Die Münchner Glam-Rocker von SHAMELESS tourten im Herbst 2002 durch England und zeichneten für die Nachwelt einige Mitschnitte dieser erfolgreichen Tour auf. Das Ergebnis liegt nun in Form eines "Super Hardcore Show" betitelten Live-Longplayers vor, der Querbeet durch die bisherige Schaffensperiode der Band führt. Der Livemitschnitt startet mit ""Steal The Girlz" und "Shock The World" (beides vom 2000er-Album "Queen 4 A Day") standesgemäß und mit starkem Erinnerungswert an selige Zeiten als Bands wie Twisted Sister, Ratt, Mötley Crüe, Poison und natürlich Kiss die Szene beherrschten. Bandleader/Songwriter Alexx Michael und Pretty Boy Floyd-Sänger Steve Summers laufen vor allem bei "What’s Going On" zu exzellenter Form auf. Hier tauchen mittendrin unvermittelt Versatzstücke anderer Hardrock-Klassiker auf, so wurde z.B. Mötley Crüe’s "Smokin’ In The Boys Room" mit reingezaubert. Mit dabei sind gegen Ende auch noch zwei Rockklassiker in SHAMELESS-Manier, nämlich "I Want You To Want Me" (welches durch die Live-Atmosphäre verflucht an die geniale Budokan–Aufnahme von Cheap Trick erinnert) und als Abschluss mit "Rock’n’Roll All Nite" noch eine musikalischer Verbeugung an die großen Vorbilder von Kiss. Die Liveatmosphäre kommt gut rüber, vor allem das immerwährende Kreischen der anwesenden "Girlz" - was man wohl durchaus auch als Hommage an die 80er verstehen darf. Dazu gesellen sich noch 3 neue Studioaufnahmen, welche dem Liveteil der Scheibe sozusagen den Rahmen geben und zusammen mit Gitarrist Keri Kelli (Ex-Ratt) und Drummer Mike Fasano (Warrant) eingespielt wurden. Der Opener von "Super Hardcore Show” macht ein fast Nu-Metal-mäßiges "Daydream Believer” (müsste im Original von den Monkees sein, wenn ich nicht irre) und das gelungene Stones-Cover "Start Me Up" - endlich kommt dieser geile Song mal mit ein bisschen Power aus den Boxen - Mick Jagger und Co. könnten sich da mal eine Scheibe abschneiden (na ja, vielleicht würde soviel Power auch das Stones-Publikum zu Tode erschrecken). Den Schluss bildet die mit gehörigem 80er-Flair versehene Ballade "She’s Not Comin’ Home". Wer mal wieder (oder zum ersten mal) bisschen den Duft des Los Angeles-Rock’n’Roll von Anfang der Achtziger schnuppern möchte, sollte bei SHAMELESS auf jeden Fall mal ein Ohr riskieren. Für den Sommer 2004 ist das neue Studio-Output von SHAMELESS anvisiert; Gerüchte besagen, dass da u.a. auch Eric Singer (Kiss, Alice Cooper) und Bruce Kulick (Kiss) für Unterstützung sorgen werden - sind mal gespannt.
Drehen wir die Uhr zurück. Es ist Anfang der Achtziger Jahre, die Jugend teilt sich langsam primär in zwei Lager - die Popper und die Punker. Wem das zuwider war, flüchtete sich in extremere oder experimentellere Gefilde, so auch Jürgen Engler, in dem zwar noch immer das Herz eines Punkers schlägt, der aber mehr oder weniger zeitgleich mit den Einstürzenden Neubauten einer Musikrichtung Leben einhauchte, die heute unter Industrial bekannt ist. Doch damals war man noch weit davon entfernt, mit massiver Distortion und stupiden Sampleorgien über fehlende eigene Kreativität hinwegzutäuschen. Und so wird auf "Stahlwerksynphonie" komplett auf handgemachte Musik gesetzt - im Gegensatz zu den damals bereits im Geschäft befindlichen Kraftwerk setzte man nämlich noch nicht auf Elektronik. Bei dem in zwei Versionen aufgenommenem, jeweils fast 15min langen Track werden die Rhythmen komplett von Hand in Form gehalten. Neben einem monotonem Schlagzeug verhilft vor allem der Sound von Stahl auf Stahl (den Engler später mit dem "Stahlophon" perfektionierte) zu einer authentische Fabrikstimmung. Der sich sehr langsam entwickelnde, sehr experimentelle Sound wird des weiteren von Gitarren, Bass, Bohrmaschinen und einem Saxophon getragen, Gesang ist bei diesem Track kein wirklich verständlicher zu vernehmen - aber das haben Symphonien nun mal so an sich. Mit minimalem Aufwand haben Engler und seine Mitstreiter soviel Atmosphäre eingefangen und einen erstaunlich vielschichtigen Song aufgenommen, der bemerkenswerter weise auch durch seine Jahren, die er auf dem Buckel hat, nichts an Avantgardismus eingebüßt hat. Wer nach der Definition von Industrial sucht kommt an diesem Song nicht vorbei - besonders delikat natürlich auf einer heimelig knackenden - natürlich längst vergriffenen - Schallplatte und nicht von CD. Neben "Stahlwerksymphonie" in drei Versionen, davon eine live, findet sich auf der 93 Re-Released noch der Song "Wahre Arbeit - Wahrer Lohn" in zwei Varianten, mit dem der Ausflug in die NDW beginnt und der eigentlich viel zu stumpfe und emotionslose Gesang auffällt, der das Bild der Krupps prägen wird.
