UP THE FURY ist ein Ableger der Long Island-Bande um THIS IS HELL und CRIME IN STEREO, Inzest gibt es halt überall. Aber solange das Ergebnis so starke Scheiben wie „Behind Every Mind“ sind, soll das nicht störe. Der Zehn-Tracker versprüht Gift und Galle, erweitert um Wut, ganz so wie es THE HOPE CONSPIRACY auch machen. Und wie eine Mischung aus deren Stil und THIS IS HELL-mäßiger eingängigen Rotzigkeit klingen die Tracks. Geschickt wird zwischen bösartig-schleppenden Nummern wie „From My Cold Dead Hands“ und Up Tempo-Nummern (oftmals mit sehr coolen Backing Shouts) wie „Wolf Parade“ gewechselt, was „Behind Every Mind“ viel Dynamik gibt. Handwerklich haben die Jungs ebenfalls keine Fehler gemacht, so dass sich jeder Corler die Scheibe mal anhören sollte. Einziges Manko ist, wie so oft, die kurze Spielzeit von nicht mal einer halben Stunde. Aber irgendwas ist ja immer.
Dino Cazares ist seit dem Ausstieg-Rausschmiß bei FEAR FACTORY nicht untätig und hat mit BRUJERIA und DIVINE HERESY zwei Eisen im Feuer. Zusammen mit dem STATIC-X-Basser und dem SADISTIC INTENT-Drummer hat er zudem ASESINO ins Leben gerufen. Aufgenommen wurde die Scheibe (das nächste Name-dropping) bei Logan Mader, der mal bei MACHINE HEAD war. Gemeinsam haben die Herren eine Vorliebe für äußerst brutale Musik, die zwischen Grindcore und Death Metal pendelt, wie es Mr. Cazares bereits in BRUJERIA vorgemacht. Hier wie dort sind die Lyrics komplett in Spanisch, was anfangs ungewohnt klingt, nach kurzer Eingewöhnungsphase aber bestens funktioniert. Die Songs vertrackter, kein rein primitiver Grindcore, dabei äußerst brutal. Mr. Mader hat für eine druckvolle Produktion gesorgt, dank der „Cristo Satanico“ seine volle Kraft entfalten kann. Sind die ersten dreizehn Songs noch erbarmungsloser brutaler Stoff, wird in den letzten beiden experimentiert – herausgekommen sind ein beinahe poppiger Song und ein Klassikstück. So wird eine gelungene Grind-Scheibe überraschend abgeschlossen. Krachmaten kommen mit den wilden Dreizehn trotzdem voll auf ihre Kosten und sollten sich diese Klangmatte ins Haus holen.
Nach dieser Scheibe ist es mit DIVINE NOISE ATTACK hoffentlich nicht vorbei, allen Implikationen des Albumtitels zum Trotz. Dafür macht der gebotene Death Metal zu viel Laune und ist zu gut. Im Grunde reicht die Aufzählung von MALEVOLENT CREATION, OBITUARY und CANNIBAL CORPSE schon alles – hier gibt es elfmal gepflegt auf die Glocke, in ziemlich guter Qualität wohlgemerkt. Die Truppe versteht ihr Handwerk, an ihren Fähigkeiten gibt es nichts auszusetzen und auch das Songwriting istgelungen. Abwechslungsreich werden die Songs runtergeprügelt und genau die Sorte grooviger Death Metal zustande gebracht, der sowohl Live als auch auf Konserve überzeugen und zu dem sich trefflich die Rübe schütteln lässt. Kein stumpfes Geballer, sondern intelligent aufgebaute Songs, die mit viel Groove alles in Schutt und Asche legen. Feine Scheibe, der hoffentlich noch viele weitere folgen!
Das Vereinigten Königreich ist ja allseits bekannt für ein überzogenes hochjubeln von Bands, nur um die zuvor verehrten später umso tiefer in den Niederungen der Yellow Press zu verreisen. BURN aus Leiceistershire scheinen auf der Insel in einschlägigen Kreisen mit „Global Warning“ schon recht hoch zu fliegen. Ob man die halben Veteranen (immerhin wurden in 1993 („So Far, So Bad“) und 1995 („Spark To A Flame”)bereits zwei Alben veröffentlicht) auch wieder abschießt – keine Ahnung. Wie meist, liegt die Wahrheit in der Mitte. Und da bewegen sich BURN mit ihren in den Achtzigern verwurzelten Hard Rock deutlich am positiv oberen Rand der Szene. Eingängige, recht schnell auf den Punkt kommenden Songs, melodieorientierte Instrumentalisierung (einschließlich Hammondsound und ordentlichen Riffs) und gehörig Wumms kennzeichnen das Material, dazu der angenehm voluminöse Gesang von Jeff Ogden und das virtuose Gitarrenspiel von Julian Nicholas welche den druckvollen Kompositionen ihren Stempel aufdrücken. Zum Schnupperkurs empfiehlt man dem geneigten Melodic Hard Rock Fan: das etwas verhaltene, mit gutem Solo ausgestatte „Dangerous Times“, der flotte, gitarrenorientierte Ohrwurm „Meltdown”, „Weight Of Expectation“ mit seinen pumpenden Rhythmus und Hammerrefrain und als absolutes Highlight die überlange, mit Piano und Bluesanleihen versehene recht emotional daherkommende und episch ausgebreitete Powerballade „Pray For Rain“. Wie gesagt – mit britischen Hypes sollte man vorsichtig sein – aber ein grundsolides, richtig gutes Album für Freunde von Whitesnake & Co. haben BURN mit „Global Warning“ allemal am Start.
