Bands wie EMMURE sind super: bei jeder Platte ist im Grunde schon vorher klar, was kommen wird. „Speaker Of The Dead“ ist der aktuelle Beweis, denn auch wenn die Amis ungewohnt lange zwei Jahre seit „Felony“ für ihr neues Werk gebraucht haben, gibt es in den 15 Songs keine Überraschung: Beatdowns, Wechselgesang, fette Produktion und immer schön einen auf dicke Hose machen. Intellektuell nicht sonderlich anspruchsvoll, aber wer sich davon freimachen kann, wird mit „Speaker Of The Dead“ gut unterhalten. „Children Of Cybertron“ läutet das Album gnadenlos brutal ein und macht die Marschroute klar, von der dann auch kein Song abweicht, auch wenn „4 Poisons 3 Words“ und das sehr an NWOAHM-Gefilde gemahnende „Last Words To Rose“ dezente Fremdeinflüsse aufweisen können. Ändert aber nichts an der Tatsache, dass hier brutaler Metalcore geboten wird, der mit gutem Songwriting, besagter dicken Produktion und viel Poserei die Genre-Fans unterhalten wird.
Bei den kreativen Köpfen hinter THE KILIMANJARO DARKJAZZ ENSEMBLE verbergen sich die Leute, die auch THE MOUNT FUJI DOOMJAZZ CORPORATION ins Leben gerufen haben. Warum auch mit Namensgebungkonventionen brechen? Das THE KILIMANJARO DARKJAZZ ENSEMBLE-Debüt wird von Denovali Records wiederveröffentlicht und kommt zum ersten Mal überhaupt auch auf Vinyl daher. Anders als bei ihrem später gegründeten Doomjazz-Projekt sind die Holländer 2006 musikalisch breiter aufgestellt, von Jazz über Postrock- und Elektro-Formationen bis NEUROSIS reichen die Einflüssen, aus denen eine gute Stunde atmosphärisch dichte, spannende Musik extrahiert wird. Der Verzicht auf Gesang kombiniert mit dem Jazzgrundgerüst und den elektronischen Einflüssen schafft eine dichte Atmosphäre, die sich perfekt als Soundtrack eines Avandtgarde-Films machen würde und immer wieder Hörer im Kopf des Konsumenten entstehen lässt. Kopfkino, wie es besser nicht sein kann!
JUROJIN wurden ja zum Teil schon recht hoch gejubelt und dabei mit ausreichend Vorschusslorbeeren Bedacht. Nachvollziehen kann ich das nur in Grenzen. Denn das Debüt „The Living Measure Of Time” liefert an sich weder neue Ansätze, noch unglaubliches instrumentales und kompositorisches Können, sondern bietet gut gemachte Mucke in der Melange zwischen Rock und Metal, zwischen Alternative, Postrock und Prog – reichlich Ideen und guter Stimme inklusive. JUROJIN spielen gekonnt mit ihrem Potential, verbinden ihren angedeutete britische Kauzigkeit und unterschiedliche musikalische Backgrounds zu gelungenen Songs, von Folklore über Jazz (man höre nur den Abschlusssong „The Dreaming“) bis Metal. Nachzuhören in Songs wie dem Highlight „The Equinox“ (das mit ruhigen Passagen und experimentellen Sounds überzeigt), dem ordentlichen Alternative-Rocker „The Liar“, und dem orientalisch-indisch angehauchten, semi-akustischen „Proem“. Lassen JUROJIN bei ihren bedächtigern Songs mehr als einmal den Postrock raushängen, stehen die härteren Parts fast ausschließlich in der Tradition des bekannten Rock und Metal. Das JUROJIN es dabei nur auf knapp 30 Minuten Spielzeit und 7 Tracks bringen ist zwar kein Qualitätsmerkmal, darf dem geneigten Freund derartiger Klänge aber auch nicht verschwiegen werden. Trotzdem ist „The Living Measure Of Time” für die angesprochene Gemeinde ein antesten wert – die Überflieger aber sind JUROJIN nicht.
Alter Norweger! Ist das hier die selbe Band, die einstmals mit grandiosen Melodic/Epic Metal-Scheibchen wie „Knights Of The New Thunder“ (immer noch ein Kleinod des „typisch europäischen“ Metals) oder „Tell No Tales“ um die Ecke kam?! Auf „A Farewell To Arms“, dem mittlerweile zwölften Studioalbum von Ronni le Tekrø und Co., regiert harmlosester, berechenbarster und banalster Rentner-Rock, der lediglich durch die kräftige, glasklare Produktion einen Hauch von Leben erhält. Songs wie „Engine“ (völlig grenzdebiler, unfreiwillig komischer Text), „Ship In The Night“, „Take It Like A Man – Woman“, „Don´t Misunderstand Me“ oder „Someone Else“ (Schlager pur!) sind biedere Hausmannskost und tun niemandem weh. Ab und an schimmern ein paar gelungenere Momente durch, etwa bei der coolen Hymne „Refugee“, dem flotten, im Refrain mit fetten Chören gepimpten „Barracuda“ oder dem gesanglich sehr gut umgesetzten Titelsong, die aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass TNT ihren kreativen Zenit schon längst überschritten haben. Die europäische Version von „A Farewell To Arms“ kommt mit dem Live-Song „Harley Davidson“ daher, der aber auch alles andere als unverzichtbar ist. Beinharte TNT-Fans mögen dem Album vielleicht noch etwas abgewinnen können, aber der Rest kann „A Farewell To Arms“ konsequent übergehen.
