Auf dem Cover blickt uns ein räudiger Rob Halford-Verschnitt tief in die Augen und deutet somit auf eine klassische Heavy Metal-Scheibe hin. Ganz weit gefehlt! Hier geht es ganz eindeutig um einige der wichtigsten Sachen der Welt: Arsch treten, Bier trinken, Posen, Leder, Siff, Gas geben und jede Menge Spaß in den Backen! Hier wird Hochleistungs-Rock`n`Roll im Sinne von TURBONEGRO, MOTÖRHEAD, ZEKE und DANKO JONES frech kopiert, umgeschrieben und als schweißtriefendes Endprodukt wieder zusammengesetzt und runtergekloppt.
Tja, und wie hört und fühlt sich das an? Erstaunlich gut! Die Musik macht Partylaune, die Hooks laden zum Mitgröhlen ein, das Image passt, und die Laune steigt und steigt. Ganz klar also keine Musik für das einsame Hören im stillen Kämmerchen, sondern ein Garant auf eine ordentliche Punk `n`Roll- Föhnung, deren Ausgang in den Sternen steht. Besonders live könnte ich mir hier einige Auswüchse seitens der Band und des Publikums sehr gut vorstellen.
Die elf Songs und der Bonustrack "Blood On The Beach" werden allesamt rotzig runtergeprügelt, und besonders kleine Hits wie "Wasted" oder "Fleshwolf" lassen sich wunderbar auch noch nach Beendigung des Liedes weiter brüllen und die Nachbarn zur Verzweiflung bringen. Wie gesagt, das ist definitiv nicht neu, hier blitzt kein spielerisches Können hervor, und man darf auch keine gesanglichen Feinheiten erwarten. Erwartet auch keiner und will auch niemand! Erwarten kann man jede Menge Schweiß, Rotz und Spaß. Selbst der Rezensent fühlt sich beim Hören von "Weltschmerz `89" um mindestens zehn Jahre jünger und fragt sich, wo der seltsame Albumtitel herkommt. Die Platte klingt nach Allem, aber definitiv nicht nach Weltschmerz, oder sind damit die dicken Köpfe nach einer durchfeierten Rock`n`Roll-Nacht gemeint? Das bleibt wohl das Geheimnis der Band.
Alles in Allem eine richtig gute Scheibe, die Laune macht auf breitbeinigen, versifften und besonderes lauten Schmuddel-Arschtritt-Rock, der besonders gut beim Autofahren oder natürlich in einem kleinen Club funktionieren wird.
NEW SKELETAL FACES fabrizieren eine besonders düstere Spielart des Rock`n`Rolls. Sie lassen einen Stil der früher 80er auf erfrischende Art und Weise aufleben. Wie sollte man das Ganze einsortieren oder benennen? Death Rock, Dark Rock 'n' Roll oder auch Post Punk mit deutlichen Einflüssen von CHRISTIAN DEATH. "Until the Night" ist der Nachfolger von "Celestial Disease" (2019) und stellt eine Weiterentwicklung der Kalifornier dar. NEW SKELETAL FACES, bestehend aus Errol Fritz, KRO und Don Void wurde 2017 gegründet. Das Cover des neuen Albums lässt an Edvard Munchs „Schrei“ denken und apropos Schrei: Die Gesangsdarbietung ist ein Hall-unterlegtes eindrücklich schmetternd-kreischendes (nicht unanstrengendes) Keifen.
Nach dem Opener „Disexist“ erklingen die lässigen Bassklänge von „Until The Night“: der Song offenbart zarte THE CURE-Einflüsse und ein feines Gitarrenspiel, dass im Kopf bleibt. „Ossuary Lust” setzt auf fettes Riffing und “Wombs” auf Gothic-Sound. Zu “Zeitgeist Suicide“ explodiert nach 1:30 Minuten der Punk und tritt die Tür ein und in „Pagan War“ kombinieren NEW SKELETAL FACES dominante Bassklänge und kecke Riffs. „Enchantment Of My Inner Coldness“ kommt mit melancholischen und atmosphärischen Klängen um die Ecke und lässt die Feuchtigkeit der herbstlichen Fenster gefrieren. Die Band beendet die Platte mit einer Cover-Version von BATHORYs „Raise The Dead“ und schönem Tremolo-Gewitter.
