Bei mittlerweile stolzen 24 verstrichenen Jahren seit Veröffentlichung ihres Debut-Albums können WHITE WOLF wohl getrost als Rock-Urgesteine bezeichnet werden, wenngleich sich die Studio-Aktivität doch eher in überschaubaren Grenzen hielt. Nach dem Erscheinen des dritten Albums und dem Re- Release der beiden vorhergehenden legt das Sextett nun, quasi zum Ausgleich, noch ein Live-Album vor, aufgenommen Ende September 2007 und, wie der Titel schon sagt, auf deutschem Boden, nämlich beim UFOR-Festival in Ludwigsburg. Überraschend ist das nicht, was WHITE WOLF da abliefern- klassischer 80er-Hardrock eben, man kennt das-, aber auf Überraschungen dürften vermutlich auch weder Band noch Publikum aus gewesen sein. Die Band ist durch das Vierteljahrhundert, das mittlerweile auf ihrem Buckel lastet, definitiv nicht ruhig geworden, die Songs rocken, was sich dagegen rar macht, sind wahre Mitsing-Hymnen mit erhöhtem Erinnerungswert. "What The War Will Bring" fällt durch sehr langes Intro und deutlich ruhigere Gangart etwas ins Auge, ist aber auch kein wirklicher Ohrwurm, der Rest ähnelt sich doch sehr stark und strengt auf Dauer daher eher an. Fazit: Solide Live-Performance, aber primär wohl nur ein Must-Have für Fans.
Hamburg und St. Catherine im schönen Kanaden sind die geographischen Anhaltspunkte bei dieser Split, Metalcore ist der gemeinsame Nenner der beiden Combos, die sich in den sechs Songs die Ehre geben. Den Anfang machen die Hansestädter, BETWEEN LOVE AND MADNESS. Die spielen altbekannten Metalcore mit allem was dazugehört, clean gesungene Parts und wuchtige Breakdowns inklusive. Besonders hervorzuheben sind dabei der Sänger, der sehr abwechslungsreich agiert, auch wenn er in den aggressiven Parts noch mehr Power entwicklen könnte, und der fett wummernde Bass. Zwar bieten BETWEEN LOVE AND MADNESS keine großen Überraschungen, liefern aber drei solide, nie langweilige Metalcore-Nummern ab, die für Genrefreunde interessant sein dürften.
THE AFTER CHAPTER hauen in die gleiche Kerbe, Metalcore schert sich nicht um tausende Meilen Luftlinie. Die Kanadier gehen brutaler zu Werke, verspielte Parts gibt es hier, dafür immer ordentlich auf die Zwölf. Shouter Adam unterstreicht das mit seinem sehr brutalen Organ und auch Gitarren sind deutlich brutaler als bei den Hamburger Kollegen. Allerdings geht das zu Lasten der Individualiät, THE AFTER CHAPTER können sich nicht eigenständig genug machen, um auf Dauer interessant zu bleiben. Für eine EP reicht das, ein Album wäre langweilig. Interessant ist die Split für Metalcore-Freunde auf jeden Fall, um zwei Nachwuchscombos vereint auf einem Tonträger antesten zu können, gibt es mittlerweile ja viel zu selten. In beiden Bands schlummert Potential, das mit etwas Arbeit voll ausgeschöpft werden kann.