Das schöne Kanada hat neben den feingeistigen Rock-Giganten RUSH musikalisch vor allem eins zu bieten: authentische bis kompromisslose Bands der härteren Basis. EXCITER, RAZOR, BLASPHEMY, CRYPTOPSY,… die Liste ist länger als man annehmen möchte. Seit 2003 reiht sich mit WEAPON eine Band in diese Liga der erstklassigen Ahörner ein, denn das, was das Quartett auf seinem zweiten Album zum Besten gibt, muss sich zu keiner Sekunde verstecken. Die Bande um Gitarrist und Sänger Vetis Monarch zockt eine ebenso anspruchsvolle wie dreckige Mischung aus Black,- und Death Metal, die einerseits hörbare Züge hauptsächlich schwedischen Todesmetalls (UNLEASHED, DISMEMBER oder meinetwegen auch NECROPHOBIC) trägt und auf der anderen Seite einen Einschlag norwegischer Waldarbeiter (DARKTHRONE, BURZUM, IMMORTAL, MAYHEM,…) offenbart. Mit ein wenig Fantasie mag man aber auch OBITUARY, NILE oder BEHEMOTH heraushören, was zeigt, dass diese Herren vielfältige Einflüsse haben und alles andere als Einheitsbrei abliefern. Als Anspieltipps empfehle ich das fiese „Furor Divinus“ und das melodische „LEFTHANDPATHYOGA“ (genialer Titel!), die den Umfang dieser sehr starken Platte gut repräsentieren. Für Knüppelfans ein echter Geheimtipp!
„The Extended Mind“ hat den Grundcharakter dieser Scheibe schon im Namen: Man sollte einen aufgeschlossenen Geist zum Hören haben (gut; das ist im Genre nichts ungewöhnliches), dann kriegt man einen ebensolchen in Musik umgesetzt von der Band geliefert.
Denn mit ATHEM gibt es im Prog-Sektor mal wieder was auf die Ohren was nicht ausschließlich, dafür aber unter anderem durch hohe instrumentale Komplexität auf von sich aufmerksam macht, sondern auch mit einem Sound der Erinnerungen an eine Menge Bands hervorruft die man für gewöhnlich eher positiv im Kopf hat; YES oder DREAM THEATER (oh ja, das kann man kombinieren!) seien zum Beispiel mal zu nennen. Und das alles ohne auch nur irgendwie wie eine schlechte Coverband zu wirken, ganz im Gegenteil.
Alle Titel wirken wie durchdachte Kompositionen und haben auch eine dementsprechende Länge, der letzte Song „Lifting The Vail“ kommt auf stolze fünfzehn-einhalb Minuten, der Rest (exklusive Intro) findet sich zwischen rund fünf und sieben Minuten ein. Stilistisch wird hier sowohl zwischen als auch in den Songs variiert, vom Anteil an hochkomplexem Riffing („Fallen God“ oder „The Extended Mind“) bis zu mehr von den Vocals getragenen ruhigen Nummern („Merciless Eyes“) ist eigentlich immer Abwechslung in der Scheibe. Das das einschließt das mal mitten im Song ein mit von Gitarrist Shawn Baldissero in höchster Präzision und Virtuosität gespieltes Solo auftaucht oder zwischen den teils sehr Prog-Metal lastigen Teilen mal ein Keyboard- oder Basspart den ganzen Songcharakter aufmischt ist kaum nötig zu erwähnen.
Und genau solche Details sind es die „The Extended Mind“ so verdammt genial machen. Hier haben sich zweifelsohne eine Reihe sehr begabter Musiker gefunden die ohne jegliche Kopien auskommen, trotzdem aber durchklingen lassen das sie unsere so geliebten Klassiker und großen Bands genauso schätzen wie die potentiellen Hörer von ATHEM. Hören, genießen, Geist erweitern!
Für PLACEBO-Fans veröffentlichte EMI im Juni 2009 ein aus 8 CDs und 2 DVD bestehendes Box-Set mit den 5 Studioalben der Band und drei Einzelalben welche bis dato nur als Teil der Box erhältlich waren. Eines davon, das „Covers“ Album erschien bereits letztes Jahr. „Live At La Cigale“ ist damit der einzige offizielle Livemitschnitt der 1996 gegründeten britischen Band und enthält 8 Tracks eines im Jahr 2006 im Pariser Club La Cigale aufgezeichneten Auftrittes, darunter Bandhits wie „Meds“, „Infra-Red“, „Song To Say Goodbye“ und natürlich „The Bitter End“; Sound und Ton sind absolut in Ordnung. Mit knapp 30 Minuten ist „Live At La Cigale“ zwar nicht mehr wie ein Appetizer, wird wohl aber zum EP-Preis in die Läden kommen. Für Gelegenheitshörer also eher eine zwiespältige Sache, für PLACEBO-Fans welche den Erwerb der großen Band-Box gescheut hatten, ist der 8-Track Mitschnitt „Live At La Cigale“ dabei sicher eine schöne Sache.
