Nachdem es dem österreichischen Quintett um Frontfrau Kati bereits im Gründungsjahr 2006 gelungen war, den Titel als "Österreichs Newcomer des Jahres" zu sichern, steht der selbstbetitelte "Funky Nu Rock" nun in Form des Debutalbums "Leaving The Scene" in die Läden. Rocken tut das ganze wirklich, und funky ist es auch, was es für Nicht-Funk-Liebhaber zu berücksichtigen gilt, da ansonsten das eine oder andere Funk-Element schon mal nerven kann. "Bad Girl" funk-rockt ordentlich drauf los, "Me" dagegen erinnert vom Arrangement her fast ein wenig an Evanescence. "I´ve Been Waiting" ist eine hübsche, eingängige Ballade, die in bester Rocker-Manier gegen Ende noch die E-Gitarren aufdreht, "Say" und "I Am" sind recht funk-lastig. ROOGA haben sich mit ihrem Sound definitiv eine eigene Nische geschaffen, und von der Bildfläche verschwinden, wie der Albumtitel vielleicht implizieren könnte, werden sie so schnell wohl kaum.
APRIL überraschen in den ersten Minuten ihres Zweitwerks „Anthems For The Rejected“ mit heftigen Tönen, die Richtung Metalcore (Marke KILLSWITCH ENGAGE) gehen. Haben sich die Finnen einer Soundänderung unterworfen, nachdem sie 2007 noch mit modernem, leicht poppigen Metal debütiert hatten? Mitnichten, auch wenn der Anfang das vermuten lässt. Im Verlauf der Platte kommen die Vorlieben für leichtere musikalische Kost wieder zum Vorschein, einige Songs haben zudem noch einen leichten 70er Jahre-Touch. Die Stimme von Sänger Hakim ist einschmeichelnd wie erwartet und kann Akzente setzen, wird diesmal aber auch von den Gitarren unterstützt, die einige gute Riffs beisteuern. So kann „Anthems For The Rejected“ mit besseren Songs als sei Vorgänger aufwarten und überzeugen, auch wenn noch immer einige Stücke auf dem Silberling sind, die nicht über Mittelmaß hinauskommen. Aber dafür entschädigen Nummern wie das sperrige „Blades Of Steel“ oder das melodische „Scream“. Freunde moderne Klänge können hier ruhig mal ein Ohr riskieren, Potential haben APRIL auf jeden Fall. Scheint ein Fall von Album Nummer Drei und dem „make it or break it“-Ding zu werden.
Recklinghausen bürgt schonmal für Street Creditbility, die rauhen Strassen des Potts sind die Heimat von GUITARSHOP ASSHOLE, die mit „The Cheapest Pick“ ihr Labeldebüt veröffentlichen. Und das Ganze sicher stilecht mit einer Pilsette in der Hand feiern, denn darum geht es in den Texten der Scheibe: Sex, Drugs, Rock’n’Roll. Schwedisch-rotzrockig wird das feilgeboten, da sind Vergleiche mit alten HELLACOPTERS natürlich nicht von der Hand zu weisen. Dezente Verweise auf Metal der alten Schule und schrammeligen Garage-Sound runden das Bild ab und geben der Band eine eigene Note. Technisch sind die Kerle sehr fit und auch beim Songschreiben haben sie einiges auf der Pfanne, was sich in durchgehend gelungenen Songs zeigt, die zum Abspacken und Cool-Mitwippen animieren. Live macht die Chose sicher richtig Laune, da kommen gleich Bilder von cool posenden Musikern, dicken Koteletten, Sonnenbrillen und viel guter Laune auf, sehr schön. Zwei Coversongs („Territorial Pissings“ von NIRVANA und „Guitar Shop Asshole“ von OBLIVIANS) runden eine gelunge Rotzrock-Platte ab, mit der GUITARSHOP ASSHOLE eine erste Duftmarke setzen.
„Your Demons – Their Angels“ gab es vor Jahresfrist bereits von Rivel Records, Lifeforce haben sich jetzt die Rechte für eine Neuauflage geschnappt und bringen das MISERATION-Debüt unverändert in die Läden. Gab aber auch keinen Grund, da was zu verändern, überzeugt das Projekt von DIVINEFIRE-, SCAR SYMMETRY- und UNMOORED-Leuten mit gleichzeitig melodischen wie brutalen Death Metal-Songs, die in bester No Fashion Records-Tradition stehen und zudem mit einem fetten Sound ausgestattet sind. Tracks wie "Chain-Work Soul" oder das moderne "Thrones" sind noch immer echte Perlen und werden jeden Totmetaller zufrieden stellen. Vielleicht lässt sich ja auch das ein oder andere Core-Kid vom Schwedenhappen überzeugen, jetzt wo die Scheibe beim richtigen Label ist? Wer weiß? Zu wünschen wäre es MISERATION, dass ihr Debüt die Aufmerksamkeit bekommt, die es angesichts seiner hohen Qualität verdient hat.