Aufgenommen, gemischt und gemastert wurde von Bill Metoyer (SLAYER, W.A.S.P.): die Produktion ist mit seinem roh-organischem Sound und edel düster nuanciertem Klang erste Sahne! Die mitunter tanzbare Mucke hat treibenden Rhythmen und besitzt eine gewisse innovative Raffinesse.
HEADCAT ist eine Roackabilly Band welche sich anlässlich einen Elvis-Tribute 1999 gründete und zu deren Gründungsmitgliedern neben den bis heute aktiven Sänger und Gitarristen Danny B. Harvey (LONESOME SPURS, THE ROCKATS) auch Slim Jim Phantom (THE STRAY CATS) und der gute Lemmy (MOTÖRHEAD) gehörten. Aus welchem Grund auch immer wird das 2011er-Studiobalbum „Walk The Walk… Talk The Talk“ nun wieder veröffentlicht und um die beiden Liveaufnahmen „Live In Berlin“ (aus dem Huxley’s in Berlin vom 18.10.2011) und „Dreamcatcher“ (aus dem Viejas Casino, Alpine CA vom 01.02.2008) ergänzt.
Das Album „Walk The Walk… Talk The Talk“ enthält dem Genre entsprechend zwölf kurze, auf den Punkt kommenden Songs; meist mehr oder minder bekannte Cover, z.B. CHUCK BERRY („Let It Rock“) oder die BEATLES („You Can´t Do That“); welche in dieser Form aber einen zeitgemäßen Touch bekommen. Dazu noch zwei Eigenkompositionen zwischen Rockabilly und Blues („American Beat“ und „The Eagle Flies On Friday“) die sich nahtlos einreihen – die drei haben den Rock’n’Roll halt im Blut.
„Live In Berlin“ (2 Songs, 60 Minuten) wird erstmalig veröffentlicht, auch als rote Doppel-LP, die CD hat wie die zweite Live-Veröffentlichung „Dreamcatcher“ (18 Songs, 50 Minuten) ausführliche Sleevenotes. Geboten wird unverfälschter Live-Rock aus seinen 50er und 60er-Ursprüngen, mit einem urwüchsigen, unverfälschten Sound – Rock’n’Roll pur. Den Protagonisten ist die Spielfreude anzuhören, den Zuschauerreaktionen der Spaß. Querbeet geht es durch die Rockabilly-Botanik – nicht nur Liebling Lemmy macht dabei eine überaus gute Figur. Die Songs dürften oft nur Insidern oder Altvorderen bekannt sein – für jene unten mal die Tracklist. Leidet „Dreamcatcher“ noch etwas unter einem schwachbrüstigem Sound, so bietet „Live In Berlin“ Hörgenuss „State Of The Art“ (mit einem im Vordergrund agierenden Lemmy Kilmister). Andererseits ist die alte Aufnahme unverzerrter, eher am Sound der 50er, als der Mitschnitt aus Berlin, welcher mehr Wumms hat und eher „Party“ vermittelt. HEADCAT haben dem Rock’n’Roll mit diesen Darbietungen in der Ihnen eigenen Art sicher eine großen Gefallen getan. Wer damit was anfangen kann – zugreifen.
