Mit ihrem Debüt „From The Depth Of Time“, das vor gut dreieinhalb Jahren erschien, legten AVIAN ein sehr hörenswertes Melodic Metal-Album vor, das jedoch nicht durchweg überzeugen konnte. Nun steht mit „Ashes And Madness“ der Nachfolger in den Regalen, der unter ähnlichen Problemen leidet wie der Erstling. Lance King ist immer noch ein erstklassiger Sänger, der viele Passagen vor dem Abdriften in die Banalität rettet, aber ein Zauberer ist auch er nicht. Auch nach einem guten halben Dutzend Durchläufen will das Album nicht so recht zünden. Dass die Jungs durchaus können, wenn sie wollen, beweisen unter Anderem sehr gute Songs wie der treibende Opener und Titelsong, das epische „Beyond The Hallowed Gates“ oder das absolute Highlight, das mit einem grandiosen Killerrefrain gesegnete „Into The Other Side“, deren Qualitätslevel fraglos „Tipp“-Niveau erreicht. Denen gegenüber stehen etwa mit „The Lost And Forsaken“ (mit SAVATAGE-lastigem Mittelteil) oder dem völlig belanglosen „Esoteric Lies“ aber einige Songs, die nicht in Fahrt kommen und vor sich hinplätschern. Auch der etwas kraftlose Sound nimmt den Songs Einiges an Power, die sie fraglos verdient gehabt hätten. Somit gelingt AVIAN keine merkliche Steigerung zum Vorgänger, was bedeutet, dass Fans des Debüts auch hier bedenkenlos zuschlagen können, ein Sprung in die erste Liga aber leider erneut verpasst wurde.
FORGOTTEN SUNS setzten in 2009 auf Härteres. Das dritte Album der Portugiesen weist überwiegend gen Metal gehenden Prog auf und hat mit Nio auch einen neuen Sänger am Start, der gegenüber seinen Vorgänger Linx einen mehr direkten, weniger warmen Stil bevorzugt. So schwelgen FORGOTTEN SUNS auf „Innergy“ zwar in komplexen (hart und breaklastigen) Kompositionen, welche aber nicht immer einem roten Faden zu folgen scheinen und denen etwas die Atmosphäre des Vorgängerwerkes abhanden geht. Gewollt oder nicht – kühl erscheint das Werk, und lässt dazu auch eine etwas transparentere Produktion vermissen, welche Power dieser Art ganz gut verträgt. Trotzdem hat der geneigte Fan genügend Feinheiten in überlangen Tracks wie „Racing The Hours“, „News“ und „Nanoworld“ zu entdecken und das spielerische Können der Südeuropäer zu bestaunen. Man segelt weiter im Fahrwasser DREAM THEATERs (auch mit den zahlreich eingespielten Samples) und lässt richtiggehende Eigenständigkeit nur teilweise zu. So dürften in erster Linie die DT-Gemeinde hier reinschnuppern – und wohl auch gefallen finden.
Mit „Song For My Son“ eröffnet das vierte Album der Schweizer Prog-Formation METAMORPHOSIS ungewöhnlich gitarrenlastig, ohne traditionellen Prog-Zugaben außen vor zu lassen. Nicht nur hier, sondern überall auf „Dark“ begegnen einen sphärische, meditative und pychedelic Parts – allerdings im Vergleich zu den Vorgängerwerken weniger PINK FLOYD und GENESIS lastig. So kann man „Dark“ eine bisher vermisste Eigenständigkeit attestieren, auch wenn die Überväter weiter zitiert werden. Die große Stärke der 8 Kompositionen sind ihre mystisch dunkle Seite im Zusammenspiel mit lauteren Momenten und träumerischen Melodien – auch an METAMORPHOSIS scheint der Erfolg von PORCUPINE TREE nicht vorbeigegangen zu sein. Und Bandleader, Sänger und Multiinstrumentalist (Keyboards, Moog, Drums und Bass) Jean-Pierre Schenk steht dies hörbar gut. Mit „Dark“ sollten METAMORPHOSIS ihre bisherigen Fans zufrieden stellen aber auch für Proggies interessant werden, denen es bisher zu „lasch“ war. Anpieltipps: „The Fight Is Over“, „Hey Man“, und „You“.
