Sie gehören zu den besten Metalbands unseres Planeten, liefern von Platte zu Platte Weltklassematerial ab und besitzen zu Lebzeiten bereits Legendenstatus. Und dieser Tradition bleiben sie mit dem neuen Album "Enemies Of Realiy" zu 100% treu. Lediglich bei der Produktion werden sich die Geister scheiden, denn hier macht die Band aus Gründen der oftmals üblichen "Sparmaßnahmen" einen kleinen Rückschritt. Verglichen mit dem letzten Meisterwerk "Dead Heart In A Dead World", für das ja Produzent Andy Sneap zuständig war, klingt das neue Album wie ein US-Underground-Release. Sehr grobschlächtig wirkt der Sound, sehr räudig und ungeschliffen, was für NEVERMORE schlicht und einfach nicht mehr zeitgemäß ist. Zudem ist der Sound der Band zu komplex, um ihm ein solch kurzes Hemd überzuziehen. Angeblich soll eine remasterte Endversion in den Handel kommen... lassen wir uns überraschen. Verglichen mit dem neuen Werk einer bekannten Bay-Area-Truppe ist der Sound aber Gold... und die Songs erst! Damit kann man die Kritik ad acta legen und sich den Stücken zuwenden, die, wie gewohnt, über jeden Zweifel erhaben sind. Der Opener und Titelsong ist ein göttlicher Emo-Thrash-Banger erster Kajüte mit unglaublich geilem Refrain, das nachfolgende "Ambivalent" ein Doublebase-Kracher mit gefühlvollen Gesangsparts und das geile "Never Purify" ein NEVERMORE-typischer Hit mit grandiosem Ohrwurm-Chorus. "Tomorrow Turned Into Yesterday" haut in die selbe Kerbe wie "The Heart Collector" vom letzten Album und ist die einzige Ballade das Albums, die hinter dem "Vorgänger" nicht zurücksteht. Danach sollte bei jedem Nevermore-Fan die Hose zu eng werden, denn "I, Voyager" ist ohne Zweifel einer des besten Songs der Jungs überhaupt; ein atmosphärisch dichter Banger mit Gänsehautfaktor Zehn. Besser gehts nicht! "Create The Infinite" ist wieder thrashiger und kurzgehalten, "Who Decides" eine Halbballade mit Dane-typischen "Psycho-Vocals", "Noumenon" hingegen hat einen leichten Kiffereinschlag, ebenfalls Psycho-Attitüde und "Seed Awakening" holzt zum guten Schluss nochmals brutaler und technischer durch die Botanik. Als Fazit fällt auf, dass die Band härtemäßig gegenüber dem Vorgänger noch ein paar Schippen draufgepackt, auch den Technikfaktor leicht erhöht hat und trotzdem dabei noch melodisch und jederzeit nach NEVERMORE klingt. Wer dagegen mit dem letzten Album nicht gerade viel anfangen konnte (falls es wirklich solche Zeitgenossen gibt), wird auch hier nicht sonderlich glücklich werden, da man doch mehrere Durchläufe benötigt, um alles zu erfassen. Die Jungs haben es wieder einmal geschafft, geniales Songwriting, Härte, Melodie und Moderne unter einen Hut zu bringen. Mehr kann man nicht erwarten! Und nun alle im Chor: "Guckt mal Metallica, so wird das gemacht, so wird das gemacht, so wird das gemacht..."
Alles andere als verschlafen sollte der Hörer sein, wenn er sich dieses Werk der Norddeutschen zu Gemüte führt. Was zeitweise durch schrägen Gesang und abgefahrene Songstrukturen eher an einer Kakophonie erinnert, denn an eine in sich geschlossene CD-Gesamtstruktur, das entwickelt sich bei genauem Hinhören. Kein Song verfügt über eine strenge Linie, vielmehr verbinden CITIES OF SLEEP auf der Death-Black-Metal-Basis jede Menge verschiedenster Ideen miteinander. Eingebettet in Intro und Outro finden sich haufenweise Stilbrüche. Nehmen wir "Hole Of Humilation", vielleicht DAS Highlight der Scheibe. Markerschütterndes Gekreische wechselt mit progressivem Gesang der Marke "Fates Warning meets Der Kaiser". Und auch musikalisch setzt dies Ding Zeichen: Flottes Double-Bass und eingängige Riffs msichen sich mit epischen Anteilen und überraschenden Breaks zu einem griffigen Ganzen. "…Of Torture" kommt dann teilweise gar nordisch-traditionell-blackig daher. Und "Lehr mich gehen" scheint eher death-thrashig inspiriert. "Life" bleibt gar akustisch - Abwechslung pur! Apropos: Die Texte sind sowohl deutsch als auch englisch und werden in vielerlei Höhen transportiert. Was für viele auch einen gehörigen Nachteil bedeuten könnte. Denn: Während die einen das als schräg, abgefahren oder eben disharmonisch schätzen, mag es anderen vielleicht ein wenig auf den Zeiger gehen. Auf jeden Fall gehört jede Menge Offenheit dazu, dieses ambitionierte Werk aus dem Hause "NeoKlasSick Productions" zu genießen. Oder, wie der Label-Name suggeriert, ein wenig Sickness. Also, nicht verschlafen sein. Frei nach dem Motto: "Heavy-Ohr, sei wachsam!"