THE ROTTED bringen mit „Get Dead Or Die Trying“ zwar ihr Debütalbum in die Läden, sind aber keine Unbekannten: hinter dem Namen verbergen sich GOREROTTED, die verrückten Londoner Death/Grind-Chaoten. Die haben nach dem letzten schwachen Album die Reißleine gezogen und ihren Sound soweit umgebaut, dass ein neuer Bandname her musste. War auch gut, noch so eine Scheibe wie „A New Dawn For The Dead“ brauchte die Welt echt nicht. Leider ist den Londonern bei allen Änderungen auch das chaotisch-verrückte Feeling abhanden gekommen, dass sie erst symphatisch machte. Wer die Truppe in ihren Glanzzeiten Live erlebt hat, wird das bei THE ROTTED umso mehr bedauern. Der zweistimmige Gesang ist auch nicht wieder aufgetaucht und auch die Pseudonyme wurden über Bord geworfen. Geblieben sind die bitterbösen Texte, immerhin. Die neuen Songs sind beileibe nicht schlecht und können durch den neu hinzugekommen Punk-Appeal überzeugen, zumal die Herren mittlerweile ihr Handwerk wirklich verstehen, sowohl an den Instrumenten als auch beim Songwriting. Besonders deutlich wird das bei Mr McCrow am Gesang, der deutlich variabler als zu GOREROTTED-Endzeiten röhrt. Wären THE ROTTED frei von ihrer Vergangenheit, wäre „Get Dead Or Die Trying“ ein ziemlich gutes Debüt, so verdrückt der GOREROTTED-Nachweiner eine Träne im Knopfloch beim Hören des neuen Werkes…
Als Vinyl schon länger erhältlich, gibt es das Debüt der Belgier JERUSALEM THE BLACK nun auch als Silberscheibe, die um zwei Songs erweitert wurde. Genet Records, alles klar, Hardcore. Nicht ganz. MISFITS, THE MUSHROOM RIVER BAND, RAMONES und ein bißchen LIFE OF AGONY’sche Melancholie sind Fixpunkte im System der Band und werden gekonnt zu Songs verbaut, die mit düsterem Charme und fetten Hooklines beim Hörer bleibenden Eindruck hinterlässt. Dazu werden sie mit flottem Tempo gespielt und laden zum gepflegten Tanzbeinschwingen ein, wenn nicht gerade die eingängigen Texte mitgesungen werden, die schon beim ersten Durchlauf auf die Zunge springen und sich im Ohr festsetzen – genauso, wie es bei einer guten Punkrockplatte sein muss. Wobei Punkrock nur soweit zutreffend ist, wie es bei der Mischung Punkrock sein kann. JERUSALEM THE BLACK sind eher im DANZIG/ MISTFITS/ BLACK SABBATH-Lager, halt angereichert mit einigen anderen Einflüssen. Im Grunde aber auch egal, solange die Scheibe so sehr Spaß macht wie diese EP. In den Player damit und losrocken - egal ob Punk, HC-Kid oder Psychobilly!
In den USA machen LOWER DEFINITION die Hallen voll und touren mit DEFTONES und ANGELS AND AIRWAVES. Der Erfolg ist durchaus verständlich, wenn „The Greatest Of All Lost Arts“ exemplarisch für den Sound der Band ist, wovon auszugehen ist. Poppiger Emocore, der niemandem wehtut und so mainstreamig ist, dass neue Zielgruppen angesprochen werden, die sonst nix mit einigermaßen harter Musik am Hut haben. Wie nicht anders zu erwarten, ist ihr Ferret-Debüt erstklassig produziert und handwerklich sauber gespielt, allerdings könnte Sänger Matt ruhig öfter mal aggressiver singen und den Einsatz seiner ziemlich weinerlichen Gesangsstimme zurückschrauben. Wirklich Gas geben LOWER DEFINITION aber nur selten, da ist es verständlich, dass auf allzu aggressiven Gesang verzichtet wird – und es würde ja auch die potentiellen neuen Käufer verschrecken. LOWER DEFINITION liefern einen guten Job an, dass muss anerkannt werden, und bieten poppigen Emocore, mit dem sie zu einer Konsensband werden könnten. Wenn es das ist, was sie erreichen wollen, sind sie auf einem guten Weg und werden auch in Deutschland die Clubs vollmachen.
Wer "The World Ruler" von außen vor sich sieht, glaubt erst mal, ein Black- oder Death-Metal-Album in der Hand zu haben, zumindest aber irgendetwas aus den Gefilden der härteren Metal- Spielarten. Das eine oder andere Intro oder vereinzelte Instrumentalteile mögen auch mal in diese Richtung gehen- so ist zum Beispiel "Black Sick Spider" vergleichsweise hart ausgefallen, und das sich anschließende "Gianizm Shichi" weist entsprechende Einzelstellen auf-, aber im Großen und Ganzen liegt man mit einer derartigen Klassifizierung dann doch falsch. NIGHTMARE schwanken eher zwischen etwas Exzentrik ("Boys Be Suspicious"), einer gewissen Härte und einer mitunter etwas nervtötenden wirkenden Hektik (wie ebenfalls bei "Gianizm Shichi" sowie "18 Sai" unter Beweis gestellt). "Crevasse" ist getragener und melodiös gehalten, ebenso wie das hübsche "Morpho". Fazit: Exzentrisch und solide, für J-Rock-ungeübte Ohren aber nicht wirklich zu empfehlen, da zu gewöhnungsbedürftig.