Wohl eines der eigenwilligsten US Metal-Alben der 80er Jahre. Eigenwillig deswegen, weil sich die Band stilistisch von allen anderen Größen dieses Genres abgrenzte und mehr vom Rock’n’Roll, hauptsächlich von Motörhead (dessen "Ace Of Spades" man auf dieser Scheibe brillant gecovert hat) und teilweise wohl auch vom "Ur-Punk" der 70er beinflußt wurde. Episch oder pompös dröhnt hier gar nichts aus den Boxen, vielmehr werden die Songs regelrecht rausgerotzt, was bereits der arschgeile Opener "Screams From The Grave" belegt, dessen in Kopfstimme gebrüllter Refrain eindeutig auf John Cyriis zugeschnitten war, der die Band aber nach gleichnamigem Demo verließ. Auf "Vicious Attack" übernahm dann Steve Gaines die Vocals und klingt wie ein wildgewordener Rottweiler; melodisches Gesäusel sucht man hier also ebenfalls vergebens. Alle Songs bewegen sich auf dem gleichen hohen Niveau, wobei sich der Löwenanteil des Materials im schnelleren Midtempobereich bewegt, was der räudigen Aggression hörbar guttut. Balladesker Anteil? Gleich Null! Das Duo Caro/Oliverio haut die Riffs in Fließbandarbeit vom Faß, am Besten nachzuhören beim genialsten Song der Scheibe, dem göttlich nach vorne peitschenden Mörderbanger "The Living And The Dead". Hier trifft wirklich zu jeder Sekunde Kettensäge auf Schneidbrenner und unnötige Füller gibts keine, was die leider viel zu kurze Spielzeit von knapp 28 Minuten erklärt. "Vicious Attack" kann man wohl zu den härtesten (stilistisch traditionellen) Releases zählen, die je eine Schmiede jenseits des großen Teiches verlassen haben. Leider leider haben sich die Jungs nach nur einem weiteren, schwächeren Album ("The Only Safe Place") aufgelöst und man hat von den einzelnen Musikern nie wieder etwas vernommen. Neuerdings mehren sich jedoch die Gerüchte um eine geplante Reunion in Originalbesetzung; ein Comebackalbum sei angeblich auch schon in der Mache. Bleibt, wie immer, nur abzuwarten und Bier zu trinken. Solange sollten sich unsere Leser und die, die es werden sollen, mit diesem Masterpiece beglücken, das es seit 1999 endlich als offiziellen Re-Release von Combat-Classics über Century Media gibt!
