Dass es auch harten, abgefuckten Deutschrock jenseits der Onkelz geben kann, beweisen die Bajuwaren SULPHOR mit ihrem ersten, selbst produzierten Album, auf dem sie fetten Groove mit leichten Death Metal-Anleihen verbinden und auch textlich kaum ein Blatt vor den Mund nehmen. Hier liegt aber leider auch die größte Schwäche des Sextetts, denn Themen wie Religion („Schuld“), Kindesmissbrauch („Stummer Schrei“) oder auch die leidige Problematik kaputt gegangener Beziehungen („Liebeskrieg“) könnten doch etwas mehr Tiefe vertragen. Phrasen wie „Der Deckmantel des Glaubens bringt nur Mörder und Gewalt“ oder „Du hast mich meiner Kindheit beraubt, ich werde erst zur Ruhe kommen, wenn Dein Herz aufhört zu schlagen“ sind nun echt ziemlich platt, auch wenn sie, ähnlich wie bei den Onkelz, irgendwie zur Musik passen. Aber obwohl die Band eine Keyboarderin namens Caya in ihren Reihen hat, wird in Sachen Bombast nichts übertrieben, sondern songdienlich mit dem Tastenbrett gearbeitet. Richtig gelungen sind dabei die Stücke „Deine Augen“ und „Pfad Der Erlösung“, die hier auch als Anspieltipps dienen sollen und zeigen, dass ein ganz ordentliches Potential in dem Haufen steckt. Und zu den musikalischen Wurzeln liefert er ganz am Ende der Platte einen eindeutigen Hinweis in Form einer coolen Coverversion von HYPOCRISY´s „Roswell 47“, das ganz versteckt an den einzigen Song mit englischem Text („Waiting For“) gehängt wurde. Eine hörenswerte Scheibe, bei der es außer einigen Texten höchstens noch den sehr monotonen Krächzgesang von Flo (der etwa klingt wie Kevin Russell in heiser) zu kritisieren gibt. Ansonsten liefern SULPHOR alles andere als schlechte Arbeit ab!
Im Grunde machen VANMAKT auf „Vredskapta Markersagor“ alles richtig: die Songs sind schnell, brutal und haben die Mischung aus Black und Death Metal, die anno dazumal schon DISSECTION erfolgreich werden ließ. Die Gitarren rasen und haben einige ansprechende Ideen zu bieten, der Sänger keift gekonnt evil und die Produktion passt wie Arsch auf Eimer (und klingt nicht matschig), einzig der viel zu leise Bass trübt das gute Bild. Das große Aber fängt beim Drummer ein, der schätzungsweise genau zwei Parts kann und die beiden konsequent einsetzt, wodurch eventuell vorhandene Variation zunichte gemacht wird. Allerdings beschränkt sich die auch nur auf abwechselnd rasend schnelles Geholze und quasi-atmosphärische Parts. Technisch, vom Drummer abgesehen, sauber und mit viel Potential, aber durch die Schwächen im Songwriting nach spätestens drei Songs gähnend langweilig. Das konnten die Vorbilder besser und auch im eigenen Land gibt es vielversprechendere Combos als VANMAKT.
Fast drei Jahre haben BURST für den „Origo“-Nachfolger – und sich in der Zeit soundmäßig verändert. Progressive Klänge sind an die Stelle von fiesen Postcore-Sachen getreten, die Songs sind länger und verspielter geworden, das Aggressivitätslevel wurde zurückgeschraubt. Soundtüftler waren die Schweden schon immer, da überraschen die tausend Details in den „Lazarus Bird“-Songs nicht wirklich, aber es scheinen schlicht mehr Ideen in die Musik geflossen zu sein als beim sowieso schon verdichteten Vorgänger. Einen einzelnen Song herauszuheben gestaltet sich schwierig, zu nahtlos sind die Übergänge, zu verwoben die Songs. Jazzparts finden sich, Hardcore-Brachialität, ruhige Abschnitte, die an Hörspiele gemahnen, und manchmal sogar eingängige, beinahe poppige Part. Kein Wunder, dass BURST so lange Zeit brauchten, um die Songs fertigzustellen, ohne Feintuning und einer Liebe zum Detail würden so komplexe Musik nur wie eine willkürliche Aneinandereihung von Ideen klingen und nicht wie kleine Meisterwerke progressiver harter Musik. BURST haben von ihren Fans schon immer viel Zeit verlangt, um die Alben begreifen zu können, das ist auch bei „Lazarus Bird“ so gelieben, auch wenn sich die musikalische Ausrichtung geändert hat. Jeder aufgeschlossene Geschmacksextremist sollte der Scheibe die Zeit geben, es lohnt sich!
