Beinahe alle der Bands, die damals teilweise sehr innovativ damit anfingen Metal mit Elektronik zu mischen, knabbern heute daran, noch etwas Neues auf die Beine zu stellen. STATIC X machen da keine Ausnahme - was damals noch wirklich verwirrte, reißt heute keinen mehr vom Sofa. Nach einigen teils skandalträchtigen Line Up Wechseln sind STATIC X beinahe wieder bei ihrem Gründungsquartett angelangt, insbesondere die Rückkehr von Gitarrist und Samplespieler Fukuda hat hörbare Spuren seit dem letzten Album hinterlassen. Beim Opener und Titeltrack "Cannibal" verheizen sie die einzige Originalität dieses ansonsten jedoch durchaus gefällig hart groovenden jedoch Songs in den ersten wenigen verqueren Sekunden. Noch deutlicher hörbarer wird Fukudas Rückkehr bei "No Submission" - mehr Elektronik und wirkliche, wenn auch wenig beeindruckende, Gitarrensoli dominieren nun bei STATIC X deutlicher den Sound. Auf Albumlänge schmerzlich limitierend geworden ist die mechanisch monotone Stimme ihres Fronters Static - sie klang zwar schon immer so, für einen normalen Song der seinen Inhalt nicht aus sperrigen Sounds zieht, bringt sie aber wenig Erfrischendes in die Musik. Durch Fukudas Gitarren sind STATIC X etwas metallischer geworden, chaotische Momente finden sich nur wenige, "Reptile" führt dahingehend das Feld an. Aber ob "Chroma-Matic", "Electric Pulse" oder der erwähnte Titelsong: Mit mitreißendem Chorus und groovenden Gitarren, nicht selten tapfer im Takt gebrüllten Schlagwörtern: die Wand aus Gitarren und einigen leichtverdaulichen Samples hat schon was. Wenn es denn eine richtige Wand wäre, denn grade der furztrockene und zu dünne Drumsound bedarf unerhört gehöriger Nachjustage des Verstärkers um das volle Brett aus der Musik zu holen. Ziemlich unverständlich, denn Bassist Campos hingegen wurde der volle Raum zugestanden - wenn er in die Saiten greift beben die Whisk(e)yflaschen im Regal. Und man lasse sich nicht von der schwachen Maxi "Destroyer" täuschen, STATIC X können auch 2007 noch härter und weniger melodiös. Nur überraschen, das können sie nicht mehr.
Als "Grungecore" sortiert das Trio ARMPIT HAIRY seine Musik ein, für mich ist das eher New Metal. Wobei ich den Grund für den Bandnamen noch interessanter zu wissen fände als irgenwelche Genre-Streitigkeiten. Fakt ist, dass die drei Kerle nach etwas längerer Pause letztes Jahr sieben neue Songs aufgenommen haben, die allesamt flott aus den Boxen kommen und mit einem pumpenden Bass, bratenden Gitarren und vor allem dem klaren Gesang überzeugen können. Die Riffs, klar im Metal verwurzelt, fräsen sich zeitweise tief in die Gehörgänge ("Shut Down All Divas") und dürften live für mehr als nur höfliches Mitwippen beim Publikum sorgen. Beim Gesang überzeugen sowohl die Screamo-mäßigen Passagen als auch die dominierenden klaren Parts, einzig bei ganz hohen Stimmlagen klingt es etwas schief. Macht im Endeffekt eine druckvolle, moderne Metalscheibe, die sich mit ihrem Mix aus Metal, New Metal und Emo zwar in der Gefahr befindet, zwischen allen Stühlen zu landen, aber bei aufgeschlossenen Freunden moderner Klänge auf positive Reaktionen stoßen wird.
