FIREBIRD-Kopf Bill Steer ist mit CARCASS anscheinend nicht voll ausgelastet und hat mit seinen zwei FIREBIRD-Mitstreitern eine neue Scheibe eingespielt, die mit einem zwischen langweilig und schlicht schwankenden Artwork veredelt wurde. Wie gehabt gibt es bei FIREBIRD 70er Jahre Rock, der charmant roh klingt und von Anfang bis Ende rockt, die Jungs hatten da wohl derbe Bock auf ein paar authentische Rocknummern. Manche Songs sind dabei eher ausladend, während „Jack The Lad“ knackig-kurz in zwei Minuten runtergerissen wird. Die Produktion ist recht leise ausgefallen, gerade die Instrumente sind zu oft zu weit im Hintergrund, was in wenig Durchschlagskraft resultiert. Jetzt sind FIREBIRD keine Band, die auf brutalen Sound setzt, aber etwas mehr Gitarenpower wäre trotzdem wünschenswert. Beim Songwriting zeigen sich Mr. Steer und Co. etwas limitierter als noch beim Vorgänger, viele der Songs ähneln sich und versprühen nicht so viel Charme wie von FIREBIRD gewohnt, was am Ende eine solide Platte ergibt, die aber im Vergleich zum Band-eigenen Katalog wie auch den Originalen aber weiter hinten anzusiedeln ist. „Grand Union“ ist ok, mehr aber auch nicht.
Meine Kollegin Tanja aka Tennessee hat das Debütalbum der deutschen Rock´n´Roll-Newcomer THE BULLETMONKS bereits vor eineinhalb Jahren ausführlich besprochen (siehe Review). Inzwischen ist das Quartett beim österreichischen Label Napalm Records untergekommen, die das Album nun noch mal ganz offiziell unter dem Titel „Weapons Of Mass Destruction“ unters Volk mogeln. In Sachen Qualität dieser sehr dynamischen, ordentlich nach vorne rockenden Band hat Tennessee nicht übertrieben; Songs wie „No Gain Just Pain“, „Never Be A Wannabe“ oder das superbe „I Am“ dürften jedem Fan von dreckigem, energiegeladenem Asi-Rock´n´Roll mächtig in die Buxe fahren, sofern man sich irgendwo im Pool aus GLUECIFER, THE HELLACOPTERS oder auch TURBONEGRO wohl fühlt. Als Zugabe hat man dieser Neuauflage noch eine Unplugged-Version des Openers „No Gain Just Pain“ beigepackt, die zwar nicht essentiell ist, als netter Bonus aber allemal durchgeht. Schweinecoole Rocker und Roller mit großen, verspiegelten Pornosonnenbrillen sollten unbedingt zuschlagen, der Rest mach hier aber auch nicht viel verkehrt!
Auf PSYCHOPUNCH ist und bleibt Verlass. Die Schweden liefern mit ihrer 8. Scheibe „Death By Misadventure” Bewährtes ab und scheinen im Gegensatz zu manchen anderen Acts der Szene immer noch den St...finger zu zeigen. Dementsprechend macht der punkige Rotzrock von JM & Co. mächtig Laune und eignet sich hervorragend für die nächste Cabriotour durch die Nachbarschaft oder die letzten Bier- und Whiskeyseeligen Stunden einer Party. Und dies obwohl PSYCHOPUNCH es im Vergleich zu den Vorgängern etwas variantenreicher angehen lassen, ohne großflächig das Tempo oder den Punk rauszunehmen - es ist jederzeit hörbar dass es dem dreckigen Quartett Spaß macht. Mit dem PSYCHO-typischen „All Through The Night“ geht es gleich standesgemäß fetzig los; an sich ein Fall für die Repeat-Taste, aber dann würde man ja mit „Another Feeling“ und „Lost Highway“ die nächsten Gute-Laune-Rocker verpassen. Die leicht zurückgenommene Mitsingnummer „Maybe I’ll Stay“ dürfte Live ganz groß punkten; und auch „To The Other Side” mit seinem ungewöhnlichen Gitarrenpart, das gediegene „The Walls Falls Down“ mit seinem unterschwelligen 70er-Charme und die raue, fast balladeske Mitgröl-Hammerhymne „Before The World Goes Down“ heben die Stimmung. PSYCHOPUNCH tischen ihren Fans (und denen die es werden wollen) wieder einmal eine klasse Scheibe auf - „Death By Misadventure” darf man damit durchaus als Pflicht für die nächste Party notieren.