"The Phantom Agony” ist das Debüt-Album von AFTER FOREVER - Mitglied Mark Jansen. Soviel zum Namedropping, obwohl ich sicher bin, dass die Wenigsten jemals schon von diesem Herren gehört haben. Hört man sich dann das neue Album an, hat man ganz spontan den Eindruck, dass das wohl auch so bleiben wird. Als Verstärkung hat sich der Herr 763 Gastmusiker herangeholt und verfügt nun über einen 312-stimmigen Chor und 451 Gastmusiker an klassischen Instrumenten. Ach so, ne Band ist ja auch noch da, also sind es nur noch 445 Gastmusiker. Hier scheinen wirklich viele Köche den Brei zu verderben, denn die Songs klingen allesamt komplett nichtssagend und sind mit Pomp nur so vollgepropft. Dazu gibts neben den hach so gepriesenen Grunts des Herrn Jansen (der mal Nachhilfe bei Mr. Barnes nehmen sollte - unerträglich!) auch noch eine echte Operndiva zu belauschen, die allerdings noch grauenvoller jodelt als Heulboje Tarja. Das Songwriting, hauptsächlich im Midtempo-Bereich angesiedelt, ist komplett kalter Kaffee, da man erstens froh ist, wenn man das Gejaule überstanden hat und sich keiner der Songs festsetzt. Es fehlt an Ideen, Dynamik und Klasse. Dass so etwas funktionieren kann, haben zum Beispiel THERION schon vor Jahren gezeigt. Die Produktion liefert dann endgültig den Fangschuss, denn ein solches Soundvolumen darf man einfach nicht so dumpf und dröge auffahren wie hier. Selbst die eingeschworene Klassik-meets-Metal-Gemeinde sollte hier genau reinhören, bevor sie dieses Kleinod des musikalischen Durchschnitts käuflich erwirbt. Langeweile pur!
Nach 20 Jahren und einem guten Dutzend Studioalben kann es sich eine Band ruhigen Gewissens erlauben, mal eine Liveplatte auf die Bangerschaft loszulassen. Und da KREATOR über den ganzen Globus hinweg bekannt und als sehr guter Bühnenact gefürchtet sind, eine ganze Schubkarre voller Klassiker im Gepäck haben und zu den Pionieren der Thrashszene gerechnet werden, gibt es vorab schon mal absolut keinen Grund zum Meckern. Natürlich wird bei diesen Rahmenbedingungen auch das volle Programm geboten: es reicht von neueren Smashern wie "Violent Revolution", "Reconquering The Throne", "Phobia", "Second Awakening", "Black Sunrise", "Leave This World Behind" oder "Servant in Heaven - King In Hell" bis hin zu bärtigen Knüppelorgien der Marke "Pleasure To Kill", "Renewal", "Terrible Certainty", "Golden Age" und natürlich "Flag Of Hate". Aus jeder der zahlreichen (zum Teil auch experimentellen) Phasen der Band ist für den Hörer etwas dabei. Aber wie tut das Ding reinballern? Es tut verdammig gut reinballern! Zwar wurde hier von Andy Sneap an Schneidetisch und Mixer die eine oder andere Schönheitskorrektur vorgenommen, aber die Chose klingt absolut authentisch und man fühlt sich jederzeit mittendrin statt nur dabei. Und genau das macht ein gutes Livealbum aus. Punkt. Jedenfalls ist dies hier nicht KREATORs "Unleashed In The World" (die Stationen der Tour reichen von Korea über Europa bis nach Wacken), sondern der nachdrückliche Beweis für die Tatsache, dass bei dieser Band das Feuer noch mächtig lodert und viele alte Kracher mächtiger knallen als auf den Alben. Zeitgleich erschienen ist ebenso eine DVD mit zwar fünf Songs weniger, dafür aber mit massig Bonusmaterial (siehe Review von Kollege lk), wobei man selbst als Die Hard-Fan meiner Meinung nach nicht unbedingt beide Exemplare haben muss. Auf dieser Doppel-CD ist ein kleiner Ausschnitt des visuellen Erlebnisses enthalten, so dass diesbezüglich jeder selbst die Wahl hat. Doppelt runde Sache!
