Review: Back From Hell's Holiday
Die neue PRESIDENT EVIL-Platte beginnt mit leichtem Plattenknarzen und akustischen Gitarrenklängen als Intro, ehe dann nach 40 Sekunden der stilistische Schwenk vollzogen wird: ein fetter Brachialrotzrocksound (leicht Dumpf tönt es aus der Anlage), der Opener „Dirty Cage“ hat viel Power und klingt urwüchsig.
Es ist hier vom dritten Studioalbum „Back From Hell’s Holiday“ der Recken von PRESIDENT EVIL die Rede. Tja und der Bandname ist durchaus auch etwas Programm, obwohl so richtig böse (mal von den etwas heftigeren Vocaleinschüben bei Black“ abgesehen) sind sie eigentlich gar net, aber dieser rotziger Rock der Marke "rockisch by Nature" der Bremer ist schon mitreißend für alle Rübenschüttler. Der Mix aus Arschtritt-Rockriffs mit etwas thrashigen Metalanleihen kommt dabei ohne jegliche Varianz oder gar Experimente einfach geradeaus rockriffend aus den Boxen. Nach fast fünfjähriger Albumpause ist der Nachfolger von „Hell In A Box“ jetzt draußen, die Kapelle stand zwischendurch vor dem kompletten Aus, da nicht nur Sänger Johnny Holze weg war, sondern auch Gitarrist James Lars mit einer schweren Krankheit zu kämpfen hatte. Jetzt, mit dem neuen Label Firefield Records im Rücken, hat man sich wieder zusammengrauft, für den Sängerposten wurde Neal McCocker als neuer Mann engagiert.
Nur ist der Gute stimmlich halt leider etwas eingeschränkt, will sagen dagegen klingt Glen Danzig (an den er mehr als einmal erinnert) voll variabel. Klar, Neal singt seine Strophen markant und sehr energiegeladen, aber auf Dauer ist der Gesang auf den zwölf Stücken (mit Intro und Outro) etwas zu eintönig. Sein Fähigkeiten sind relativ beschränkt, da geht nicht viel bei den Melodiebögen, die vielfach zu ähnlich und etwas zu eindimensional klingen. Live sicher ganz gut, aber auf Platte ist mir das einfach zu wenig.
Musikalisch ist da die Instrumentenfraktion doch eine Schippe weniger vorhersehbar unterwegs. Die im Beipackzettel versprochenen Stonereinflüsse sind auch eher schwer in der Breite zu finden, aber „Priest Of Rock’n’Roll“ und das coole „Outro“ bietet tatsächlich einen sehr gelungene Mischung der Wüstensöhne von KYUSS meet MOTORJESUS - davon hätt's ruhig etwas mehr sein dürfen.
Wie gesagt viele der Sachen klingen nicht nur von den Vocals her gesehen relativ ähnlich - „Angel“ beginnt etwas aus der Reihe (dauert aber etwas zu lange), was unterstreicht, dass es mit etwas mehr songwriterischer Finesse schon etwas angenehmer gewesen wäre sich durch die 50 Minuten Albumlänge zu hören. Die authentische Spielfreude ist den Herren auch nicht abzusprechen und auch einzelne Tracks überzeugen sogar; so sind „Temptation“ (mit einem etwas besseren Drumsound an dem ist insgesamt noch einiges zu tun, da oft zu schepprig) oder die Mitwirkung von Chris Birx (MOTORJESUS) bei dem starken "Never Ending Sin Of Life" saugut, aber auch "Hit The Score" kommen gut rüber. Weiter zu erwähnen ist noch, dass bei „Black“ Dan Nelson (BLACK GATES, ex-ANTHRAX) als Gast(Schreier) an Bord ist.
Wer auf straight-bodenständige sowie einfache Rotzrock-Geschichten mit einem Hauch Räudgikeit abfährt dürfte bei PRESIDENT EVIL sicherlich richtig liegen, die Präsidenten haben in ihrem Urlaub in der Hölle zweifelsfrei nichts verlernt.
Back From Hell's Holiday
Band:
Genre:
Nicht angegeben
Tracks:
14
Länge:
53:23 ()
Label:
Vertrieb:
Review: The Mystery Of Time
Er hat's doch wieder getan und das ist auch gut so - die Rede ist von AVANTASIA-Mastermind Tobias Sammet, denn mit "The Mystery Of Time" wird trotz aller Bekundungen vor knapp zwei Jahren in Wacken dem Fantasy-Projekt AVANTASIA ein weiteres Kapitel hinzugefügt.
Bereits die optische Aufmachung ist schlichtweg Weltklasse gemacht: ich empfehle nicht nur deshalb das schicke Digibook (es bietet außerdem noch zwei Tracks mehr als die normale Version). Das Coverarwork wurde von Rodney Matthews (u.a. MARILLION, MAGNUM) gestaltet und der hat mit seiner Märchenkulisse Londons mit Gnomen, Hexen und Zeitmaschine auch den Nerv dieses Albums klasse getroffen.
