CORPUS CHRISTI haben mit „The Darker Shades Of White” einen guten Einstand gehabt, auch wenn sie sich noch zu sehr an den offensichtlichen Vorbildern KILLSWITCH ENGAGE und UNEARTH orientiert haben. Es war die Hoffnung da, dass die Kerle noch etwas mehr Hirnschmalz und Ellbogenfett in das Songwriting investieren, um eine eigene Note zu bekommen und nicht mehr ein bloßer Abklatsch der Genre-Größen zu sein. Ach, wäre das schön gewesen. „A Feast For The Crows“ bietet zwar nette Songs, kann sich aber nicht vom Einfluss der Vorbilder freimachen, was gerade beim in jedem Song eingebauten clean gesungenem Refrain deutlich wird. Egal ob passend oder nicht, das Teil muss drin sein („Blood In The Water“). Von den obligatorischen Breakdowns und brutalen Parts gar nicht zu reden, die finden sich alle in beinahe jedem Song. Ist ja im Grunde nicht wild, wenn CORPUS CHRISTI nicht auf das immer gleiche Schema beim Songaufbau gesetzt hätten, so klingt die Scheibe viel zu oft nach einem banalen KILLSWITCH ENGAGE-Abklatsch. Mutige Songs wie das düstere „Little Miss Let You Know” sind viel zu selten, obwohl sie der Band sehr gut zu Gesicht stehen und die Vielfältigkeit zeigen, die sich im Metalcore verbirgt. Mehr davon und „A Feast For The Crows“ wäre richtig gut geworden, in der vorliegenden Form bleibt die Scheibe aber nur ein gut gemachter, auf Dauer etwas eintöniger, Klon bekannter Bands.
MAEL MÓRDHA aus Irland sind ein Glücksfall für die Pagan Metal-Szene! Wo Primordial im Black Metal gestartet sind und in den Black Metal hinein ihre Einflüsse aus der traditionellen irischen Musik eingeflochten haben, starten MAEL MÓRDHA in der irischen Musik und lassen erdigen Metal/Doom Metal einfließen. Ausgerechnet die Gitarren imitieren den Rhythmus der Bodhrán, dieser traditionellen kleinen Trommel, die mit dem fast knochen-förmigen Schläger gespielt wird. "Manannán", das Album von MAEL MÓRDHA, hört sich an wie ein Kriegsruf. "Through The Lungs Of The Dead" beginnt mit einem Horn, gegen das wahrscheinlich nur noch das Horn von Helm Hammerhand tiefer und durchdringender tönt. Die Gitarren treiben wie der Sturm vom Atlantik. Aber das entscheidende Merkmal dieser fünf Iren, die sich nach einem rebellischen König aus dem 1. Jahrtausend benannt haben, ist die Stimme von Roibéard Ó Bogail, die auch gegen die instrumentelle Übermacht trägt. Diese Band hat etwas authentisches zu sagen, und das wird gegen die zu zahlreichen Bands durchdringen, die nur unter Alkoholeinfluß Finntrolls zweites Album nachspielen können und damit schon als "folkig" gelten.
BREED 77 sind die Band, die IRON MAIDENs "666 Number of The Beast" als rein akustische Mariachi-Version spielen können, ohne dass es eine Sekunde an seiner bedrohlichen oder legendären Macht verliert. Wer dieser Band aus Gibraltar nach ihrem Meilenstein "Cultura", nach dessen Veröffentlichung sie von der englischen Exklave nach London gezogen sind, gesagt hat, dass sie noch schneller, brutaler oder abgedrehter werden sollen, sollte einen mit der Bratpfanne über den Detz bekommen! Denn das ist das einzige, was nervt: Die Sekunden, während denen Paul Isola zeigen zu müssen meint, dass er auch grunzen und growlen kann. Und dass die Gitarristen nicht nur hexen, sondern auch shredden können. Was soll das? BREED 77 konnten bisher vor allem spannende Songs schreiben, in denen sie die besten Einflüsse aus Flamenco, Metal und Alternative faszinierend zusammensetzen konnten. Auf "Insects" nehmen sie diese jetzt wieder auseinander. Der beste Song auf diesem Album bleibt so ein Cover, nämlich das beängstigend gute "Zombie" von den ollen Cranberries.
Es gab seit 3 Jahren kein reguläres Album mehr von GODSMACK? Das ist vor dem Berg von DVD-Veröffentlichungen und Wiederveröffentlichungen kaum aufgefallen. Was aber auffält: GODSMACK sind älter geworden. Lebte die Band aus Boston bisher von dem Sex-Appeal ihres Frontmannes Sully Erna und einem Haufen Hits der Marke "Changes", "Awake" oder "Voodoo", so ist das beste an "The Oracle" die Mannschaftsleistung. Die Single-Auskopplung "Crying Like A Bitch" wird für die US-amerikanischen Radios wichtig sein, im Album-Kontext stört sie fast. Im Ohr bleiben "Love Hate Sex Pain" oder "What If". Die sind treibend, aber vor allem musikalisch anspruchsvoll und nicht in erster Linie hit-orientiert. GODSMACK anno 2010 machen - böse gesagt - Adult Oriented (Hard) Rock, der beim Bügeln nicht stört. Positiv gesehen: Das können sie noch lange.