Ich kann es kaum glauben; was ist denn mit dieser Band passiert?! Nachdem Kurdt Vanderhoof und Co. im Jahr 2004 mit „Weight Of The World“ ein erstklassiges Comeback an den Start brachten, schwächelten sie schon auf dem vor gut zwei Jahren veröffentlichten „A Light In The Dark“ merklich. Doch was uns jetzt in Form von „This Present Wasteland“ vorliegt, ist für die meisten Fans ein dicker Schlag ins Gesicht! Nicht nur, dass das Album unterirdisch kraftlos und dumpf vor sich hintönt (worüber man vielleicht noch hinwegsehen könnte, denn gelackte Soundtüftler waren die Seattler noch nie…), man sucht auch starke Songs wie die berühmte Nadel im Heuhaufen. Bereits der Opener „The Company Of Sorrow“ langweilt sich über sechs Minuten durch den Player, bevor „The Perfect Crime“ zumindest ansatzweise altes Götterfeeling aufkommen lässt. Doch danach wartet das Bodenlose: außer der halbwegs geglückten Halbballade “A War Never Won” finden sich auf dem Album nur noch Hänger, die die unglaubliche Energie der Erfinder des „Power Metal“ nicht mal mehr erahnen lassen. Hinzu kommt, dass Ronny Munroe´s sonst grandiose Röhre durch die matte Produktion kaum zur Geltung kommt. Und auch Jay Reynolds, der der Band vielleicht noch etwas Frische hätte verleihen können, ist nicht mehr mit von der Partie, sondern wurde durch Rick Van Zandt ersetzt. Ich gehöre ganz ganz sicher nicht zu der „Alles-nach-„The Dark“-war-Müll“-Fraktion, bin auch großer Fan der Mike Howe-Ära und mag bis heute sogar das ebenfalls umstrittene „Masterpeace“-Werk, aber dass es METAL CHURCH sogar noch schaffen, das für ihre Verhältnisse mäßige „A Light In The Dark“ zu unterbieten, ist eine Farce und lässt zweifeln, ob die Auflösung der Band nicht ein geeigneter Schritt wäre, das Andenken zu erhalten. Da nützen auch die tollen Live-Shows nichts mehr, wenn man nur noch die alten Perlen verwaltet und in der Gegenwart nichts mehr zustande bringt.
In der spanischsprachigen Welt sind SOZIEDAD ALKOHOLIKA eine ganz große Nummer und haben schon einige sich sehr gut verkaufende Alben veröffentlicht. „Mala Sangre“ soll nun auch den Rest der Welt von den Vorzügen der spanisch gesungenen Musik überzeugen – ob das gelingt, ist fraglich. Zu vorhersehbar, zu ähnlich und auf Dauer zu unspektakulär sind die Songs, die zudem am immer gleichen, gröligen Gesang leiden, der die durchaus gute Gitarrenarbeit buchstäblich in Grund und Boden gröhlt. SOZIEDAD ALKOHOLIKA gehen immer flott zu Werke, was für eine gute Live-Tauglichkeit der Songs spricht, aber auf Platte kann sowas schnell langweilig werden, mangels Abwechslungs, und genau das ist mit „Mala Sangre“ der Fall, da nützt auch die gute Produktion nichts. Ein paar Songs lassen sich am Stück anhören, danach wird es zu langweilig, um sich auch noch den Rest zu geben.
