HEARTSOUNDS haben 2010 ihr Debütalbum auf dem Punkrock-Label überhaupt veröffentlicht. Ok, fast. „Until We Surrender“ erschien nicht bei Fat Wreck, sondern bei Epitaph und war eine einzige Hommage an die Bands des Labels (und an die von Fat Mikes Label natürlich auch). Böse Zungen könnten jetzt behaupten, dass es nicht sonderlich schwer ist, melodischen, schnell Punkrock zu schreiben und HEARTSOUNDS deswegen ein gutes Jahr später schon ihr Zweitwerk fertig haben… „Drifter“ macht da weiter, wo das Debüt aufhörte. Die zwölf Songs tun niemandem weh, sind voll mit guter Laune und Wechselgesang zwischen Herr und Dame am Mikro, dabei so flott unterwegs, wie es im Genre eben sein muss. Originell ist das nicht, aber das ist auch nie der Anspruch der Band gewesen, die sich lieber auf das Schreiben eingängiger Punkrocknummern konzentriert hat. Das Ergebnis kann sich hören lassen, „Drifter“ macht durchweg Spaß und verbreitet das gute alte Westcoast-Punkrock-Feeling der 90er. Es ist also doch eine gewisse Herausforderung beim Schreiben einer guten Punkrockplatte vorhanden – eine Herausforderung, die HEARTSOUNDS gemeistert haben. „Drifter“ macht Spaß, trifft genau die Balance zwischen Punkrock und Pop und bringt die Sonne in die Bude.
SANKT OTTEN, das Duo mit dem ganz eigenen Humor, hat mit „Gottes Synthesizer“ ein neues Werk am Start, das sich am Sound der Beiträge zur Split mit MAJEURE orientiert. Spacige, oft Soundtrack-artige (als für SciFi-Filmen aus den 80ern) Klangkonstrukte, die mit Synthies und E-Drums aufwarten, dabei auf das Wesentliche reduziert werden und in mehr als 70 Minuten alle emotionalen Zustände ansprechen. Es gibt todtraurige Abschnitte, mal sanftmütige Einschübe („Fast neu ist auch gebraucht“) und viel mit einem Augenzwinkern versehene Songs. SANKT OTTEN sind nur was für Leute, die mit Sythies keine Probleme haben und sich auf teils sehr bizarre Songstrukturen einlassen können, aber wer das einmal gemacht hat, wird den Charme und die Versiertheit des Duos (sowohl im handwerklichen wie im Songschreiberischen Bereich) schnell zu schätzen wissen. „Gottes Synthesizer“ ist ein interessantes Klangexperiment, mit dem sich SANKT OTTEN gleichermaßen treu bleiben wie dezente Veränderungen in ihrem Sound zulassen, was ein einfach gelungenes, abgefahrenes Album ergibt.
Um THE QUILL wurde es nach dem letzten Album „In Triumph“ in 2006 erst mal richtig ruhig – nach Bassist Roger Nilsson (in 2005) verließ Sänger Magnus Ekwall 2007 die Band. Letzterer ist jetzt wieder zurück an Bord und THE QUILL mit einem neuem Album am Start. „Full Circle“ setzt dabei zwar weiterhin auf typische Stoner-Trademarks (wie es zum Beispiel auch die vergleichbaren SPIRITUAL BEGGARS tun, auch KYUSS gehören hier sicher zu den Urvätern), lassen aber auch dem Metal raum (MONSTER MAGNET, DEEP PURPLE und LED ZEPPELIN seien da mal genannt). THE QUILL lassen es in den besten Songs des Albums (das riffige „Sleeping With Your Enemy“, das eingängige „Black Star“, das fett-flotte „Medicine“ und der Rock’n’Roller „Bring It On“ – allesamt zu Beginn des Albums platziert) ordentlich krachen und können auch balladesk (die Halbballade „River Of My Childhood“ und das wunderschöne „No Easy Way Out“) überzeugen. Und natürlich lebt die Band auch vom herausragenden, alternativ angehauchten Gesang von Magnus Ekwall - ganz großes Kino was der drauf hat. Allerdings darf man auch nicht verschweigen, dass es vor allem die oben genannten Songs sind, die was reißen. Es kommt doch über die komplette Distanz etwas zu Ermüdungserscheinungen und „Full Circle“ kann so nicht vollends punkten. Aber mit „Full Circle“ als das Album zur Widerauferstehung sowie dem Überflieger „Hooray! It's A Deathtrip“ im Back-Katalog sollten sich THE QUILL damit wieder in eine gute Position für die Zukunft manövriert haben.
