"The Last Ones" ist bereits das fünfte Album der Italiener SUN EATS HOURS. Zu hören gibt es melodischen Hardcore, der zwar gut gespielt ist und durchaus Ohrwurmqualitäten aufweist, aber dann eben doch wie tausend andere Bands dieser Stilrichtung klingt und jede persönliche Note vermissen lässt. Dazu ist das Ganze noch sehr clean produziert, so dass man sich die Musik eher auf MTV als in Underground-Clubs vorstellen kann, zumal Mid-Tempo-Stücke wie "The Level" oder "July 27th" jede Menge Pop-Appeal und Radiotauglichkeit besitzen. Fans von sauber gespieltem Melodycore wird dieses Album sicherlich gefallen, mir persönlich ist das alles aber zu glatt und klingt zu sehr nach typischem Ami-Skater-Kids-Soundtrack im Stile einer Light-Version von Bands wie GREEN DAY oder LAGWAGON, als das es irgendwie interessant sein könnte.
Die SUICIDE MACHINES gibt es schon seit fast 15 Jahren, und mit "War Profiteering Is Killing Us All" präsentieren sie ihr bereits sechstes Studioalbum. Und was der Vierer aus Detroit hier abgeliefert hat, ist ein Kracher, der sich gewaschen hat: Rauer, schneller Hardcore wechselt sich mit Ska Punk ab, die Songs sind größtenteils einfach gehalten und ballern gnadenlos und brutal nach vorne. Zwischendurch werden immer mal wieder melodische Parts à la 7SECONDS eingebaut, bevor dann wieder ohne Kompromisse losgeprügelt wird. Nur wenige Songs überschreiten die 2-Minuten-Grenze, einzig der Track mit dem schönen Titel "I Went On Tour For Ten Years... And All I Got Was This Lousy T-Shirt" bringt es mit seinen Wechseln zwischen Ska und harten, schleppenden Parts auf fast 4 Minuten. Sänger Jason Navarro überzeugt dazu durch seine Vielseitigkeit und bedient das gesamte Spektrum von "richtigem" Gesang bis aggressivem Grölen. Der oberfette bis brachiale Sound tut sein Übriges, für den übrigens u.a. Bill Stevenson (BLACK FLAG, ALL, DESCENDENTS) verantwortlich zeichnete. Ein tolles Album, das randvoll ist mit Energie und Wut, aber auch mit purer Spielfreude.
Fünf Jahre haben CRYPTOPSY uns schmoren lassen und auf den Nachfolger des genialen "… And Then You’ll Beg" warten lassen. CRYPTOPSY, die Top-Bands Kanadas, da mögen sich die anderen Combos noch so anstrengen. An das wahnsinnig schnelle (Genie und Wahnsinn liegen anscheinend wirklich nah beieinander) eines Flo Mournier kommt so gut wie kein Drummer ran und die die chaotisch-komplexes Riffs des Herrn Auburn sind ebenfalls eine Liga über den meisten Death Metal-Gitarristen. Das würde sich in den fünf Jahren nicht geändert haben und nach den ersten konzentrierten Durchläufen von "Once Was Not" kann ich alle CRYPTOPSY-Jünger beruhigen: die Band ist noch immer eine Referenz im technischen Death Metal und zeigt in diesen elf Songs ein Können, dass nicht von dieser Welt sein kann. Einziges Manko ist der Weggang von Knuddel Mike DiSalvio und die Rückehr von Originalmitglied Lord Worm. Denn leider, leider hat das Würmchen eine etwas zu eintönige Stimme, auch wenn er sich sehr um Abwechslung bemüht. Gesanglich hat mir sein Vorgänger um Klassen besser gefallen und auch wenn Lord Worm locker zur Spitzengruppe der Death Metal-Sänger gehört, ist er für die komplexe und anspruchsvolle Mucke von CRYPTOPSY einen Ticken zu schlecht. Eine Ausnahmecombo wie CRYPTOPSY verdient auch einen Ausnahmesänger - und das ist Lord Worm eben nicht. Deswegen auch kein Tipp für die Scheibe, auch wenn ich die Scheibe bedenkenlos empfehlen kann. Für einen Tipp hätte der Gesang aber nicht "nur" sehr gut sein dürfen, sondern "unglaublich". Wie die Leistung der Instrumentalisten. Oder das Songwriting, bei dem CRYPTOPSY beweisen, dass sie in den fünf Jahren nicht geschlafen haben, sondern sich vorsichtig für neue Ideen geöffnet haben und die Songs sehr variabel gestaltet haben. "Once Was Not" ist eine geile Platte und ein würdiger Nachfolger von "… And Then You’ll Beg", auch wenn es an die Ausnahmeklasse der Scheibe nicht ganz rankommt. Kann man aber trotzdem locker und beruhigt kaufen.
