Shit, was ist das denn?!? Pop-Punk ist ja eh schon eine üble Sache, aber so grottigen habe ich schon lange nicht mehr gehört. Übelst glattgebügelter und krampfhaft bemüht fröhlicher Sound seiert einem auf dem Debüt der Österreicher THIRTEEN DAYS durch die Ohren. Eine persönliche Note sucht man vergebens, alles ist auf US-amerikanischen, MTV-tauglichen Kommerz-Punk getrimmt. Das alleine tut schon echt richtig weh, aber dazu bieten die Songs wirklich überhaupt keine Höhepunkte, und fürchterlich lahm klingt das alles auch noch. Dieses Album wird wohl keinen müden Hund hinterm Ofen hervorlocken.
Bei der Masse der Veröffentlichungen wünscht man sich, dass sich eine neue Scheibe von den zahlreichen Veröffentlichungen auf dem Musikmarkt abhebt und einen eigenen Stil besitzt. Innovativ, mitreißend und ergreifend sollen die Songs sein und nicht zuletzt zum Abtanzen einladen. Bei so vielen Wünschen auf einmal muss man oft erkennen, dass es selten ein Album schafft, in solche Sphären zu gelangen. Selten heisst allerdings nicht niemals. Mit der am 30.10.2009 veröffentlichten Scheibe der DONKEYSHOTS aus München namens "Chasing Windmills" liegt mir ein solch weiter Wurf vor. Die Musik der fünfköpfigen Band bestehend aus Gitarre/Gesang, Saxophone, Posaune, Bass und Drums ist eine ganz wilde Mischung aus Gypsy Rock, Ska, Punk und eine kleine Prise Nu Metal. Wie sich das ganze anhört, ist schwer zu beschreiben. Klassische Liebhaber des Heavy Metalls werden sicherlich nicht bedient. Trotzdem hat die CD eine Menge Pfeffer im Arsch. Die Band versteht es, mitreißende Songs zu komponieren, die von ihren Melodien und Stilwechseln außerordentlich begeistern können. Gerade der Einsatz von Posaune und Saxophone gibt der Musik ihren ganz eigenen Stil, den man in dieser Kombination nur sehr selten zu hören bekommt. Die DONKEYSHOTS haben einen unverwechselbaren Sound und grenzen sich so von den massenhaften Neuerscheinungen wohltuend ab. Als Anspieltip will ich den Song "Son Of The Sun" herauspicken, der nach einem stimmungsvollen Bläserintro in eine Art treibende Speekpolka mündet, bei der die Band das Zusammenspiel der verschiedenen Instrumente zelibriert. Sollten die DONKEYSHOTS einmal in meine Nähe kommen, werde ich es mir nicht nehmen lassen, diese wahnsinnige und einzigartige Truppe aus der Nähe anzusehen. Volle Punktzahl.
Gut gemachter Crust ist irgendwie rar geworden, da ist es immer wieder schön, ein solide dreckiges Album wie „Fake Dimension“ von SIMBIOSE in die Finger zu bekommen. 13 Songs ehrlichen Crustcore ohne viele Schnörkel hauen die Portugiesen raus, haben dazu unter amderen Joao von RATOS DE PORAO im Studio gehabt (Ulf Bloomberg, der auch schon M40 veredelt hat). Auch wenn der Opener noch mächtig gradlinig auf die Zwölf gibt, macht „Fake Dimension“ spaß, zumal sich Songs wie „Auto-Estima“ als fast schon tanzbar-groovig entpuppen, einem unwiderstehlich guten Riff sei Dank. Natürlich gibt es auch gnadenlos heftige Attacken Marke „Sem Moral“, die jedem WOLFBRIDGADE/ DRILLER KILLER/ DISFEAR-Fan das Wasser im Mund zusammenlaufen lassen werden. „Fake Dimension“ ist eine Crust-Platte wie aus dem Lehrbuch und eines der besten Releases des Genres in der letzten Zeit.