SIEBENBÜRGEN aus Schweden (klingt irgendwie doof, ich weiß…) stehen seit über zehn Jahren für eine bewährte Mischung aus Gothic- und Black Metal und haben ganze fünf Alben über Napalm Records veröffentlicht, bevor sie im September 2007 zu Massacre Records gewechselt sind, welche nun „Revelation VI“ auf den Markt bringen. Der geschäftliche Ortswechsel hat aber zum Glück keinen Einfluss auf die Qualität der Musik, denn das Sextett versteht es immer noch, sehr gute, melodisch-düstere Hymnen zu schreiben, die bisweilen enormes Ohrwurmpotential offenbaren. SIEBENBÜRGEN gehören zu den Bands, bei denen der weibliche Hintergrundgesang (Lisa Bohwalli macht einen tollen Job) nicht sofort sämtliche Nervenenden wegbrennt, sondern geschickt in die Songgefüge integriert wurde. Auch in Sachen Keyboard fährt die Band keine pseudo-bombastische Klimper-Volllastkurve, sondern weiß mit Pomp und monumentalen Einschüben umzugehen, was Stücken wie „Infernaliia“, „Revelation VI“ oder „The Soulless“ (allesamt hitverdächtig!) außerordentlich gut zu Gesicht steht. In einigen Songs (ich weiß leider nicht, in welchen) ist auch Produzent und KING DIAMOND-Gitarrist Andy LaRocque mit ein paar Soli zu hören. Zwar halten leider nicht alle Songs das superbe Niveau der drei genannten Highlights, doch geht „Revelation VI“ als durchweg starkes Album durch, das sich Fans von finsterer Kerzenschein-Romantik ohne Probleme in die heimische Gruft stellen können.
CLUSTERHEAD aus Regensburg hatten bisher 3 EPs am Start und legen nun mit „Times Of No Trust“ ihr Longplayer-Debüt vor. Das Quartett um Sänger Rene Brandt, Gitarrist Frank Stadlbauer, Bassist Andreas Meyer und Schlagzeuger Ruediger Tonn haben sich dabei stilmäßig dem melodischen Metal verschrieben, wie er in Deutschland insbesondere Ende der Achtziger und Anfang der Neunziger recht populär war. Wobei die oft genannten Vergleiche zu den deutschen Marktbegleitern der Marke BONFIRE, PINK CREAM 69 oder AXEL RUDI PELL doch leicht hinken – CLUSTERHEAD orientieren sich etwas mehr gen traditionellen Metal (ohne auch nur annähernd True zu sein), lassen AOR-Rock nur ansatzweise durchklingen und klingen so im ersten Moment einen Tick deftiger als obige Referenzen, wozu auch der rauchig heisere Gesang beiträgt. Besonders stark dabei Metalsongs wie der Titeltrack „Times Of No Trust“ und das heftigere, fast schon hymnische „Prediction Of A Fight“. Mit „Ghosts“ gibt es denn auch noch eine recht amtliche Semi-Ballade mit Ohrwurm und Hit-Potential und auch „Poisoned“ setzt sich im Ohr fest. Das bei manchen Tracks im Background Refrain und Untermalung (Keyboards) etwas Cheesy ist, lässt sich zukünftig sicher noch ausmerzen. CLUSTERHEAD liefern mit „Times Of No Trust“ ein recht gelungenes Debüt ab, haben aber sicher noch Luft nach oben. Die Zielgruppe darf ruhig mal hoffnungsfroh reinschnuppern.
Kann sich irgendwer noch an Soundgarden erinnern – und damit den Unterschied zu coolen Ami-Rock-Bands und Alternative-Weichkäses wie Nickelback? Wenn ja, dann füllen diese Schweizer vom schlimmen Montag die Lücke für angesprochene "irgendwers" mühelos. GREY MONDAY haben coole Grooves, mitreißende Hooks und scheuen auch vor balladesken, stonerigen, aber niemals schmalzigen Parts nicht zurück. Rock, Grunge, Alternative heißen die Zutaten der Band um die Pfister-Brüder, die ordentlich Arsch tritt. Leichte Abstriche gibt’s beim recht abwechslungsvollen Gesang („Twilight Girl“ dürr, „Everything“ kommt mit New-Model-Army-Charme), der ein ums andere Mal auch etwas leierig daherkommt („Dealermen“) und seine beste Seiten bei den härteren Parts offenbart. Kein Album für absolute Härtner, aber für die Art von Musik ist das Ganze wirklich kompetent zusammengeklöppelt. Auch, wenn sie’s nicht erfunden haben….