DEVIL SOLD HIS SOUL sind bei Century Media angekommen und legen mit „Blessed & Cursed” ihr neues Album vor. Wie sich im Titel schon andeutet, haben die britischen Postcorler ihren Sound verfeinert und sich positiv klingende Passagen angeeignet, die im Zusammenspiel mit dem düsteren Abschnitten ein komplexes Wechselbad schaffen. Shouter Ed hat daran großen Anteil, wenn er neben seinen markanten Screams immer wieder clean singt und so den Wechsel von brutal-dunkel zu leicht verträumt und hoffnungsvoll einleitet – ein Wechsel, der von seinen Kollegen aufgenommen wird, selbst das Schlagzeug klingt weniger harsch als vorher, „Frozen“ ist für diesen Wechsel ein passendes Beispiel. DEVIL SOLD HIS SOUL geben ihren Songs für diese Wechselspiel reichlich Zeit zur Entfaltung, wobei es für das ausgefeilte Songwriting spricht, dass auch nach mehr als 60 Minuten keine Wiederholungen zu finden sind und „Blessed & Cursed“ auch im letzten Song noch spannend ist. Natürlich lassen sich Vergleiche mit ISIS nicht umgehen, aber anders als die Amis sind ihre britischen Kollegen dem bösartigen Tönen nicht abgeneigt, was sich schon in ihren früheren Werken zeigte. Das Ganze spielt sich überwiegend im Mid-Tempo ab, wie es sich für Postcore gehört („An Ocean Of Light“), schnelle Abschnitte finden sich sehr selten. Diese Fixierung auf ein Tempo sorgt dafür, dass das Album sehr homogen klingt und am Ende der Stunde Spielzeit das Gefühl eines großen, gelungenen Songs beim Hörer zurücklässt. „Blessed & Cursed“ ist ein Einstand nach Maß für DEVIL SOLD HIS SOUL auf ihrem neuem Label. Century Media können mit dem Fang hochzufrieden sein!
INTEGRITY sind eine der Vorreiter des ursprünglichen Metalcore-Sounds gewesen, also Metal-Einflüsse in Hardcore einzubauen. In den letzten Jahren dödelten die Kerle aus Cleveland mehr vor sich hin, noch dazu in wechselnder Besetzung, bekamen aber immer neue Veröffentlichungen hin. „The Blackest Curse“ ist zur Abwechslung mal ein komplettes Album, vorher gab es nur kleinformatigere Sachen. Aber das ist auch das Problem an der Sache: die Scheibe kickt nicht. Dabei bemühen sich INTEGRITY 2010 nach Kräften, den brutal-rohen Sound, die unbändige Wut, den Hass, in ihre Songs zu bringen, also genau das, was sie in den 90ern so fantastisch machte. Stellenweise gelingt das („Through The Shadows Of Forever”), aber das bleibt die Ausnahme als die Regel. Viele Songs wirken seltsam bemüht, seltsam kraftlos, fast so, als wäre es der Band egal, was auf dem Album wie klingt. Im direkten Vergleich mit der eigenen Discography kann „The Blackest Curse“ noch viel weniger überzeugen und bleibt ein Schatten dessen, was diese Band zu leisten im Stande war.
Aus Niedersachsen, genauer Goslar kommen IRON FATE und haben sich der keyboardlosen Variante des US-Power Metal verschrieben. Und eines gleich mal vorneweg – das mit ordentlich Schmackes versehen Debüt „Cast In Iron“ braucht internationale Maßstäbe nicht zu scheuen. Musikalisch lässt „Cast In Iron“ Vergleiche von JUDAS PRIEST über HELSTAR und CAGE bis ICED EARTH zu; gesanglich kann Frontmann Denis Brosowski sowohl in den hohen, als auch in den mittleren Tonlagen vollends überzeugen, kraftvoll und voluminös. Da kommt einen Mr. Halford oder Mr. Owens in den Sinn, manche Passagen erinnern gar an HELLOWEEN oder NEVERMORE – mit dem Mann am Mikro geht was, ganz tolle Vorstellung. Wobei damit die fette Leistung der vier Kumpanen, Harms Wendler und Martin Pflugmacher (Gitarre), Jan Abraham (Bass) und Schlagzeuger Sascha Wendler nicht unterschlagen werden soll. Das dann auch noch Songs wie der speedig nach vorne peitschende Bandtrack „Iron Fate“, die gekonnt den Kitsch umschiffende, trotzdem sehr melodische Halbballade „Imagine A Better World”, das riffige „Killer Instinct“, der Dynamik versprühende Hammer „War In The Streets“ und der zweite langsamere Song, die abschließende Powerballade „Painful Sorrow“ in ihrer hymnisch, pathetischen Art klassisches Genrefutter darstellen und für ein Debüt überraschend ausgereift klingen macht die ganze Chose rund. Wie oft in diesem Genre werden sich die Geister aber wohl vor allem über den zum Teil sehr hohen Gesang streiten. Egal! Für mich haben IRON FATE ein echt gutes Power Metal Debüt abgeliefert, welches Fans genannter Acts geradezu verpflichtet in „Cast In Iron“ mal reinzuhören.