Soso, DEAD MEANS NOTHING (die nichts mit der gleichnamigen spanischen Band zu tun haben, auch wenn das häufig angenommen wird) sind also aus einem Motorradunfall hervorgegangen, weil Bandgründer Mickey Rude im Jahr 1996 aus diesem Grund von den Drums zur Gitarre wechseln musste. Danach lernte er seine Mitmusiker kennen, alle hatten sich ganz dolle lieb und beschlossen, von nun an Lemmy zu huldigen. Das Trio klingt ohne Umschweife wie MOTÖRHEAD, allerdings in einer deutlichen „Light-Version“. Dreckigster Bluesrock beherrscht das Geschehen, fördert aber leider keine wirklich nennenswerten Hymnen zutage. Zu beliebig, wenn auch nicht ganz schlecht und ohne Frage anhörbar, klingen Stücke wie „Thy Will Be Done“, „Teenage Punkrock“, „Back In Town“ oder die nette, aber doch irgendwie überflüssige Coverversion des Lemmy-Classix „Going To Brasil“, die gewöhnungsbedürftig verzerrten Gesang auffährt. „Nothing Of Devinity“ ist eine dieser Scheiben, die keinem wehtut, die fraglos sogar ein paar Fans anlocken wird, auf die die Welt aber nicht unbedingt gewartet hat. Dafür sind die „Originale“ einfach zu grandios.
Nachdem THE GRIT zwei Jahre lang fast durchgehend durch Europa getourt sind, haben sie sich dann doch mal wieder im Studio verschanzt, um ihr drittes Album aufzunehmen. Dieses hört auf den Namen „Straight Out The Alley“ und kann nicht nur mit dem hervorragenden Vorgänger „Shall We Dine?“ mithalten, sondern stellt diesen sogar in den Schatten. Die musikalischen Zutaten sind die gleichen geblieben: Psychobilly trifft auf Punkrock, Country, Ska und was sich sonst gerade noch so anbietet. Die Mischung ist auf dem neuen Album aber noch wilder geraten, was nicht zuletzt an diversen Gastmusikern liegen dürfte, die Mandoline, Ukulele, Mundharmonika und diverse Blechblasinstrumente eingebracht haben. So lauern an jeder Ecke Überraschungen, und am Anfang eines Songs weiß man nie, was einen erwartet. Irgendwie schafft es die Band aber, einen einheitlichen und eigenständigen Sound zu schaffen, so dass trotz der stilistischen Vielfalt alles wie aus einem Guss klingt. Dazu gehen die Songs gleichermaßen gut ins Ohr wie in die Beine und strahlen die Musiker eine ansteckende Spielfreude aus. Ein Album, das Originalität mit tollen Songs verbindet, von vorne bis hinten überzeugt und vor allem ohne Ende Spaß macht.
Ich muss gestehen, dass ich von den FRANTIC FLINTSTONES bislang noch rein gar nichts gehört hatte. Dabei haben sie sich bereits 1986 gegründet, unzählige Alben veröffentlicht – in einigen Jahren gleich zwei oder sogar drei – und gehören somit zweifellos zu den Urgesteinen des Psychobilly. Nachdem ich mir dann das neue Album zu Gemüte geführt hatte, war eins klar: Auch die alten Scheiben müssen her! Denn eine dermaßen originelle Variante dieser Stilrichtung habe ich wirklich noch nie gehört. Die Basis der Musik ist allerdings eindeutig Psychobilly, mal treibend und punkig, mal swingig und groovig, und mit einem ordentlichen Schuss Country und Hillbilly versetzt. So sind über minimalistischen Drums ein klackender Kontrabass und die obligatorische Gretsch-Gitarre zu hören. Dazu gesellen sich dann aber immer wieder für diesen Stil eigentlich unübliche Instrumente wie Violine, Banjo oder ein Bar-Piano. Auch der Gesang variiert extrem: Bandleader Chuck Harvey deckt die gesamte Palette zwischen P. Paul Fenech und Brian Setzer ab, dreht stellenweise aber auch völlig ab und klingt wie ein echter Psychopath. Als wäre das nicht schon genug, gibt es auch noch gleich eine ganze Reihe wirklich abgefahrener Covers zu hören. So wird aus Hank Williams „Cheatin’ Heart“ 50s Rock n’ Roll, „Mambo Sun“ von T-REX mit Banjo und Fidel intoniert und bei Roy Orbisons „Cast Iron Arm“ mit Bar-Piano geswingt, um im Chorus ordentlich aufs Gaspedal zu treten. Gegen Ende des Albums gibt es dann noch die wohl abgefahrenste „My Way“-Version ever zu hören, bevor es dann mit der ziemlich schräg interpretierten „Flintstones“-Titelmelodie aufhört. Dieser Scheibe gelingt es, die musikalischen Grenzen des Psychobilly zu sprengen und gleichzeitig absolut authentisch zu klingen, so dass sie sowohl Fans des Genres als auch anderer Musikrichtungen ansprechen wird. Ein Riesenspaß und ein wirklich wilder Sound, der wahrscheinlich live noch zusätzliche Energie freisetzt.
