Japanische Bands zeichnen sich ja oft durch einen gewissen Grad an Durchgeknalltheit aus. Bei FACT hält sich der exotische Faktor aber in Grenzen und beschränkt sich hauptsächlich darauf, dass die Bandmitglieder bei ihren Live-Shows traditionelle japanische Masken tragen. Der Sound ihres zweiten Albums „In The Blink Of An Eye“ kommt vielmehr ziemlich amerikanisch daher. Emocore der heftigeren und flotteren Sorte ist hier angesagt, der sich zwar teils durch ungewöhnliche und fast schon progressive Riffs und Beats auszeichnet, insgesamt aber doch ziemlich glatt und sehr melodisch klingt. Dafür sorgen alleine schon die Vocals, die fast durchgehend clean und zudem oft mehrstimmig und mit Effekten beladen sind. Die Songs selbst überzeugen auch nicht wirklich, so richtig will sich nichts festsetzen. Originell werden FACT dann, wenn sie mit schrägen Sounds experimentieren oder mit „1-3“ zwischendurch einfach mal einen mit Spielkonsole-Sounds durchsetzten Drum ´n´ Bass-Track einschieben. Solche abgefahrenen Passagen werden aber nur selten geboten, und trotz der beeindruckenden Energie, die die Band an den Tag legt, wird die Scheibe schnell etwas eintönig. Im Ansatz ist „In The Blink Of An Eye“ also durchaus interessant, letzten Endes stand aber wohl die Massentauglichkeit im Vordergrund.
Mit „Wolf´s Return“, ihrer 2005er Mischung aus traditionellen Klängen, Stoner Rock und Doom Metal, haben sich die Schweden GRAND MAGUS einige Sympathien im Underground erspielt; der 2008er Vorschlaghammer „Iron Will“ war ein erstklassiges Old School-Brett, das nun mit „Hammer Of The North“ seine würdige Fortsetzung findet. Noch immer dominieren furztrockener Groove und die ungeheure Authentizität, die Ausflüge in die Moderne oder klangliche Experimente gar nicht erst aufkommen lässt. Das Trio spielt einfach nur Metal, der sich aber wegen seiner leichten Kauzigkeit sehr angenehm von der großen Masse pseudo-„echter“ Kapellen abhebt. GRAND MAGUS stehen seit jeher eher in der Tradition von BLACK SABBATH, CANDLEMASS, TROUBLE oder meinetwegen auch MANILLA ROAD oder BROCAS HELM und liefern auf „Hammer Of The North“ durchweg erstklassige Songs wie den flotten Opener „I, Jury“, den fetten, rifflastigen Titelsong, die Walze „Mountains Be My Throne, die geile Hymne „Northern Star“ (Killer!), den fixen Banger „At Midnight They´ll Get Wise“ oder den epischen Rauswerfer „Ravens Guide Our Way“ ab, die jeder Fan von purem, waschechtem Edelstahl einfach gehört haben muss! Die Jungs legen nach „Iron Will“ noch ein paar Kohlen nach und veröffentlichen hier eines der traditionellen Highlights des Jahres 2010. Hut ab!
TRASH TALK sind Assis, keine Frage. Genauso dreckig-speckig wie ihre Live-Shows kommt „Eyes And Nines“ daher, ihr nicht einmal 20 Minuten langer 10-Tracker. Überraschenderweise nicht via Deathwish, sondern bei Hassle Records, was aber nicht dazu geführt hat, dass sich die Kalifornier in irgendeiner Weise angepasster zeigen würden. Im Gegenteil, die zehn Songs sind kompromisslos und punkig wie eh und je, kurze Eruptionen vertonten Frustes und Wut über die Gesellschaft. Geschrei als wichtiges Werkzeug, brachiale Gitarrenarbeit und immer wieder ruhige Abschnitte, die zum Verschnaufen und ungläubiges Bestaunen der eigenen Zerstörung herhalten müssen. Ähnlich wie CEREMONY atmen TRASH TALK den Geist alter HC/ Punk-Bands, als das Genre noch kein Tummelplatz geschniegelter Studenten und hipper Mediendesigner war.