Seit vielen Jahren gehört die deutsche Gothic Rock-Institution LACRIMAS PROFUNDERE zum festen Inventar der Szene, doch einen großen Wurf konnte die Band trotz einer gewissen Beständigkeit bisher nicht landen. Das Problem, das auch „Songs For The Last View“ widerspiegelt, ist einfach, dass man sich, ähnlich wie etwa THE 69 EYES, HIM oder die stärkeren TRAIL OF TEARS, darauf spezialisiert hat, die Goten-Klientel mit recht simpler, eingängiger, aber auch mutloser Easy Listening-Kost zu bedienen. Nichts klingt wirklich schlecht, ist aber so vorhersehbar wie die Liebeleien und Kleinkriege bei „GZSZ“ oder „Marienhof“. Und wenn man weiß, dass die Pseudo-Düster-Gemeinde just auf musikalische 08/15-Soaps steht, dann erklärt es auch, warum Bands wie LACRIMAS PROFUNDERE nicht vom Kurs abrücken. Kein Klischee wird ausgelassen, kein Heulsusen-Schmalz umschifft. Die Songs des Albums sind durchweg hörenswert, auch wenn man einen echten Single-Hit (den solch ein Stil eigentlich fast zwangsläufig hervorbringen müsste…) vermisst. Wie es um Längen besser geht, zeigen Bands wie KATATONIA oder MY DYING BRIDE, die aber von vornherein eine z-Achse definiert haben und deutlich mehr Tiefgang bieten. Ich gebe unserem Chef Torben Recht, wenn er (nachzulesen im Review zum Vorgänger „Filthy Notes For Frozen Hearts“) der Band unterstellt, einen längst abgegrasten Kurs zu fahren und sich bei Vorbildern zu bedienen, die teilweise selbst schon längst in kreativen Sackgassen wühlen. Da hilft es auch nix, dass man sich für „Suicide Sun“ (das einem Hit noch am Nächsten kommt!) ausgiebig bei den verblichenen SENTENCED bedient hat. Die hatten wenigstens ein Einsehen, wann Schicht ist… „Songs For The Last View“ ist solide und objektiv gelungene Retortenkost ohne Anspruch, Eigenständigkeit und Seele und somit vermutlich ideal für die Zielgruppe.
Nach dem ersten Hördurchlauf des zweiten Albums der Bochumer Bombastkapelle DAWN OF DESTINY, „Rebellion In Heaven“, standen bei mir mal wieder Magen- und Darminhalt auf halb Acht, weil ich mich in der akustischen Gegenwart eines der zahlreichen NIGHTWISH-Klone gewähnt habe, der auch noch eine Trällerelse beschäftigt, bei der der rote Stimmbereich noch einige Umdrehungen höher liegt als bei Vorzeige-Heulboje Tarja – Ohrenkrebs voraus! Doch nach vier, fünf Durchläufen der Platte hält mich lediglich eben jenes doch etwas sehr piepsige Sangesorgan von Frontdame Tanja (ob die Ähnlichkeit im Namen Absicht ist?! Die gute Tanja nennt sich laut Homepage der Band alternativ Svenja… seltsam…) davon ab, den „Tipp“ für „Rebellion In Heaven“ zu zücken, denn das Album ist in seinem Bereich eine echte Perle geworden, die besonders in kompositorischer Hinsicht punktet. Man entdeckt bei diesem „Grower“ bei jeder Rotation mehr erstklassige Songs, von denen „Days Of Crying“, „Last Day“ (Killer!), „In Between“ (progressiver Oberhammer!) oder das mit einem ultraeingängigen Refrain gesegnete „Heaven´s Falling Down“ nur einige der Highlights dieser durchweg saustarken Scheibe darstellen. „Rebellion In Heaven“ ist das beste Genre-Album seit dem genialen aktuellen ELIS-Wunderwerk „Griefshire“ und für Fans von NIGHTWISH, WITIN TEMPTATION und Co. eine Pflichtveranstaltung. Klasse!