Das holländische Quintett TOXOCARA, bei dem unter Anderem Ex-Mitglieder von KATAFALK, PROSTITUTE DISFIGUREMENT, THE MONOLITH DEATHCULT oder SEIZURE eine neue Heimat gefunden haben, holzt sich auf seinem zweiten Album “The Great Rebellious“ durch 38 Minuten Dampfhammer-Death Metal, bei dem sich hyperschnelle Doublebase-Parts im Stil von CANNIBAL CORPSE (an deren Corpsegrinder auch das Gegrunze von Kevin Quilligan erinnert) mit stampfendem Midtempo abwechseln. Mitunter bekommt man fiese Screams oder auch mal ein atmosphärisches Intro („Wake Of The Controversy“) zu hören, doch zu 80 Prozent regiert kannibalisches Vollgas. So einfach sich das jetzt anhören mag, so einfach ist es auch. TOXOCARA machen keine Gefangenen, aber das ist auch das größte Manko der Band. So sehr wie die Band technisch hochwertig spielt, so statisch wirkt „The Great Rebellious“ über die gesamte Spielzeit, da hier zu sehr auf Aggression und Grenzbereichsauslotung geachtet wurde als auf Heaviness und Songdienlichkeit. Pure Highspeed-Death Metaller sind hier andererseits prima aufgehoben, und wer etwa die meiner Meinung nach völlig überbewerteten (Blow-) JOB FOR A COWBOY zu seinen Faves zählt, erhält hier einen sehr patenten Anspieltipp. TOXOCARA sind starke, tighte Musiker, die ihr Talent jedoch in der jetzigen Form leider wenig aussagekräftig verpuffen lassen, was ich echt schade finde.
PARACHUTES haben für ihren Zweitling leider nicht so einen bitterbösen Titel wie noch bei ihrem Debüt gewählt, „Vultures“ fällt da stark ab in Sachen Coolness. Im Inneren hat sich aber nicht verändert, wie gehabt sind die Musiker im Screamo-Bereich unterwegs und haben dabei das Kunstück geschafft, sowohl die heftigen Parts auszubauen als auch den emotionalen Abschnitten mehr Spielzeit einzuräumen. Das klappt ziemlich gut, kann aber nicht in wirklichen Ohrwürmern kulminieren. Zu berechenbar ist die Scheibe an manchen Stellen, die überraschenden Einfälle sind zu spärlich, um „Vultures“ aus der Masse gleichartiger Veröffentlichungen hervorzuheben. Technisch und handwerklich stimmt alles, da gibt es nichts zu meckern und die Songs sind nicht wirklich schlecht, aber zu den Größen des Genres fehlt noch ein gutes Stück, gerade angesichts der vielen ähnlichen Bands. Vor vier, fünf Jahren wäre diese Scheibe ein Kracher, aber das Niveau in diesem Genre ist gestiegen und lässt „Vultures“ durchschnittlich wirken. Angesichts der Release-Schwemme werden es PARACHUTES schwer haben. Der Fan dagegen kann sich freuen, denn soviel Auswahl war noch nie, ebensowenig ein so hohes Niveau. Aber ist das wirklich etwas Gutes?
2002 haben MOURNING CARESS mit „Imbalance“ eine der großartigsten Melodic Death Metal-Scheiben ever abgeliefert, was ihnen aber kein Glück brachte. Labelwechsel, Änderungen im Line-Up und generell das Leben ließen den Nachfolger lange Zeit auf Eis liegen, zeitweise schien gar die Band an sich mehr tot als lebendig zu sein. Alles vorbei, 2008 gibt es mit „Inner Exile“ ein neues Album der Münsteraner. Das startet gewohnt treibend, mit druckvollem Schlagzeug, melodischen Gitarren und dem heiseren Gesang von Sänger Gerrit. Auch beim Songaufbau gibt es gewohnt guten MOURNING CARESS-Stoff, besonders „The Pessimist“ ruft Erinnerungen an die gute alte Zeit wach und ist ein cathy Song, der alle Trademarks der Combo in sich vereint. Leider können die nachfolgenden Tracks nicht an das hohe Niveau anknüpfen und fallen leicht ab, sind dabei aber immer noch ziemlich gut. Nur wenn die Messlatte so hoch angesetzt wurde, wie durch „Imbalance“ und die erste Hälfte von „Inner Exile“, wird es schwer, das Niveau zu halten. Trotzdem ist „Inner Exile“ eine hervorragende Melodic Death Metal-Scheibe, die sich nicht an aktuelle Trends anbiedert, sondern sich auf die wesentlichen Punkten konzentriert. Jetzt heißt es reinhören, kaufen und Daumendrücken, damit MOURNING CARESS endlich die Kurve kriegen!
