Ja sind wir denn hier an der amerikanischen Ostküste? Nein, in Holland, und Holland hat so viel mehr zu bieten als Death Metal (größtenteils R.I.P.) und Trällerelsenbands. Auf "Introducing..." haben sich 9 Bands aus dem Hardcore-Untergrund unserer Nachbarlandes zusammengeschlossen, und Hardcore ist eher eine vergangene Gemeinsamkeit: Vor zehn Jahren begann in Holland "Smalltown Hardcore" als gemeinsame Bewegung, und es ist spannend, was sich aus den alten oder neuen Bands "von damals" entwickelt hat: TROUBLELOVESUS sind inzwischen Mathcore-kompatibel frickelig, KILL CARESS geben voll auf die zwölf und machen fast oldschooligen Hardcore mit einem heiseren Krächzer am Mikro. Die DEAD RIVERS könnten sofort zu Relapse gesignt werden: Doomige Schwere mischt sich mit tödlichen Grunts und Frickeleien im Milli-Sekundentakt, für Metal-Core ist das hier zu psycho. Weird! TRANSMISSION0 haben Ohrwurmhooks, Achtziger-Appeal, und definitiv zu viel SWANS gehört, wenn man das überhaupt kann. Mir genügen deren Tracks schon für die Wertung als Tipp - der Hardcore-Fraktion ist es unter Umständen zu lau. STOCKHOLM SYNDROME sind ebenso intensiv, und genauso ohrenschmeichlerisch, vielleicht mit MOTHER TONGUE zu vergleichen - und genauso plötzlich in ihren Ausbrüchen. Eine ganz andere Fraktion bedient CRAVEN SCREAMING: Wär ich gemein, würd ich jetzt Emocore sagen. Sag ich auch. HEARTFELT sind wieder 100% Hardcore, FRANKY AND THE WONDERBOYS wären es auch, wenn ihr Gitarrist nicht so viel Humor in seine Licks packen würde. Schrammelig und witzig. Fehlt noch ...AND MARTIN ON DRUMS, und vor dessen Track heiliger Melancholie versagen meine Kategorien. Dieser Blick über den Rhein kostet 5 EUR plus Porto und ist bei allen beteiligten Bands zu bekommen, oder direkt beim Mitorganisator, dave@transmission0.com
Der Totmacher isses, den Götz George da am Anfang spricht, ein Massenmörder aus dem beschaulichen Niedersachsen der 20er Jahre. Als Totmacher könnte man die Scheibe der jenensisch-hanseatischen Kapelle TORN TO PIECES auch bezeichnen. Ein Totmacher der alten Schule. Wummernder Bass, groovende Songs mit kleinen technischen Finessen und untergroundigem aber niemals schlechtem Sound. So war Death Metal, so kann und sollte Death Metal heute noch sein. Das Tempo ist grundsätzlich mittig, wird aber auch mal flott oder bleibt ganz stehen - in Birne und Bauch zimmert es aber fast immer. Aufgelockert wird die im Grunde eigenproduzierte Scheibe durch immer wieder auftauchende Filmsamples, die thematisch in den Texten aufgegriffen werden. Es geht also um Tod, um weibliche Geschlechtsteile, Zombies und all das, was das Klischee im Death Metal hergibt. Nicht selten, aber schön. Zitieren mögen TTP Six Feet Under, Carcass und sonstwen, sie verknüpfen US-Death mit den europäischen Einflüssen und finden so ihren eigenen Weg. Der wird zwar von vielen anderen beschritten, aber TTP machen es absolut korrekt - mit der richtigen Mischung aus Augenzwinkern und Ernsthaftigkeit. Echte Death-Metal-Fans müssen hier reinhören. Und es ist auch nicht ganz so schlimm, wenn man den Hidden-Track (ja ich hasse versteckte Songs von vornherein) verpaßt. Eine Semi-Ballade mit teilweise cleanem "Gesang" - der nicht unbedingt nach vorne losgeht. Aber das, das mag die einzige schlechte Nachricht sein. In diesem Sinne: Fritze Haarmann zerlegte 22 Opfer - TTP hoffentlich noch viel mehr Ohrenpaare.