Gitarrist Sobo ist raus bei JACK SLATER, „Extinction Aftermath” mithin das erste Album, das mit nur einem Gitarristen auskommen muss. Leichte Zweifel waren angebracht, wie die verbliebenen Mitglieder das Songwriting würden stemmen können, aber schon die ersten Töne des Openers „Pheromon“ wischen die hinweg, der Song ist eine hochkomplexe, saubrutale Death Metal-Nummer, in der JACK SLATER alle Register ziehen und klarmachen, dass sie auch anno 2010 voll da sind. Dabei ist der erste Song kein Einzelfall, auch die folgenden können voll und ganz überzeugen und mit der bereits bekannten Mischung aus Komplexität und Eingängigkeit aufwarten, die die Köln-Bonner Fraktion seit langem schon beherrscht. „Extinction Aftermath“ geht schnell ins Ohr, steckt aber so voller Details, dass das Album auch beim 20. Durchlauf noch spannend ist. Die Gitarrenarbeit ist irrwitzig, steckt voller gut gemachter Soli und treibt die Songs gleichzeitig nach vorne, wo sie auf den soliden Rhythmusteppich treffen, den ein exzellenter Drummer und der ebenso gute Basser gewoben haben. Shouter Horn ist seit langem schon über alle Zweifel erhaben und intoniert auch dieses Mal die weitgehend deutschen Texte auf den Punkt passend („Funkenflug“). Die gute Produktion unterstützt das Ganze perfekt, es gibt also nichts zu meckern – „Extinction Aftermath“ ist ein verdammt gutes Death Metal-Album, mit dem sich JACK SLATER vor der Konkurrenz nicht verstecken müssen, egal ob die aus den USA oder Skandinavien kommt.
Da lag ich mal falsch: WHITECHAPEL sind mit ihrem Debütalbum „The Somatic Defilement“ und dem Nachfolger „This Is Exile“ ordentlich durchgestartet, anders als von mir erwartet. „A New Era Of Corruption“ soll die Erfolgsgeschichte fortschreiben, wozu es eine Produktion bekommen hat, die dermaßen fett und brutal ist, dass es eine Freude ist. So muss Death Metal klingen! Beim Songwriting können die Triple Axe Attack-Briten aber wieder einmal nicht überzeugen – zu unspektakulär, zu austauschbar ist das Ergebnis geworden. WHITECHAPEL schaffen es nicht, auch nur einen Song zu schreiben, der für sie typische Trademarks aufweist, ja eigentlich ist nicht einmal klar, was diese Trademarks sind. Die drei Gitarren sind es anscheinend nicht, so selten wie auf sie Bezug genommen wird, stattdessen müssen die sich damit begnügen, ordentlich Druck zu machen. Kompositorisch gibt es von der Standardkost der Death Metal-Spielart Deathcore (immer noch blödeste Genre-Bezeichnung ever) keine Abweichungen, womit sich WHITECHAPEL aber in guter Gesellschaft befinden, in dem Sub-Genre tummeln sich ja nicht unbedingt gute Songschreiber. Immerhin können sich die Briten zugute halten, einer der Vorreiter dieses Sounds zu sein. Brutal ist „A New Era Of Corruption“ natürlich geworden, das muss der Scheibe zugute gehalten werden, aber in Sachen Songwriting ist das wieder nur halbgar geworden. Prognosen über den weiteren Verlauf der Bandkarriere erspare ich mir an dieser Stelle aber besser.
