückechen weiterentwickelt, was sich besonders im atmosphärischen "Beyond The Pale" widerspiegelt, dass von Matt (ICARUS WITCH) mit sehr feminin anmutenden Vocals veredelt wurde. Aber keine Angst, klassischen PRO-PAIN-Stoff gibt es daneben zuhauf, wie das stampfende "Three Minutes Hate", den brachialen Opener "The New Reality" oder das beinharte "Live Free (Or Die Trying)", die allesamt dem Fan das Herz aufgehen lassen. "Leveler" ist mal locker der brutalste Song der Band seit langem, während "Iraqnam" ein Doombrocken ist, der zum Text wie die Faust aufs Auge passt. Die Fans der (ex-) New Yorker können hier blind zugreifen und wer schon immer mal in den Sound von PRO-PAIN reinhören wollte, kann das bei diesem Hammeralbum beruhigt tun und sich danach in die Schar der Anhänger Gary Meskils und Co. einreihen. "Agy Of Tyranny" ist bester Stoff aus Amerika und wieder einmal der Beweis, wie arschgeil diese Band ist! Und jetzt entschuldigt mich, ich muss meine Mitbewohnerin vertreiben…
Der Finnenhaufen OMNIUM GATHERUM befindet sich mit seinem dritten Album am berühmten Scheidepunkt der Karriere, an dem es heißt: "make it or break it". Tja, und so wirklich weiß ich nicht, ob "Stuck Here On Snakes Way" der große Wurf ist, mit OMNIUM GATHERUM ihre Karriere voran bringen. Die Songs sind solide gespielt, abwechslungsreich genug um den Hörer bei der Stange zu halten und angenehm druckvoll produziert, aber im Grunde genommen zündet die Scheibe einfach nicht, auch wenn sich Sänger Filpu weiterentwickelt hat und jetzt eine druckvolle Röhre vorzuweisen hat. "Into Sea" ist der Beweis, dass die Band zu brachialen und gleichzeitig melodischen Death Metal-Songs in der Lage ist und kann auf ganzer Linie überzeugen, vor allem der leichte DARK TRANQUILLITY-Touch fesselt. "Dysnomia" schlägt in die gleiche Kerbe und kann mit hinreißender Gitarrenarbeit punkten, auch wenn der Song an sich deutlich brutaler ist. Aber das war es dann auch schon, der Rest der Scheibe geht ins eine Ohr rein und zum anderen gleich wieder raus. OMNIUM GATHERUM verstehen es nicht, auf längere Zeit interessante Songs zu schreiben und den Hörer an sich zu binden. Positiv fällt nur auf, dass das Keyboard keine große Rolle mehr im finnischen Sound zu spielen scheint. Aber das reicht zusammen mit zwei wirklich guten Songs nicht aus, um "Stuck Here On Snakes Way" aus der Mittelmäßigkeit zu heben.
Für alle diejenigen, die Anfang der 80er noch in die Windeln geschissen haben, gibt es alle jemals veröffentlichen MINOR THREAT-Songs auf einer CD, remastert und mit Fotos vom Line-Up und einigen Live-Shots. Die Band aus Washington, D.C., um Ian MacKaye war zweifellos eine der wichtigsten HC-Bands überhaupt, die das Lebensgefühl der aufkommen Straight Edge-Bewegung in Worte fasste (mit dem gleichnamigen Song und "Out Of Step") und eine Stimme gab. Die Wucht, mit der die 26 Songs aus den Boxen kommen, überzeugt auch fast zwanzig Jahre später noch und suchte damals seinesgleichen, angetrieben von sägender Gitarrenarbeit und dem einzigartigen Organs Ians. Wer sich auch nur ein wenig für die Wurzeln der Bewegung interessiert oder noch nicht alle MT-Songs sein Eigen nennt, muss bei dieser Scheibe einfach zuschlagen.