Ja sicher, das sind Finntroll. Und ja sicher, ihre beiden letzten Werke waren Knaller vor dem Herrn. Und ja sicher muss man den Fans etwas zu spielen geben während sie auf das nächste Album warten. Was hat man also zu erwarten von dieser kreativen Band, die eine harte Zeit durchmacht nach dem Verlust ihres Gitarristen und Freundes Raimoranta, der auf dieser EP noch vertreten ist? Akustik pur! Und auch das steht den Mannen aus dem höchsten Norden wunderbar. Keine einzige Stromgitarre, keine knallharten Vocals und lediglich dezentes Drumming, nichts von heftigem Polka-Troll-Metal. Denn auch Trolle haben ruhige Stunden. Musikalisch gesehen sind viele der Tracks auch aller erste Sahne, einmal mehr beweisen sie ihr Geschick im Einfangen der nordischen Kälte und der legendären Trolle. Die Instrumentierung bedient die komplette Vielseitigkeit der folkigen Welt, von Gitarren bis hin zu Flöten, von betörenden Trommeln bis hin zu düsteren Bläsern. Nur leider ist die CD trotz ihrer kurzen Spielzeit zu langatmig geworden. Und so sehr man dazu geneigt ist, Genialität auch in diesen Passagen zu erkennen, so sind nüchtern betrachtet sicher 1/3 der CD belangloses Dahinplätschern mit Samples von Geräuschen aus der Natur, und wohl dem Leben eines Trolls, aber ab dem zweiten Hören langweilen zumindest mich dies Passagen. Songs wie "Försvinn Du Som Lyser" oder "Den Sista Runans Dans" zeigen aber auf ganz unterschiedliche Weise den Ausnahmecharakter der Band und genau davon will ich mehr. Ronja Räubertochter rockt zu genau der Musik. Versprochen.
Recht abwechslungsreich ist es ja geworden, das neue und laut Bandaussage auch letzte Album der Wuppertaler Combo UNCLE HO. Dieses "letzte Album" unterstreicht auch der bezeichnende Albumtitel "Everything Must Be Destroyed” und der soll uns mehr oder minder schonungslos auf das nahende, für Ende dieses Jahres terminierte Ableben der Band vorbereiten. An das 2000er-Alternative-Highlight "Show Them What You Are Made Of" kommen UNCLE HO erwartungsgemäß nicht heran. Übersongs Marke ”Homeycomb”, "Come On, Come Clean” und "I Don’t Care If You Like Me” (und der Rest konnte damals das Niveau auch locker halten) sucht man auf "Everything Must Be Destroyed” vergebens. Zwar sind mit dem eingängigen und rockenden Titelsong "Everything Must Be Destroyed”, dem darauf folgenden "Euphoria” (Alternative-Pop vom Feinsten) und dem fast 10-minütigen Hammer "Substance" schon einige Perlen enthalten, nach denen sich die Konkurrenz die Finger lecken würde, aber UNCLE HO müssen sich mit ihren Vorgängerscheiben messen lassen, und im Vergleich zu denen klingt auf "Everything Must Be Destroyed” vieles wie schon mal gehört - wenn auch auf hohem Niveau. Mit dem Smashing Pumpkins ähnlichen "Ready For Love” und dem harten Gitarrengewitter "There Are To Many Songs Already" hat man dann gegen Ende der Platte noch zwei weitere echte Hinhörer im Gepäck. Aber das anvisierte Ende der Band ist nicht die einzigste Hiobsbotschaft aus dem UNCLE HO-Lager. Die geplante Sommertournee findet trotz des kurzfristigen Ausstieges von Jens "Doc" Schmidt statt (das Thema Bandende hatten wir ja schon). Diese Aktion von Doc, welche eine Woche vor Veröffentlichung der neuen Scheibe stattfand wurde von Julian Hanebeck (Bass, Gesang) so kommentiert: "Ich wusste, dass Doc wahnsinnig ist, aber ich hätte nicht gedacht, dass er so wahnsinnig ist, wenige Tage vor dem Tourstart auszusteigen". Als Ersatz wurde Thorsten Sala, seines Zeichens Gitarrist von HEYDAY als dritter Mann angeheuert. Trotz alldem meine Bitte an UNCLE HO ihren selbstzerstörerischen Pfad zu verlassen und uns doch noch eine Weile erhalten zu bleiben. "Substance" hat ja auch "Everything Must Be Destroyed” bewiesen. Noch eine kleine Anmerkung: Auf der Promo fehlen leider die beiden Bonustracks: "Incommunicado" (Marillion-Cover) und "You Ain’t Seen Nothing Yet” (BTO-Cover) - auf die wäre ich echt gespannt gewesen; vielleicht bringen sie’s ja live.