RED HARVEST, vielleicht die am meisten unterschätzte Band der Welt. Lrz, TurboNatas, Ofu Kahn, Thomas B. und E_Wroldsen klingen, als wollten sie das Dahinscheiden unseres Erdballs beschleunigen. Sie lassen sie ein absolut mörderisches Gehschoss los - das mit einem unglaublich intensivem "Anatomy Of The Unknown" perfekt beginnt. Wenn es jemandem schlecht geht, dann macht er solche Musik, den Soundtrack zum Untergang. Mit der Mischung aus extremen Death- und Black-Elementen, die auf noisige Industrial-Versatzstücke trifft, kreieren die Norweger eine wirklich zerstörerische Atmosphäre, die ihresgleichen sucht. Fans vergöttern RED HARVEST, andere lehnen sie komplett ab. Natürlich rockt ein Song wie "Abstract Morality Junction" mit seinem Sound-Gesample kaum, aber in der Gesamtheit oder im Wechselspiel der mit RH-Fegern wie "Mekanizm" bilden sie die Voraussetzung für ein absolut destruktives Werk. Wenn es eine Band gibt, die Einflüsse des Industrials überzeugend in den Extrem-Metal-Bereich einbindet, dann ist es diese hier. Ministry hin, THE AMENTA oder SETH her. RED HARVEST ist die unglaublichste Band dieses Planeten und eine der besten dazu - hoffentlich bleibt sie es, solange es den noch gibt.
"Call The Rain" - als ob das nötig wäre - in Hamburg tränt der Himmel - und mir die Ohren - im übertragenen Sinne. Die tschechische Band AGONY bezeichnet ihre Musik als Doom. Nun, das trifft eher der Bandname zu. Selbst, wenn der geneigte Hörer nicht vor lauter Qualen schreibt, so ist diese Scheibe alles andere als ein Vergnügen - und eben kein Doom, sondern eine Verquickung von allem möglichen. Der Gesang (abwechslend clean, grunzig, weiblich oder männlich) streift Heavy Metal, den gothischen Kram, Thrash- und Death- oder sogar Power-Metal. Aber nie und nimmer erreicht dieses ding doomige Gefilde. Hier wird all das verbraten, was es so auf dem Markt gibt - und es hat ja tatsächlich alles seine schönen Seiten. Nur zusammen paßt das eben alles nicht, zumal auch der Sound mäßig und die Kompositionen ein wenig wirr klingen. Positiv: Der Hörer entdeckt immer mal wieder einen gelungenen Part. Was aber negativ meint, dass nicht ein Song konsequent überzeugt. Fazit: Eine Scheibe, so traurig wie das Wetter an einem gehassten Montag. Aber vielleicht wird die bereits in Arbeit befindliche neue Scheibe besser - das Wetter wird es ja schließlich auch.
FALL OF SERENITY haben sich seit ihrer 2001er Scheibe "Grey Man’s Requiem" ein wenig rar gemacht, da war ich umso überraschter, als ich das neue Album "Royal Killing" dieser Tage bekam. Ihre Split mit HEAVEN SHALL BURN fliegt bei mir hier auch irgendwo rum, ist mittlerweile sechs Jahre her… Kinder, wie die Zeit vergeht. Anno 2004 präsentieren FALL OF SERENITY sich als gereifte Death Metal-Band, der man die Vorliebe für alten Schwedensound Marke AT THE GATES oder UNANIMATED anhört. Die Songs sind sehr Ohrschmeichelnd und glänzen vor allem im zweistimmigen Gitarrenbereich mit 1A-Melodien, die manche Schwedenband aus der Zeit nicht hätte besser machen können. Hin und wieder werden zwar auch melodische Parts ("Lost Horizon") eingestreut, aber meistens rocken FALL OF SERENITY einfach los und unterlegen ihren Sound mit einem vernünftigem Drum-Teppich. Die Jungs haben die Zeit seit der letzten Scheibe genutzt und sich zu fähigen Muckern entwickelt und sehr gute Death Metal-Nummern geschrieben (unter den zehn Tracks befindet sich kein einziger Ausfall, das will schon was heißen), so dass "Royal Killing" für jeden Schwedenfreund gutes Futter ist - auf eine neue UNANIMATED-Scheibe braucht man ja eh nicht mehr zu hoffen…