SETHERIAL können sich mit Fug und Recht als alte Hasen des skandinavischen Black Metals bezeichen und haben gerade Mitte bis Ende der 90er einige gelungene Alben auf den Markt geschmissen, ehe es mehr und mehr bergab ging. Gute vier Jahre nach ihrem letzten Langeisen (das Kollege Knackstedt nur semi-gut fand) steht mit „Ekpyrosis“ das neue Werk ins Haus. Der Opener macht dann auch gleich Laune, „A World In Hell“ ist vertrackt und haut trotzdem auf die Fresse. Das ändert sich im Verlauf der Scheibe aber, SETHERIAL standen und stehen nicht für Frickeleien, sondern gerade heraus gespielten Black Metal. Der ist anno 2010 öfter im Mid-Tempo angesiedelt; in solchen Passagen entwickeln die Songs viel Durchschlagkraft, allerdings versäumen es die Musiker, diese Wucht mit hymnischen Klängen verschmelzen zu lassen, was angesichts der vielen hymnischen alten Songs recht schade ist. An der Produktion gibt es dagegen wenig auszusetzen, gleichzeitig kräftig und authentisch ist die geworden, wovon besonders die Drums profitieren – hier ist der Weg in die Moderne sinnig gewesen. An „Ekpyrosis” gibt es so im Grunde wenig auszusetzen, einzig das Fehlen einer Rückbesinnung auf alte Stärken oder zumindest eine Verknüpfung von Vergangenheit und Gegenwart ware wünschenswert. Denn so bleibt das neue SETHERIAL-Album zwar eine gute, moderne Black Metal-Platte, hat aber einen deutlichen Bruch zur Vergangenheit. Muss jeder wissen, ob ihm das gefällt. Neueinsteiger in den SETHERIAL-Sound wird das eh nicht stören. Die Freuden der Jugend…
Bei GRAVE MAKER tummelt sich mit Jason Balley (ex-FIGURE FOUR) ein halbwegs prominenter Mann, ging aus seiner alten Band doch COMEBACK KID hervor. „Ghosts Among Men“ ist das zweite Album seiner neuen Combo GRAVE MAKER, mit der er auf einen direkteren, roheren Sound setzt als seine ehemaligen Kollegen. Schön einen auf dicke Hose machen, viele Gang Shouts, Moshparts und viele Breaks stellen sicher, dass das auch unterfüttert wird. Beim Gesang braucht es einige Minuten, bis die Gewöhnungsphase vorbei ist und die Tatsache, dass der Herr am Mikro gut zur Musik passt, gewürdigt werden kann. „Ghosts Among Men“ macht durchweg Spaß, wobei das bei Platten mit weniger als 30 Minuten auch nicht sonderlich schwer ist. Langeweile kommt nicht auch, allerdings bleibt auch kein Song beim Hörer hängen, lediglich einzelne Parts ragen hin und wieder heraus. Das Fehlen jeglicher Hits ist der große Schwachpunkt der neuen GRAVE MAKER-Scheibe und trennt sie von ähnlich gelagerten Kollegen wie TERROR oder DEATH BEFORE DISHONOR.
Über drei Jahre und Änderungen im Line-Up haben die finnischen THUNDERSTONE seit ihrem letzen Album „Evolution 4.0" vergehen lassen, um nun mit ihrem fünften Longplayer neu anzugreifen. Demzufolge präsentieren sich THUNDERSTONE auf „Dirt Metal“ nicht nur mit neuem Sänger, dem Schweden Rick Altzi (AT VANCE, SANDALINAS, welcher mit seiner etwas rauern Stimme einen guten Job in Tradition seines Vorgängers macht), sondern auch härter und düsterer als auf den Alben davor. Die Vergleiche der Anfangstage mit STRATOVARIUS und SONATA ARCTICA konnte man ja schon länger zu den Akten legen. THUNDERSTONE hatten eine etwas progressivere Ausrichtung gewählt, welche nun auch noch mehr gen Power Metal mit komplexeren Kompositionen und zum Tei angezogener Handbremse tendiert; das Keyboard hat meist eine nur noch untergeordnete Rolle. Dabei können Songs wie das flott epische „I Almighty“, der überragende Banger „Dodge The Bullet” und vor allem der düster atmosphärische und mit 8 Minuten recht lange Mid-Tempobolzen „Suffering Song“ überzeugen. Aber auch mit neuem Sänger und modifiziertem Sound werden THUNDERSTONE dem Versprechen der ersten drei Alben nicht ganz gerecht - den großen Durchbruch wird es damit auch nicht mehr geben. „Dirt Metal“ ist trotzdem eine gute Power Metal Scheibe mit klasse Momenten welche dem THUNDERSTONE Fan den lang erwarteten neuen Stoff beschert, aber in Gänze leider nicht ausnahmslos überzeugt.