Die Scheibe ist erneut eine wunderbar episches Rock-/ Metaloper geworden und die Musik die Herr Sammet sich dazu ausgedacht hat ist immer noch relevant, bietet genügend neue Ideen und hat ganz viel musikalische Substanz, um in diesem Genre locker als einer der Topacts zu bestehen. Dabei wird nicht nur stilistisch sondern auch inhaltlich an die ersten beiden "Metal Opera"-Alben von AVANTASIA angeknüpft und sollte ganz sicher die Fans der frühen Werke des Projekts ansprechen. Im direkten Vergleich muss sich dieses sechste Werk der Historie dann auch nur dem überragenden Debüt „Avantasia“ geschlagen geben, mit allen anderen Werken steht es mindesten auf Augenhöhe, oder sogar besser da.
Ich muss zugeben, trotz aller Eingängigkeit brauchte es ein paar Durchläufe, bis das Album als Ganzes gezündet hat. Zunächst könnte man meinen, es sind nicht die großen Knaller vorhanden - aber weit gefehlt! Hammersongs wie z.B. die Speed-Granate "Where Clock Hands Freeze" (natürlich mit Michael Kiske (ex-HELLOWEEN, UNISONIC) am Mikro) werden „Keeper Of ..“ Fans die Tränen in die Augen treiben. Genauso klasse kommt dass treibend-düstere „Black Orchid“ mit Metalriffs und Bangergarantie daher, hier setzt der geniale Biff Byford (SAXON) mit seinem mächtigen Organ und einer packender Hookline mit Tobi im Duett für ein Ausrufezeichen - könnte ein neuer Klassiker von AVANTASIA werden.
Der Chef hast sich diesmal auch ein echtes Orchester gegönnt, was mancher vermeintlich etwas (un)modern finden mag, aber für ein Quäntchen mehr originalen Bombast sorgt und unterstützt den eher traditionell sowie handgemacht klingende Soundcharakter des Albums perfekt. Der Streichereinsatz ist stets songdienlich, nicht zu kleisterhaft oder mit zuviel Fläche, die anderen Instrumente haben genügend Raum und sind mindestens gleichberechtigt eingesetzt. Das hatten wird da bei anderen Kapellen schon deutlich schlechter wie u.a. bei BLIND GUARDIAN's eher mittelmäßigen „A Night At The Opera". Den diversen Sängern lässt Sammet ohnehin genügend Platz zur Entfaltung und jedem hat er seinen Song quasi auf den Leib geschrieben. Neben Stammgästen wie Bob Catley (MAGNUM) erfüllte sich Sammet langjährige Wünsche und konnte den bärenstarken Ronnie Atkins (PRETTY MAIDS) oder Hammerstimmen wie Joe Lynn Turner (ex-DEEP PURPLE, ex-RAINBOW) oder Eric Martin (MR. BIG) für AVANTASIA gewinnen.
Das Songwriting ist diesmal vielleicht eine Tick mehr Melodic Hardrock denn Metal und ja auch mal etwas Musicalartig ausgefallen (aber nie so zuckrig wie etwa TRANS SIBIRIAN ORCHESTRA) und es gibt manchmal auch fast poppigen Refrains, aber die Scheibe ist insgesamt einfach klasse gemacht. Apropos die im Fernsehen beworbene erste Single "Sleepwalking" mit Sängerin Cloudy Yang ist ein astreiner Popsong - und klar recht mainstreamig - Live singt dies Amanda Somerville im Duett, da rockt der Song deutlich mehr. Die andere Ballade "What's Left Of Me" mit Beteiligung von Eric Martin ist dagegen über jeden Zweifel erhaben. Als einen der vielen Höhepunkt des Album ist ganz klar der Temprokracher „Invoke The Machine“ mit dem rauen Organ von Ronnie Atkins nennen. Aber auch der 10-Minüter „Savior In The Clockwork“ (der dunkle Anfang hat was von der Filmmusik von „Das Boot“) mit diversen Double-Bass und Speed Metal-Einschüben sowie etwas weniger Tempo - wenn sich die Gesangstimmen austoben dürfen, bietet ein in sich absolut stimmiges Gesamtpaket. Der abschließende Titeltrack ist ein Bombasthammer vor dem Herrn und bietet alles was Fans solcher Mucke lieben: ein (Musical) Song mit vielen unterschiedlichen Parts durch vielschichtiges Songwriting, abwechslungsreich, gefühlvoll, voller großartiger Melodien mit Hammerchören, packend, (melo)dramatisch und trotzdem mit viel Power sowie diesem klasse John Miles („Music“) Gedächtnis-Ende.
Auch Bandkopf Tobias Sammet zeigt, neben seinem Händchen für packendes Songwriting, eine bemerkenswerte Gesangsleistung und sollte nicht mehr länger als Sänger unterschätzt werden. Die hochkarätigen Gastmusiker geben den Songs ansonsten einen recht individuellen Charakter und sorgen dafür dass „Mystery Of Time“ ein melodisches Rock-Album mit vielen großartigen Gesangspassagen geworden ist.
Auch wenn „The Metal Opera“ wohl unerreicht bleibt, kann „The Mystery Of Time“ einen hochklassig Widerpart liefern und dabei voll und ganz überzeugen.
The Mystery Of Time
Band:
Genre:
Nicht angegeben
Tracks:
12
Länge:
79:24 ()
Label:
Vertrieb:
Seiten