Nach den Kollegen MOONSORROW schieben nun auch die Finnen SWALLOW THE SUN ihrem grandiosen aktuellen Album eine EP hinterher, die die Wartezeit bis zum nächsten regulären Longplayer würzen und verkürzen soll. Und dabei hat das Sextett nicht mit Superlativen gespart: ebenfalls nur einen neuen Song gibt es zu hören, der jedoch hat es in sich! Ganze 35 Minuten (!!!) lang wird die Geschichte eines Einsiedlers erzählt, der in den tiefen Wäldern an seiner Einsamkeit zu Grunde geht. Natürlich klingt das erstmal nach Klischee ahoi, doch die Thematik symbolisiert die Ausrichtung und Mission der Band perfekt. Das Stück geht metertief unter die Haut und fährt alles auf, was man von einer der besten Düsterbands der Welt erwartet: ruhige, atmosphärische, balladeske Parts, stampfenden Doom, einen Hauch Death Metal und sogar Gänsehautchöre, alles hochverdichtet zu einem göttlichen Lavaklumpen, der alle Gotenkitschtruppen des Planeten mit Anlauf in den Staub tritt! Zudem fällt auf, dass Sänger Mikko Kotamäki noch variabler tönt als auf „Hope“ und weiter an seinem cleanen, zerbrechlichen Gesang gearbeitet hat, was aber nicht heißen soll, dass er die abgrundtiefen Growls verlernt hat. Der in drei Kapitel („Losing The Sunsets“, „Plague Of Butterflies“ und „Evael 10:00“) aufgeteilte Song ist aus meiner Sicht das Reifte, was SWALLOW THE SUN bislang abgeliefert haben und ist schlichtweg atemberaubend. Als Bonus bekommt man zusätzlich die klanglich überarbeiteten vier Perlen des bislang unveröffentlichten Demos „Out Of This Gloomy Light“ obendrauf, die diese EP rein qualitativ noch wertvoller machen als sie ohnehin schon ist. Aber auch hier liegt das gleiche Problem vor wie bei der MOONSORROW-EP: „Plague Of Butterflies“ wird zum Preis eines Albums angeboten, was Sinn und Zweck einer EP im Keim erstickt und zunichte macht. Musikalisch hätte das Wunderwerk den Über-„Tipp“ verdient, doch ich kann und werde diese Geschäftspolitik nicht durch eine Kaufempfehlung unterstützen, die dieses Treiben auch noch forciert. Es tut mir leid, aber es geht ums Prinzip!
Piano, Drums und Yelling bilden die Grundlagen des MY OWN PRIVATE ALASKA-Sounds. Das reicht, um eine emotional intensive Platte einzuspielen, die Genregrenzen sprengt, indem sie ein ruhiges Schlagzeug und Piano mit einem Screamo-Sänger zusammenbringt - und dabei richtig gut klingt. Standard-Balladen-Geseiere steht hier natürlich nicht auf dem Programm, das ist klar, dafür ist der Gesang allein zu heftig. Stattdessen setzen die Franzosen auf beklemmend-verzweifelte Atmosphäre, die schwer zu beschreiben, aber dafür umso intensiver ist. Das Grundgerüst, vom Piano vorgegeben, fräst sich den Weg ins Hirn, während das Schlagzeug für die nötige Härte sorgt und auch mal etwas Tempo macht. Der Sänger leidet derweil wie eine arme Sau und macht alle Chancen auf Massenkompatibilität gewollt zunichte. Die EP ist nix für den kuscheligen Abend mit Frau und Kind, sondern der Soundtrack für die Tage, an denen es gleichzeitg Regen und Sonnenschein gibt.
NORTH SIDE KINGS haben nach drei selbstveröffentlichten Alben schon ordentlich Erfahrung gesammelt und wissen, was sie wollen: heftigen Hardcore in bester BLOOD FOR BLOOD-Manier. Manchen vielleicht zu prollig, aber das dürfte die Amis nicht kümmern. Hier geht es um ganze Kerle, die mit ihrer Posse die Nächte durchsaufen, cool bei HC-Shows abhängen und sich auch mal prügeln. Und immer beweisen, dass sie die härtesten, coolsten, most evil Typen sind, die in der Stadt rumlaufen. Das wird in den Texten bewiesen, im Image gezeigt und durch die direkte Attitüde der Musik unterstrichen – dabei ist „Suburban Royalty“ abwechslungsreich genug, um die gute halbe Stunde zu unterhalten. Der Brüllwürfel am Mikro macht seine Sache ebenso gut wie die Saitenabteilung, die gemeinsam viel Druck aufbauen und die Songs gleichzeitig nach vorne zimmern. Unter den 15 Songs finden sich einige echte Ohrwürmer, die gerade Live ordentlich knallen dürften. Wer auf New Yorker Sound oder genannte BLOOD FOR BLOOD steht, kann hier ruhig ein Ohr riskieren. Und wer’s nicht mag, kann das ja den Jungs mal direkt sagen, die schätzen sich ein ehrliches Wort.