Die EDITORS aus dem englischen Birmingham legen mit "The Back Room" eine Debüt aus dunklem Pop, melancholischem Gitarren-Rock und einiges an tanzbarem Wave vor. Ob man sie dann jetzt gleich in der Tradition von Bands wie Echo & The Bunnymen, Morissey und natürlich Joy Division sehen will - oder eher als Nachahmer der New Yorker Interpol muss wahrscheinlich jeder Käufer der Scheibe selbst entscheiden. Auch mischen die EDITORS ganz gelungen noch jeweils eine Prise U2, Depeche Mode oder REM in ihre Kompositionen, so dass man ihnen trotz aller Düsternis und doppeldeutigen Lyrics Charttauglichkeit attestieren muss. Was auf jeden Fall aber hörbar ist, das Quartett um Sänger und Gitarrist Toni Smith hat ein paar echte Hits auf "The Back Room" zu bieten. Neben den beiden schon als Single bekannten Songs, dem epischen "Munich" und dem zornigen "Blood" (beides unheimlich gut für die Tanzflächen einschlägiger Clubs geeignet) sind da vor allem noch der flotte Opener "Lights", das atmosphärisch nebelverhangene ruhige "Fall" und das langsam Spannung aufbauende "Camera" zu nennen. Die EDITORS (tatsächlich ohne das beliebte "The" im Bandnamen) haben tief in die Achtziger-Kiste gegriffen - aber das Alles recht gekonnt dem Heute angepasst. Daneben gibt es zwar auch weniger zwingende Tracks, vor allem in der zweiten Hälfte des Albums; der Gesamteindruck bleibt trotzdem mehr als positiv und sollte den Anhängern genannter Bands ein reinhören wert sein. Alles in allem ein recht gelungenes Debüt, das es auch noch als limitierte Special Edition mit einer zusätzlichen 6-Track CD gibt.
Die erste EP vor einigen Monaten verschlug vielen die Sprache. "Hand Of Blood" traf einen Nerv der perfekt Vergangenheit mit Moderne verknüpfte. "The Poison" ist das daraufhin umso ersehntere Album der Band, deren herrlich verziertes Bandlogo selbst THE RASMUS erblassen lässt. Und ohne einen Ton gehört zu haben erzählt einem das Booklet noch mehr: Denn neben den Rosen um den blumigen Bandnamen haben sich Pistolen gesellt, die Zeichnung einer erschossenen Frau komplettiert die Geschichte um die recht finale Lösung einer Beziehung. In gleicher Weise bringen BULLET FOR MY VALENTINE diese Mischung auch musikalisch an den Hörer. Wie bei der EP regieren klassische Metalparts, verspielte Soli, emotionaler Gesang und fette Drums - das Intro zu Alledem stammt von den Finnen APOCALYPTICA. Ohne Ausnahme trägt die Gitarre alle Songs mit grandiosen Melodien, der Gesang dazu ist makellos und kann sowohl aggressiv als auch unglaublich schmeichelnd tönen, unverwechselbar klingt er aber indes nicht. Mit Colin Richardson und Andy Sneap sitzen wahrlich keine schlechten Referenzen auf der Produzentenbank und ohne die detailreiche Produktion würden die Songs lange nicht so effektiv knallen. Schade nur, dass im Booklet die Texte zu den Songs fehlen. Es gibt auf diesem Album keine Ausreißer und jeder Song eignet sich als potentielle Single, die schöne Quotenballade "The End" genauso wie die dann auch gewählte Maxi "Suffocating Under Words Of Sorrow". Einen der wenigen negativen Eindrücke inklusive: BULLET FOR MY VALENTINE neigen dazu sich selber zu kopieren. Das tut der Tatsache aber keinen Abbruch, das "The Poison" einfach Spaß macht, unaufdringlich zu hören ist und gleichzeitig etliche Tracks den Weg auf die Tanzflächen finden werden. Denn alles andere wäre eine Schande - diese beiden Gitarren müssen gehört werden, sei es aus Nostalgie des Sounds willen oder um die Melodien aufzusaugen.
