MR. GIL heißt eigentlich Mirek Gil. Und er ist eigentlich auch mehr Gitarrist als Bandname. Trotzdem wird die Akustik-Rock Produktion „Light and Sound“ unter seinem Namen in einem Ensemble aus Gitarre, Keyboard, Bass etwas Drums und natürlich Vocals präsentiert.
Und richtig, akustisch bedeutet: Keine dicke Marshall-Endstufe sondern viel Ruhe, viele Akkorde und mehr ein Fluss aus Musik als ein Album mit seinen einzelnen Titel. Und das wirkt soweit auch wirklich harmonisch, entspannend und im Großen und Ganzen sehr stimmig. Die Stimme kommt dabei sehr klar und präzise (übrigens in zwei Songs auf Polnisch, spätestens hier wird es dann wirklich interessant), das Keyboard spielt oft und genauso wie die Gitarre eher begleitend und ohne viele Akzentuierungen.
Das hier der Mitgeh-Faktor fehlt und das man sich eine solche CD auch eher anhört wenn man in Ruhe mit einem Kaffee im Sessel sitzt anstatt in einem Berg aus Bierflaschen die Mähne zu schütteln versteht sich wohl von selbst. Etwas mehr als die halbe Stunde die das Album fasst durfte es daher aber auch nicht werden; zu groß die Gefahr in Monotonie und zu viel Entspannung abzudriften – danach kommt nämlich das Einschlafen. Da das nicht geschehen ist: Interessante CD für die ruhigeren Stunden!
Power Metal. Frankreich. Französisch. Ihr lest noch? Sehr gut! Denn trotz diesen für viele Leute wohl eher nicht gerade einladend wirkenden Wörtern (schließt mich übrigens mit ein) kann man MANIGANCEs „Récidive“ (was so viel wie „Rückfall“ meint) durchaus in die Sparte des soliden und erwachsenen Power Metal einordnen, auch wenn es hier wie so häufig im Genre nicht gerade vor Innovationen strotzt. Das merkt man insbesondere daran das die CD ganze fünfzehn Titel auf der Tracklist hat, allesamt nur rund fünf Minuten lang und allesamt auch recht ähnlich gehalten: Wirklich klassische Metal-Riffs, ein sich eher im Hintergrund bewegendes Drumset, einige Melodielinien und Soli; alles soweit nichts was sich großartig von soundmäßig nahe liegenden Bands wie HAMMERFALL oder auch SONATA ARCTICA unterscheiden würde. Einige Songs sind zwar stärker und imposanter als andere (insbesondere das Instrumental „Vertiges“ oder „Chant De Bataille“), im Großen und Ganzen jedoch eher wenig er Ohrwürmer.
Doch was hier die Musik auszeichnet sind die Vocals. Auch das ist bei Power Metal nichts neues, doch hier sind die eher dauerhaft in höherer Tonlage gehaltenen auf Französisch anstatt auf Englisch. Und das klingt, so ehrlich muss man einfach sein, kein Stück nach einem Heiratsantrag an einen Frosch sondern sehr harmonisch und ausdrucksstark und weiß mich persönlich durchaus zu überzeugen.
Und wäre dieser Faktor nicht könnte man sich eine hübsche CD mit netter Musik ins Regal stellen die aber wenig Eigencharakter besitzt. Da dem nicht so ist haben wir mit MANIGANCE eine Band die sich zwar auch teilweise instrumental, primär aber durch ihr französisches Markenzeichen zu behaupten weiß. Bon joué, MANIGANCE!
Satte anderthalb Dekaden ist es nun her, dass CHINA ihr letztes Album veröffentlichten- da mag man bei mancher Band schon ans Aus denken. Nicht so bei der schweizer Kombo, die auf eine mittlerweile über 25-jährige Bandgeschichte zurückblicken kann, denn jetzt sind CHINA mit neuem Material wieder da. Auf „Light Up The Dark“ wird gewohnt rockig zu Werke gegangen, dabei aber auch durchaus mal etwas experimentiert und Vielseitigkeit bewiesen, wie beispielsweise das gut gelaunt klingende „On My Way“ zeigt, das vor Country Rock- Flair nur so trieft. „Deadly Sweet“ rockt dreckig-rotzig, “Gates Of Heaven” dagegen ist eine sehr schöne, melodische Rockballade, die sich ordentlich nach BON JOVI anfühlt. An diese fühlt man sich auch beim eingängig-gradlinigen Midtempo-Rocker „Stay“ im positiven Sinne erinnert. Fazit: CHINA melden sich mit einem gelungenen Album zurück, an dem Melodic Hard Rock-Freunde ihre helle Freude haben dürften.