New Metal ist schon eine merkwürdige Bezeichnung, so ausgenudelt wie das Genre mittlerweile ist. Und neu ist da schon lange nichts mehr. TENSIDE haben sich davon abschrecken lassen und einfach munter losgelegt, ohne sich um Vergangenes oder Kommenden Gedanken zu machen. "My Personal War" als Ergebnis ist eine kleine Zeitreise in die seligen Glanztage von KORN, LIMP BIZKIT und wie sie alle heißen. "World Of Misery" ist, trotz des unpassenden Titels, der perfekte Beweis und ein heißer Kandidate für jeden Club-Sampler, so viel Groove, Gefühl und Gitarren kann kaum jemand widerstehen, der in Zappelbuden auf der Tanzfläche zu finden ist. "Wanne Be Alone?" klingt vorher dermaßen nach LIMP BIZKIT, dass Sänger Daniel die Fred Durst-Gedächtnis-Cap am Band verliehen wird. Immerhin bringt das folgende "You Get What You Deserve" einen deutlich härteren Einschlag mit und brettert anständig aus den Boxen. Das soll jetzt aber nicht negativ klingen, denn TENSIDE haben eine ziemlich gute New Metal-Scheibe aus dem Hut gezaubert, die mit einem arschgeilen Sound ausgestattet wurde und ein Dutzend abwechslungsreicher Songs hat, die jedem Kind der Neunziger vor Verzückung (oder aus einem Nostalgie-Flashback heraus) die Tränen in die Augen treiben wird. Nur neu ist daran nichts, aber das hatten wir ja schon.
SOYLVYBE machen schon seit einigen Jahen Musik und haben es mittlerweile fünf Alben veröffentlicht, von denen ?Architecture? das aktuellste ist. Ein wenig verwundert es ja, dass die Band bisher kaum in Erscheinung getreten ist, jedenfalls außerhalb von Bayern. Aber was nicht ist, kann ja noch werden. An der Qualität vom vorliegenden Longplayer wird aus auf jeden Fall nicht scheitern ? die vier haben ansprechende Songs, die grob als moderner Metal eingeordnet werden können, ohne sich zu sehr an einer Band zu orientieren. Geboten wird stattdessen ein kraftvoller klarer Gesang, der sehr im Mittelpunkt steht und oft von ebenfalls kräftigen Backing Vocals unterstützt wird. Dazu kommen harte Gitarren, die sich aber zurücknehmen können und nie unangenehm in den Vordergrund drängen, sondern sehr songdienlich agieren und gemeinsam mit der Rhythmus-Sektion einen ordentlich Groove aufbauen. Das alles führt zu acht interessanten, hochklassigen Metalsongs, mit denen sich SOYLVYBE sehen lassen können und die die Band hoffentlich im deutschen Raum bekannter machen.
Spätestens seit "Wicked Scenes From A Memory" sind die Schweden MINORA mein persönlicher Favorit in Sachen New Metal. Mit ihrer neuen EP "A Work Of Fiction" beweisen sie erneut, dass sie zu den ganz großen Hoffnungsträgern des Genres gehören und enttäuschen keinen Fan der beiden vorherigen Eps. Vier Songs haben die Schweden (deren Basser Robert mittlerweile auch bei ONE MAN ARMY AND THE UNDEAD QUARTET spielt) auf den Silberling gepackt, vier Songs, die das volle Spektrum mitreißender, emotionaler und gleichzeitig harter Musik abdecken. Wie gewohnt sehr eingängig, leben die Tracks besonders von Tommies Gänsehautstimme, der die meiste Zeit mit seiner überzeugen klaren Stimme singt, aber auch in aggressiven Tonlagen eine gute Figur macht. Dank des gelungenen Songwritings, das sowohl schnörkellose aggressive Parts und melodische Momente vereint, kommt seine Stimme noch mehr zur Geltung und macht jeden der vier Songs zu einem kleinen Hit. Eine sehr gelungene EP, mit der MINORA dieses Mal hoffentlich mehr Glück bei der Labelsuche haben, zu gönnen ist es ihnen. Bis dahin kann sich jeder geneigte Fan die schick aufgemachte Scheibe entweder bei der Band bestellen oder direkt auf der Homepage runterladen.
Sowohl LOW LIFE LORETTA als auch SAYOWA sind mir bislang aufgefallen, obwohl beide Bands schon einige Zeit aktiv sind und SAYOWA sogar mit Andreas Kisser (SEPULTURA) gearbeitet haben. Auf der "Sangue Bom"-Split gibt es drei Songs von LOW LIFE LORETTA und zwei von SAYOWA - genug also, um sich einen ersten Eindruck von den Bands zu machen.
