Hinter dem doch eher exotisch anmutenden Namen LEECHEE verbirgt sich eine Kombo aus heimischen Landen, die sich ebenso heftigem wie depressiv- hypnotischem Rock verschrieben hat. Stimme und Gesangsstil von Sänger Piotr Ziental erinnern mitunter an das ähnlich beunruhigend emotionslos klingende Organ von PLACEBOs Brian Molko, auch im Hinblick auf den Gesamtstil ist die Tendenz teilweise durchaus ähnlich, wenn auch LEECHEE auf einigen Songs deutlich brachialer und etwas weniger melodisch zu Werke gehen als PLACEBO. Als Beispiel für diesen mitunter recht brachialen Sound kann bereits der Opener "J'Accuse" dienen, das von ausgesprochen fetten Gitarrenriffs getragen wird,. "Leave No Traces" dagegen ist zu Anfang sehr ruhig gehalten, die Gitarren finden erst ab der zweiten Hälfte dazu, auch das sich daran anschließende "Tears" bewegt sich weitestgehend in ruhigen Gefilden, bevor auf "Soylend Green" wieder mehr Gas gegeben wird und das Album schließlich mit "The Chill" in hypnotischer Schwermut endet. Alles in allem ist "Stay Away From All The Lonely, They'll Only Eat Your Heart" durch die geschaffene Atmosphäre keine ganz leichte Kost, aber Freunde von fettem, psychedelischem Rock könnten hier ihre Freude haben.
Stay Away From All The Lonely, They'll Only Eat Your Heart
Ursprünglich gegründet 1985 sind ACTION jetzt nach über einem Jahrzehnt Auszeit mit einem neuen Album wieder da. Ein hübsches Melodic Rock-Album ist es geworden, das sich an der Gradwanderung versucht, seine 80er-Wurzeln nicht zu leugnen, ohne angestaubt zu klingen. Mit schönen Melodien können die Herren eindeutig aufwarten, das stellt bereits der Opener "Without Your Love" unter Beweis und auch einer schönen Stimme kann sich Sänger Jack Marques rühmen. "Loveless" ist partytauglich, der Midtempo-Track "Here In My Heart" ruft Erinnerungen an Kollegen wie WHITESNAKE und WHITE LION wach. Bei "Cinderella" und "Feel The Fire" scheinen die 80er-Usprünge besonders deutlich durch, das eingängige "Is It Love" hingegen pendelt gelungen zwischen Melodic- und Hardrockelementen und hat Ohrwurmcharakter. Und da auf derartigen Alben ja für gewöhnlich auch eine Ballade nicht fehlen darf, liefern ACTION mit "Don´t Leave Me Lonely" auch noch einen Song ab, der balladesk anfängt und sich im weitere Verlauf zum Midtempo-Stück entwickelt. Wer seine Freude an melodischem 80er-, aber eben nicht nur 80er-Rock hat, dürfte an ACTION seine Freude haben.
Dass diese dänischen Jungs mit einem Auge auf PANTERA abfahren, kann man bereits in ihrer Biografie nachlesen, doch mit dem anderen Auge schielen sie auf den anscheinend immer noch nicht satten Metalcore-Markt. Groovy wollen sie sein, mit "monströsen Songstrukturen", "bösartigen Basslinien" und "back-to-basics-Drumming", doch abseits der Drogen-beeinflussten Band-Biografie macht sich schnell Ernüchterung breit. THE BURNING klingen in der Tat kraftvoll; ein großer Dank geht an Jacob Hansen, der dieses Debüt produziert hat, doch in Sachen Songwriting, Ideenreichtum und auch Groove kommt "Storm The Walls" qualitativ nicht mal ansatzweise an die letzten Scheiben der Landsmänner ILLDISPOSED, HATESPHERE oder auch MERCENARY heran, die Dänemark mit vereinten Kräften auf die (extrem-) metallische Landkarte hievten. THE BURNING klingen zu sehr nach Mitläufern, die noch ein Stück vom großen Kuchen abhaben möchten, setzen kaum eigene Duftmarken und werden trotz durchaus vorhandener spielerischer Qualitäten genauso schnell wieder verschwinden, wie sie aufgetaucht sind. Das klingt zwar sehr negativ und nach Verriss, aber ich bin der Ansicht, dass eine durchschnittliche, wenn auch nicht wirklich schlechte Scheibe wie diese hier auf dem von Metalcore-Bands- und Platten überschwemmten Markt rein gar nichts mehr reißen kann. Das ist vielleicht schade, aber leider Realität.