Seit ARCH ENEMY´s Angela Gossow, gibt es auch erfolgreiche female extrem Vocals; also ist das nicht ganz neu was STRAIGHT LINE STITCH hier bei ihrem dritten Album praktizieren. Alexis Brown ist für die starken Vocals der Amerikaner verantwortlich, welche zwischen Growls und Klargesang wechseln. Auch die Musik ist nicht neu. Wir hören ein mehr oder weniger gelungenen Mix aus klassischem Metal, Metalcore und New Metal. Vor allem Schlagzeug und Bass erinnern dabei unter anderen an die wuchtigen pumpende Rhythmik von SLIPKNOT. Der Songaufbau ist teils sehr hart, öffnet sich aber oft in einen hypermelodiösen Chorus. STONE SOURE oder auch SONIC SYNDICATE fallen mir hierbei ein. Dabei sind zwei, drei Nummern an Bord die gefallen, nur leider kann diese Art von hart/weich - Kontrast nicht auf Dauer überzeugen. Das Album beginnt auf Länge eher zu langweilen.
Das Ding ist ordentlich, druckvoll und modern von Johnny K. (DISTURBED, 3 DOORS DOWN) produziert. Daher gilt für alle die New Metal und/oder modernen Metal mit Groove und Metalcore Anleihen zu ihren Leibspeisen zählen - Sie sollten das Teil mal antesten.
Hinter OLD GHOSTS stecken Leute, die u.a. bei DEAD HEARTS aktiv waren, also keine völligen Anfänger mehr sind. Ihr auf der Band-Website kostenlos zu bekommendes „2011“-Album macht das vom ersten Track an eindrucksvoll klar, wenn „Invocation“ mächtig Druck und Spannung aufbaut, die im folgenden „Scapegoat“ in bester DEAD HEARTS-Manier entladen wird. OLD GHOSTS bedienen sich fröhlich in der eigenen Discography, mixen ordentlich RINGWORM und SICK OF IT ALL dazu und bekommen so ein mitreißendes, heftiges HC-Album raus, das neueren TERROR und TRAPPED UNDER ICE nicht nur musikalisch nahe, sondern bei der Qualität in nichts nachsteht. Die Kerle machen einfach alle richtig, halten die Songs kurz und knackig, setzen die Breaks im richtigen Moment, um Spannung aufbauen zu können, die sich wieder eruptiv entlädt. Verdammt geiles Album, mit dem OLD GHOSTS auf viel Gegenliebe stoßen werden, zumal sie einen Kontrast zum Modern-HC-Hype um TOUCHE AMORE/ LA DISPUTE/ DEFEATER setzen. Schönes Ding.
Die Reunion der beiden Cavelera-Brüder unter dem CAVELERA CONSPIRACY-Namen war bei Bekanntwerden das ganz große Ding, entsprechend euphorisch fielen die Kritiken zum Debütalbum aus (was nicht heißen soll, dass die Scheibe schlecht war). „Blunt Force Trauma“ muss den Beweis erbringen, dass die Caveleras plus Marc Rizzo an der Gitarre gekommen sind, um zu bleiben. Layout-technisch schon mal nicht, ad hat sich niemand ein Bein ausgerissen. Aber da auf dem Platz ist, was zählt, ist die Musik entscheidend. Da können die Cavaleras & Co. mit schnörkellosen Songs überzeugen, die zwar nicht Weltklasse sind, aber liefern, was sie versprechen: dreckigen Thrash Metal. Igors Drumming kann dabei ebenso Akzente setzen wie Rizzos Gitarrenarbeit (ohne ihn geht Max wohl nie wieder ein Album an), während Max’ Gesangssstil unverwechselbar bleiben wird, im Guten wie im Schlechten. Beter Song ist dann auch das von Roger Miret (AGNOSTIC FRONT) aufgewertete „Lynch Mob“, wohingegen Songs wie „Thrasher“ oder „Target“ zu vorhersehbar auf die SEPULTURA-Thrash-Schiene setzen. Dank der punkigen „I Speak Hate“ und den Brechern „Warlord“ und „Torture“ kann „Blunt Force Trauma“ aber trotzdem überzeugen; diese Nummern wiegen die drei, vier durchschnittlichen Songs locker auf. Für Thrash-Fans ebenso eine gute Investition wie für Cavalera-Sammler.
