FUNERAL sind vielleicht eine der ehrlichsten Doom-Bands der Welt. Zwei der Berufsmelancholiker verübten bereits Selbstmord, die anderen ziehen ihren traurigen Strehmel kompromisslos durch. In vorderster Front jammert, nölt und leidet Frode Forsmo, der heutzutage schon fast überraschend völlig auf Growls verzichtet. Dafür erscheint die Band jetzt noch orchestraler, hat Elemente wie Streicher noch tiefer in ihre Trauermärsche eingearbeitet. Wie schon vor zwei Jahren mit „From These Wounds“ verlieren sich die Norweger nie in ihrer epischen Depression, sondern scheinen mit ihrer Musik einen Ausweg aus ihrer schier hoffnungslosen Lage zu finden. Sie sind also ehrlich, unendlich traurig und nie langweilig. Und dennoch überzeugt das eben nicht so, wie es noch die wohl inzwischen verheilten Wunden taten, auch, wenn Rob Lowe einen Gastauftritt hat. Das mag ein persönliches Problem sein, aber FUNERAL klingen eben kein Stück böse, sondern „nur“ depressiv. Sie sind gut, aber kaum Metal, sie klingen phasenweise eher nach orchestraler Kirchenmusik. Okay, das ist Meckern auf hohem Niveau, aber inzwischen gibt es zu viele gute Alternativen im Doom und Funeral Doom, so dass „As The Light Does The Shadow“ nicht mehr das Ausnahmewerk ist, wie es eben zum Beispiel der Vorgänger war. Dennoch werden Doom-Traditionalisten schon mal nach dem nächsten Baum zum Aufhängen suchen – denn dazu passt dieser Soundtrack zum Film des schlechten Lebens wie der Faden ins Nadelöhr.
GORETRUST sind aus Ungarn und bei STF. Nicht gerade das, was einen Death Metaller hinter dem Ofen hervor lockt. Wer sich dann noch im Netz umschaut, der findet lauter mittelmäßige Bewertungen. Kann es sein, dass das geneigte Ohr vielleicht voreingenommen an die Sache herangeht? Denn die junge, erst drei Jahre lang musizierende Kapelle hat tüchtig Pfeffer im Arsch. Die Puszta-Jungs rollen zwischen Hypocrisy und Entombed, bringen den geneigten Deather tüchtig in Wallung. Die Band präsentiert sich sogar abwechslungsreich und groovt so sehr, dass sich manch etablierter Act davon eine Note abschreiben könnte. Dass die Band unter „Last Revolution“ ein Konzeptalbum versteht, das sich auch noch mit fremden Wesen und dem Ende der Welt beschäftigt, ist vollkommen zweitrangig. Auch, dass der Scheibe anzumerken ist, dass hier weder Super-Label noch Weltklasse-Produktion hinter der Band stehen, spielt keine Geige. Solange ein Death-Metal-Album so rockt, rollt und groovt, ist alles gut. GORETRUST? Vielleicht die beste STF-Veröffentlichung ever!
So richtig kann ich es nicht nachvollziehen: normalerweise haben Napalm Records ein gutes Händchen für Newcomer aus dem melodischen Bereich, aber die Verpflichtung der finnischen Band KATRA, die nach ihrer Sängerin benannt wurde, gehört wirklich zu den Unnötigkeiten, die die Welt nicht braucht. Bombastischer Opern-Metal mit wahlweise in schmuckes Leder oder Hochzeitskleider gepressten Heulbojen hat sich inzwischen mehr als totgelaufen, und eine Band wie KATRA gehört zu den Ausläufern, die Zugpferde wie NIGHTWISH oder WITHIN TEMPTATION leider fast zwangsläufig ans Tageslicht befördern. KATRA haben einfach schwache Songs, klingen beliebig und setzen mit ihrem Debüt „Beast Within“ keinerlei Akzente. Zugegeben, mit dem Titelsong und „Swear“ hat die Band zwei ganz passable Stücke am Start, auf der anderen Seite aber auch etwa mit dem orientalisch angehauchten „Flow“ reichlich Nervenhochbelastungsware im Programm. Wer sich dieser Tage die melodische Keule mit Frau am Steuer geben möchte, sollte zu den aktuellen Werken von THE MYSTERY, DAWN OF DESTINY oder den ebenfalls bei Napalm beheimateten ELIS greifen, die qualitativ allesamt meilenweit über dem hier Gebotenen liegen. Und obwohl ich diese Vokabel eigentlich nicht mag: unterdurchschnittlich!