Die Nummer 13 der Sampler-Reihe des FinestNoise Mailorder-Service vereint wieder einmal jede Menge Tracks, die sämtliche Spielarten alternativer Gitarren-Musik abdecken dürften, von Pop über Rock, bis hin zu Metal und Noise. Nicht alle Stücke hauen einen wirklich um, viele mittelmäßige sind dabei, einige wirklich gute, aber leider auch ein paar absolut überflüssige. Das alternative-poppige "Wind" von KALIBER z. B. erinnert besonders aufgrund des Gesangs und der peinlichen pseudo-poetischen Lyrics irgendwie an PUR und "Hard Road" von GROUND EARTH geht überhaupt gar nicht: Hier bekommt man unerträglich billigen 80er Pop geboten, inklusive Achtel-Bass und Plastik-Klavier. Eigentlich eine Lachnummer, aber die Jungs scheinen es tatsächlich ernst damit zu meinen. Aber - wie gesagt - auf der CD befinden sich auch diverse Höhepunkte. "Wasted" von NOVOKAIN beispielsweise ist ein gutes New-Rock-Stück mit harten Gitarren und schönen Harmonien. Dann wären da auch noch SICK NATURE zu nennen, die mit "Without You" einen klassischen, graden Rock-Song abliefern, der nicht nur gut groovt, sondern auch direkt ins Ohr geht. Nicht unerwähnt bleiben sollte auch "Vampires" von WELD: Eine großartige Schnulze, herrlich düster und schwermütig, und bewusst überzogen - die Band lässt sich geradezu in die schwülstigen Harmonien hinein fallen. Insgesamt dürfte auf der Compilation für jeden Geschmack etwas dabei sein, und bei einem Kaufpreis von 5,- Euro für eine randvolle CD (zu beziehen über www.finestnoise.de) kann ja nun wohl wirklich niemand meckern...
Soso, laut eigener Aussage auf ihrer Homepage seien SLAVE TO MISERY von PANTERA und MEGADETH inspiriert. Die "Rust In Peace" - Phase des roten Dave kann man mit viel Wohlwollen noch heraushören, aber mir hat sich sofort beim ersten Anhören der CD "Technical Paradise" ein ganz anderer Vergleich aufdrängt: KREATOR!!! Nicht nur die Songs, auch der trockene Sound auf "Technical Paradise" klingen original wie das Album "Renewal" der deutschen Thrash - Kings. Gelegentlich sind Ausflüge ins METALLICA - Lager zu vernehmen ("Philosophy") und manche Gitarrenmelodien erinnern an Schwedentod - Bands wie IN FLAMES. Das Geile daran aber ist: die Sache macht richtig Spaß! Das sehr technische Geknüppel geizt nicht mit kernigen Riffs und groovt unbeherzt durch die Wildbahn. Lediglich im Songwriting - Bereich gibt es noch Spielraum für Verbesserungen, da die Songs zwar alle einen gewissen Wiedererkennungswert besitzen, der letzte Funke aber nicht ganz überspringen will. Oftmals erscheinen die Songs, nicht zuletzt durch die zahlreichen Breaks, etwas wirr und schwer nachvollziehbar. Als Anspieltipps kann man "Stop To Burn", das speedige "I Don’t Like Your Way" und "One More Chance" nennen, die meiner Ansicht nach stärksten drei Songs der Scheibe. Zwar mag der Stil der Band (bewusst?) zusammengeklaut sein, aber in Zeiten, in denen Bands wie WARHAMMER Vorbildern wie HELLHAMMER 1:1 nacheifern dürfen, geht das absolut in Ordnung, solange der Spaßfaktor stimmt. Und der stimmt bei SLAVE TO MISERY garantiert.
RING OF FIRE gelten bei Fans des klassischen, bombastischen Hardrocks der Marke MALMSTEEN oder DEEP PURPLE schon lange als heißer Insidertipp, was nicht nur daher rührt, dass Gitarrenvirtuose Tony MacAlpine bei den Feuerringen sein Dasein fristet. Und genau diese Zielgruppe wird im neuen Album "Lapse Of Reality" ein tolles Feuerwerk an eingängigen Melodien, viel Emotion und ausgefeilten Instrumentalpassagen vorfinden. Originell ist die Mischung nicht gerade, vermittelt aber nach dem Einlegen der CD ein vertrautes Gefühl. Man weiß, was kommt, aber genau das schätzt man auch irgendwie an dieser sehr traditionellen Art von Musik. Nur leider kann über die Distanz von knapp 70 Minuten nicht die maximale Qualität gehalten werden, obwohl alle Songs sehr hörenswert sind. Mitreißende Knaller wie "The Key" (geile Soli), "One Little Mystery", "Faithfully" oder das überragende "Perfect World" stehen etwas biederen Tracks wie "That Kind Of Man" oder dem nervigen Titelsong gegenüber. Besonders bei Letzterem reißt Sänger Mark Boals seine ansonsten sehr gute Stimme bis in den Drehzahlbegrenzer hoch und klingt wie ein Ferkel mit Gabel im Allerwertesten. Und warum der Titelsong außerdem noch in einer längeren Version als Bonustrack angehängt wurde, kann ich auch nicht wirklich nachvollziehen. "Lapse Of Reality" ist mitnichten ein schwaches Album; genau genommen sogar sehr stark und brilliert mit schlicht genialem Können aller Beteiligten. Schade ist dabei, dass nicht alle Kompositionen vom Hocker reißen und stellenweise etwas überfrachtet wirken. Für einen "Tipp" reicht es demnach nicht ganz, aber melodiephile und symphonieorientierte Hardrocker der alten Schule müssen hier einfach reinhören. Um übergangen zu werden, ist das Album einfach zu gut gemacht!