Bitte sich nicht gleich vom Cover erschrecken lassen – metal-inside.de hat weiterhin nichts mit Landeier-Country am Hut. Und auch wenn JOHNNY HILAND schwer nach vorgenanntem Musik-Stil aussieht – der Junge hat es drauf. Mit einer Krankheit namens Nystagmus auf die Welt gekommen ist der gute JOHNNY faktisch Blind – und trotzdem einer der besten Gitarristen Nordamerikas. Er verdiente in den 90ern seinen Unterhalt als Studiomusiker in Nashville und ergattert gar einen Vertrag bei Fender. Sein 2004 erschienenes Debüt wurde auf STEVE VAI’s Label veröffentlicht und HILAND durfte mit dem Rock-Gitarrengott auf Tour. Für sein neues, drittes Album „All Fired Up“ lieh VAI seinen Schlagzeuger und Bassisten an JOHNNY HILAND aus. Auf dem rein instrumentalen Album (außer den beiden Bonustracks) gibt es dann auch von Country (also doch, sorry) über Bluegrass bis zu Rock, Blues und Rock’n’Roll eine feine Bandbreite an gekonnten Gitarren-Spielereien – unheimlich flink und gefühlvoll zugleich - und vor allem mit dem von HILAND brillant gemeisterten „chicken‘ pickin“. Gleich die ersten beiden Songs („Barnyard Breakdown“, „All Fired Up“) servieren für Musiker – sicherlich auch die naheliegenste Zielgruppe – es rockt; auch wenn man im Nachgang den einen oder anderen Ausflug gen US-Volksmusik hört. JOHNNY HILAND ist gitarrentechnisch ein Virtuose – Bluegrass hin, Bluegrass her. Gitarrenfreaks mit Nerv für Könner verschiedenster Genres dürften aber mit „All Fired Up“ was anzufangen wissen.
Meine Güte, was für ein Album! Das hätte ich wirklich nicht gedacht, wurde doch der Vorgänger eher durchwachsen aufgenommen. Und schaut man auf das Cover, welches dem Debüt zum verwechseln ähnelt (genau so hässlich), erwartet man das schlimmste. Doch was SERPENTINE mit ihrem zweiten Longplayer da abbrennen, ist ein Hitfeuerwerk, das seines gleichen sucht.
Das britische Quintett, das vom aktuellen TNT-Sänger Tony Mills gefrontet wird, legt mit "Living And Dying In High Definition" ein AOR-Album auf den Markt, das sich mit Genre-Größen wie SURVIVOR, JOURNEY und natürlich TNT messen kann. Mit ihren von Keyboards und Gitarren gleichermaßen vorangetriebenen Rocknummern, umschiffen sie sicher jede Schnulz- oder Jammerklippe und treffen mit ihren Hooks zielgenau den Kern, sprich das Herz des AOR-Fans. Schon der schnelle, groovende Einstieg mit "I Deep Down" packt einen. Der melodiöse Refrain ist hochgradig ansteckend und bringt das Blut in Wallung. Aber können SERPENTINE die Qualität auf Albumlänge halten? Oh ja, sie können! Es folgen weitere Hochkaräter: "Where Do We Go From Here" mit langsamem Beginn, steigert sich der Track zum melodiösen Titelkern - oder "Best Days Of Your Lives", eine melancholische, traumhaft schöne Halbballade - oder "Heartbreak Town", ein groovender Rocker mit SURVIVOR-Flair und verdammt starkem Chorus, und, und, und ...