Nach mehrjähriger Pause melden sich BOY HITS CAR mit neuem Album im Gepäck aus dem sonnigen Kalifornien zurück. „Stealing Fire“ heißt das neue Baby und bietet eingängigen Heavy Alternative-Rock, den die Band selbst als „Lovecore“ bezeichnet und der in seinen gradlinigen Momenten an die Kollegen von PAPA ROACH erinnert (ein schönes Beispiel hierfür wäre das ebenso gelungene wie vorwärtstreibende „One Kiss Away“), stellenweise von der Gitarrenarbeit her aber auch ein Stück psychedelischer daherkommt (der eine oder andere Gitarrenpart von „Stealing Fire From The Sun“ ruft Erinnerungen an THE MISSION wach). Das ganze kracht ordentlich und macht Spaß, das Album klingt druckvoll und ist durchweg eingängig geraten. Highlight der Platte ist das melodisch-rockige „Dreams (Of Foreign Metabolic Circumstance)“ das mit seinem hymnischen Refrain sofort ins Ohr geht, Hänger bleiben erfreulicherweise komplett aus. Fazit: Daumen rauf und Ohren aufgesperrt!
Alter, Mike Muir! TAKE OFFENSE haben den perfekten Klon der SUICIDAL TENDENCIES-Ikone im Angebot, der sich stellenweise haargenau wie der Bandana-Man himself anhört („Walks Of Life“). Dessen Band ist auch musikalischer Einfluss bei den Kaliforniern gewesen, zusammen mit ANTHRAX, CRO-MAGS und New Yorker Hardcore der frühen 90er im Allgemeinen. Gerade heraus, ohne überflüssigen Schnickschnack halt. Die Songs eignen sich daher hervorragend zum Abschädeln und für Circle Pits, wobei die Band es schafft, die Songs frisch und abwechslungsreich zu halten, so dass „Tables Will Turn“ auch nach mehrmaligem Hören noch Spaß macht. Zusammen mit MUNICIPAL WASTE und einer alten MADBALL-Platte der Knaller auf jeder Mosh-Party. Feine Scheibe, die dank des coolen Sängers und den guten Songwritings erfrischend unverbraucht klingt und lange vorhält.
SIDEBURN ist eine schweizer Band, die schon nahezu 20 Jahre im Geschäft ist. Naja, was heißt Geschäft, zumindest veröffentlichen sie mit "Jail" ihr bis dato sechstes Studiowerk. Enthalten ist kerniger Rock`n`Roll aus der Schnittmenge von AC/DC, KROKUS und ROSE TATTOO. Die Stimme von Roland Pierrhumbert erinnert ein wenig an Angry Anderson und auch sonst dröhnt der Sound aus diese Richtung aus den Boxen. Die Songs stampfen und rollen mal langsam mal zügiger nach vorne. Stimmt so weit. Aber warum haben Bands wie z.B. AIRBOURNE den Durchbruch geschafft nach nur einem Album und SIDEBURN dümpeln Jahre lang im Niemandsland herum? Sicher, AIRBOURNE kommen aus Australien und haben einen jungen Bon Scott mit Gitarre als Sänger. Aber ist das der einzige Unterschied? Nein. Es fehlt der richtig Rotz, Dreck und Schweiß. Authentizität ist das Zauberwort, nur damit kann man bei dieser Rock`n`Roll-Nummer punkten. Die Bandmitglieder sehen ein wenig aus wie Einzelhandelskaufmänner, die auf Rocker machen. Sicher es kann nicht jeder von Kopf bis Fuß tätowiert sein, aber es fehlt mir einfach auch, oder vor allem der Schmutz und Dreck im Songwriting und Produktion. So wie bei ROSE TATTOO deren Alben förmlich den CD-Player und die Boxen verdrecken wenn man sie hört. Wer glaubt ROSE TATTOO nicht, dass sie "Rock`n´ Roll Outlaws" sind? Oder Bon Scott, wer zweifelt daran, dass er es mit "Rosi" getan hat? Ich nehme SIDEBURN einfach die Rock`n Roll Nummer nicht wirklich ab. Die Jungs atmen Ihren Rock`n`Roll durch schweizer Alpenluft,und das hört man irgendwie raus. Die Produktion ist zu klar und sauber, druckvoll ja, aber die Erde fehlt. Ich will nicht sagen, dass "Jail" nicht rockt, aber nicht so ansteckend und heiß wie die Originale. Also wenn ich die Wahl habe, dann greife ich lieber zu ROSE TATTOO und mache danach sauber.