Ein hübsches, unaufdringliches, eingängiges Werk liefern DOMINOE da mit "The Story Is Far From Told". Im Härtegrad wohl am ehesten mit Bryan Adams zu vergleichen reihen sich auf dem Album ausnahmslos melodische Poprock-Songs aneinander, mal ein bisschen rockiger, aber nie hart. "Don´t Touch Me- I Like It" hat mit einem schönen weiblichen Background-Chor ein gewisses Old School-Rock´n Roll-Flair, "Irresistible" klingt wie eine Kreuzung aus Balladen von Bryan Adams und Bon Jovi. Das überaus eingängige "Song For Nothing" bewegt sich im Midtempo-Bereich, klingt ein bisschen nach 80er-Sound und hat erhöhtes Radiopotential. Bei "Here I Am" wird ein kleines bisschen mehr Gas gegeben und mit weiblichen Gesangsparts für Abwechslung gesorgt, auch bei "Force" und "One More Sugar" überwiegen die Rock´n Roll-Elemente. Alles in allem ein hübsches Mainstram-Poprock-Album zum entspannt nebenbei hören.
MEGALITH sind die Band des ehemaligen AGATHODAIMON-Gitarristen Hyperion, der von 1995 bis 2002 bei den Black Metallern aktiv war, bevor er die Band aus persönlichen Gründen verließ. Es halten sich seitdem hartnäckige Gerüchte, dass er aufgrund diverser rechter Tendenzen aus der Band geflogen sei, wofür sich aber keine Beweise finden lassen, auch nicht bei seiner aktuellen Arbeit. „Gipfelstürmer-Storming The Summit“ bietet zwar eine ganze Latte an Heimatpathos, und nach dem ersten Hören hat man tatsächlich den Eindruck, es hier mit – vorsichtig ausgedrückt – überzeugten Nationalisten (nein, nicht gleichzusetzen mit Nazis!) zu tun zu haben. Schaut und hört man jedoch zweimal hin, dann wird schnell klar, dass das Sextett eine ganze Menge Substanz in seinen fast durchweg starken Songs parkt und ganz sicher nicht von Nazidreck beeinflusst ist, dafür aber von Heinrich Heine, Franz Kafka oder Friedrich Nietzsche. Die erstklassigen Texte, die oftmals Sozialkritik eben jenseits linksgerichteter Plattitüden bieten, sind verpackt in einer sehr eigenständigen Mischung aus Midtempo-Black Metal, orchestralem Bombast, einem Hauch Gothic und einer Prise deutschem Folk, was das Album nicht nur inhaltlich, sondern auch musikalisch gewöhnungsbedürftig (im Sinne von originell) macht. Einziges Manko bleibt die Tatsache, dass nicht alle Songs so hitlastig herüberkommen wie die tolle Hymne „Deutsches Herz“, das melancholische „Der Einsame Jäger“ oder das gänsehautartige „Die Brücke“, was „Gipfelstürmer-Storming The Summit“ nur knapp am „Tipp“ vorbeischrammen lässt. Wer aber mal wieder eine deutschsprachige Scheibe mit textlichem Tiefgang sucht, von pseudointellektuellem, unfreiwillig komischem Geseiere der Marke SAMSAS TRAUM die Nase voll hat und auch ein ultradickes, sehr geil aufgemachtes Booklet in seinen Händen halten möchte, sollte hier zugreifen und bekommt auch noch zwei Bonustracks, von denen besonders „March Ör Die“ (MOTÖRHEAD) auffällt, das man mit orchestraler Marschmusik darbietet. Richtig klasse!
MADE OUT OF BABIES sind mit „The Ruiner“ auch schon beim dritten Album angekommen, der mysteriös-verklärten Wendepunkt in der Karriere einer Band. Das Quartett um Sängerin Julie ließ sich davon aber nicht beeindrucken und schrieb neun Songs, die eine logische Weiterführung des eigenen Sounds sind – und gleichzeitig das Beste, was die Band bisher auf Platte gebannt hat. Wie gehabt dominiert Julies wunderschöne Stimme, die sowohl verführerisch flüstern als auch gnadenlos schreien kann, was durch Kniffe wie die in den Hintergrund gemischte Stimme, gegen die sie dann selbst ansingt, verstärkt wird („The Major“). Da ist Charisma, da ist Leben, da ist Emotion drin! Unterstützung bekommt sie vom fett wummernden Bass und einer Gitarrenarbeit, die viele krachige Riffs beisteuert, um „The Ruiner“ gleichberechtigt Noise und Rock nennen lassen zu dürfen. In der Zeit seit „Coward“ haben sich MADE OUT OF BABIES (eigentlich müsste noch ein Witz kommen, dass Kinder doch zu was gut sind…) auf den Arsch gesetzt und sich beim Songwriting noch einmal gesteigert – mit Erfolg, die Nummern auf „The Ruiner“ sind unterschiedlich, krachig und fesselnd. Düster wie in „The Major“, verstörend wie im langen „Stranger“ oder bösartig („Bunny Boots“), MADE OUT OF BABIES haben nur erstklassige Songs auf die Scheibe gelassen, denen man die lange Bearbeitungszeit anmerkt, da passt einfach alles. „The Ruiner“ ist nicht umsonst die beste Platte in der Bandgeschichte geworden und weiß Noiserock-Freunde zu fesseln – ganz großes Kopfkino!