Walk The Walk, Talk The Talk
01. American Beat
02. Say Mama
03. I Ain't Never
04. Bad Boy
05. Shakin' All Over
06. Let It Rock
07. Something Else
08. The Eagle Flies On Friday
09. Trying To Get To You
10. You Can't Do That
11. It'll Be Me
12. Crossroads
Live In Berlin (60:40)
01. Good Rockin' Tonight
02. Something Else
03. American Beat
04. Always in My Way
05. Let It Rock
06. Not Fade Away
07. Fool's Paradfise
08. Susie Q
09. Big River
10. Shakin' All Over
11. The Eagle Flies On Friday
12. It'll Be Me
13. Bad Boy
14. I Can Tell
15. Rock This Town
16. My Babe
17. Matchbox
18. Crossroads
19. Introductions
20. Say Mama
21. Blue Suede Shoes
Dreamcatcher - Live At Viejas Casino
01. Good Rockin' Tonight
02. Fight For Your Life
03. Something Else
04. Always in My Way
05. Not Fade Away
06. Let It Rock
07. Fool's Paradise
08. Susie Q
09. Five Long Years
10. Big River
11. Shakin' All Over
12. It'll Be Me
13. Bad Boy
14. Route 66
15. Rock 'n' Roll Will Save You
16. Introductions
17. Matchbox
18. Crossroads
"Walk The Walk… ", "Live In Berlin“, "Dreamcatcher“
Der ältere, tippende Herr an den Tasten wundert sich, schrieb er doch grad erst ein Review. Jetzt schon das nächste für KÄRBHOLZ? Und "Kapitel 10: Wilde Augen" nach "Kapitel 11: Barrikaden"? Da stimmt doch was nicht. Zum Glück war es kein Zeichen fortschreitender Demenz, aber man merkt, dass auch die Kärbhölzer älter werden. Denn das neue Album wirkt zwar jugendlich, fast trotzig, aber irgendwie auch sehr nostalgisch. Kennt ihr auch, oder? Dieses Zurückdenken an das erste Metallica-Konzert in der Hamburger Markthalle oder das erste schüchterne Treffen mit Mike von Destruction, die wilde Jahre beim Dynamo und so weiter. Selig grinsen die, die sich noch ein bisschen erinnern können. Und ein bisschen klingt es genauso, wenn KÄRBHOLZ an erste Tattoos zurückdenken oder an ihre Anfänge („Willkommen in der zehnten Episode“). Musikalisch hüpfen die Jungs (wie immer) irgendwo zwischen Onkelz („Schwarz und weiß“ oder „Halte fest“) und Hosen herum, sind gelegentlich metallischer als beide zusammen, manchmal aber auch genauso schlagerig unterwegs. Und so gibt es fette Arschtritte und süße Umarmungen – KÄRBHOLZ bieten irgendwie angenehme Unterhaltung in der Schnittmenge aus Rock, Neuer Deutscher Härte, Punk, Rock’n’Roll und Metal. Das wollten sie bestimmt nicht immer – aber es fühlt sich heute geradezu gemütlich an. Und sehr professionell. Vor allem macht es Spaß. Mehr muss ja auch gar nicht.
Das Montreux Jazz-Festival ist nicht gerade bekannt als Heimat für laute, harte Musik – obwohl da auch schon Bands wie AUDIOSLAVE, DEEP PURPLE oder LED ZEPPELIN auftraten. MOTÖRHEAD sind da nochmal eine ganz andere Nummer – überraschenderweise durften sie dann am 07. Juli 2007 aber ran – und untermauerten Live, dass mit Ihnen nach eher etwas laueren Jahren wieder voll zu rechnen war. In der Besetzung Lemmy Kilmister, Phil Campbell und Mikkey Dee ließen sie nämlich über 90 Minuten hinweg nichts anbrennen und (man hört es an den Zuschauerreaktionen) trafen damit genau den Nerv des Publikums. Ob Meinereiner noch all die Live-Mitschnitte des guten Lemmy & Co. noch auseinanderhalten kann sei dahingestellt; dieser ist rau und erdig und natürlich laut – so wie man Lemmy halt mochte. Für Montreux hatte sich die Band eine etwas abgewandelte Setlist einfallen lassen (siehe unten), welche auch einige weniger oft gespielte Stücke enthielt („I Got Mine“ oder „Sword Of Glory“); und mit „Rosalie“ noch eine lockere Version eines THIN LIZZY-Tracks. Richtig gut, auch soundtechnisch, wird es dann ab der endgeilen Perfomance von „Just ‘Cos You Got The Power“ bis zum unkaputtbaren Schluss-Duo aus „Ace Of Spades“ und „Overkill“. Ob man „I Got Mine (Live At Montreux 2007)” als das X-te Livealbum im Schrank braucht? Fragezeichen? Aber an sich geht MOTÖRHEAD immer.