Ahhhhhhhh!!!!! Das ist eine der verdammt besten Death Metal-Scheiben, die ich kenne! Ganz ohne nerviges Intro hauen Ill Fares The Land gleich beim Opener so richtig auf die Kacke und präsentieren uns ein Hochgeschwindigkeits-Death Metal-Brett. Um dann aber in Midtempo-Gefilde umzuschalten und den Hörer so vor der Gefahr des Erschlagenwerdens zu bewahren. So muß technisch anspruchsvoller, aber gleichzeitig eingängiger Death Metal sein! So und nicht anders. Hier stimmt einfach alles: abgefahrene Frickelparts stehen gleichberechtigt neben Moshparts. Da stimmt jedes Break, da sitzt jeder Tempowechsel. Jeder der Musiker ist an seinem Instrument fit und gerade die Gitarrenfront fährt ein Brett auf, das unglaublich ist. Da jagt ein Killerriff das nächste, um dann im nächsten Moment von einem technischen Part abgelöst zu werden, bei dem die meisten Gitarristen mit den Ohren schlackern. Die Produktion ist klar, knallt aber gleichzeitig ohne Ende. Paßt genau zur Platte, die muß man laut hören! Bands wie Cryptopsy, Meshuggah oder auch Death haben ihre Spuren bei Ill Fares The Land hinterlassen, aber die Belgier vermischen diese eher frickeligen Einflüsse mit genügend Old School-Einlüssen Marke Obituary & Co., um einfach nur genial zu klingen. Sie verlieren sich nie in technischen Spielereien, sondern kriegen immer genau im richtigen Moment die Kurve und wenn das Break noch so abgefahren scheint, es sitzt. Hört euch einfach mal "Ages Of Chaos" an und ihr wißt, was ich meine. Wer auf Death Metal steht, muß sich diese Scheibe zulegen. Geil, einfach nur geil!
Bei DRIFTLAND handelt es sich schlicht um das Soloprojekt des FURY IN THE SLAUGHTERHOUSE Gitarristen Thorsten Wingenfelder, durchaus verständlich, daß er sich einen etwas cooleren Namen als den eigenen für diese CD ausgesucht hat. Seine musikalische Herkunft kann und will der "Meister" trotz aller deutlich hörbaren, recht hohen eigenen Ansprüchen an seinen Sound, nie ganz verstecken, man hört die Fury’s immer wieder, mal stärker oder schwächer aber doch faktisch vorhanden, durch, insbesondere da er auch stimmlich seinem Bruder, der wiederum als Leadsänger bei den Schlachthausjüngern aktiv ist, auch nicht ganz unähnlich klingt. Doch jetzt genug der Querverbindungen und Parallelen - denn dieses Album verdient es völlig losgelöst bewertet zu werden, da es zum einen erstklassig produziert ist sowie eine ganze Reihe von hervorragender Songperlen enthält. Zur ungefähren stilistischen Orientierung kann gesagt werden, daß "Songs Of Love And Hope" sicherlich kein typisches Gitarristenalbum der Marke " .. schaut her, ich kann noch viel mehr und vor allem schneller" sondern hier begibt sich Wingefelder mit seinem sicherem Gespür für schöne Melodien und perfekte Arrangements mehr in die Songwriter Richtung, wenn auch nicht so hemdsärmeln wie BRUCE SPRINGSTEEN vielleicht, kommt dabei aber auch zum Glück ohne jeglichen Pathos oder weltschmerztriefenden Balladeschmalz aus. Geprägt sicher auch von den BEATLES man höre nur den grandiosen Schlußteil von "Song Of love And Hope" mit diesen opulenten "Hey Jude"-Ende. Größtenteils von Akustikgitarren geprägte manchmal leicht folkige Rock-Pop-Songs wie "Wrong Side of town" und die intensiven Balladen wie u.a. "Youth is wasted on the young" oder das atmosphärische mit einem Hauch "Every Breath You take"-Feeling ausgestattet "80´s Girl" mit diese fliender Gitarre. Wingenfelder schafft es relaxte Stimmungen zu schaffen ohne dabei angestrengt oder gar zu langweilen. Im Gegensatz zu vielen Alben seiner Stammband gibt es hier keinen einzigen Ausfall oder irgendwelches Füllmaterial sondern Songs auf hohem Niveau, nie zu abgehoben und deutlichst durch Rockmusik der 70er bzw. 80er Jahre geprägt. Es groovt, knistert und fuselt positiv an allen Ecken und Enden der 13 Tracks, die mit einer stellenweise leicht gedrückten Aura aber doch letztlich wohligen Melancholie versehen sind. Ach ja, so nebenbei bietet DRITFLAND dann noch mit "Gameshow" den besten FURY-Song seit Jahren. Aber dieses Album ist in seiner einfachen Komplexität sowie Eigenständigkeit (kein Widerspruch!) wunderbar gelungen und Wingenfelder zeigt sich als brilianter Songschreiber/Geschichtenerzähler und dies zeigt er nochmals bei dem letzten genialen Song mit der tollen Stimme von Christina Lux vorgetragene "All the Kings Horses" - so gleitet eine wunderbare CD gefühlvoll aus.