Mit "Fallout From The War" haben SHADOWS FALL ihren Weggang von Century Media eingeläutet, "Threads Of Life" ist ihr Roadrunner-Debüt. Und bestätigt meine Vermutung, dass sich die Mannen um Brian Fair die Knaller für dieses Album aufgespart haben. "Redemption" eröffnet den Reigen mit brachial-thrashigen Gitarren, die vom exzellenten, clean gesungenen, Refrain noch getoppt werden, beides zusammen macht den Track zu einem echten Ohrwurm, während das nachfolgende "Storm Winds" eine wahre Abrissbirne ist und den Bogen zu alten "The Art Of Balance"-Tagen schlägt. Die Produktion ist rauher, die Songs direkter und brutaler als auf "The War Within" und irgendwelche trendigen Core-Anteile sucht man vergeblich. SHADOWS FALL haben sich auf ihre Metal-Wurzeln zurückbesonnen und ein astreines Metalalbum eingezimmert, dass Metalherzen erfreuen wird. Einzig das akustische "Another Hero Lost" und die lahme Halbballade "The Great Collapse" nehmen ein wenig die Power raus, werden aber durch die anderen neun Knallersongs überdeckt. "Threads Of Life" ist die Quintessenz des musikalischen Schaffens der Amis, die sich sowohl vom technischen Anspruch als auch vom Songschreiber-Niveau weiterentwickelt haben und ein verdammt geiles Scheibchen abliefern. Bang on, Wayne!
SEARs Erstling wußte zu gefallen und brachte den Finnen neben viel Aufmerksamkeit auch eine Nominierung als bester finnischer Newcomer 2005 ein - das macht für das Nachfolgealbum Mut. "Lamentations Of Destructions" geht ohne Intro direkt in die Vollen und macht nach drei Sekunden klar, dass weiterhin Black/ Death geboten wird, der nichts für zarte Gemüter ist. Rasender Black Metal norwegischer Prägung und brutaler Death Metal werden von SEAR wie gehabt zu einem heftigen Gebräu vermengt, wobei die im Line-Up leicht veränderten Finnen zu oft die gleiche Schiene fahren und ein brutales Riff auf einen rasenden Schwarzmetall-Part treffen lassen. Beim ersten Mal funktioniert das, beim zweiten Mal auch noch, aber auf Dauer wird es öde und es kommt, wie es kommen muss: die Songs werden austauschbar, gleichförmig, langweilig. Die erste Hälfe der Scheibe kann man getrost nach dem ersten Song überspringen, das ist alles SEAR-Einheitsware. Erst ab dem siebten Track wird das Ganze besser, weil variabler, stellenweise erinnern SEAR an die kongenialen SACRAMENTUM. Das hat Hand und Fuß und ist technisch eindrucksvoll in Szene gesetzt, was den Hörer zum Ende hin doch noch mit der Scheibe versöhnt. Viel Licht, aber auch viel Schatten also, im Endergebnis eine annehmbare Scheibe.
TRASHMENT sind eine junge Band aus dem Raum Heidelberg, die nach Anfängen als Covercombo mittlerweile auf eigene Songs setzen, von denen sich neun auf "Deadly Silence" finden, die ein weites Spektrum abdecken. Flotte, von Thrash und Death beeinflußte Nummern wie "King Of The World" stehen neben Mid Tempo-Nummer wie das an LAKE OF TEARS (vom Gesang her) erinnernde "Mogumbo". Das schleppende "Leidenschaft" ist eigentlich ganz cool und kommt wie eine langsame Lavawalze über den Hörer, verliert aber durch den klischeehaft-platten Text (ONKELZ in schlecht) massiv an Reiz. Dabei ist der Gesang gar nicht mal schlecht und erinnert stellenweise an alte LAKE OF TEARS, einzig die deutschen Texte überzeugen mich nicht. TRASHMENT haben technisch einiges auf der Pfanne, wodurch sie den Songs einen anständigen Groove geben und die neun Songs mit genügend Abwechslung austatten können, um "Deadly Silence" zu einem anständigen Debüt werden zu lassen. Artwork und Produktion gehen ebenfalls in Ordnung, so dass aufgeschlossene Metaller, die auf aggressiven modernen Metal stehen, sich die Scheibe ruhig mal anhören können - eine kleine Auswahl gibt es auf der MySpace-Seite der Band zu hören.