Als „Uns Lemmy“ von uns ging und sich die erste Trauer gelegt hatte, da stieg die Furcht vor dem Ausverkauf des MOTÖRHEAD-Erbes. Ein billiger Overflow, mit kunterbunten Vinyls und zig Cover-Bands. Kann sein, dass das auch so gekommen ist, aber auf diese Veröffentlichung trifft das keinesfalls zu. Genauso wenig wie auf Phil und seine Bastards-Jungs oder Motörizer. Aber zum Thema: Die eiserne Faust regiert zum 40. Geburtstag sowas von… Da kriegste Hummeln innen Hintern und tüchtig Durst. Wie geil und authentisch klingt der 82er-Live-Mitschnitt aus Glasgow bitteschön – wie geil ist die Setlist (siehe unten), wie geil sind die Ansagen? „Wir sind hier nicht bei Leo Sayer….“ Sagt Lem bei einer zu zurückhaltenden Publikumsreaktion, fordert die Schotten heraus und als sie total ausrasten, nuschelt der Fronter non-chalant: „Das klingt eher nach Glasgow!“ Instyle sind Lemmy, Fast Eddie und Animal, also DIE Besetzung schlechthin, sowieso immer. Auch wenn „Iron Fist“ so etwas wie das schwarze Schaf der „großen Fünf“ der VÖs in der Amigo-Besetzung ist, so macht das viel flottere Album heute viel Spaß, vielleicht sogar mehr als früher. Weil es so urwüchsig ist und nicht so durchgenudelt „Ace of Spades“ und die anderen „Hits“... Und es mit "(...) Religion", "I'm The Doctor" und dem Titelstück eben auch voll die Klassiker an Bord hat. Dazu überzeugt diese Deluxe-Ausgabe – auch wenn es schon mehrere Re-Releases gab – als Hardcover-Pack mit zwei CDs oder drei LPs. Die Original-Scheibe ist neu gemastert, es gibt bisher unveröffentlichte Demo-Bonus-Tracks und eben das komplette Konzert, das Radio Clyde am 8. März 1982 übertrug. Hier ist es gerade die vermeintlich miese Aufnahme-Qualität, die Spaß macht und daran erinnert, was wir Älteren früher für miese Bootlegs ausgaben und wieviel Freude wir an der Atmosphäre hatten, ohne über Technik und Recording-Standards zu schwadronieren. Und vor allem: Hier ist „Motörhead“ noch der Rausschmeißer. Der Song erinnert gleichzeitig daran, dass es das alles so nie wieder geben wird. Schnüff. Geil aber auch das Booklet mit der Story des Albums und vielen bisher (zumindest vom Rezensenten) ungesehenen Fotos. Neben der vorliegende 2-CD-Version gibt es eine Limited -Edition, blaue & schwarze Swirl-LPs … Sind wir also doch beim Sell-Out? Egal. „Iron Fist“ ist dermaßen der Hammer. Nur das "See you again" am Ende des Live-Mitschnitts macht irgendwie wieder traurig. Sehr. Stille. Also nochmals von vorn!