THE UNDERGROUND RAILROAD sind eine Band, die sich im texanischen Progressive - Underground (daher vielleicht auch der Bandname?) formiert hat und in ihrer Heimat angeblich bereits größere Erfolge verbuchen konnte. Ihr erstes Album "Through And Through" soll sich jedenfalls einige tausend Male verkauft haben. Für "Easy Listener" ist ihre Musik und auch ihr neues Album "The Origin Of Consciousness" keinesfalls gedacht, denn es wird nicht nur äußerst vertrackter, jazziger, experimenteller und mitunter auch psychedelischer Progressive / Art Rock geboten, sondern auch eine Konzeptstory, die auf Ideen des Psychoanthropologen (!!!) Julian Haynes basiert und die Handlung des wohl sehr beliebten Songs "The Doorman" vom Debüt fortführt. Diesem intellektuellen (Pseudo -) Anspruch wird die musikalische Untermalung zwar gerecht, aber mitreißen oder zum Jubeln bewegen kann sie nicht. Dafür klingt Vieles zu konstruiert, zu verzettelt und irgendwie wenig aussagekräftig, zumal über weite Stecken rein instrumental vorgegangen wird. Ich persönlich finde "The Origin Of Consciousness" eher langweilig und wirklich nur für Allessammler geeignet. Trotz des sehr hohen technischen Niveaus gibt es gerade im Prog - Bereich viele interessantere Acts und Platten, die nicht nur zum puren "Seht mal, was wir alles machen können!" - Selbstzweck verkommen. Ich glaube, hiermit wird der Zug auch weiterhin im Underground herumfahren.
Um die Wartezeit aufs neue Album der Poppunks von YELLOWCARD zu verkürzen, ist jetzt für die Fans ein Album aus der Frühzeit der Wahl-Kalifornier neu aufgelegt worden. "Where We Stand" war das zweite Album der ursprünglich aus Florida stammenden Band und wurde bereits 1999 eingespielt, als die Jungs noch zusammen auf die High School gingen. Insgesamt geht es auf der Scheibe noch etwas rauer und aggressiver zu als auf den späteren Veröffentlichungen, aber die musikalischen Weichen scheinen zu dem Zeitpunkt bereits gestellt worden zu sein, denn auch trotz des meist hohen Tempos der Songs tritt schon oft der melodische Pop-Appeal der späteren Alben zutage, wobei den Stücken selbst der letzte Schliff größtenteils noch fehlt. Dafür, dass YELLOWCARD damals noch eine Schülerband waren, befinden sie sich aber spieltechnisch schon auf einem recht hohen Niveau, nur der Einsatz der Geige wirkt z. T. noch etwas konzeptlos, und auch der Gesang von Ryan Key ist stellenweise etwas dünn und drucklos. Gleiches gilt auch für die Produktion, die den richtigen Kick vermissen lässt. Ist wohl nur was für Hardcore-Fans der Band.
MANNTIS sind in den USA keine Unbekannten mehr, bei angeblich mehr als 1000 gespielten Shows dürfte die jeder Ami schon mal gesehen haben, selbst in einem so großen Labd. Das erklärt auch, warum "Sleep In Your Grave" erst fünf Jahre nach Bandgründung fertig ist: die Jungs waren ja nie lange genug zu Hause, um mal Songs zu schreiben oder ins Studio zu gehen. Musikalisch gibt es bei MANNTIS keine großen Überraschungen, metallischer Hardcore, das ist nix Neues mehr. Die Platte startet mit einem schwedischen Riff ganz cool und der gesamte Opener "Axe Of Redemption" haut gut ins Mett. Aber, man ahnt es, es gibt viel Licht und Schatten auf dem Album. Song Nummer 2 ist schon wieder Standardkost, der alles auffährt, was man im Metalcore so braucht und gerade deswegen so langweilig it. Wie ein roter Faden zieht sich das durch "Sleep In Your Grave". MANNTIS sind bemüht, alles einzubauen, was man als Metalcore-Band so braucht und haben einige ziemlich gute Songs am Start, aber auch viel Durchschnittsware. Da kann als Endergebnis nur eine durchschnittliche Platte bei rauskommen und genau das ist "Sleep In Your Grave" geworden. Handwerklich solide, aber mit Schwächen beim Songwriting - und komplett überraschungsfrei. Auf der Verkaufsversion sind noch drei Demo-Songs und zwei Videoclips enthaltenm die die Platte wenigstens über die halbe Stunde-Marke ziehen.