Mit der Extended Edition der "Words Never Spoken”-EP, einer Neuauflage des ADARO-Minialbums von 1999 macht InsideOut dieses Werk den mittlerweile zahlreichen Fans der Band, wie des Mittelaltergenres im allgemeinen wieder zugänglich. Dabei belies man es nicht bei den damals vertretenen vier Stücken und 18 Minuten Spielzeit, sondern reicherte die Extended Edition mit einem fast 60-minütigen Livemitschnitt (Fanclubkonzert in Tübingen im Juli 2004) und einen weiteren Studiotrack ("Inperayritz") an. Live wurden dabei vor allem etliche bisher unveröffentlichte Songs aufgenommen, welche allerdings jahrelang fester Bestandteil jeder ADARO Liveshow waren und wieder mal zeigen, dass bei ADARO Melodie ganz groß geschrieben wird. Dem furioser Start mit der Drehleierorgie "Feuertanz" folgt mit dem leiserem Titeltrack "Words Never Spoken" die einzigste Wiederholung der auf Albumformat gebrachten EP. Die Ansage zu "Dakar", das gesprochene "Hermann Kaletzky 1853" ist eine fast fünfminütige Tagebuchaufzeichnung welche mehr als einmal zum schmunzeln einlädt. Ähnlich verhält es sich mit der Ansage zu "Non Soffre Santa Maria" (Klassesong) welche das Schnitzelwunder von Rocamadour zum Thema hat. Der Livepart wird abgeschlossen durch die beiden Liveklassiker "Marcha d’Antón el Neñu" (kurzes melancholisches Dudelsackstück) und "Cassano d’Adda" (rockender instrumentaler Mitklatscher). Die ursprüngliche EP bestand aus dem melancholisch, ruhigen mit engelsgleichen Vocals angereicherten "Words Never Spoken", dem mittelalterlich epischen, mit modernen Klängen versetzen "Sanctus Dominus", "Palästina" (flotter, tanzbarer Song mit Dancefloorparts) und das über achtminütige, zwischen moderne (Keyboards und Gitarrensolo) und Mittelalter wechselnde Instrumentalstück "Der Todten Dantz". Die Stuttgarter lassen sich nicht ausschließlich in die Mittelalterschublade stecken - bleiben ihr aber ursprünglicher verhaftet als In Extremo, Subway To Sally und Co. ADARO ist Pflichtlektüre - allerdings nur für Genrefans.
Schweden, die Rogga heißen, leiden definitiv unter einem Zeitüberschuss. Während PAGANIZER-Kopf Rogga noch bei RIBSPREADER und CARVE mitwerkelt, ist MERCILESS-Shouter Rogga nun mit seiner Nebencombo SATUREYE aktiv. Oder Hauptcombo? So wahnsinnig aktiv sind MERCILESS ja schon länger nicht mehr. Auf jeden kann der Mann ohne Thrash Metal nicht leben, "Where Flesh And Divinity Collide" hört sich richtig schön nach alten Zeiten an, da dürfte Memme das Herz aufgehen. SATUREYE geben ordentlich Gas und mörteln sich flott durch das dutzend Songs, was leider der Abwechslung nicht so wirklich gut tut. Wenn man mal das Gas wegnimmt und im Mid Tempo unterwegs ist, kommen leichte Erinnerungen an SLAYER hoch, aber das ist leider selten der Fall. Man merkt, dass bei SATUREYE versierte und erfahrene Mucker am Werk sind, die sich locker coole Thrash-Riffs aus dem Ärmel schütteln und Freunden alter SLAYER, EXODUS oder KREATOR gefallen dürften. Sehr cool, wenn auch auf Dauer ein wenig eintönig.