Es war ja schon immer klar, dass die viele weiße Wurst die Hirnzellen der bayerischen Urvölker verkleistert. Was aber die Herren Dr. Mett Wurscht, Evil Wurst, Wurschtbua und Hans Wurscht treiben, das kricht ein gesunder Geist mit noch so viel Enzian nicht hin. „Alle drecks Saubauern die an zerschissenen Kohlrabi obuan solln zum Deife nuamoi krepieren“ heißt beispielsweise ein Song dieser Anti-Vegetarier-Scheibe. „100 Percent Austro-Bavarian Wurschtcore“ machen die vier Schlachter, die auf dem Cover den Eindruck hinterlassen, dass sie mit Papa in der Schlachterei ausschließlich Mentors gehört hätten und sich von Kindesbeinen außer von Leberkäs noch von gutem Korn ernährten. Und so hört man sichtlich geschockt zu, wie die Seppel Frau Antje impalen, Leberkäs mit Senf in der Hirnfasching-Version präsentieren oder einfach nur Wursthersteller preisen. Und so eklig ihrer Fleischlust nun mal ist und so panne die Band scheint, so prima klingt ihre Musik aus Grindcore, Death Metal und Hardcore – fett produziert und frisch runtergezockt. Quasi wie die Wurst in der Auslage sein soll. Und dann hat der geneigte Musik-Fan längst gemerkt: Alles in allem ist die Scheibe nicht nur gut, sondern auch witzig: „Other Bands Play, Ultrawurscht Grill“? Darauf `nen Gemüsebratling!
Man nehme Riffs von Metallica, die Stimme von Nevermore und packe noch Power Metal (Chruch) dazu, fertig ist die zusammengeklaute deutsche Thrash-Band aus Hintertupfingen. Deutschland ist in diesem Fall Bayern, Hintertupfingen München. Warrel Dane heißt hier Andy Pankraz, was in Kalifornien Peterson macht, tun in Süddeutschland Tino Bergamo (sic!) und Frank Pané. Mal abgesehen vom doch sehr in den Hintergrund gemischten und nicht immer brillanten Sänger, thrashen die Bayern ganz anständig durch die Voralpen. Nur fehlt den Jungs die zündende und eigene Ideen und vor allem die merkliche Frische. Es gibt gerade auf der aktuellen Thrash-Welle viel kleine Rabauken, die stiebitzen, wie nicht Gutes. Aber dennoch ist ihnen die Überzeugung ihres Tun anzumerken, ihr Herz hat ein mächtiges Thrash-Fleckchen. Bei RED TO GREY wirkt die erste Scheibe nach sieben Jahren Veröffentlichungspause zu brav und zu kalkuliert.
CORVUS CORAX sind begnadete Mittelaltermusiker, bringen ihr Treiben mit jeder Menge Herz und Authentizität rüber. Aber spätestens nach dem Wacken-Auftritt ist die Chose für mich gelaufen. Aus einiger Entfernung wirkten CORVUS CORAX lange nicht so atmosphärisch wie im kleinen Klub, wo die Zuschauer nicht nur die eingeölten Muskeln der Mucker gut erkennen können, und die Paukenschläge und Flötentöne der Spielmannsleute mit jeder Phase ihre Körpers spüren können. Was in Wacken also viele Fans als unendliches Intro nervte (und natürlich auch Tausende begeisterte), das verliert auf CD noch mehr an Wirkung. Klar, rein musikalisch stimmt hier alles, tolle Chöre reizen, Dudelsäcke, Streicher, Pauken, Trommeln, Schalmeien, alles gut gespielt, die Verquickung von Klassik und Mittelaltermusik klappt zusammen mit dem Filmorchester Babelsberg super, bisweilen bombastisch. Nur fehlt es erstens am Überraschungsmoment der ersten „Carmina Buranus“ und zweitens vermisse ich ganz persönlich die Bilder, für die dieser Soundtrack geschrieben ist. Fazit: Zwiespältig.