MOTHER OF MERCY haben schon einige Veröffentlichungen auf den Buckel, „IV: Symptoms Of Existence” ist dabei ihr Bridge9-Debüt. Die Mitt-90er sind der Haupteinfluss im Sound der Band aus Pennsylvania, gepaart mit einer guten Kante Thrash Metal. RINGWORM oder die grandiosen ONLY LIVING WITNESS sind gute Anhaltspunkte dafür, wie die zehn Songs klingen. Ehrliches Handwerk quasi, schnörkellose, brutale Songs, die sowohl HC-Kids als auch dem Thrash Metal-Fan von nebenan gefallen werden („Swinging The Chain“). Die Produktion ist entsprechend rau, der Sänger mächtig angepisst und im negative Stimmung verbreiten, und die Gitarren immer beim Wechselspiel von Hardcore und Metal zu finden. MOTHER OF MERCY variieren das Tempo der Scheibe gekonnt („Drown“), ohne den nötigen Groove aus dem Fokus zu verlieren, so dass „IV: Symptoms Of Existence” durchweg gut im Ohr hängen bleibt und Live garantiert für anständig große Moshpits sorgen wird. Die Scheibe ist eine grundsolide Angelegenheit, mit der niemand was falsch machen kann, vorausgesetzt ein Faible für Mitt-90er-Hardcore ist da.
LEMURIA sind ein ungewöhnliches Signing für Bridge9, denn das Bostoner Label steht ja für Hardcore in allen Facetten, wovon LEMURIA aber weit entfernt sind: das Trio zelebriert auf „Pebble“ zerbrechlichen, ruhigen Pop, der sich bei Singer/ Songwriter-Sachen wie auch beim Indierock bedient („Wise People“). Die drei Musiker schaffen dabei das Kunstück, alle Beteiligten gleichberechtigt zum Zug kommen zu lassen, von den ruhigen Gitarren über den guten Drummer (und ebenfalls recht ruhig agierenden) Drummer bis zu der Dame und dem Herrn am Mikro, von denen Sheena aber sicherlich als Stimme der Band im Kopf bleiben wird. Die Trademarks der üblichen Bridge9-Bands sucht man hier dagegen vergebens, auch wenn sich LEMURIA textlich manchmal am HC orientieren; an vielen Stellen ist der lyrische Erguss aber relativ belangloser Teenie-Scheiß. Wie ist das Album am Ende? Wer mit poppiger Musik was anfangen kann, wird mit „Pebble“ gut bedient, auch wenn sich auf dem Album kein wirklicher Hit findet. Immerhin sind alle Songs Radio-tauglich und lassen sich locker nebenbei weghören. Icht unbedingt was für beinharte HC-Fans, aber für alle, die (wie die Bridge9-Macher) die Scheuklappen in Bezug auf Musik abgelegt haben.