LOW LIFE LORETTA leben vor allem von der starken ihren Fronters, unterstützt von den bratenden Gitarren treibt er den modernen Rock voran und läßt die Chose oft nach FAITH NO MORE oder FILTER klingen. Guter, solider Mix aus Rock und Metal, der in Sachen Härtegrad sogar Metalheads gefallen dürfte und dreimal solide Kost bietet, dzu der man gut diverse Körperteile bewegen kann. In den 90ern wäre das vielleicht auch unter dem Banner Crossover durchgegangen, aber wir sind ja jetzt im 21. Jahrhundert, da darf man das Wort nicht mehr sagen, geschweige denn schreiben.
SAYOWA kommen aus Brasillien (der erwähnte Herr Kisser wird 2007 mit ihnen ihr zweites Album aufnehmen) und gehen sehr direkt zur Sache, auch wenn sie manches Mal an die Mexikaner von MOLOTOV erinnern. Dazu noch ein Schuss SEPULTURA und fertig ist das Ganze. Sehr kraftvoll, sehr groovig und gar nicht schlecht, soweit man das nach nur zwei Songs sagen kann. Ich bin gespannt, wie ihr neues Album klingen wird, die beiden Tracks der EP machen jedenfalls Lust auf den Silberling.
Die amerikanischen Megaseller und kommerziellen Metalcore-Zugpferde KILLSWITCH ENGAGE haben sich ihr eigenes Manifest mit dem letzten Album "The End Of Heartache" bereits geschrieben. Dass noch immer ein Feuer in ihnen brennt das sich danach verzehrt, nicht nur die besten Verkaufszahlen zu erzielen sondern auch musikalisch Meilensteine zu produzieren, ist auf "As Daylight Dies" sehr deutlich zu hören. Denn eins ist dieses Album nicht geworden: Eine Kopie des Vorgängers. Die grobe Marschrichtung ist natürlich geblieben, doch "As Daylight Dies" präsentiert die Jungs deutlich sperriger und vielschichtiger als früher. Im gemäßigten Härtebereich funktioniert das beim großartigen "The Arms Of Sorrow", dessen massive Moshparts sich mit zerbrechlich klagenden Gesangsparts duellieren ohne dabei in bewährtes Muster aus Strophe und Chorus zu fallen. Das cool gesungene und hochgradig groovende "My Curse" zündet schnell, die meisten Songs brauchen aber einige Durchläufe: Etwa das bretthart beginnende und verwirrende "For You" oder das atemlose startende "Still Beat Your Name", bei dem nicht nur die herrlichen Gitarren im Verlauf des Songs daran erinnern, was wir an KILLSWITCH ENGAGE so lieben: Howard Jones vielseitigen Gesang, sägende Riffs, harte Breaks und emotionale Songs. Die heimliche Überraschung findet sich vielleicht im düster schleppenden "Desperate Times". Die Produktion ist erneut rasiermesserscharf und klinisch sauber - beim cleanen Gesang haben sie es manchmal vielleicht etwas übertrieben. Schwächen im Songwriting erlaubten sich die Jungs aus Massachusetts nie: "As Daylight Dies" ist hier komplexer geraten, während der grandiose Vorgänger durch seine Eingängigkeit bestach. Das Album ist definitiv absolut top, mir persönlich lagen die catchy Songy der Heartache-Zeit jedoch etwas mehr.
B-STINGED BUTTERFLY sind ein schönes Produkt deutsch-französischer Freundschaft und ein weiterer Beweis dafür, dass nicht nur die Politikerkaste diese pflegt. Das deutsch-französische Quartett ist seit 2000 existent, das selbstbetitelte Debüt wurde bereits 2004 in Frankreich veröffentlicht und wird jetzt mit Verzögerung auch hierzulande vertrieben. Die beiden Saarländer und ihre Konterparts von jenseits der Saar versuchen sich dabei weder an deutschem Liedgut noch an frankophonen Ergüssen, sondern lassen sich musikalisch doch recht deutlich dem amerikanisch orientierten, englisch getexteten Nu Metal zuordnen. Tracks wie der typische Nu Metal Opener "Grind", wie das bedächtige, leicht hymnische "Know What You Hide", das abwechslungsreiche "Let Tha Monsta Through" sowie der schnell ins Ohr gehenden, epischen und fast schon Creed’schen Ballade "The Distance Between Us" sollten der Band bei der hiesigen Nu Metal Gemeinde Gehör verschaffen. Sänger Daniel Huth könnte zwar als mal einen Tick variabler sein, passt aber mit seiner Stimme sehr gut zum Sound von B-STINGED BUTTERFLY - insbesondere die ruhigeren Parts gehen äußerst angenehm ins Ohr. Irgendwo zwischen Staind-Balladen und Linkin Park klingt das gut produzierte Teil - natürlich ohne deren Hitdichte, aber ausbaufähig und für die Zielgruppe durchaus als Newcomer-Neustoff interessant.