Wenn alte Kultbands, die jahrelang von der Bildfläche verschwunden waren und auf einmal wieder in Originalbesetzung auftauchen, weiß man nie, was dabei herauskommt. Die einen liefern absoluten Sperrmüll ab, andere können an alte Glanzzeiten anknüpfen und einige wie Nuclear Assault versuchen erst einmal, sich ganz vorsichtig mit einem Livealbum der aktuellen Gigs an die Fans "zurückzupirschen". Und so enthält diese Scheibe erwartungsgemäß einen kleinen, repräsentativen Querschnitt aus den alten Tagen der Band. Klein deswegen, weil hier mit 38 Minuten Spielzeit (plus einem Multimedia-Interview) nicht gerade "value for money" geboten wird, was aber verständlich ist, da man auf den "No Mercy"-Festivals nur als Support unter mehreren zugegen war und daher keine ausführlicheren Gigs spielen konnte. Fans der Band müssen hier ohne Umschweife zugreifen, da der Sound wirklich authentisch klingt und man nicht nur aufgrund heruntergerotzter Classix wie "Rise From The Ashes", "Brainwashed", "Sin", "Betrayal", dem Kultplatten-Titelsong "Game Over" und natürlich "Hang The Pope" unwillkürlich meint, die Band stehe im heimischen Wohnzimmer. Wer mit dem relativ hohen, sägenden Gekreische von Frontmann John Connelly noch nie was anfangen konnte, wird auch hier keine Änderung vorfinden. Am Ende bleibt ein tolles, ungekünsteltes, knarzendes Livealbum, das eine Band zeigt, die wirklich so klingt wie sie klingt und wo nix "herumovergedubt" wurde. Auch wenn man qualitativ nicht an das geniale "Another Lesson In Violence"-Livecomeback von Exodus (das hier als Vergleich absolut treffend sein dürfte) herankommt, so müssen Old School-Thrasher hier auf alle Fälle ein Ohr riskieren! Für eine generelle Kaufempfehlung reichts aufgrund der oben genannten Punkte leider nicht ganz.
Hey wiedermal eine neue Gitarrenrockband? Und aus Deutschland kommen sie auch noch? UNDERWATER CIRCUS nennt sich das Ganze und nach dem ersten Track, dem leicht angepunkten "Whole Again" dachte ich, ja klar, diese Jungs wollen in die derzeit in Mode gekommene Spaßkapellenschiene a la DONUTS & Co. mit aufspringen. Aber im weiteren Verlauf von "Under Pressure" dem Debüt der Wahl-Berliner um den MTV-Moderator Markus Schultze (der übrigends eine wirklich gute Stimme hat!), wird dann doch schlichter, eher amerikanisch geprägter Alternative-Rock mal mit fetten breitwandigen, grungigen Gitarren dann wieder eher minimalistisch mit eher schlichten Akkordvariationen geboten. Sicher die stets eingängigen Melodien stehen dabei immer im Vordergrund und Underwater Circus beherrschen ihre Instrumente, keine Frage aber irgendwie will mich die CD nicht so hundertprozentig überzeugen, es klingt mit stellenweise etwas zu sehr auf Nummer sicher produziert und nach alles schon irgendwie mal gehört, nur zwingender oder einfach erdiger. Aber bei aller gut gemeinter Kritik möchte ich dieser (Nachwuchs-) Band auch nicht zu doll ans Bein pinkeln, das währe nämlich ungerecht, der Sound wirkt dabei keineswegs zu stark gekünstelt oder die Songs zu sehr auf Nummer sicher konstruiert, wie bei vielen Veröffentlichungen in diesem Genre der letzten Wochen. Wenn überhaupt, dann muß man ein paar Füller (u.a. das zu seicht dudelnde "Waxing Moon") sowie das stellenweise aufkommende Gefühl der Belanglosigkeit unter den 12 Titeln von "Under Pressure" kritisieren, andererseits kommen dann wieder so tolle Tracks wie die mit einschmeichelndem Pathos versehene Powerballade "Michelle" oder die beiden letzten Songs des Albums mit der etwas britpopliken Austrahlung "Island In The Infinite Ocean" und " Inarielle" heraus, einfach gut gemacht - zukünftig mehr davon in dieser Richtung. Kann man sich daher alles recht gut anhören, es werden sich, auch dank des populären Frontmannes, sicher genügend Käufer finden, nur vom Originalitätsfaktor betrachtet, dürfen UNDERWATER CIRCUS ruhig noch einiges zulegen. Die Jungs müssen sich dabei schon mit den überdurchschnittlichen guten Alben der inländischen Konkurrenz aus dem letzten Jahr von HEYDAY oder SUIT YOURSELF messen lassen und um auf dieses Niveau zu kommen, fehlen schon noch ein paar Schritte. Beim Taubertal werden wir uns die Berliner auf jeden Fall dann mal livehaftig anschauen, mal sehen wie die Sache dann rüberkommt.