QUINTESSENCE MYSTICA wurden im Sommer 2008 in Kharkov (Ukraine) gegründet. Die Band besteht dabei lediglich aus den beiden Musikern Dromos Aniliagos und Master Alafern. Letzterer trägt den Mastertitel wohl zu Recht, hat er doch bei dem Erstlingswerk namens "The 5th Harmonic Of Death" alle Instrumente eingespielt. Angeblich wurde das Material innerhalb von nur 2 Wochen nach Bandgründung geschrieben, was dann doch eine recht kurze Zeitspanne darstellt. Kann man da Qualität erwarten? Direkt der erste Track "Vector Space of Desires" bietet einem schnellen Blackmetal mit orchestraler Keyboarduntermalung wie man ihn z.B. von CRADLE OF FILTH gewohnt ist. Ein sehr dichtes Klangbild mit bedrohlichen Melodien und nähmaschinenartigem Schlagzeuggehämmer. Der zweite Track names "Triumpf of Cold Steel", der zur Eröffnung eines Gladiatorenkampfes gespielt werden könnte, ähnelt jedoch dem ersten Song je weiter man ihn laufen lässt. "Aspects of Contemplation Projected Onto The Eternity" lässt vom Titel abermals die Frage aufkommen, welchen Kram man geraucht hat, als man sich solche Titel ausdachte. Musikalisch geht es weiter im gleichen Stil. Eine etwas quälende Geigenmelodie im ersten Drittel des Songs und eine Keyboardpassage im Mittelteil sorgen für etwas Abwechslung. Um die Scheibe etwas aufzulockern, gibt es kurze "Interludes" wie "Entropy Of Sanity", "Metaphysics Of War" und "Memorial". Diese lassen trotzdem die Gleichartigkeit und Gesichtslosigkeit der "echten Songs" nicht entfallen. Positiv hervorheben will ich den letzten der 11 Tracks namens "Frankenwald Mystery", der gerade in der zweiten Hälfte durch seine Melodieführung und der Gesangspassage gegen Ende zu überzeugen weiß. Hier kommt für mich zum ersten Mal etwas wie Begeisterung auf. Zusammenfassend ist die Scheibe der Ukrainer ein Black Metal Album, das mir leider zu wenig Abwechslung bietet. Der Gesang steht stets im Hintergrund. Es dominieren Gitarren mit unterlegten Keyboardpassagen, die jedoch auf Dauer zu wenig Spirit haben, als dass mir die Musik ins Ohr gehen könnte. Angeblich ist das zweite Album für Anfang 2011 schon geplant, so dass man Abwarten muss, ob sich die Band weiter entwickelt. Derzeit nur für Fans der Musikrichtung zu empfehlen, die unbedingt vorher reinhören sollten.
Auf 15 Jahre Bandgeschichte blicken HERETIC aus den Niederlanden zurück. Grund genug, eine Scheibe wie "Praising Satan" zu veröffentlichen, auf der man eine Menge Wiederveröffentlichungen der ersten beiden Scheiben "Black Metal Holocaust" und "Devil Worshipper", Demos und Singles der Band wieder findet. HERETIC spielen einen ganz eigenwilligen diabolischen Rock´n´Roll, den sie selbst treffend als Black´n´Roll beschreiben. Manchmal frage ich mich, ob sich die Band selbst immer so ganz ernst nimmt oder die Stücke auch alle eine kleine Persiflage auf den Black Metal darstellen, was dann auch die Rückkehr zum simplen Punk und Rock´n´Roll irgendwie begründen könnte.
Trotz der Wiederveröffentlichung darf man an den Sound der Scheibe keine großen Ansprüche stellen. Das Material kommt arg "geschrubbelt", roh und direkt "aus der Garage aufgenommen" daher und unterstreicht damit sicherlich den Kultcharakter der Band. Zugegeben, die kurzen und simplen Punk und Rock´n´Roll Songs mit bösartigem Gesang haben ihren Charme. Für Fans sicherlich ein gefundenes Fressen. Alle anderen sollten unbedingt in das Werk zuerst hineinhören, denn Songs wie "Black Metal Overlords" (sehr empfehlenswert übrigens) oder "Angeldestruction" sind nicht nur vom Titel etwas skurril, sondern auch musikalisch eine ganz eigene Note. Der trashige Eindruck vermiest einem jedoch nicht den Spaß an den Songs, die wie eine wilde Mischung aus MOTORHEAD, TURBONEGRO, MISFITS und den SEX PISTOLS erscheinen.
Zusammenfassend will ich die Scheibe trotz der Kritik dennoch empfehlen. Selbst denen, die mit HERETIC nicht anfangen können, weil die Karriere der Band an einem vorbei lief, könnten an den Stücken ihr Gefallen finden. Daumen hoch.