Reichlich verschroben gehen KLONE auf „All Seeing Eye“ zu Werke. An freakiges Riffing und anstrengenden Songaufbau ist der Durchschnittshörer gewöhnt, CYNIC, MESHUGGAH und DILLINGER ESCAPE PLAN sei Dank. Aber vermischt mit Alternative-Klängen („Candelight“) und Stoner-Klängen? Gab es bislang eher selten. Aus gutem Grund, denn die Mischung will nicht so recht zünden und braucht einige Durchläufe, bis sie ihren Charme entfaltet. Das mag auch an der etwas basslastigen Produktion liegen, die stellenweise zu undifferenziert rumpelt. Positiv ist anzumerken, dass KLONE anders unberechenbar sind als die hörbaren Einflüsse, wodurch sie sich vom Klon entfernen. Kreativ sind sie zweifellos, manche Ideen passen wunderbar („Promises“), andere sind Ausfälle („Choked“). Langweilig wird „All Seeing Eye“ dabei zu keiner Minute – und das ist ja auch schon mal was. Aufgeschossene Proggies können sich den Franzosenhappen ruhig mal zu Gemüte führen. Vielleicht auch Stonerfans, wenn sie grad das Richtige zu Rauchen im Haus haben.
STORM & STRESS lassen ihre selbstbetitelte EP mit einem netten kleinen Intro starten, bevor es in die Vollen geht – und beim Basslauf stark an einen RED HOT CHILLI PEPPERS-Song erinnert. Etwaige Verwirrung ist aber nach wenigen Sekunden vorbei, wenn der Rest der Combo klarmacht, dass hier melodischer Hardcore angesagt ist. Treibend, schnell und mit ausgezeichnetem Songwriting verstehen es die Typen, in knapp zwölf Minuten ordentlich Arsch zu treten. Die Produktion ist Güteklasse A und gibt jedem Instrument gleichberechtigt viel Platz, was besonders der Rhythmusabteilung zugute kommt, aber auch die sehr gute Gitarrenarbeit glänzen lässt. Sänger stehen ja eh immer im Rampenlicht, aber nur wenige haben es so verdient wie dieser junge Mann, der den Großen seiner Zunft (und des Genres) in nichts nachsteht. Kurz: wer COMEBACK KID, THIS IS HELL und Metalriffs in Kombination mag, wird mit STORM & STRESS glücklich. Feine Scheibe, der hoffentlich bald ein komplettes Album folgt!
Es gibt für eine schwedische Melodic Death Metal-Band wohl keinen besseren Start, als von den IN FLAMES-Jungs gemocht und produziert zu werden. Angeblich von Herrn Strömblad als Zukunft des Metals bezeichnet worden, werden diese Worte den Absatz des DEGRADEAD-Debüts „Til Death Do Us Apart“ ankurbeln. Dabei haben die Jungspunde derlei gar nicht nötig, kann doch das Album selbst überzeugen und bietet melodischen Death Metal vom Feinsten. Weltbewegend Neues gibt es zwar nicht zu hören, aber gut umgesetzte Songs sind auch nicht zu verachten, oder? Die Band versteht es, eingängige und gleichzeitig heftige Songs zu schreiben, wie sie bei „Genetic Waste“ oder „Passed Away“ beweisen. Dazu gesellen sich Riffmonster („Relations To The Humanity“) und ein abschließender Akustiksong, der gleichzeitig der Titelsong ist. Besonders die Gitarrenarbeit ist erstklassig, was sich besonders in den vielen Soli zeigt, die aber nie in den Vordergrund gedrückt werden. Beim Gesang gibt es ebenfalls nichts zu meckern und die Genre-übliche Bandbreite an Gekeife, leichten Growls und klarem Gesang zu hören. Das alles verpackt in eine sehr gute Produktion und mit Schmackes gespielt ergibt ein Melodic Death Metal-Album, das Fans von IN FLAMES, AS I LAY DYING, SOILWORK und Konsorten lieben werden. Selten hat eine Band ein so vielversprechendes Debüt vorgelegt wie die jungen Schweden – bleibt zu hoffen, dass sie den gleichen erfolgreichen Weg wie die Göteborger Kollegen gehen werden.