Kurz nachdem Iscariah bei IMMORTAL ausgestiegen war, gründete er zusammen mit Drummer Kvitrafn das Solo-Projekt DEAD TO THIS WORLD, das nun, nach fünf Jahren und diversen Demos und Singles, sein Debütalbum auf den Markt bringt. Wer allerdings auf puren, kernigen Black Metal im Stil von IMMORTAL hofft, dürfte ziemlich enttäuscht von "First Strike For Spiritual Renewance" sein, denn Iscariahs alte Kultband wird stilistisch nur am Rande (hauptsächlich beim "Gesang") gestreift, da es überwiegend thrashig-stampfend zur Sache geht. Zwar kommt das Album ähnlich kurz und knackig daher wie der Oberhammer "Damned In Black", doch erinnern DEAD TO THIS WORLD eher an Bands wie jüngere EXODUS, RAISE HELL zu "Not Dead Yet"-Zeiten oder OCCULT OF THE DAMNED. Etwas schade ist nur, dass es das Duo noch nicht ganz schafft, aus seinem Potential mitreißende Hymnen zu kreieren, so dass das Album zwar insgesamt sehr hochwertig, aber leider ohne absolute Highlights über die Ziellinie hoppelt. Modern orientierte Thrasher, aber auch nicht allzu verbohrte Bläckies können hier ohne Bedenken mal reinhören und sollten nicht enttäuscht werden.
SAVES THE DAY haben in den zehn Jahren ihrer Existenz Einiges durchgemacht, was sich durchaus in den jeweiligen Alben spiegelt. "Under The Boards" zeigt die Band dezent positiv gestimmt, auf der Suche nach dem großen Alternative-Hit, mit dem sie in Indie-Discos die ganz große Nummer wird. Mit Punkrock oder auch nur Emocore haben die dreizehn Tracks nicht mehr viel zu tun, selbst das Alternative-Label ist bei einigen der poppigeren Songs schon arg strapaziert ("Bye Bye Baby"). Die Gitarren sind soft und trauen sich nur selten mal so richtig zu schrammeln und zu braten. Der nasale Gesang bleibt dadurch markanter, wird Neueinsteiger in den SAVES THE DAY-Sound aber vor eine Gewöhnungsphase stellen. Das große Manko an "Under The Boards" ist das Fehlen des gesuchten Hits - einige Songs sind passable Indie-Nummern, die bei quasi-alternativen Hörerschichten gut ankommen werden, aber noch nicht die ganz große Nummer sind. So bleibt abzuwarten, wieviel Erfolg die mittlerweile zur Hälfte aus GLASSJAW-Mitgliedern bestehende Combo mit dieser Scheibe haben wird. Vielleicht hat Drummer Pete mit dem Einstieg bei THE OFFSPRING auf das bessere Pferd gesetzt, wer weiß?
BARCLAY JAMES HARVEST sind Dinosaurier der Siebziger – im Original ausgestorben und mittlerweile in zwei Formationen als lebende Ikone einer Generation Live unterwegs. Die einen unter dem Banner von Les Holroyd ursprünglicher Bassist und Sänger von BJH), die anderen mit JOHN LEES (Gitarre) und Woolly Wolstenhome (Keyboard). Letztere (mittlerweile 60 Jahre alt) legen mit „Legacy“ eine Live CD/DVD vor, in welchen gekonnt und mit reichlich Feeling routinierte Musiker die alten Hymnen Live präsentieren. Wobei der Gesang manchesmal ("The Iron Maiden")bei atmosphärischen Parts teilweise Ähnlichkeiten mit MARILLION offenbart und auch die latente progressive Schule der Siebziger durchschimmert. Aufgenommen wurde das ganze am 5. Novmeber 2006 im Londoner „The Shepard’s Bus Empire“. Mit „Child Of The Universe“, dem klasse „Mockingbird” und dem unvermeidlichen „Hymn” gibt es altbekannte Bandklassiker – aber mit „The Great 1974 Mining Desaster“ und dem überlangen Doppel „The Poet / After The Day” auch seltenes Futter für die Fans. Dazu uraltes uns selten gehörtes wie „The Iron Maiden“ und „Poor Wages“. Natürlich bleiben auch hier nicht alle Fanwünsche erfüllt – nicht nur „Life Is For Living“ und natürlich „Victim Of Circumstances“ wird vermisst - aber es verwundert nicht, dass die meisten der gespielten Songs auch aus der Feder von JOHN LEES stammen. Aber hier hat wohl jeder seine eigenen Lieblingssongs. JOHN LEES’ BARCLAY JAMES HARVEST bedient deutlich die Ü40 oder jene, die mal wissen wollen, wie entspannter, durchgehend langsamer Mainstream Rock in den verkifften Siebziger klang. Melodiös, ruhig und zum kuscheln besten geeignet – in erster Linie für Fans, aber nicht nur.