Der Weggang von Sänger Scott Wade und dem daraus resultierend Wechsel von Andrew Neufeld von der Gitarre an den Gesang hat bei vielen COMEBACK KID-Fans für Verunsicherung gesorgt, hat doch Mr. Wade mit seinem Gesang den Sound der Kanadier maßgeblich geprägt (man erinnere nur an "Partners In Crime" oder "Losing Patience"). Das neue Album "Broadcasting" ist beim ersten Durchlauf auch sperriger und nicht so leicht zu entschlüsseln wie das Über-Album "Wake The Dead", und gleichzeitig deutlich düsterer ausgefallen. Wer sich aber Zeit nimmt, wird die elf Songs zu schätzen gewinnen, denn mit jeden Durchgang werden sie stärker und stärker und entpuppen sich als Hits, wie das mit einem genialen Basslauf ausgestattete "Hailing On Me" oder das hochmelodische "Industry Standards". Andrews Stimme ist rauher als die seines Vorgängers und nicht ganz so variabel, gibt der Platte dadurch aber auch eine eigene Note, die gut zum Gesamtsound paßt. Die beeindrucken Backing Shouts, eingängigen Riffs und der weitgehende Verzicht nerviger Breakdowns sind geblieben, hinzugekommen ist eine leicht depressive Grundstimmung und ein generell höheres Tempo der Songs. Intelligent und abwechslungsreich geschrieben braucht "Broadcasting" seine Zeit, wird aber auch beim 50. Durchlauf kein bißchen langweilig. COMEBACK KID bestätigen eindrucksvoll ihre Klasse und haben sicherlich eines der besten Hardcore-Alben des Jahres veröffentlicht!
Mit ihrem gerade mal knapp ein Jahr alten Hammer "Blood Sample" haben die lustigen Finnen ein echtes Highlight ihrer Karriere abgeliefert und nahtlos an ihre 90er-Meisterwerke angeschlossen. Doch in meinen Augen ist der ebenfalls wieder überlange Nachfolger "Release Date" eine irgendwie halbgare Angelegenheit geworden. Der Wille von Kärtsy und Co., hier etwas düsterer und progressiver zu werden, geht nicht ganz auf. Meiner Meinung nach dürfen WALTARI stilistisch alles einbauen, was die Musikwelt hergibt, von Blastspeed-Black Metal über Trip Hop, House, Techno, Blues bis hin zu peruanischem Walzer, senegalesischer Volksmusik oder nepalesischem Grindcore, wenn es die Stücke erfordern und hergeben. Doch hier liegt das Problem von "Release Date": die meisten Songs klingen sehr sperrig, zu gewollt experimentell und über weite Strecken mehr wie eine allumfassende Jam-Session. Bereits der uninspirierte (und sogar - vermutlich ungewollt - an Fanta 4 erinnernde) Opener "Get Stamped" lässt eher die Nase rümpfen, wobei er gegen Ende noch ein cooles Break offenbart. "Big Sleep" gehört dann zu den stärksten Stücken des Albums, fährt einen erstklassigen Ohrwurm-Refrain auf und hätte auch auf "Blood Sample" eine gute Figur abgegeben. Das auf Aggro getrimmte "Let´s Puke Together" ist nett, aber auch nicht mehr, das über 36-minütige, aber hörergerecht unterteilte "Cityshamaani" gehört zwar einerseits zu den Highlights, kann aber kaum echte Akzente setzen und geht mit teils überlangen Elektronik-Passagen einen Tick zu weit. Auch "Hype" und "THD (Lehtinen)" wirken wie Überbleibsel früherer Großtaten und können kaum punkten. Auch das witzig betitelte "Sex In The Beergarden" kann mit dem wilden Herumgekreische kaum überzeugen. Am Ende bekommt man mit dem groovigen, etwas von SYSTEM OF A DOWN inspirierten "Wish I Could Heal" und dem zusammen mit der finnischen Ethno-Truppe VÄRTTINÄ aufgenommenen, elektronischen Bonustrack "Spokebone" (klasse!) noch zwei versöhnliche Songs zu hören, die das gesamte Album aber kaum retten. "Release Date" ist ganz sicher keine schlechte Scheibe, und vielleicht lege ich bei WALTARI meine Ansprüche generell zu hoch, aber eben genau die größte Fähigkeit der Band, aus einem riesigen Pool an Musik mitreißende, schlüssige und atemberaubende Hymnen zu kreieren, kommt hier zu kurz und endet über weite Strecken im Chaos und Songs mit wenig Wiedererkennungswert. Ich weiß nicht, ob´s nur mir so geht, aber ich habe diese Finnen schon deutlich stärker erlebt…