Was macht ein dänischer Gitarrist, wenn er mal so richtig schön nach NEVERMORE und CONTROL DENIED klingen will? Richtig, er zieht (laut Biografie aus persönlichen Gründen) nach Italien, sucht sich eine Horde Eingeborener und musiziert lustig vor sich hin – und das schon seit 2003. Dabei macht seine Band CHAOSWAVE gar keine schlechte Figur und konnte mit ihrem 2004er Demo sogar meinen Kollegen und Lieblings-Melodienhasser Lars Heitmann überzeugen. Und auch wenn „Dead Eye Dreaming“ nicht ganz die Klasse der Werke der beiden oben genannten Vorbilder erreicht, macht das Album wirklich Spaß. Ein wenig stört mich die etwas dumpfe, sterile Produktion, und auch das Songmaterial erreicht das angestrebte Weltklasseniveau nicht ganz, trotzdem dürften Stücke wie „10 Years Of Denial“, „How To Define A Race“ oder der Quasi-Titelsong „Dead Eye Dream“ allen Leuten gefallen, die auch auf Bands wie ANACRUSIS oder DEPRESSIVE AGE abfahren. CHAOSWAVE machen auch nicht den Fehler, ihren weiblichen Gesangstriumph Georgia inflationär (sprich: als dauerplärrende Heulboje) auszuspielen, sondern lassen sowohl Sänger Fabio als auch seine „bessere Hälfte“ sehr songdienlich agieren. All das macht „Dead Eye Dreaming“ unterm Strich zu einem guten Album, das zwar keine Bäume ausreißt, aber auch weit von einer Enttäuschung entfernt ist.
Hinter SCIENCE FAXTION verbirgt sich mit Buckethead kein Unbekannter, hat der Gitarrist doch schon mit Axl Rose zusammengearbeitet und einen Haufen Soloscheiben veröffentlicht. Mit bootsy Collins hat er sich jetzt zusammengetan, um SCIENCE FAXTION mit Leben zu füllen und dabei auf Grenzen keine Rücksicht zu nehmen. Munter verbraten die Herren Metal, Funk, Soul und Industrial, um mal wie MARILYN MANSON und mal wie JAMES BROWN zu klingen. Homogen ist das nicht immer, über das ganze Album betrachtet, die Songs selbst sind in sich schlüssig und zeigen die große Kreativität, die in den Musikern steckt. „Living On Another Frequency” braucht Zeit und die Bereitschaft, offen für ungewohnte Wege zu sein, was nicht jedem Metaller gefallen dürfte. Zudem ist das Album nicht wirklich heavy, dafür sorgen schon die vielen Funk-Einflüsse. Wer sich davon nicht abschrecken lässt, wir mit einer hochinteressanten und jederzeit hörbaren Platte belohnt, die definitiv auf einer anderen Frequenz funkt.
Die Londoner Band TRIBAZIK tritt – der Name impliziert es bereits – als Trio auf und hat sich 2004 gegründet. Musikalisch bekommt man von den drei Herren um den Engländer Jerry Kandiah und den später hinzu gestoßenen Franzosen Blaise Merino recht steril wirkenden Elektro-Rock zu hören, der mitunter an Bands wie KILLING JOKE erinnert, was deren Jaz Coleman anscheinend gereizt hat, beim (relativ belanglosen) Stück „Molten“ mitzuwirken. Auch Namen wie LIMP BIZKIT (zu „Significant Other“-Zeiten) oder PITCHSHIFTER kommen dem Hörer bisweilen in die Schaltzentrale, doch erreichen TRIBAZIK weder den gekonnten „Nu-Groove“ (den sie zumindest früher hatten…) der erstgenannten Band, noch die unglaubliche, punkige Energie der letztgenannten Industrial-Götter. Letztlich bleibt „All Blood Is Red“ eine belanglose Angelegenheit, deren in der Biografie angepriesene Organik zumindest meine Antenne nicht erreichen will. Zu viele pseudo-moderne Drum&Bass-Einlagen, deren Wumms kaum über Bonduelle-Dosen-Volumen hinausgeht, trüben den Hörgenuss ebenfalls, weil einfach keine Power aufkommen will. Dennoch Interessierte können sich ja mal das zumindest melodisch gelungene „Smokescreen“ geben, aber der Rest kann sich ruhig wieder vielen stärkeren Scheiben zuwenden.
„And not to forget – a great fuck off – to all the nutsuckers talkin’ shit about the band – fuck you!!!!!!“ – Puhh. Starke Worte. Und nicht auszuschließen, dass das auch mich zum Teil trifft. Läßt das Cover, der Albumtitel und das Vorhandensein einer Sängerin (Ilka Schuch) eher auf sphärischen Metal und Gothic schließen so bieten GROOVIN’ HEART auf „Mystic Gate“ aber normalen Hard Rock welcher an die Achtziger erinnert und irgendwo zwischen BONFIRE meets BON JOVI angesiedelt ist. Das man dann mit dem ALPHAVILLE-Hit „Big In Japan“ eröffnet spricht aber nicht grade für Selbstvertrauen in die sechs Eigenkompositionen – zeigt aber deutlich, dass GROOVIN’ HEART aus der starken süddeutschen Riege der Rock-Coverbands kommen (und das schon seit 1995). Das mit einem gelungenen Refrain ausgestattete „Winterstorm“ sowie das Intro „Hidden Stair“ mit dem anschließenden flotten „Heaven“ offenbaren dann den Groove des Bandnamens und zeigen, dass es auch selbst geht. Allerdings sorgt die dumpfe Produktion dafür das hier nicht die richtige Freude aufkommen will. Musikalisches und Gesang gehen zwar in Ordnung, den restlichen Kompositionen fehlt aber doch noch etwas die letzte Ausgereiftheit – genannte Songs zeigen aber in die richtige Richtung. Ach ja, das zweite Cover, das von sämtlichen Coverbands (und Bierzelt-Blaskapellen) abgenudelte „Mighty Quinn“ ist sicher nicht der Weisheit letzter Schluss – eher ein rotes Tuch, sorry.