STRIKE ANYWHERE sind bei Bridge9 gelandet, um den bei Fat Mikes Label veröffentlichtem „Dead FM“ einen Nachfolger zu geben. „Iron Front“ bietet typische STRIKE ANYWHERE-Front: schnell, melodisch, mit catchy Refrains und Phrasen, die sich wunderbar schnell ins Ohr fräsen. Dazu Texte, die immer noch im links-anarchistischen Spektrum zu finden sind und dabei zu keiner Zeit aufgesetzt oder peinlich wirken. Scheinbar haben sich die Richmonder auf ihre Hardcore-Wurzeln besonnen, „Iron Front“ ist roher als der Vorgänger und geht dadurch mehr in Richtung „Exit English“ - „Blackbirds Roar“ wird richtig eingängig und dürfte mit Glück ein Tanzflächenfeger werden, wie ihn RISE AGAINST nicht besser hinbekommen könnten. Die Band schafft den Spagat zwischen Punk und Charts, zwischen ehrlicher Politik und einfach mitreißenden Songs, die auch dem unpolitischen Rock-Fan gefallen werden. Dazu trägt das immer voraus sprintende Schlagzeug (das eine Spur zu laut abgemischt wurde und dadurch den Gitarren manchmal die Luft zum Atmen nimmt), die melodischen Songs und der charakteristische Gesang von Thomas, der sich Wut und Empörung von der Seele schreit. Gibt ja auch genug Themen, die einen intelligenten Menschen ankotzen können, von zügellosem Kapitalimus bis US-Aggression reicht das Spektrum locker – und könnte mehr als eine Platte füllen. „Iron Front“ ist da schon mal ein Anfang und schreit auf durchweg hohem Niveau den Frust über den Zustand der Welt hinaus, eingefangen in schnellen und düsteren Songs, die jedem RISE AGAINST- und ANTI-FLG-Fan gefallen werden. Also auf in die Plattenläden, kauft die Vinyl und setzt eine Zeichen! STRIKE ANYWHERE machen genau das und damit deutlich: sie sind wieder da – und das besser als zuvor!
Eigentlich spielen AT THE FAREWELL PARTY einen Sound, auf den ich absolut allergisch bin: glatten Pop-Punk nach amerikanischem Vorbild, der toll auf MTV passt. Dementsprechend hatte ich mich ehrlich gesagt schon auf einen Verriss eingestellt, als ich das Debüt-Album des Fünfers aus Frankfurt in den Player schob. Doch so leicht machen die Jungs es mir einfach nicht… Gegen meinen Willen blieb ich beim Hören immer wieder hängen, an den tight gespielten Beats und Riffs, am hervorragenden Gesang von Daniel Clarkston, den effektvoll, aber dezent eingesetzten mehrstimmigen Chören und vor allem – an den Songs selbst. Diese sind nämlich randvoll mit tollen Ohrwurmmelodien, und die sind teilweise sogar so gut, dass es völlig egal ist, was für Musik die Jungs machen, man geht einfach unweigerlich mit. Man höre sich nur den flotten Opener „Togetherness“, das treibende „The Mechanism Of Bad Taste” oder das getragene „Final Nights“ an. Hier werden einem Melodien geboten, denen man einfach nicht widerstehen kann. Okay, etwas Dreck könnte der Gesamtsound dann doch noch vertragen. Aber für ein Debüt haben die fünf Hessen ein erstaunlich reifes Album vorgelegt.
Eigentlich seltsam, direkt als zweites Album ein komplettes Cover-Album aufzunehmen. Genau das haben FOUR YEAR STRONG aber getan, und man fragt sich, ob den Jungs etwa schon jetzt das Songmaterial ausgegangen ist. Für „Explains It All“ hat die Band diejenigen Songs eingespielt, die sie am meisten beeinflusst haben. Was auch wieder merkwürdig ist: Es handelt sich dabei ausschließlich um Songs aus den 90er Jahren, weshalb „Explains It All“ also ein komplettes 90s Cover-Album ist. Dabei kommt eine ganz ordentliche Mischung zustande, die Songs wie „In Bloom“ von NIRVANA, „Spiderwebs“ von NO DOUBT und „Bullet With Butterfly Wings” von den SMASHING PUMPKINS enthält, aber etwa auch „Ironic“ von Alanis Morissette. Bei aller Stilvielfalt der Originale bringen es FOUR YEAR STRONG aber fertig, jeden einzelnen Song von einer persönlichen Note zu befreien und in ihren typischen, übelst glattgebügelten Pop-Punk-Sound zu pressen. Das ist nicht mehr mal mehr witzig, sondern nur noch nervig, völlig unoriginell und seelenlos. Ein Album, das die Welt nicht braucht.