Zweifellos gehören die Kanadier von HAREN SCAREM zu den bis heute leider von der breiten Masse immer noch zu unrecht missachtetsten besten Melodic/Hardrock Kapellen dieses unseren Planeten. Inhaltlich sind sicher nicht schlechter als viele der bekannteren Kapellen des weitläufigen Genres aber mit dem Fluch des einfach zu-spät-Kommens belastet, was die großen Boomzeiten dieser Art Musik betrifft (dies waren eindeutig die 80er) behaftet, haben sich die Jungs um Mastermind Harry Hess (Vocals, Keys) dennoch eine kleine Fanschar in den 17 Jahren ihres Bestehen erspielt. Aber dies war auf Dauer dann eben leider einfach zu wenig, um große Verkäufe oder Erfolge einzuheimsen. Die Band hat dies zuletzt wohl ähnlich so gesehen und zieht jetzt mit dem aktuellen „Hope“ einen Schlussstrich. Zukünftig wolle man sich lieber verstärkt "anderen" Projekten widmen, was auch immer dies heißen mag.
Inhaltlich überzeugen Harem Scarem auf diesem mittlerweile 12'ten (!) Album erneut fast während der gesamten Spielzeit von knapp 43 Minuten hinweg. Nur zwischendurch wird es vom Songwriting mal ein klein wenig banaler, der ganz große Hit wie auf früheren Kracheralben wie etwa „Weight Of The World“ (2002) oder „Overload“ (2005) fehlt diesmal außerdem. Manchmal übertreiben es die Herren auch etwas mit dem Balladenkitschfaktor, da tritt man routiniert sogar selbst BON JOVI als ernsthaftem Konkurrent auf dem Kuschelrocksektor entgegen.
Sei’s drum, einen Originalitätspreis hat sich die Formation sowieso nie verdient sondern eher eine Auszeichnung für konstant solide bis gute Werke. Hier steht zwar auch ganz klar stets der packende Refrain im Vordergrund aber nicht zu cheesy sondern doch etwas riffgeprägter und rockiger. Die Tasten sind hier eher schmückendes Beiwerk (von den Gürtelrubblern mal abgesehen) und bei weitem nicht so dominant wie etwa bei den Labelkollegen von JOURNEY, die rau-kräftige Stimme von Hess drückt den Songs ebenfalls ein sehr prägendes Markenzeichen auf. Dazu passen solche Kracher wie das energetische „Watch Your Back“ (super Hook), „Days Are Numbered“, der groovige Titelsong „Hope“, „Dark Times“ (mit coolem Alternative Touch) oder auch dass schnelle „Calm Before the Storm“. Fast schon grungig geht es hingegen bei "Time Bomb" zu, hier agiert das Quartett deutlich rythmusbetonter, der Song fällt etwas aus der Reihe, auch mit einen gelungenen Gitarrensolo. Die Tracks sind oft etwas düster geprägt, wie immer nicht zu "easy listening"-artig sondern meist mit noch genügend Schmiss und Dampf dahinter. In der Mitte der CD wird es dann etwas flacher: Tracks wie „Never Too Late“ (hört sich an wie ein dünnes DEF LEPPARD Cover) oder auch das 100-fach so schon mal gehörte "Shooting Star" und die bereits erwähnte melodramatische Ballade im Stile der ungleich erfolgreichern Jungs aus New Jersey „Nothing Without You“. Zum Abschluss gibt es dann noch eine relativ handzahme Akustikversion von „Higher“. Da hätte ich mir zum Abschluss doch ein etwas originelleres Gimmick gewünscht und etwas länger hätte die Scheibe ruhig auch sein können.
Und so bleibt nach 17 Jahren das leicht bedauernde Fazit: Wirklich bahnbrechende Werke haben HAREM SCAREM zwar nie aufgenommen aber schon immer recht unterhaltsame, nicht zu platte Melodicrock-Mucke, auf das konnte man sich blind verlassen und dies wird mir zukünftig schon etwas fehlen. Alles Gute für die (hoffentlich) wie auch immer geartete musikalische Zukunft Jungs!