Eine sehr ungewöhnliche Platte kommt da aus unserem westlichen Nachbarland ins Haus geflattert. Ich brauchte so einige Durchgänge, bis ich die Klasse der Franzosen erkannt hatte. Furia verbinden ein Black Metal-Grundgerüst mit Orchesterklängen, Frauengesang und elektronischen Einflüssen. Das Ganze klingt wie eine wilde Mischung aus Therion, alten Covenant (zu Zeiten von "Nexus Polaris") und Summoning. Die Mucke ist bombastisch, abwechslungsreich und wartet andauernd mit neuen Ideen auf. So gibt es an alte Venom erinnernde Passagen neben Cradle Of Filth-beeinflußten Parts, wie beim zehnten Song, was hauptsächlich am Sänger und dem weiblichen Counterpart liegt; beide klingen, als wären sie direkt vom "Dusk And Her Embrace"-Album der Briten entsprungen. Daneben gibt es dann wieder mal obskure Technoversatzstücke, die in ein Black Metal-Gewitter übergehen und orchestrale Einschübe, die Furia in Therion zu "Theli"-Zeiten rücken. Die beiden männlichen Sänger geben sich alle Mühe, abwechslungsreich zu klingen, was ihnen ziemlich gut gelingt, auch wenn ihre Stimmleistung insgesamt nichts neues ist. Black Metal-Gekreische und Cradle-artige halb-Sprechgesänge sind halt nix wirklich neues. Aber gut gemacht. Ebenso die Gitarrenarbeit, die wirklich außergewöhnlich ist und so manches Mal einen Song rettet. Furia haben auf der Platte eine intensive Spielart des Metals geschaffen, die vom Hörer so einiges an Zeit und Aufgeschlossenheit verlangt, ihn dann aber mit einer abwechslungsreichen, wenn auch nicht immer originellen, Platte belohnt.
Ach ja, früher. Als Black Metal noch nicht in Form von tausend gesichtlosen Klonen den Markt überschwemmte und man bei Marduk-Konzerten nicht von fünfzehnjährigen Kids ob seines roten At The Gates-Shirts böse angeguckt wurde.... Blodsrit fühlen sich dieser Zeit verbunden und wollen den rohen, ursprünglichen Black Metal zu neuem Leben führen. Black Metal, wie er von Darkthrone, Gorgoroth und Carpathian Forest gescahffen wurde. Nach einigen Durchgängen von "Ocularis Infernum" kann ich sagen: ist ihnen gelungen, Blodsrit klingen so retro, daß es fast schon weh tut. Bei der Band stimmt einfach alles: unleserliches Logo, Corpsepaint, evil Promofotos, eine dünne Produktion. Leider haben sie keine großatigen neuen Ideen und klingen halt recht bekannt. Standardriffs treffen auf gesichtslosen Kreischgesang, tausendmal gehörte Blastparts auf halbwegs gelungene Mid-Tempo-Passagen. Blodsrit sind nix neues, klingen einfach nur retro, roh und unbarmherzig. Wer sich die Platte kauft, erwartet aber auch nichts anderes.