Zwei grundlegende Dinge bekommt man nach dem “Genuss” dieses Albums mit auf den Weg: BANANE METALIK haben den wohl übelsten Bandnamen seit Langem, und Französisch eignet sich für punkigen Rock´n´Roll als Artikulationsform ähnlich gut wie buschmännische Klicklaute für Suicidal Black Metal. BANANE METALIK eiern mit ihrem zahnlosen „Gore´n´Roll“ (vermutlich wegen der wahnsinnig fiesen Gruseltexte…) schon seit knapp 20 Jahren durch die Botanik, lediglich unterbrochen in den Jahren 1995-2005. Und man fragt sich, warum das Quintett diese Pause überhaupt beendet hat, denn „Nice To Meat You“ (was für ein Wortspiel, hossa die Waldfee!) besitzt überhaupt nichts, das eine Empfehlung dieses Albums nach sich ziehen könnte - Simpel-Punkrock mit viel pseudo-abgedrehtem Geschrei, aber ohne echte Aggression oder wenigstens herrlich asoziale Ausstrahlung, dafür aalglatt (wenn auch ordentlich fett und bisweilen etwas höhenlastig) produziert und nirgends wirklich aneckend. Hört Euch nur mal „Chair Et Tendre“ oder „Pussy Cat“ an: zum Davonlaufen! Da machen auch ein etwas gelungenerer Song wie „Plan 69 From Outer Space“ (wieder ein geniales Wortspiel – hossa die Waldfee nochmal!) oder die zwei Bonus-Videos den Kohl nicht mehr fett. Es mag Leute geben, die hier die Inkarnation der zügellosen Originalität erkennen, aber ich greife in Sachen Horror mit Augenzwinkern lieber zu fähigeren Kollegen wie POWERWOLF und Co.. Die sind zwar musikalisch auch nicht gerade innovativer, machen aber (spätestens bei fünf Promille) echt Laune und gehen einem nicht permanent auf die Nüsse!
Ein neues GENERATORS-Album ist immer wieder etwas Schönes. Mit absoluter Verlässlichkeit wird Scheibe für Scheibe der typische melodisch-dreckige Sound abgeliefert, der dem jeweiligen Vorgänger aber auch nicht zu ähnlich ist, so dass man dem Fünfer aus L. A. keinesfalls vorwerfen kann, immer wieder dasselbe Album aufzunehmen. Und auch der siebte Longplayer ist über jeden Zweifel erhaben. Direkt der treibende Opener „Sound Of The Alarm“ kickt ordentlich, und mit viel Energie wird ein Ohrwurm nach dem anderen rausgehauen. Im Mittelpunkt steht dabei wie immer die geniale Stimme von Ausnahme-Shouter Doug Dagger, der den Sound der GENERATORS seit jeher wesentlich prägt. Ab Track 6 löst sich die Band aber auch immer wieder von ihrem typischen Sound. „Worlds Apart“ z. B. überrascht durch seine Nähe zum Indie-Rock, bei „Southern Nights“ ist stellenweise der Singer-/Songwriter-Punkrock von THE GASLIGHT ANTHEM herauszuhören, „Right Beside You“ kommt ungewohnt poppig und „Somewhere In The Rain“ komplett akustisch daher. Trotzdem klingt alles wie aus einem Guss, und vor allem sind das alles wirklich tolle Songs. Alles beim Alten also im Hause GENERATORS. Sprich: Gewohnte Qualität in typischem Sound, angereichert durch einige neue Einflüsse, so dass hier wohl niemand über mangelnde Abwechslung meckern kann. Wieder einmal ein klasse GENERATORS-Album!