Wer den guten alten Glanzzeiten des Melodic Hardrocks nachtrauert, könnte sich mit dem neuen CROWN OF THORNS- Album vielleicht noch etwas vertrösten. Während die Kollegen von BON JOVI sich in letzter Zeit zunehmend dem Country-Poprock verschrieben zu haben scheinen, betonen CROWN OF THORNS, die mittlerweile auch schon wieder über eine Dekade im Geschäft sind, ihre Hardrockwurzeln noch ein ganzes Stück deutlicher. Allerdings bewegt sich "Faith" im großen und ganzen trotzdem in vergleichsweise ruhigen bis gemäßigten Gefilden und gibt nur selten richtig gitarrenlastig Gas: zu letzter Kategorie gehören der gleichnamige Titeltrack, "All In My Head", das schleppende "Rock Ready". Der Rest der Platte tendiert eher in Richtung Kuschelrock und bewegt sich zwischen Ballade und Midtempo, mitunter auch innerhalb desselben Liedes. So beginnt zum Beispiel "Home Again" wie ein up-tempo Hardrock-Song und wechselt dann im Refrain zu gefühltem Midtempo mit deutlich verhalteneren Gitarren. Im ruhigen Bereich ist besonders "Living In The Shadows" hervorzuheben, ein hübscher Schmachtfetzen in klassischer Melodic Rock Manier. Fazit: solide Arbeit, wenn auch nicht besonders überraschend oder hocheinprägsam.
Der nördliche Nachbar der USA spuckt ja immer wieder mal Bands und Musiker aus, die erfolgreich im Rock- oder zumindest Poprocksektor agieren, wie mit Leuten wie NICKELBACK, BILLY TALENT, ALANNAH MYLES und BRYAN ADAMS zweifelsfrei bewiesen wäre. Jetzt macht sich Kanada startklar für die nächste Runde: THE TREWS, in ihrer Heimat bereits erfolgreich, sollen nun auch Europa erobern (und zwar mit finanzieller Unterstützung des Canadian Culture Office, das muss man sich mal auf der Zunge zergehen lassen). Und das könnte ihnen mit "No Time For Later" problemlos gelingen. Stilistisch mit dezentem Retro-Einschlag ein kleines bisschen an MAROON 5 erinnernd, legen die Kanadier eine ganze Reihe an eingängigen Songs vor, die Laune machen oder einfach nur hübsch ins Ohr gehen. "Will You Wash Away" , "I Feel The Rain" und "Man Of Two Minds" verbreiten eine unterschwellige, bittersüße Melancholie, "Paranoid Freak" groovt sich mit Rock´n´Roll-Piano in den Gehörgang und "Hold Me In Your Arms" lässt die E-Gitarren von der Leine und rockt drauflos. Da wundert es nicht besonders, dass das Canadian Culture Office Zutrauen zu den Fähigkeiten der Band hat- die Jungs sind auf dem besten Weg nach oben, und bis sie da angekommen sind, haben wir schon mal viel Spaß mit "No Time For Later".
Richtig schön retro gehen die Kanadier BLOOD CEREMONY auf ihrem selbstbetiteltem Rise Above-Debüt zu Werke, klar im Geiste der 70er Rockbands verwurzelt. Da ist es immer schwer, originell zu klingen und sich gleichzeitig dem Retrosound und den Erwartungen an eine Platte anno 2008 zu erfüllen – BLOOD CEREMONY schaffen dies. Soundtechnisch haben sie genau die richtige Balance gefunden und musikalisch die Einflüsse von BLACK SABBATH, JETHRO TULL und PENTAGRAM genutzt und zu etwas Eigenständigem verbraten. Sängerin Alia spielt dabei eine große Rolle, denn durch ihren warmen, niemals aggressiven Gesang kontert sie die düstere Atmosphäre, die durch die Instrumente aufgebaut wird, und die Hinzunahme von Flöte und Orgel gibt den Songs den letzten Kick in Sachen Eigenständigkeit (auch wenn eine solche Instrumentierung nicht neu ist). Und Songs schreiben können sie, die Herren und die Dame. Mal schleppend, mal düster, mal rockend, mal alles zusammen – die neun Stücke sind gelungene Rocksongs, die sich sowohl bedröhnt als auch stocknüchtern anhören lassen und sehr facettenreich sind. Für Retro-Fans eine sichere Nummer und auch für Stoner-Fans interessant.