Wirkliche Ausfälle sind nicht zu finden. SERPENTINE`s Songs zünden und versetzen den Zuhörer in seliges Rockverzücken. Tony Mills Kopfstimme führt hochmelodiös und ohne Schwächen durch das Album, welches druckvoll und glasklar in Szene gesetzt/produziert worden ist. Freunde des melodischen Hardrocks und AOR-Fans können ohne Bedenken zugreifen - das Ding geht Euch in die Blutbahn, da gebe ich mein Wort drauf.
DEGRADEAD haben für ihr Drittwerk auf bewährtes Personal gesetzt, Jonas Kjellgrän und Daniel Bergstrand sollen wieder für einen knackigen Sound. „A World Destroyer“ hat den bekommen und kommt entsprechend gut aus den Boxen. Mit dem Vorgängeralbum hatten die Schweden zwar keinen Meilenstein im Melodic Death Metal abgeliefert, was angesichts der Konkurrenz und Historie in dem Genre nicht verwunderlich ist – sehr gut war „Out Of Body Experience“ allemal. „A World Destroyer“ führt das fort und hat mit dem brachialen „A False Hope“ und dem nicht weniger knackigen „Cold Blood“ sehr gute Nummern aufzuweisen, die den Vergleich mit den Göteborger Ikonen nicht zu scheuen brauchen. „The Final Judgment“ erweitert den Sound gar ein wenig, indem es Parallelen zu CARNAL FORGE aufweist, während „Human Nature“ oder das extrem melodische „Broken“ an ältere IN FLAMES erinnern. Handwerklich macht den Jungs ebenfalls keiner mehr was vor, hier sind gestandene Musiker am Werk, die sich spätestens mit diesem Album als Band wie auch als individuelle Musiker gefunden haben. Das Problem von „A World Destroyer“ ist, mehr noch als beim Vorgänger, das Fehlen einer wirklich eigenen Note. DEGRADEAD suchen sich das Beste aus dem erweiterten Göteborger Kreis heraus und schreiben damit gute Songs, lassen aber ein Alleinstellungsmerkmal vermissen – weder der Gesang noch die Gitarrenarbeit noch Details im Songaufbau lassen einen Song klar zu einem DEGRADEAD-Song werden. Stattdessen muss zweimal hingehört werden, um sicher zu gehen, dass hier gerade nicht IN FLAMES oder CARNAL FORGE im Player rotieren. Das ist ein Manko der Scheibe (wie bei vielen anderen Melodic Death Metal-Alben), aber nichts, was sich nicht aus der Welt schaffen lässt. Wer sich daran nicht stört, sondern wer auf der Suche nach einer melodischen Death Metal-Scheibe ist, kann hier bedenkenlos zugreifen.
Ursprünglich in Kalifornien beheimatet, mischt bei den 2002 gegründeten Black Metallern BATTLE DAGORATH unter Anderem auch Vinterriket von der gleichnamigen Band aus Baden-Württemberg mit, was schon leicht verwundert, aber einmal mehr das internationale Zusammenspiel der Szene demonstriert. Rein musikalisch geht es bei dem Trio sehr räudig und zutiefst undergroundig, jedoch kaum überzeugend zu. Die durchweg überlangen Songs (nach dem gut dreiminütigen Intro "Spirits Of Winter Darkness") ziehen sich wie Kaugummi, und mit dem knapp zwanzigminütigen "Ancient Spectre Of Oblivion" fügt sich ans Ende der Scheibe noch eine völlig unnötige Soundcollage, die nur aus Grunzlauten, irgendwelchen Blubbergeräuschen und sinnlosem Brummen besteht - super! Aber auch "normale" Stücke wie "Empire Of Imperial Shadows" (sehr origineller Titel...) oder "Kingdom Of Black Abyss" stellen keine Sternstunden des Black Metal dar, denn dafür sind sie trotz einiger atmosphärischer Abschnitte zu eintönig, vorhersehbar und schlichtweg langatmig, wobei sich Genre-Fans an dem stark verzerrten, rotzigen, minimalistischen Sound und dem aus dem Hintergrund wabernden Gekrächze wohl am Wenigsten stören werden. Somit ist "Ancient Wraith" nur eine Scheibe für die Allessammler unter den Schwarzmetall-Puristen.