Nur um Missverständnissen vorzubeugen: Der 1996 gegründete Vierer kommt nicht aus Reno, Nevada, sondern aus Denver, Colorado. Der Bandname bezieht sich darauf, dass in Reno Ehen extrem leicht wieder zu trennen sind. Aber vielmehr sollte hier ja die Musik der Band interessieren, und die geht gut nach vorne und in die Ohren. Die Jungs spielen dreckigen, melodischen Punkrock, der wie eine Mischung aus SOCIAL DISTORTION und den BONES klingt, wobei es nicht durchgehend schnell abgeht, sondern oft auch im Mid-Tempo gerockt wird. Der Sound kommt extrem eingängig daher, kommt in Bezug auf Intensität aber nicht an SOCIAL D und in Bezug auf Druck und Energie nicht an die BONES heran. Überhaupt sind die Songs alle nicht besonders originell und bewegen sich stellenweise nah am Mainstream. Andererseits: Das Album macht einfach Spaß. Der Sound ist genau an den richtigen Stellen dreckig, strahlt eine rotzige Rock n’ Roll-Attitüde aus und hinter jeder Ecke verbergen sich Ohrwürmer. Wer auf die beiden genannten und ähnliche Bands steht, sollte unbedingt mal reinhören.
Satte 11 Jahre ist das letzte Lebenszeichen der Ostdeutschen Punkinstitution DIE SKEPTIKER, das eher durchwachsene Album „Wehr Dich“ her. Das DIE SKEPTIKER jetzt wieder on Tour sind dürfte sich mittlerweile ja schon rumgesprochen haben; die Veröffentlichung von „Dada in Berlin“ (remasterte Best of Scheibe) gab Hoffnung auf mehr. Dem ist so. Mit „Fressen und Moral“ (frei nach Bertold Brecht) gibt es jetzt neuen Stoff der Ost-Berliner Band um Sänger und Texter Eugen Balanskat. Musikalisch ist der gefällig und gekonnt arrangierte Punkrock dabei jederzeit nachvollziehbar, melodisch und Pogo-fähig. Der Härtefaktor tut bei den SKEPTIKERN keinem weh – den erdigen Charme der Straße spürt man nur (noch) dezent - die teilweise inhaltsschweren, oft zeitlos kritischen Texte treffen aber je nach eigener Einstellung schon ins „Schwarze“ – wirtschaftliches Ungleichgewicht, politische Kaste, Rechtsextremismus. Der theatralische Gesang von Eugen Balanskat ist dabei wie schon früher eine Gegenpol zur aggressiveren Musik, verleiht der Botschaft eine zusätzlich eindringliche Note. Unterstützt von Bassist Mathias Kahle, den Gitarristen Lars Rudel (CULTUS FEROX, BLIND PASSENGERS) und Tom Schwoll (u.a. JINGO DE LUNCH, EXTRABREIT), Schlagzeuger Andy Laaf (MAD SIN, BLIND PASSENGERS, CASSANDRA COMPLEX) sowie Gunnar Schröder (DRITTE WAHL) für die Backing Vocals und Georgi 'Joro' Gogow (CITY) an der Violine (für „Ego“) zielen Songs wie das eingängige „Lügenwelt“, der heimliche, sehr aktuelle Titeltrack „Gerechtigkeitsproblem“, das sozialkritische „Aufruhr“ und „Wochenendgewalt“ (thematisiert die rechte Gewalt) auf Kopf und Beine. Mit „Fressen und Moral“ haben DIE SKEPTIKER einen gewollt kritischen Spiegel der deutschen Wirklichkeit in die Punklandschaft zementiert der manchen gut tun wird. Nach der gelungenen Reunion-Tour nun also ein starkes Album, dessen tolles Coverartwork auch noch klasse zum Titel „Fressen und Moral“ passt.