Tracklisting:
01 Valhalla
02 For No One
03 Child Of The Universe
04 The Iron Maiden
05 The Great 1974 Mining Desaster
06 Poor Man's Moody Blues
07 Suicide
08 Medicine Man
09 In Search Of England
10 Poor Wages
11 Mockingbird
12 The Poet / After The Day
13 Hymn
Das Ganze gibt es auch als DVD mit ein paar Songs mehr und einigem Bonusmaterial (Backstage, Aufnahmen der britischen BJH-Convention).
Man kann sich ja generell über Sinn und Qualität einer Band wie EISREGEN streiten, aber man muss auch als Gegner der Thüringer anerkennen, dass sich diese Band aus diversen Vorbildern mittlerweile einen ureigenen Stil zurechtgezimmert hat, der sich allerspätestens seit dem aktuellen Werk "Blutbahnen" auch in starkem Songwriting niederschlägt. Aber warum auch hier diverse (Ex-) Mitglieder meinen, im Fahrwasser des Erfolges der "Hauptband" ihre zweitklassigen Ideen verwirklichen zu müssen, ist mir nicht ganz klar. TRANSILVANIAN BEAT CLUB bleiben auch auf ihrem zweiten Werk eindeutig im Schatten von EISREGEN, was allein durch die Tatsache verstärkt wird, dass man versucht, einen irgendwie ähnlich klingenden, aber doch irgendwie eigenen Stil zu fahren, der irgendwie auf Nummer Sicher im Sinne der Fans getrimmt ist, aber irgendwie doch noch eigenständig klingen soll. Am Ende stehen dann Sauflieder mit morbiden Texten, ein paar musikalische Ausflüge in Richtung Polka inklusive Trompeten und Orgel und mit Yanit ein Sänger, der fast genau wie Tom Angelripper klingt, wobei dessen Solotrinkgelage eindeutig mehr Promille haben als dieses Album. Promille ist auch ein gutes Stichwort, will man "Die Ballade Von Pavel Dem Säufer" oder "Die Traurige Wahrheit Über Werwölfe" geistig verlustfrei überstehen. Als absolutes "Highlight" hat man ersteren Song zusätzlich in einer gruselig tönenden Demo-Fassung noch als Hidden Track auf die Scheibe gepackt. Es kann gut sein, dass es Leute gibt, die genau so ein Album suchen, aber das dürften außer beinharten EISREGEN-Fans, die einfach alles brauchen, was aus deren Umfeld stammt, nicht viele Aspiranten sein. Das Leben macht man so jedenfalls nicht gerade schöner…
Schon das letzte Album von MEDLEY JUKEBOX lies sich in keine Schublade einordnen - irgendwo im Indie-Bereich zwischen dem Rock, Funk und Pop der Siebziger, Stoner und Post-Hardcore, nach eigener Denke als Rocking-Funkcore bezeichnet sieht sich das Quartett. Schöne Melodien und instrumentale einfallsreiche Passagen (die auch mal an INCUBUS erinnern) kontrastieren sich mit wechselnden einschmeichelnden Gesang und zum Teil hektischem Gekreische. Beim überaus funkigen "Come Dance N Strip N Bath" kommt einen sogar gesangtechnisch PRINCE zu seinen "Schreiphasen" in den Sinn. Übliche Songstrukturen und Arrangements werden oft gekonnt umschifft - es gilt stereotypes zu vermeiden. Atmosphärischen Passagen folgen unvermittelt Coreparts. Im Vergleich zum schwerstverdaulichen Vorgänger ("Tinki Winki Was A Pornostar" - da brachte es man bei ähnlicher Spielzeit auf gerade 3 Songs) haben MEDLEY JUKEBOX auf "Francis 4 Coppola" (klasse Titel) ihr neustes Schaffen in 10 richtige Songs gesplittet. Wobei neben oben genannten "Come Dance N Strip N Bath" noch das gut nach vorne rockende "Conceal These Trumpet Shaped Flowers" (mit Anspielungen auf Tinky Winky) und das abschließende, recht harte "What Do They Know About Us" als Anspieltipp genannt seien. Leicht verdauliches hört sich wie bereits erwähnt anders an - wer aber auf Rock jenseits ausgetretener Pfade steht kann bei der Luxemburger Melange aller Stilrichtungen ruhig mal reinschnuppern.