Das ist drin:
Original Iron Fist Album
1. Iron Fist
2. Heart of Stone
3. I’m the Doctor
4. Go to Hell
5. Loser
6. Sex and Outrage
7. America
8. Shut It Down
9. Speedfreak
10. (Don’t Need) Religion
11. Bang to Rights
Jackson’s Studio Demos October 1981
1. Remember Me, I’m Gone
2. The Doctor
3. Young & Crazy
4. Loser
5. Iron Fist
6. Go To Hell
CD & Digital Bonus Tracks
1. Lemmy Goes to the Pub
2. Some Old Song, I’m Gone
3. (Don’t Let ‘Em) Grind Ya Down (Alternate Version)
4. Shut It Down
5. Sponge Cake (Instrumental)
6. Ripsaw Teardown (Instrumental)
7. Peter Gunn (Instrumental)
Live at Glasgow Apollo 18/3/82(Previously unreleased)
Bei der Review zum neuen Album von MICHAEL MONROE darf man sich diesmal durchaus recht kurz fassen. Denn was die ehemalige HANOI ROCKS Frontsau hier mit gewohnt guter Laune präsentiert ist ein tolles, auf den Punkt kommendes Album welches dem Titel „I Live To Fast To Die Young“ alle Ehren macht. Der eröffnende Pogo-Track „Murder The Summer Of Love“ gibt die generelle Richtung vor; Spaß solls machen. Für einen Retro-Klassiker wie „Can't Stop Falling Apart“ würden Jagger & Co. gar auf Drogen verzichten – und der mit einem SLASH-Solo veredelte Titeltrack würde in einer gerechteren Welt im Radio hoch und runter laufen. Und die ruhigeren Tracks des Albums wie „Antisocialite“ und „Dearly Departed“ sind dabei durchaus auch zu den Highlights zu rechnen uns setzten gekonnt einen Kontrapunkt zu den schnellen 2 ½-minütigen Punk-Rockern. Tja, MICHAEL MONROE hat sich da in 2022 ein ganz eigenes Stück High-Energy-Rock für die Nach-Corona-Zeit-Festival-Saison gezimmert. Dabei bedient „I Live To Fast To Die Young“ die Punk-Fraktion genauso gekonnt wie Altrocker vom Stones-Flügel und die Sleaze-Fans. Party On Garth (wer das noch kennt) – MICHAEL MONROE rockt.
Von mir aus könnte es alle 3 Monate was Neues von MOTÖRHEAD geben – mir macht das noch immer Laune. Diesmal haben wir mit dem Doppeldecker „Everything Louder Forever” eine Best-Of-Scheibe welche endlich mal die komplette Schaffensperiode der ehemals lautesten Rock’n’Roll-Band der Welt abdeckt. Das will meinen: Hier sind nicht nur die Erwarteten (und leider fast schon totgenudelten) Klassiker am Start (von „Overkill“ über „Killed By Death“ bis „Ace Of Spades“), sondern auch eine ganze Reihe von Songs, die man nicht mehr so im Fokus hat – und die voll der Hammer sind. Hier seien nur mal „Just Cos You Got The Power” und „Choking On Your Screams” als Beispiel genannt. Ob man hier tatsächlich das Beste aus den 22 Studioalben umfassende Werk von Lemmy & Co. zusammen getragen hat ist natürlich wie immer äußerst subjektiv. Apropos subjektiv – ich für meinen Teil empfinde den Sound der beiden CDs etwas höhenlastig und hätte mir mehr Druck gewünscht. Kann aber auch sein, dass ich auch beim X-ten hören immer noch MOTÖRHEAD Live im Ohr habe.
Für die Retro-Fans unter uns gibt es das Teil dann auch noch als Deluxe 4LP Foldout Edition Plus – nur mal zur Info.
Der von der Szene immer noch nicht restlos verdaute Abgang von Lemmy Kilmister fördert abseits der unzähligen Tribute-Scheiben im MOTÖRHEAD-Umfeld auch andere Seltsamkeiten zu Tage. Die Band LEADER OF DOWN wurde so um 2008 von dem ehemaligen MOTÖRHEAD-Gitarrist Würzel gegründet – der aber 2011 vor Fertigstellung der Platte verstarb. Zuvor wurden in einem Londoner Studio unter Mithilfe von Steve Clarke (ex-FASTWAY) Songs geschrieben und aufgenommen. Im Nachgang entschied sich die Band das Album fertig zu stellen um Würzel ein Denkmal zu setzen. Dies ging über die Jahre und unter der Mitwirkung von Lemmy (R.I.P.), Phil Campbell, Fast Eddie Clarke (der im Januar 2018 verstarb), Whitfield Crane (Ugly Kid Joe), Lee Richards (ex–Godsmack), Bruce Foxton (The Jam) und Cliff Evans (Tank). Das Line Up wurde von Sänger Matt Baker und Gitarrist Alex Ward vervollständigt.