Eine Girl-Band aus Brasilien? Da muss man zunächst einmal unweigerlich an irgendwelche Samba-Hupfdohlen denken. Damit haben die drei Mädels von AS DIABATZ aber zum Glück rein gar nichts am Hut. Vielmehr frönen sie dem Psychobilly, und zwar in einer derart klassischen Weise, dass man sich gut 20 Jahre in die Anfangstage dieser Musik zurückversetzt fühlt. Über minimalistischen Drums liegen ein entspannt klackernder Kontrabass und eine kaum verzerrte Gitarre mit einem Surf-Sound in feinster Tarantino-Manier. Dazu kommt der Gesang von Baby Rebbel so oberlässig wie auch mit genau dem richtigen Quentchen Dreck in der Stimme rüber. Mit gerade mal 24 Minuten Spielzeit ist die Scheibe zwar etwas kurz geraten, zumal vier der Songs bereits auf der EP „Witches Stomp“ veröffentlicht und lediglich neu eingespielt wurden. Aber dafür ist hier wirklich nichts zu viel, es gibt keine Durchhänger, und das ist mir allemal lieber, als wenn irgendwann Langeweile aufkommt. Musikalisch erfinden AS DIABATZ sicherlich das Rad nicht neu, aber es macht einfach ohne Ende Spass, dem Old-School-Sound der drei Ladies zu lauschen.
Nachdem im letzten Herbst mit „Run For You Life“ das zweite Album des kanadischen Quartetts erschien, veröffentlicht People Like You jetzt auch das Debüt-Album von 2006, das bei uns bislang nur als Import erhältlich war. Der typische CREEPSHOW-Sound ist auch hier schon gesetzt: Melodischer Psychobilly mit hohem Rock ´n Roll-Faktor trifft auf weiblichen Lead-Gesang und eine alte Orgel, die im Hintergrund dudelt. Konnte das zweite Album allerdings nicht völlig überzeugen, geht hier schon der auf das Intro folgende Opener „Creatures Of The Night“ mächtig nach vorne los und bietet gleichzeitig einen absoluten Ohrwurm. Aber auch andere Songs wie „Grave Digger“, „Zombies Ate Her Brain“ oder der Titeltrack stehen dem in nichts nach, und schließlich wird man auch noch vom wunderschönen, folkigen „The Garden“ überrascht. Dazu liefern hier sämtliche Musiker hervorragende Arbeit ab und überzeugt die Produktion durch transparenten, aber kickenden Sound, dem stellenweise allerdings ein wenig mehr Dreck gut gestanden hätte. Was einen aber vor allem immer wieder umhaut, ist die erstklassige, dreckige Stimme der damaligen Frontfrau Jen „Hellcat“ Blackwood. Ihre kleine Schwester Sarah Sin, die ab dem zweiten Album den Gesang übernommen hat, kann da nicht ganz mithalten. Nicht nur deshalb, sondern auch weil „Sell Your Soul“ durchgehend mehr abgeht als „Run For Your Life“, stellt das Debüt den Nachfolger deutlich in den Schatten.
THE MOVEMENTS haben sich als Kids anscheinend durch die Plattenkisten ihrer Eltern gewühlt, irgendwoher muss die Vorliebe für old schooligen Rock’n’Roll ja kommen. THE DOORS, alte ROLLING STONES und Konsorten sind die Fixsterne im THE MOVEMENTS-Universum und leuchten hell über „The World, The Flesh And The Devil“. Dessen elf Songs machen richtig gute Laune und können mit beschwingten, melodischem Rocksongs überzeugen, die sich immer mal wieder vor den Vorbildern verneigen („Tranquilizing“), aber auch dann ihren individuellen Charme behalten. THE MOVEMENTS rocken in jedem Song unbekümmert los, legen ein ordentliches Tempo vor und versprühen positive Vibes, die sich schnell auf den Hörer übertragen. Manchmal wird es etwas poppiger, aber auch das steht den Songs gut zu Gesicht und dürfte für Fans ehrlichen Rock’n’Rolls kein Problem sein. Dank guter Songs und Retro-Charme kann „The World, The Flesh And The Devil” die gesamte Dreiviertelstunde überzeugen.
GREEN MOON SPARKS nehmen sich selbst und die Psychobilly-Szene nicht ganz Ernst, was Bandname, Platten- und Songtitel beweisen – anders lässt sich ein Song wie „A Rockabilly Stole My Bike“ nicht erklären. Bei der Musik selbst werden keine Kompromisse gemacht, auch wenn sich im Psychobilly-Sound Surf- und Punkrock-Einflüsse finden, wobei der Bass natürlich ein standesgemäßer Kontrabass ist. Der Gesang wird vom Drummer übernommen, der beide Jobs gut erledigt, manches mal aber beim Schlagzeug zu sehr auf Nummer sicher geht und sich zu sehr auf den Gesang konzentriert, was zu Lasten der Durchschlagskraft geht. Die leidet auch unter der leisen Produktion; die Anlage muss schon ordentlich aufgedreht werden, damit „Rebel With A Curse“ satt aus den Boxen kommt. Und auch beim Songwriting zeigen sich letztendlich Schwächen: zu oft wird der gleiche Rhythmus wiederholt, werden die gleichen Ideen genutzt und plätschert alles gefällig vor sich hin. Echte Kracher finden sich in den zwölf Songs nicht, auch wenn Nummern wie „Horny Moon“ gut gemacht Psychobilly sind. Für Komplettisten ist die Scheibe eine Chance wert, alle anderen sollten zwei-, dreimal reinhören.