Irgendwie habe ich den Eindruck, dass die polnische (Extrem-) Metal-Szene nur aus einem kleinen Haufen von Leuten besteht, die sich alle untereinander sehr gut zu kennen scheinen. Im Fall von VESANIA, die einst von drei Mann gegründet wurden, wanderte Gitarrist und Sänger Orion nebenbei zu BEHEMOTH ab, während Drummer Daray den verstorbenen Doc bei VADER ersetzte. Doch die Band wurde nie auf Eis gelegt, so dass das Trio (nebst eines Keyboarders und eines zweiten Gitarristen) auch für den dritten Streich "Distractive Killusions" verantwortlich zeichnet. Dass es sich hier um sehr vielseitig orientierte Musiker handelt, merkt man dem Album auch zu jeder Sekunde an, denn VESANIA spielen nicht gerade den typischen Genre-Einheitsbrei, den die großen Horden aller DIMMU BORGIR-Kopisten für bombastische Düsternis halten. Zugegeben, auch hier entdeckt man einige Parallelen zu den Norwegern, doch die einzige Band, an die der Sound von VESANIA öfter mal erinnert, sind spätere SAMAEL, zu "Passage"/"Eternal"-Zeiten, was vor Allem an den teilweise experimentellen, schrägen Synthie-Orgien und Orions Gesang liegt, der dem von Vorph schon sehr nahe kommt. Bombastische Hymnen wie "The Dawnfall (Hamartia And Hybris)", "Rage Of Reason" oder das sehr geile "Hell Is For Children" (so einen Song habe ich auf dem aktuellen SAMAEL-Werk vermisst) sind sehr abwechselungsreich, melodisch, atmosphärisch, musikalisch, dabei aber immer noch richtig fies, nur leider für viele Fans wohl auch sehr gewöhnungsbedürftig. Man braucht Zeit, mit dem Material vertraut zu werden, und wer Bombast und Avantgarde im Black Metal von vornherein ablehnt, wird hier nicht glücklich werden. Wer jedoch diese Musik nicht nur auf pseudo-böse Kracheruptionen reduziert haben will und ein offenes Ohr für breit gefächerte Sounds hat, wird eine Scheibe vorfinden, die sich rein qualitativ nicht hinter den aktuellen Werken der DIMMUs oder SAMAEL verstecken muss, eher im Gegenteil.
Diese finnische Band wurde bereits Anfang des Jahrzehnts gegründet und veröffentlichte zuerst einige Demos unter dem Bandnamen HALFLIFE, bevor man sich schließlich in SINAMORE umbenannte und über Umwege bei Napalm Records landete, bei denen man 2006 auch schon ein Album ("A New Day") abgeliefert hat. Nun steht mit "Seven Sins A Second" der Nachfolger dieses Debüts in den Regalen und bietet urtypischen "Finnen-Gothic-Rock", der in dieser Form eigentlich auch nur aus Finnland stammen kann. Man fühlt sich nicht selten an frühere HIM (als die noch Gitarren hatten und nicht nur rumgestöhnt wurde) oder spätere SENTENCED (etwa ab "Down"-Zeiten) erinnert, was für mich auch den größten Kritikpunkt an dem Album darstellt, denn richtig eigenständig klingen SINAMORE leider noch nicht. Aber auch, wenn einem viele Passagen auf "Seven Sins A Second" irgendwie bekannt vorkommen und große Überraschungen ausbleiben, geht das Album als sehr gelungene Scheibe durch, die besonders von den erdig und rotzig produzierten Gitarren und dem sehr guten, melodischen Gesang von Gitarrist Mikko Heikkilä lebt. Hymnisch-melancholische Rocker wie "Silence So Loud", das treibende "Frozen Mile" oder der flotte, mitgrölkompatible Hit "Far From A Dream" können problemlos überzeugen und sollten keinen Genre-Fan enttäuschen. Wer also als Gothic-Rocker bewährte Standards und solide Qualität über Innovationen und Experimente stellt, liegt hier goldrichtig!