Das Ergebnis wird nun unter dem Titel „Cascade Into Chaos“ veröffentlicht und dürfte allen Fans von Kilmister & Co. durchaus ein Lächeln ins Gesicht zaubern. Und natürlich; mir als Fan gefallen die beiden von Lemmy noch recht kurz vor seinem Tod eingesungenen Songs „Paradise Turned Into Dust“ und das deftig-krachende „Laugh At The Devil“ welche das Album einrahmen mit am Besten. Aber auch dazwischen wissen der Titeltrack „Cascade Into Chaos“ (eingängiger Ohrwurm) und das eher etwas gemächliche „Children Of Disease” mit hohem Spaßfaktor aufzuwarten. Auch das schnelle „Snakebite“ mit Fast Eddie hat was. Auch wenn mir ich hier oft einen etwas rotzigeren Gesang gewünscht hätte. Das „Cascade Into Chaos“ nicht auf einen Schlag von einer Band aufgenommen wurde, sondern das Ergebnis langer Arbeit war hört man leider etwas am Sound. Das sollte den MOTÖRHEAD-Fan und die Anhänger fetten Rock’n’Rolls aber nicht daran stören an LEADER OF DOWN seine Freude zu haben.
1. Paradise Turned Into Dust (Gesang Lemmy)
2. Cascade Into Chaos
3. People Say I’m Crazy
4. Serial Killjoy (zusätzlicher Bass Bruce Foxton)
5. Children Of Disease (Whitfield Crane Gesang, Lee Richards backing vocals, Phil Campbell zweites Gitarren Solo)
6. Snakebite (Fast Eddie Gesang und Gitarre)
7. Punch and Geordie
8. Feel Good (Cliff Evans erste Gitarren Solo)
9. The Killing Rain (letztes Stück, das Würzel jemals aufgenommen hat)
10. Laugh At The Devil (Lemmy Gesang, Gitarre Fast Eddie Clarke)
Sascha Vollmer (alias Hoss Power) dürfte dem einen oder anderen als Mitglied der erfolgreichen Country-Rock-Band THE BOSSHOSS bekannt sein. Dass der Herr ein musikalisches Leben davor hatte ist dabei weniger im Fokus der Öffentlichkeit hängen geblieben. Dabei hatte er zusammen mit THE BOSSHOSS Gründungsmitglied Michael Frick (Bass, heute CORVUS CORAX) und dem Schlagzeuger Robert Bangrazi unter der Firmierung HOT BOOGIE CHILLUN im Jahr 2005 mit dem Album „15 Reasons To Rock’n’Roll“ ein tolle Werk handgemachten Rock’n’Roll am Start. Die Mixtur aus Rockabilly, 60s-Rock, Punk, Blues und Country war damals ein Szene-Highlight und hat heute für Insider der genannten Spielrichtung durchaus Kult-Status (und ist laut Info schwer zu kriegen). Also muss Anno 2018 ein um 3 Bonusstücke erweitertes Re-Release mit dem passenden Titel „18 Reasons To Rock’n’Roll“ her.
Und der lohnt sich immer noch – denn „18 Reasons To Rock’n’Roll“ versprüht den authentischen Charme der Ursprünge des Rock’n’roll: rebellischer „Old School Rock“, ansatzweise melancholisch und cool in Szene gesetzt. Umgesetzt wurde das mit reichlich Energie und Rock-Attitüde, welche sich aber nur zum Teil im Tempo wiederspiegelt – sondern vielmehr im Einfallsreichtum, im Enthusiasmus, in Songs mit Ideen und Wendungen, in einer abwechslungsreichen Instrumentalisierung, in anzüglichen Texten mit lässig-legerem Gesang. Es gibt Songs mit Mundharmonika, mit Saxophon und Bläserarrangements, mit weiblichen Background-Chören; Tracks mit Semi-akustischer Ausrichtung. Klassischer Rock’n’Roll bis Hard Boogie inklusive. Wer es nicht so recht glaubt, darf ruhig mal in das Sixties-Rockabilly-Highlight „I Wanna“, in das mehr hart rockende „Triple Extroversion“, in das lässige Instrumentalstück „Penetration“ oder in das zu einem Tempo-Rocker mutierte FLEEDWOOD MAC-Cover „Oh Well“ reinhören. Das sich HOT BOOGIE CHILLUN auch wieder Live aufmachen lässt aufhorchen; „18 Reasons To Rock’n’Roll“ macht darauf echt Lust.