Das nennt man wohl “All-Star-Projekt”: wenn sich diverse Herren von renommierten Bands wie SWALLOW THE SUN, MOONSORROW, KREATOR und AMORPHIS zusammentun um ganz ihrer finnischen Mentalität entsprechend eine amtliche Düsterplatte aufzunehmen, dann darf man die Messlatte ruhig ein wenig höher legen und ein adäquates Ergebnis erwarten. BARREN EARTH klingen noch am Ehesten wie eine Mischung aus erstgenannten Sonnenschluckern und den ruhigeren Momenten der Geschichtenerzähler von den Tausend Seen. Dabei scheut der Haufen auch einen Hauch Progressivität nicht; typischen Fast-Food-Finnenrock HIM´scher Prägung darf man nicht erwarten, dafür jedoch tollen Growl/Klar-Wechselgesang von SWALLOW THE SUN/ALGHAZANTH-Röhre Mikko Kotamäki, der hier seine außerordentliche Klasse erneut unter Beweis stellt. Lediglich im kompositorischen Bereich kommt die Truppe nicht ganz an die Erzeugnisse der jeweiligen Hauptbands heran. Einige Stücke der Scheibe, wie etwa der eröffnende Titelsong oder das folgende „Our Twilight“, liegen ein wenig schwer im Magen, jedoch befinden sich mit den erstklassigen „Forlorn Waves“, „Flicker“, „The Ritual Of Dawn“ oder „Cold Earth Chamber“ auch einige echte Perlen auf „Curse Of The Red River“, die jeden anspruchsvollen Fan nordischer und Goten-Kitsch-freier Düsterklänge im Sturm erobern dürften. Auch wenn es für den „Tipp“ bei diesem Debütalbum noch nicht ganz reicht, besitzen BARREN EARTH riesiges Potential, zu einer echten Größe der Szene zu werden. Mehr davon!
Nach einer ganzen Reihe an in der Muttersprache gehaltenen Veröffentlichungen im heimischen Finnland, ziehen die fünf Mädels von INDICA nun mit einem Teil dieses Materials aus, um auch den Rest des Kontinents zu erobern. Zu diesem Zweck nahm man für „A Way Away“, das erneut in Zusammenarbeit mit NIGHTWISHs Tuomas Holopainen entstand, Abstand von finnischen Texten und sattelte zur allgemeinen Verständlichkeit auf Englisch um. Herausgekommen ist ein Album, das trotz mitunter angezogenen Tempos irgendwie verträumt wirkt und von sommerlich-leichten Melodien durchzogen ist. Den Hintergrund zu Jonsus klarem, gleichzeitig aber angenehm unopernhaften Gesang bilden teils opulente Orchestrierungen wie bei „Islands Of Light“, die hauptsächlich durch ihre zurückhaltende Lautstärke daran gehindert werden, nach Symphonic Metal zu klingen. „Precious Dark“ klingt mit seiner verspielten Leichtigkeit schon regelrecht nach Radio-Sommerhit, das wunderbare und hochgradig eingängige „Children Of Frost“ kommt erhaben daher und schafft eine Stimmung, die (auch wenn der Vergleich zwangsläufig hinkt) irgendwie an die von „Hijo De La Luna“ erinnert. Mit„Lilja´s Lament“ und dem Titeltrack „A Way Away“ präsentiert man ruhige Pianoballaden, „Scissor, Paper, Rock“ und „As If“ greifen härter in die Saiten, überzeugt vom Gesamtklang her aber weniger als das ruhigere Material, bei dem sich Jonsus Stimme harmonischer einfügt und auch die Melodien mehr hergeben. Alles in allem liefern INDICA mit „A Way Away“ ein Album ab, mit dem sie sich zahlreiche neue Freunde machen dürften.