DEGRADEAD hatten für ihr Debütalbum die Fürsprache von IN FLAMES bekommen und auch gleich in deren Studio aufgenommen. Für ihr recht schnell fertig gestelltes Zweitwerk haben sich die Schweden in die Hände von Peter Tätgren (HYPOCRISY, PAIN) und Jonas Kjellgren (SCAR SYMMETRY, SONIC SYNDICATE, CARNAL FORGE) gegeben, gemischt hat dann Daniel Bergstrand (u.a. IN FLAMES, SOILWORK) in den Dugout Studios. Da überrascht der erstklassige Sound von „Out Of Body Experience“ schon mal nicht, aber was DEGRADEAD in Sachen Songwriting für einen Sprung gemacht haben, dann umso mehr. Das Debüt war ja schon eine ziemlich runde Sache und eine der besseren Melodic Death Metal-Scheiben der letzten Zeit, aber mit den 14 neuen Songs hat die Band das noch mal getoppt, auch wenn der Opener „All Is Gone“ noch recht gefällig beginnt. Aber schon der zweite Song, „Wake The Storm” ist old schooliger IN FLAMES-Stoff at its best! Wer auf die alten Göteborger Sachen steht, wird hier einen feuchten Fleck in der Hose bekommen! Und DEGRADEAD halten das dann eingeschlagene Niveau locker über den Rest der Spielzeit, jeder Song kann überzeugen. Klar, innovativ ist das nicht, aber das scheint der Band scheißegal zu sein und wird dem Göteborger Schule-Freund ebenso herzlich egal sein – hier gibt es besten Melodic Death Metal, nicht mehr und nicht weniger. Wer damit was anfangen kann, kommt um „Out Of Body Experience“ nicht herum!
Jung, dynamisch, glatt poliert sind die primären Attribute von THE SLEEPING, die mit „What It Takes“ ihr neues Album am Start haben. Passenderweise bei Victory Records, die ja in letzter Zeit auf diesen austauschbaren Emocorepopkram stehen. Da reihen sich THE SLEEPING gerne ein und auch wenn sie als Alleinstellungsmerkmal ein Keyboard nutzen, hilft das alles nichts: die Scheibe ist vorhersehbar, berechnend und völlig frei von Überraschungen. Natürlich sind die Songs eingängig, verstehen die Jungs ihr Handwerk und ist die Produktion gut, aber wirklich gelungene Songs, echte Hits gar, sucht der Hörer vergeblich. Und von der Konkurrenz unterscheiden sich THE SLEEPING trotz Keyboard mal so gar nicht. Für beinharte Sammler eventuell interessant, ebenso für die Zielgruppe des weichgespülten „former HC-Band“-Sounds, aber selbst die sollten zweimal überlegen, ob sie sich die x-te gleich klingende Platte wirklich kaufen müssen.
LIONHEART kommen aus der Bay Area, die ja gemeinhin eher mit Thrash Metal als mit metallischem Hardcore assoziiert wird. Vielleicht erklärt das die Potion Metal, die sich in den Songs der „Will To Survive“-Scheibe findet? Wobei LIONHEART keineswegs in Metalcore-Gefilde abdriften, sondern im TERROR/ HATEBREED-Dunstkreis bleiben und kompromisslos auf die Fresse geben. Ursprünglich von Jamey Jastas Label veröffentlicht, wurde „Willl To Survive“ von I Scream Record für Eruopa lizensiert und mit der „This Means War“-EP kombiniert, so dass am Ende mehr als 45 Minuten Material auf dem Silberling sind. Dabei sind die EP-Songs roher produziert, stehen den Albumtracks in Sachen Heftigkeit aber in nichts nach. LIONHEART machen mächtig Druck, setzen gleichzeitig auf viele Breakdowns, was einzelne Songs etwas vorhersehbar macht, aber im Grunde sehr gut funktioniert und eine rundum brutale Scheibe ergibt. Da passt der stimmlich auf eine Tonlage festgelegte Shouter wie Arsch auf Eimer – immerhin macht er seinen Job gut und braucht sich vor der Konkurrenz nicht verstecken. Wer mit den eingangs genannten Bands was anfangen kann, sollte auch mit LIONHEART glücklich werden, für Neueinsteiger empfehlen sich weiterhin die Klassiker wie „One With The Underdogs“.