Die Zeiten einfallsloser italienischer Metalcombos, die vor Jahren in Heerscharen so ziemlich jeden bekannten Stil des Metalgenres bis auf Kleinste kopierten, schienen doch eigentlich vorüber zu sein. Aber da flattert die Debütscheibe „Dreamscape“ von TRAGEDIAN in den heimischen CD-Player. Und sofort sind alle alten Vorbehalte wieder zu neuem Leben erwacht. Aber nein, halt meine Aversion stimmt nicht so ganz, denn Bandleader Gabriela Palermo ist zwar ein kleiner gitarrentechnischer Catanagio, es sind aber auch noch zwei deutsche Mitmusiker aus Hamburg an Bord, der Keyboarder Ingo Salzmann sowie Timo Behrens als Mann am Mikro.
Bereits der absolut nichtssagende sphärische Keyboard-Opener lässt mit seinen langweiligen Klangkaskaden sofort nicht viel Gutes erahnen. Die nachfolgenden zehn Tracks glänzen ebenfalls nicht gerade mit sprühenden (neuen) Ideen sondern bieten leider fast ausnahmslos musikalische Magerkost - insbesondere was ein recht dünnes Songwriting und mäßige sowie ausgelatschten Hooks betrifft. Irgendetwas länger Hängenbleibendes über die gesamte Albumspielzeit von 46 Minuten ist auch nach zig zähen Durchläufen einfach nicht festzustellen. Insbesondere die omnipräsenten Keyboardpassagen, zwar meist im Hintergrund gehalten aber dann doch zu stark hervorstechend, sorgen für eine äußerst wässrigen Gesamteindruck und zerstören jeden guten Ansatz von Heavyness. Egal ob flächig oder georgelt, die Keys sind hier einfach zu nervig und schaden dem ohnehin bereits recht banalen Gesamteindruck. Dann wäre aus solchen nicht ganz talentfreien Tracks wie z.B. „Turn Back Time“ (mit teilweise schönen MAIDEN-artigen Riffs) oder auch der an sich nicht so verkehrten Ballade „Broken Dream“ (wären nicht diese klebrigen Tastendauerfüller im rückwärtigen Bereich hätte sogar ein recht atmosphärische Song entstehen können) durchaus noch viel mehr herauszuholen gewesen. Mit diesem ständigen symphonischen Aufmotzen der Songs kommen einem beinahe schon zwangsläufig Assoziationen zu den Landsmännern von RHAPSODY OF FIRE, aber dies ist weder ein Kompliment noch zielführend für interessante Metalmucke. Auch dem einigermaßen soliden Sänger, der nicht völlig talentfrei eher der traditionellen Shouterrichtung zuzuordnen ist, will ich nicht die Hauptlast dieses kompositorisch doch ziemlich dünnen Werks in die Schuhe schieben. Es hapert einfach an zu vielen grundsätzlichen Sachen gleichzeitig. Tragischer Höhepunkt dieses „Billighöreindrucks“ von „Dreamscape“ sind die geradezu dilletantischen Schlachtgeräusche beim Anfang des recht pathetischen „Napoleon“, die Gewehrschüsse klingen eher nach "Star Wars für Arme" als denn nach einigermaßen authentischen Sounds.
Mit "Conquerors" (in zwei Versionen) folgt dann noch ein einigermaßen versöhnlicher Schluss, der Track war auch auf dem "POWER & GLORY"-Sampler von AFM vertreten, die aufgemotzte symphonische Streicher-Variante ist dabei doch ganz gelungen.
„Slightly Progressive“ wie im Beipackzettel vermerkt ist die ganze Schose natürlich in keinster Weise, zwar kann schon klassisch geprägter Metal bescheinigt werden aber er ist inhaltlich zu unausgegoren, langweilig und (fast) ohne jeden eigenen Charakter. Da machen die ganz passable Produktion von Uwe Lulis (REBELLION) sowie ein ansehnliche Albumcover nicht mehr viel wett. Und auch Gastmusiker wie Alessandro Lotta (ex-RHAPSODY OFD FIRE) Markus Teske (RED CIRCUIT) und Malte Rathke (J.R. BLACKMORE GROUP) tragen ebenfalls nicht zu wesentlich einprägenderen musikalischen Höhenflügen bei. Somit bieten uns TRAGEDIAN meist nur Power Speed Metal der 80er Jahre im Stile alter HELLOWEEN oder heutzutage die etwas moderne Variante FREEDOM CALL mit viel Tastengenöle. Muss man eher nicht haben.