Jake Adams sagt einem vielleicht noch nicht, sein Bruder Pete hingegen dürfte als Kopf der Durchstarter BARONESS hinlänglich bekannt sein. Zusammen haben die beiden schon seit 2002 VALKYRIE am Start, bei dem sie ihre Liebe zum guten alten Rock und Metal der späten 70er und der 80er ausleben BLACK SABBATH, IRON MAIDEN, ST. VITUS und was einem sonst noch an kultigen Kapellen einfällt, bei VALKYRIE finden sich die wieder. Dazu passt der Sound, der sehr warm ist und das Schlagzeug betont, während die beiden Gitarren in den Hintergrund gerückt wurde, ohne dabei unterzugehen. Dem Gesang wurde viel Platz eingeräumt, was der klaren Stimme gut tut und ihre Rolle als Schlüsselelement im Band-Sound unterstreicht. Viel wichtiger als alles andere aber sind die Songs, die die Adam Brothers geschrieben haben: einfach, rockend, dabei immer wieder Erinnerungen an selige Vinyl-only-Zeiten weckend und weder zu doomig noch zu verkifft klingend. „Man Of Two Visions“ ist eine ehrliche Rockplatte geworden, die mehr als eine platte Hommage an eigene Jugendhelden ist. Schön.
CEREMONY haben mit jedem ihrer Tonträger den alten, wütenden HC/ Punk aus den Anfangstagen des Genres beschworen, als trend- und konsumfreudige Studenten noch nicht die Mehrheit der Beteiligten (aktiv wie passiv) stellten. Ganz im Sinne von BLACK FLAG und DEAD KENNEDYS, weit weg von DEFEATER und HAVE HEART, um mal bei Labelkollegen zu bleiben. Die nach dem Herkunftsort der Band betitelte neue Scheibe ist das konsequente, erwartete weitere Beschreiten des eingeschlagenen Weges, wenngleich auch zugänglicher und nicht so extrem roh und wütend wie noch „And Still Nothing Moves You“ beispielsweise war. Der Gitarrensound hat sich verändert, anno 2010 klingt der sehr stark nach Surfgitarren, angetrieben von simpel-effektiven, sehr punkigen Rhythmen. Shouter Ross jammert, schreit, wütet dabei wie gehabt und unverändert, kann aber immer wieder Überraschungen wie dem clean gesungenen „Moving Principles“ aufwarten (das mit seinem trägen Grundtempo sowieso aus dem Rahmen fällt). Alte NIRVANA fallen im Laufe des Albums immer mehr als Einfluss auf, was gut zu den Punk-Wurzeln der Kalifornier passt. „Rohnert Park“ ist eine halbstündige Abrechnung mit dem American Way of Life, voller Hass, voller Verbitterung, voller Verachtung. Treffend vertont, mit auf den Punkt kommenden Texten und kurzen, präzisen Schlägen genau wie antäuschend und dann umso heftiger zuschlagenden Songs. Ein dickes Fuck Off an so viele Leute, Trends, Genres, Entwicklungen, das es eine Freude ist!
Bei GODHATE ist das auch so ein auf und ab, zwischen zwei Alben kann bei den Schweden schon mal eine Spanne von fünf Jahre liegen. „Equal In The Eyes Of Death“ kommt da vergleichsweise fix in die Läden, nur zwei Jahre nach „Anguish“ (und immer noch beim gleichen Label). Gitarrist, Sänger und Bandkopf Tony prügelt sich mit seinen Kollegen durch elf Songs, die den erwartet brutalen Death Metal mit US-Einschlag bieten, irgendwo zwischen MALEVOLENT CREATION und AEON/ DEFACED CREATION, wie „In Praise Of Sin“ beispielhaft zeigt. Flott nach vorne, mit verständlichem Growling und immer einem Auge darauf, dass ein anständiger Groove zustande kommt, haben GODHATE ihre Songs aufgebaut, was ihnen nach deutlich mehr als zehn Jahren Bandgeschichte problemlos gelingt. So prügeln sich die antichristlichen Schweden durch knapp 40 Minuten gut gemachten Death Metals mit erwartet fiesen Texten. Langweilig wird die Chose nie, dank der guten Produktion klingt es auch sehr ansprechend, was „Equal In The Eyes Of Death“ für Totmetaller mehr als interessant machen sollte. Es ist GODHATE zu wünschen, dass ihnen mit diesem Album endlich der Sprung weg vom Geheimtip gelingt, das Potential dazu haben sie!