Stream’s zum reinhören gibt es auf genannter Homepage.
Das BULLET FOR MY VALENTINE Feuer brennt munter weiter. Die "Hand Of Blood EP" gießt einmal mehr Öl in die Flammen dieses modernen Metals. Als Appetizer für die kurz darauf erscheinende DVD "Live At Brixton" enthält die EP fünf Liveversionen der Waliser Jungs. Die Beschränkung auf Maxis und bekannte Songs und auch die Kürze der EP bringen nicht das runde Feeling eines Konzerte rüber. Die Songs sind hart aneinandergereiht und bildeten beim Konzert in Brixton keinen zusammenhängenden Block. Sie bieten aber einen Einblick in die wuchtige Livequalitäten und dienen darüber hinaus als eine Art "Mini Best Of". Wenn das Publikum bei "Hand Of Blood" lautstark den Chorus mitbrüllt, kann man sich schon mal die Finger lecken nach der DVD. Der Gesang und die Instrumenten kicken ordentlich, technisch sauber und kompakt wirken BULLET FOR MY VALENTINE auf der Bühne. Bei "Suffocating Under Words Of Sorrow" passen die cleanen Gesangsparts und die Growls wie Puzzlestücke ineinander. "Cries In Vain", "Tears Don’t Fall" und "All These Things I Hate" machen die Handvoll komplett. Die "Hand Of Blood EP” ist was für Fans die sich nicht bis zur DVD gedulden können. Leider ist sie aber auch ein sehr offensichtlicher Versuch, Geld mit wenig Aufwand zu verdienen.
Die Amerikaner von MUSHROOMHEAD konnten mit ihren letzten beiden Majoralben in Europa, ganz anders als in den USA, aus dem Schatten noch nicht heraustreten. Eigentlich ein recht erstaunlicher Umstand, denn MUSHROOMHEAD haben wenig musikalische Konkurrenz was ihre Vielfalt angeht. Mit Waylon (ex-3 Quarters Dead) gibt es auf "Savior Sorrow" einen Ersatz für den ausgestiegenen Sänger J-Mann - ansonsten bleibt im Groben alles beim Alten. Die Band ist - mit Unterschieden im Detail - bemaskt wie SLIPKNOT und tastet sich auch manchmal vorsichtig in deren Härtegefilde vor. Hört man den cool rockenden Opener "1200" mit seinem wummernden Bass und der wuchtigen Produktion wünscht man sich, dass KORN heute noch diese Power hätten. Von den sieben Musikern sind weiterhin zwei mit rein elektronischen Spielzeugen beschäftigt: Die Keyboards aus"Simple Survivor" könnten wie der gesamte Songaufbau aus Mike Pattons Combo stammen. Sieht man von den echten Stampfern ("Burn", "Tattoo") mit wütenden Riffs ab, legen die Sieben ein großes Gewicht auf schmeichelnde Melodien. Wie auf den Vorgängern blitzen hier und da Technobeats durch, meistens angelehnt an die TR909 Bassdrum ("Stoned"). Waylons Gesang ist vielseitig, bei den cleanen Parts fehlt mir etwas der Tiefgang. Der ruhige Alternativeohrwurm "Save Us" wird hiermit zwar fast radiotauglich, wirkliche Emotionen bleiben aber verborgen. Die Klangfarbe passt allerdings und macht MUSHROOMHEAD zu einer Art FAITH NO MORE-Fackel des erlöschenden New Metal. Einzig die aberwitzige Mischung aus Brachialität und modernem Rock scheint einer möglichen Zielgruppe abträglich. Oder generiert genau so eine. Zu hoffen und auch zu wünschen wäre es MUSHROOMHEAD!