Wirklich gute Crossover-Bands sind momentan sehr rar gesät, seitdem der übertriebene Hype um 4Lyn - oder, noch schlimmer, die Berliner Zuckermelodien-Posse um Myballoon und Konsorten vorbei ist. Und jetzt kommen HIGHFLY aus der zweiten Reihe und entzücken mit zweistimmigem Gesang. Ihre Breaks sind genau vorhersehbar genug, um dazu mit tiefhängender Gitarre zwischen den Beinen ganz hoch springen zu können, langweilen aber nicht. Die Melodien gehen ins Ohr und auch nicht wieder raus, sind aber angenehm in einem hart genugen Rahmen eingelassen und dankenswerter Weise nicht überzuckert. Diese 5-Track-EP macht also nicht dick, sondern verdammt Hunger auf mehr. So gut waren zuletzt Pyogenesis Mitte der Neunziger - Flea Black, übernehmen Sie!
In der Welt des Rock ´n Roll werden Märchen noch wahr. Und das kann auch in Deutschland geschehen - sogar in Köln. Da trafen sich nämlich 1996 auf der Popkomm ein Däne und eine Dänin, und zwar NEKROMANTIX-Bassist/Sänger Kim Nekroman, der mit eben diesen dort aufspielte, und Patricia Day, die mit ihrer damaligen Band PEANUT PUMP GUN ebenfalls auf dem Programm stand. Angeblich war es Liebe auf den ersten Blick, die beiden wurden ein Paar, heirateten irgendwann, brachten sich gegenseitig ihre Instrumente bei und gründeten eine gemeinsame Band, die HORRORPOPS, bei der Kim die Gitarre und Patricia Gesang und Kontrabass übernahm, und die 1999 ihre erste Single veröffentlichte. 2004 stand dann mit "Hell, Yeah!" endlich das erste Album in den Läden, und das brachte mit seiner Mischung aus Rock ´n Roll, Rockabilly, Punkrock und ein bisschen Pop trotz gelegentlicher Längen ordentlich frischen Wind in die Rock ´n Roll-Szene. Danach folgten ausgiebige Touren, u. a. als Support von Lars Frederiksen und THE OFFSPRING, aber auch als Headliner. Man durfte also gespannt sein, was dem Vierer um das Rock ´n Roll-Traumpaar noch so einfallen würde, und dass das jede Menge ist, zeigt das neue Album "Bring It On!". Außer den bereits erwähnten musikalischen Ingredienzen wurden noch mehr Stile integriert als auf dem Vorgänger, angefangen beim rotzigen, Psychobilly-lastigen Opener, über das poppige "Hit ´n´ Run", das Ska-lastige "It´s Been So Long", das rockige "You Vs. Me" und das swingige "Trapped", bis hin zum 50s beeinflussten "Walk Like A Zombie" und dem Country-Song "S.O.B.". Trotzdem wirkt alles noch stärker wie aus einem Guss und sind die Stücke insgesamt runder als auf "Hell, Yeah!", was wohl auch daran liegen mag, dass sie nicht nur von Kim und Patricia geschrieben wurden, sondern dieses Mal die gesamte Band daran beteiligt war. Produziert hat interessanterweise BAD RELIGION-Gitarrist und Epitaph-Eigentümer Brett Gurewitz, und der dreckige, raue, authentische Rock ´n Roll-Sound, den er der Musik verpasst hat, zeugt von seiner Vielseitigkeit. Was auch auffällt: Patricia hat sich gesanglich eindeutig verbessert. Eine coole, sexy Stimme hatte sie ja eh schon, aber auf "Hell, Yeah!" klang einiges doch noch etwas gequetscht, gequäkt und manchmal auch leicht daneben. Wobei das besonders live kaum ins Gewicht fiel, denn die Frau selbst ist schon Porno pur - die Traumfrau jedes Rock ´n Rollers schlechthin. Von wegen verflixtes zweites Album: Auf "Bring It On" präsentieren sich die HORRORPOPS in Höchstform und verbinden geniales Songwriting mit einem Höchstmaß an Energie und Spielfreude. Bislang eines der besten Alben dieses Jahres!