ASYLUM ON THE HILL nannten viele die 1935 in Lexington, Kentucky eröffnete Entzugsklinik Narcotic Farm, in der angeblich recht krude Drogenexperimente an den zu Probanten umfunktionierten Insassen durchgeführt wurden. Das Cover passt zum Thema allemal – der Sound des US-Quartetts durchaus auch; wenn man die zum Teil etwas wirre Stoner–Rock’n’Roll Mischung einem „schönen“ Psychedelic LSD-Trip vorzieht. „Passage To The Puzzle Factory” liefert dementsprechend groovendes zwischen QUEENS OF THE STONE AGE (das hart treibende „La Pistola”), 70er meets Indie Rock („Honey Bee”) und DANKO JONES (der beim flotten „Last Ride” das Mikro schwingt). Die Songs kommen dabei für Stoner-Verhältnisse schnell auf den Punkt – was dem Album über die Spielzeit hinweg sicher gut tut, bietet aber zwischendurch immer wieder recht ungewöhnliche Ansätze (wie das einer United States Narcotic Farm würdige „Seasons Of Hurt“). Die Kollegen David Angstrom (Gesang, Gitarre – HERMANO, SUPAFUZZ), JD Garner (Gitarre - LENNON), Jason Groves (Bass - ROSIE ROSE, SUPAFUZZ) und Phil Kring (Schlagzeug - ROSIE ROSE, LENNON) setzen viel auf Abwechslung und coole Instrumentalisierung; der Gesang erinnert etwas an eine Mixtur aus SOUNDGARDEN und ALTER BRIDGE. Das dabei im ersten Moment manches etwas überfrachtete wirkt, sei dem Debüt ebenso verziehen wie die Tatsache, dass für ein tolles Album die 10 oder 12 besten Songs gereicht hätten. ASYLUM ON THE HILL haben Ideen und den Mut diese zu vertonen - „Passage To The Puzzle Factory” dürfte dem Genrefreund damit durchaus munden.
Die letzten beiden Alben “Redeemer” und “Overworld” waren echt originelle, frische und mit allerlei coolen Songs und Melodien gespickte Spaßmacher, wie man sie in dieser Form seit den kreativen Glanzzeiten von WALTARI nicht mehr zu hören bekommen hatte. Der selbst definierte „C64 Metal“ (diese Bezeichnung trifft meiner Meinung nach nicht wirklich zu, sieht man mal von ein paar gut platzierten Samples ab) des schwedischen Haufens ist einfach knackig, jedoch schaffen es die Jungs auf „A View From The End Of The World“ nicht so richtig, ihn wie zuletzt in packende Hymnen zu stecken. Ein Großteil des Albums zieht in belanglosem Einheitsbrei am Hörer vorbei; die dynamischen Strukturen und langlebigen Ohrwürmer mit Killermelodien bleiben hier, sieht man mal von den beiden superben „Persona“ und „Nova Prospect“ ab, leider aus. Speziell die (vermutlich auch einfach zu lang geratene) zweite Hälfte des Albums will auch nach dem x-ten Durchlauf nicht zünden, was zumindest mich arg enttäuscht, denn auf „Overworld“ reihten Sänger Robert "Gaz" Stjärnström und seine Mitstreiter noch Hit an Hit. Richtig schwach ist das inzwischen fünfte Langspielgerät der Band zwar nicht, aber ich hätte nach den steilen Vorlagen der letzten Jahre doch eine ganze Schippe mehr erwartet. So bleibt die Hoffung, dass die Kurve auf dem nächsten Werk wieder mit Anlauf genommen wird.
VENEREA aus Schweden sind schon seit Anfang der 90er aktiv, und die langjährige Erfahrung hört man ihrem neuesten Album deutlich an. Auf „Lean Back In Anger“ wird nämlich 16 Songs lang nicht nur mächtig Druck gemacht, sondern auch noch eine Hymne nach der andere rausgehauen. Ihr melodischer Hardcore hat dabei aber nichts mit Pop-Punk zu tun, dafür ist der Sound zu dreckig, der Gesang zu rau, die Attitüde zu authentisch. Gerade letzteres zeichnet dieses Album besonders aus: Es könnte auch schon zwanzig Jahre alt sein, aber trotzdem klingt hier nichts aufgesetzt. Auch die kämpferischen Texte, die schon in den Titeln wie „Invitation To Action“, „Wake Up! Smell Napalm!“ oder „Kill Yourself Or Be Killed“ deutlich werden, gehen in diesem Kontext völlig in Ordnung. VENEREA sind immer noch wütend, und das spürt man an jeder Ecke. Wer auf die alten Scheiben ihrer Landsmänner MILLENCOLIN oder SATANIC SURFERS steht, sollte hier unbedingt mal reinhören.