DEADSOUL TRIBE ist die Formation eines Mannes namens Devon Graves welcher früher unter dem Künstlernamen Buddy Lackey am Mikro der Prog-Metal-Kultband Psychotic Waltz am Werke war. Wer sich jetzt Hoffnung macht, dass Mr. Graves alias Mr. Lackey wieder an die damaligen Meisterwerke anknüpft, der tut dies sicherlich zurecht. Mit "A Murder Of Crows" bringt Devon Graves doch tatsächlich das Kunststück fertig nach dem hochgepriesenen letztjährigem Debüt zwölf neue Songs auf die hungrige Gemeinde loszulassen, welche einerseits etwas mehr zur Sache gehen (ohne dabei gleich einfach nur auf hart zu machen) und zugleich weitaus progressiver durch die Lauscher schallen. Graves poetischen Texte werden in musikalische Kompositionen umgesetzt, die mit solch nahezu außerirdischen Gesangslinien und Melodien versehen sind, dass es einem ständig Schauer über den Rücken jagt. Der ständige Wechsel zwischen balladesken und akustischen Passagen mit harten Riffs und einem ordentlichen Drumsound erinnert zu weil etwas an die ganz großen Momente von Tool, bleiben aber auf Grund der unvergleichlichen Stimme Devon’s, welche zugleich Aggressivität wie Melancholie transportiert, eindeutig DEADSOUL TRIBE. Darüber hinaus gibt sich auch wieder im verstärktem Maße Flöten-Parts, welch die Keyboards zwar nicht ersetzen, aber sie doch immer wieder dezent in den Hintergrund verbannen. Bestes Beispiel hierfür ist das epische "Black Smoke And Mirrors". Hier geht das im Mittelteil sogar soweit, dass man eine gewisse Analogie zu Jethro Tull nicht nur über das Querflötenspiel heraus hört, sondern dass der gleichzeitige Einsatz von Piano einen förmlich in einer in das Jahr 2003 transportierte 70er-Nostalgie ertrinken lässt. DEADSOUL TRIBE generieren auf "A Murder Of Crows" einen Sound mit einer nahezu zeitlosen Atmosphäre. Also kniet nieder und preiset den Herrn (oder so was in die Richtung). Und zum "preisen" sollte man noch unbedingt eines der Highlights des Jahres 2003 in den CD-Schacht schieben - "A Murder Of Crows" gehört da ohne Zweifel dazu.
Ihr letzter Streich anno 2001 hieß, schon fast prophetisch, "They Will Return". Und siehe da, sie sind wieder da, die Finnen. Leider klingen sie immer noch wie eine 1:1-Kopie ihrer erfolgreichen Landsleute Children Of Bodom: Death Metal mit Power Metal-Gitarren und einem leichten Black-Einschlag im Gesang. Dazu noch ein alles überkleisterndes Keyboard, das sich oft Duelle mit dem Solos liebenden Leadgitarristen liefert. An ihren Instrumenten sind die Jungs ziemlich fit, daß will ich ihnen nicht absprechen, aber sie liefern null eigene Ideen, nixe, nada. Jeder ihrer Songs klingt dermaßen nach Children Of Bodom, daß man in einem Blindtest nie wüßte, welche der beiden Bands gerade spielt. Die Jungs versuchen zwar, sich ein wenig aus dem Schatten ihrer Kopiervorlage zu lösen, z.B. mit dem dezenten Einsatz Borknagar-ähnlicher Gesangspassagen oder das sehr gelungene Break in "Tordah", aber zu 98% der Zeit sind sie einfach eine schamlose CoB-Kopie. Unterm Strich bleibt eine handwerklich erstklassige Truppe ohne eigenen Charme. Aber mit genug Werbung wird sich die Scheibe bei CoB-Anhängern schon verkaufen...
Vierte Scheibe nach vierjähriger Pause: Kult bleibt Kult. Diese Band passt zum Label Merciless wie die Faust ins Auge. Denn wie gnadenlos die Chicago-Gang aus den Achtziger abkupfert, das ist die wahre Pracht. Sie zitieren Celtic Frost, Venom und Erstlings-Slayer perfekt, machen diesbezüglich auch beim Sound keine Abstriche und gestalten sogar das Cover wie weiland mit dem Schwarz-Weiß-Kopierer (ok, es ist auf "Hochglanzpapier"). Und der Name der CD regelt jawohl so was von Splitter innen Kopp wie es old-schooliger nicht mehr geht. Die Songs gehen sofort ins Ohr, sind geradeaus, kurz (12 Songs in 34 Minuten) und metallisieren as hell. Einziges Manko der Mucke: Die hypergenialen "UUUUUHHHHs" der Marke "frostiger Kelte" namens Tom G. Warrior fehlen. Egal. Was mich aber wirklich ein wenig stört: Die Texte mögen zwar durchgehend bekloppt sein, wofür der Titelsong als exorbitant dienliches Beispiel steht. Bekloppt, aber lustig und mit Augenzwinkern. Andere Songs hingegen verstehe ich nicht unter dem Banner: "Lustigkeit kennt keine Grenzen". Beispiel? Hier gehen wir: ""I drinke and drive but I always survive, I leave the consequence for someone else.” Nun ja… Ansonsten versprüht der Wortwitz der Herren eher Todessehnsucht, Freude an käuflicher Liebe, Saufen, den "wahren Metal-Fight fighten" und so weiter. Textlich bin ich vielleicht doch erwachensener geworden, musikalisch zeitweilig auf dem Stand der Achtziger stehen geblieben. Zumindest Letzteres macht nix. Gar nix. Danke für eine herrliche Scheibe. Trotz einiger Texte.