Hier ist Boston, nicht L.A. Die 2006 gegründeten DEALDY SINS verdienten sich als Support der Dropkick Murphys erste Meriten. Im Mittelpunkt der tödlichen Sünde steht Sängerin Stephanie Dougherty, die eine selbige sicher Wert wäre. Vor allem aber besticht die Blondine durch eine charismatische und die Musik sehr prägende Stimme, die den soften Punkrock der Kapelle eine besondere Note verleiht. Ansonsten regt die Musik niemanden wirklich auf, tut nie weh und verdient die Bezeichnung „Punk“ eigentlich nur am Rande. In vielen Phasen erinnern DEADLY SINS an eine modernere Variante Blondies, sicherlich keine wirklich schlechte Referenz. Nur, wer an die Dropkick Murphys denkt oder an Roger Miret & The Disasters oder die Lost City Angels (wo uns Steffi auch schon mitwirkte), der wird sich wohl doch eher wundern. Immerhin: Die Scheibe läuft schlichtweg gut rein - nicht nur in Boston.
ALL THAT REMAINS verkaufen jenseits des Atlantiks haufenweise Platten, während der Durchbruch in Europa noch auf sich warten lässt. Am Material kann’s nicht liegen, gehören die ersten drei Alben doch zum gehobenen Metalcore-Standard, den die Kollegen bei KILLSWITCH ENGAGE, SHADOWS FALL oder AS I LAY DYING nicht unbedingt besser hinbekommen. Mit Album Nummer vier soll sich alles ändern und der Durchbruch kommen. Dabei wird schnell klar, dass ALL THAT REMAINS melodischer geworden sind und mehr Richtung TRIVIUM gehen, ohne dabei an Härte zu verlieren („Chiron“). Auf eingängige Refrains setzen die Herren dabei immer noch, wie auch auf viele clean gesungene Parts, die sich natürlich schmeichelnd im Ohr niederlassen und da lange bleiben. Die Produktion, diesmal von Jason Suecof( BURY YOUR DEAD, GOD FORBID, TRIVIUM) ist druckvoll, hat aber zu einem etwas künstlichen Drumsound geführt, der auf Dauer merkwürdig neben der Spur klingt, sich damit aber immerhin von der Adam Dutkiewicz-Arbeit der Vorgänger unterscheidet. „Overcome“ hat durchweg gute Songs zu bieten, mit denen ALL THAT REMAINS wieder einmal zeigen, dass sie ihr Potential nutzen können und mit den Großen mithalten können. Der Erfolg in Europa wäre mit dieser Scheibe nur fair und gerecht – warten wir ab, ob er sich einstellt.
Bridge9 hat in den letzten Jahren nicht nur ein Händchen für erstklassige Bands und Alben gehabt, sondern auch deutlich gemacht, wie breitgefächert der Begriff Hardcore mittlerweile ist. DEATH BEFORE DISHONOR, HAVE HEART und H2O haben alle einen eigenen Sound, sind aber klar im Hardcore verwurzelt. ENERGY passen da gut ins Bild, bringt das Quintett doch seine eigene Note mit, auch wenn sie mit GANG GREEN verwandschaftlich verbunden sind, also Wurzeln im Bostoner Sound haben sollten. Die sind durchaus da, werden aber durch Vorlieben für Bands wie BAD RELIGION, BOYSETSFIRE oder AFI erweitert, was im Gesamtbild eine melodische, nicht zu harte Hardcore-Band ergibt. Nicht nur was für die ganz harten Kerle, sondern auch für die werte Damenwelt und mit so viel Pop-Appeal, dass auch Alternative-Hörer mit „Invasions Of The Mind“ ihren Spaß haben dürften. Auf dem Album singen ENERGY zwar über den Tod, das Nachleben und ähnlich fröhliche Dinge (MISFITS lassen grüßen), verpacken diese Themen aber in eingäng-melodische Töne, deren Charme sich niemand entziehen kann. Die Singalongs sind zahlreich und genau richtig platziert, die Gitarren immer wieder extrem melodisch und die Rhythmusabteilung bemerkenswert zurückhaltend. Alles ist darauf ausgerichtet, „Invasions Of The Mind“ zu einer positiven, leicht verdaulichen Hardcore-Platte zu machen, auf die sich alle einigen können. Und das ist ENERGY gelungen, scheinbar mühelos. Da die Songs zudem schlicht sehr gut sind, gibt es keinen Grund, an der halben Stunde Musik vorbeizugehen. Sehr schön.