AMYRIS hört sich irgendwie griechisch/römisch an aber die Band stammt tatsächlich aus hessischen Breitengraden und stilistisch sind die Jungs eindeutig bei der progressiven Zunft anzusiedeln. Irgendwo zwischen Metal und Prog-Rock, ja teilweise gibt’s sogar mal leichte Neoprogeinschübe (besonders bei den Keys) zu hören, bewegt sich der breitgefächerte musikalische Horizont von AMYRIS auf "Desolate Messiah". Die Betonung liegt auch wegen der stellenweise recht düsteren Gitarrenarbeit stets auf der metallischen Seite, denn trotz aller Ausflüge bzw. Abschweifungen mit vielen Breaks und ruhigeren Passagen, die Band gibt dann immer wieder mal ordentlich Gas mit kraftvoll, kernigen Riffs. Momentan hat die Formation übrigends ein Sängerproblem, man ist derzeit nämlich auf der Suche nach einem neuen derselbigen. Der bisherige Vocalist Chris hat das Handtuch geschmissen (Interessenten bitte unter www.amyris.net melden!) aber, und sorry auch wenn’s vielleicht etwas hart klingt, trotz der sicher charismatischen Stimme, aber so dolle war er dann doch irgendwie nicht. Sicher er konnte schon ganz gut singen aber meiner bescheidenen Meinung nach, versuchte er, bei aller Abwechslung sich in zu vielen unterschiedlichen Stilen wie die etwas getrageneren Parts (zu pathetisch eindeutig), dann wieder mehr kehlig-grölend-grunzend, dann in schwindelnde Höhen abschweifend und schließlich ganz "normal" singend. Außerdem klang er dabei stellenweise ziemlich schief, bei so manchen Tönen lag der gute Mann doch arg daneben (z.B. "You Can’t Deny"). Musikalisch gibt’s da weit weniger auszusetzen, denn dieses selbst produzierte Debüt von AMYRIS (hießen vormals "Unio Mystica" wer die schon kannte) bietet durchaus einige sehr gefällige und vor allem tiefergehende Songs, beinahe schon kleine Epen (z.B. das vierzehnminütige monumental "Bright empire") von denen übrigends keiner unter sechs Minuten ausfällt - es wird sehr viel Wert darauf gelegt nicht in gängige Strukturen wie Strophe/Hook/Strophe/Solo zu verfallen. Ganz im Gegenteil, denn hier werden wie selbstverständlich innerhalb der Songs Tempi oder Sounds variiert mit vielen Breaks genauso wie überraschende Stimmungswechsel. Das Songwriting bewegt sich insgesamt auf einem guten Niveau, wobei ein richtiger Überhammer zu gehlen scheint trotzdem hat mir "Heads Of Concrete" mit seinem relativ schmissigen Refrain bei mir als stärkster Track hängen. Trotz aller progressiver Anklänge, was natürlich auch an den recht dominanten Tasten liegt, kann man Fans melodischen Metals "Desolate Messiah" durchaus auch ans Herz legen. Wegen des Sängers, der wie gesagt sicher nicht jedermann Sache sein dürfte, sollte man sich vorher schon auf eine ausführliche Hörprobe auf der Bandpage einlassen. Der absolute faire Preis von nur 9 € für diese CD muß darüber hinaus als absolutes Schnäppchen bezeichnet werden und dies bei über 65 Minuten Spielzeit.